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Das unabhängige Mittagsblatt Sereno bringt Die aufsehenerregende Nachricht, daß Rossi, der ehe malige Pressechef des Ministerpräsidenten, vor dem Untersuchungsrichter erklärt habe, daß alles, was er getan und gesagt habe, nur auf Befehl von oben ge schehen sei. Demgegenüber erklärt Farinacci, über Do kumente zu verfügen, die beweisen würden, daß Rossi mit hohen Persönlichkeiten der Opposition, darunter auch Antifaszisten des Auslandes, in Verbindung ge standen habe, die die Beseitigung Matteottis beschlos sen hätten, um eine Krise und damit den Sturz Mus solinis herbeizuführen und selbst zur Präsidentschaft zu gelangen. Farinacci betonte laut Sereno ferner, daß er schon seit langer Zeit Rossi und andere be kannte Persönlichkeiten des Faszismus aus guten Grün den als Feinde Mussolinis betrachtet habe. Farinacci wird von fast sämtlichen Zeitungen und selbst von meh reren faszistischen Persönlichkeiten hart angegriffen. England. In verschiedenen englischen Städten haben kommuni stische Kundgebungen stattgefunden. Man sah ver einzelte kleine kommunistische Züge, die sich meistens aus Jugendlichen zusammensetzten und riesige rote Banner durch die Straßen trugen. Diese Züge wurden von Polizisten begleitet. Aus dem 'Waldenburg, den 29 Juli 1924. '— Die Abnahme der Tageslänge macht sich im Monat Juli schon bemerkbar. Am 1. Juli ging die Sonne um 3 Uhr 59 Minuten auf und um 8 Uhr 35 Minuten Abends unter. Am 31. Juli erscheint sie erst um 4 Uhr 34 Minuten und verschwindet um 8 Uhr 4 Minuten. Das ergibt eine Verkürzung der Sonnenscheindauer von 35 Minuten früh und 31 Minuten Abends, also insgesamt eine Abnahme der Tage um eine Stunde und 6 Minuten. '— Vogelschießen. Das diesjährige Vogelschießen der hiesigen privilegierten Schühengesellschaft findet in der Zeit vom 13. bis 18. August statt. '— Sachsenbank. Dem Landesausschuß des Sächsi schen Handwerks ist es nach langen Bemühungen ge lungen, die mit dem Kreditstock für das sächsische Hand werk und Gewerbe verfolgte Schaffung eines starken zen tralen Geldinstituts zur Tat werden zu lassen. Am 18. d. wurde die „Sächsische Zentralgenossenschaftskaffe-, ge nannt Sachsenkasse, errichtet. Sie hat die Aufgabe, das Handwerk und den gewerblichen Mittelstand mit billigen und ausreichenden Krediten zu versorgen. Träger dieser Sachsenkasse sind die Girozentrale sächsischer Gemeinden, die Sächsische Staatsbank, der Kreditstock für das sächsi sche Handwerk und Gewerbe, die Versicherungsanstalt sächsischer Gewerbekammern, die Landesgewerbebank, das Submissionsamt und der Großeinkauf sächsischer Bäcker- Innungen. Das Gründungskapital beträgt 10, Million, außerdem 3 Millionen Haftsumme. Das Eigenkapital soll im Laufe des Jahres mindestens auf 2 Millionen er höht werden. In den Aufsichtsrat wurden Vertreter der einzelnen Körperschaften gewählt und als Vorsitzender Ober meister Landtagsabgeordneter Kuntzsch bestimmt. Dem Vorstand gehört außer den Direktoren der Landesgewerbe bank Syndikus Weber an. Die Errichtung der Sachsen- Kasse ist als ein bedeutender Fortschritt auf dem Gebiete der Kredltversorgung des gewerblichen Mittelstandes zu bezeichnen. ' Remse. In der Gemeindeoerordnetensitzung vom 26. d. machte Herr Bürgermeister Bloß längere Ausführun gen über sein Arbeitsgebiet. Kenntnis genommen wurde von einem Schreiben der Amtshauptmannschast Glauchau, betr. dieVerschmelzung derOrtskrankenkassen vonOberwiera und Remse. Es wurde beschlossen, den Protest dagegen auf recht zu erhalten. Ein Schreiben vom Wohlfahrtsamt der Amtshauptmannschast Glauchau wurde vertagt. Mit 9 gegen 3 Stimmen wurde beschlossen, am 3. und 11. Aug. nicht zu flaggen. Den Mängeln an vielen Hydranten soll abgeholfen werden. Eine Bestrafung der bei der letzten Uebung unentschuldigt fern gebliebenen Feuerwehrleute soll diesmal nicht erfolgen, aber eine Verwarnung ausge sprochen werden. Das Pflichtalter für den Feuerwehr- dienft wurde vom 40. aus das 35. Lebensjahr herabge setzt. Armbinden sollen beschafft werden. Bon der Miet steuer sollen 10,000 Mk. der Baugenossenschaft Remse zugeführt werden. Forderungen, wie sie im Vertrage ent halten find, sollen wegfallen. Die nötigen Verhandlungen mit der Baugenossenschaft übernehmen die Herren Bürger meister Bloß, Hahn und Bauch. Arbeitslosen, die minde stens 4 Wochen erwerbslos sind, werden 5 Mk. für Ledige, 7 MK. für Verheiratete und außerdem für jedes Kind 1 Mk. bewilligt. Alo Stichtag kommt der 26. Juni in Frage. Als Standesbeamter und Ortsrichter wurde Herr Bürgermeister Bloß gewählt. Die Dienstreise-Entschädi gung für Gemeindebeamte soll nach den jeweils gelten den Grundsätzen wie für Staatsbeamte gezahlt werden. Für das Reinemachen im Gemeiüdeamte werden den Schutzmanns-Ehefrauen 35 Pf. für die Stunde bewilligt. ' Oberwiera. Am 25. d. von Abends 8 Uhr an fand in Heitzschs Gasthof eine Gemeindeverordnetensihung statt. Kenntnis genommen wurde von der Verpflichtung des Herrn Franz Müller zum 1. Gemeindeältesten, sowie der Herren Tierärzte vr. Müller und vr. Schmidt zu Fleisch- und Trichinenschauern für den hiesigen Bezirk, sowie der Fwu Händel aus Gößnitz als Hebamme für den Ltezirk Oberwiera. Die Verwaltung der Grunderwerbs- A vom 1. Juli ab den Gemeinden übertragen wor- Durch den Bürgermeister erfolgte sodann die Ver- "I! n Herrn Arno Mehlhorn zum 2. Gemeinde- ältesten. Der Haushaltplan für 1924/25 wurde geneh migt, ebenso der Telephonanschluß des Gemeindeamtes. Für das sächsische Taubstummenheim wurden 10 Mk. und für die Arbeiterkolonien 5 Mk. bewilligt. Eine Beschwerde gegen die Gemeindevertretung wurde als unbegründet zu rückgewiesen. Anstelle der gestohlenen Verbotstafel für Kraftfahrzeuge am Breitenbach-Oberdörfer Wege soll eine neue angebracht werden. — Zwickau. Nach amtlichen Feststellungen sind im Stadtbezirk Zwickau nicht weniger als 23,000 Personen mit ihren steuerlichen Verpflichtungen im Rückstände. Das ist bei einer Einwohnerzahl von 80,000 ein erheblicher Prozentsatz. Der Rat will zunächst noch von einer zwangs weisen Einhebung der Steuerbeträge absehen. Er will nochmals die Steuerpflichtigen schriftlich auffordern, dann aber ohne Rücksicht gegen die Säumigen im Zwangswege vorgehen. Aus dem Sachsenlandc. — Dresden. Hier wurde vor kurzem der 1902 zu Niederschönau geborene vorbestrafte Sattler und Tapezierer Paul Max Drechsel verhaftet, der mit einem Komplizen von Dresden aus regelrechte Raubzüge aufs Land unter nahm. Die Diebe bildeten seit Monaten den Schrecken der Landbevölkerung, besonders des östlichen Erzgebirges. Sie drangen in Bauerngüter und Gastwirtschaften ein und raubten, was gerade verwertbar erschien. Rund 100 Ein bruchsdiebstähle kommen auf Drechsels und seiner Genossen Konto, 80 derartig«: Diebereien hat er inzwischen einge standen. Drechsel wurde von Dresden der Staatsanwalt schaft Freiberg zugeführt, wo die Hauptuntersuchung gegen ihn stattfindet. . — Leipzig. Die schon oft gerügte Unsitte, daß Kinder sich an Wagen hängen, hat am Sonnabend wieder ein Opfer gefordert. An dem genannten Tage hing sich der 12jährige Sohn des früheren Gemeindevorstandes Flemig von Hänichen kurz vor Lützschena an ein Lastauto der Sternberg-Brauerei in Lützschena. Hierbei geriet er mit einem Bein in das Hinterrad und dieses ging ihm über den Kopf und Leib, so daß der Tod auf der Stelle ein trat. Der Junge hatte sich seitlich an das Auto gehangen, was vom Autoführer nicht bemerkt werden konnte; diesen trifft also keine Schuld. Der bedauerliche Vorfall sollte alle Eltern veranlassen, ihren Kindern das Anhängen an Wagen, wie man das oft beobachten kann, auf das strengste und eindringlichste zu verbieten und sie besonders auf die damit verbundene schwere Gefahr aufmerksam machen, die leider von den Kindern meist gar nicht er kannt wird. — Hohenstein-Ernstthal. Das Verschwinden junger Leute aus Hohenstein-Ernstthal und Umgegend, wovon vor mehreren Jahren berichtet wurde, wird mit den Un taten des Scheusals Haarmann in Hannover in Ver bindung gebracht. Die Angehörigen von Vermißten werden aufgefordert, bei der Hohensteiner Kriminalpolizei die nötigen Angaben zu machen. — Bischofswerda. Im benachbarten Wesersdorf schlug der Blitz in den Kirchturm. Der 24jährige Sohn des Glöckners Beck sah aus dem Turm kleine Wölkchen auf steigen und wollte sich davon überzeugen, ob der Blitz gezündet habe. In dem Augenblick, als der junge Beck auf dem Kirchturm angelangt war, schlug ein zweiter Blitz strahl in den Turm ein und erschlug den jungen Mann. — Dippoldiswalde. Hier wurde der 39 Jahre alte, in Altstaarden geborene Schuhmacher Franz Schulz in das Amtsgericht eingeliefert. Schulz, der in Schmiedeberg ver haftet wurde, besuchte dort meist ehemalige Offiziere, gab sich als Graf Egon von Oberstein, Graf von Schulen burg, Graf von Schulz usw. aus und versuchte durch Vor spiegelung, daß er Rheinländer sei, Geldbeträge zu erhalten, was ihm auch in einigen Fällen gelang. — Bad Elster. Das heimatliche Trachtenfest, das am 10. August in Bad Elster veranstaltet wird, hat in seiner Idee einen außerordentlichen Anklang gefunden. Aus vielen Orten des Vogtlandes und des Erzgebirges liegen bereits Zusagen für eine zahlreiche Beteiligung an dieser heimatlichen Veranstaltung vor, die einen umso größeren Erfolg verspricht, als ihre künstlerische Leitung in den Händen von ersten Fachleuten liegt wie Hofrat Seyffert vom Sächsischen Heimatschuh in Dresden, Direktor Hanusch- Plauen und anderen. Auch die Deutschen im benachbar ten Egerland werden sich mit ihren malerischen Trachten in großer Zahl beteiligen und wollen u. a. den berühm ten alten „Maientanz- aufführen. Auf der Waldbühne gelangt Nachmittags das vogtländische Volksstück: Dorch an alten Stromer" von Riedel zur Aufführung. Auch Abends sind im Bade-Eafö und im Reichsverweser volks tümliche Aufführungen usw. geplant, bei denen Angehörige des vogtländischen Dichters Riedel Mitwirken werden. Anmeldungen für die Beteiligung am Trachtenzug und alle sonstigen Anfragen sind an die Badedirektion zu richten. — Sohland. Aus allen Teilen des Deutschen Reiches werden am 2 August die Kriegsteilnehmer 1914/18 der Deutschen Reichsbahn in Sohland zu einer Wiedersehens feier eintreffen. Am 2. August findet ein Fest- und Emp fangsabend im Schützenhaus statt, an dem u. a. auch der ehemalige Chef der Feldeisenbahner teilnehmen wirb. Am Sonntag früh wird eine Gedächtnisfeier für die Gefallenen und Kriegsopfer in der Kirche abgehalten, der sich eine Schmückung des Kriegerdenkmals anschließt. Nachmittags findet im Waldtheater Sohland eine Festaufführung statt. Gerichtliches. cD Schwere Zuchthausstrafen für Brandstifter. Jnr Januar 1921 ging die mit 8000 Zentnern Getreide gefüllte Scheune des Domänenpächters Grafen von Ma rienburg infolge Brandstiftung in Flammen auf. Die Brandstifter hatten sich jetzt wegen dieses BergchenS und einer anderen Brandstiftung in Barienrode zu ver antworten. Das Gericht verurteilte sie zu 5 und 7' Jahren Zuchthaus und Aberkennung der Ehrenrechte auf die Dauer von 10 Jahren. In der Begründung hieß es, daß solche Vergehen, die das Volksvermögew erheblich schädigen, nicht scharf genug verurteilt wer den könnten. - - Vermischtes. ' Die Ratten von Görbersdorf. Die Untersuchung über die Massenvergiftungen in der vr. Brehmerschen Heilan stalt in Görbersdorf in Schlesien hat ergeben, daß es sich um Erkrankungen an Paratyphus handelt. Da alle Zu taten der Erdbeerspeise anscheinend einwandfrei gewesen sind, wird angenommen, daß die frisch aus dem Garten gelieferten Erdbeeren mit Paratyphusbazillen verunreinigt waren. Eine Düngung des Erdbeerbeetes hat während des letzten Jahres überhaupt nicht stattgefunden. Da aber in der Gemeinde Görbersdorf eine erhebliche Rattenplage vorhanden ist, ist der Verdacht der Uebertragung der Ba zillen durch die Ratten hervorgeketen. Bazillenträger sind in der Anstalt bisher nicht festgestellt. Von den 22S Patienten und 38 erkrankten Angestellten sind noch neun Personen wegen der Vergiftung in ärztlicher Behandlung, vier sind im ganzen gestorben. * Verwüstungen durch Unwetter am Bodensee. Zn den Wäldern des Allgäus hat das letzte Unwetter große Verwüstungen angerichtet. In der Umgebung oon Kempten haben Sturm und Hagel das Sommer and Wintergetreide völlig vernichtet. In der schwei zerischen Bodenseegegend hat das Unwetter in den Obstgärten fürchterlich gehaust. Ter Hagel fiel stellen weise 30 Zentimeter hoch. Ganze Waldstücke sind auf vem Schweizer User des Bodensees durch den Sturm umgelegt. ,, * Explosion eines Petroleumbehälters. In den Fabrikanlagen der niederländischen Petroleum- und Asphaltgesellschaft in Amsterdam fing ein großer, etwa anderthalb Millionen Liter fassender Petroleumbehäb- ter Feuer und explodierte. Andere Behälter sind gleich falls in die Luft geflogen. Der Schaden wird vor läufig auf mehrere 100 Millionen Gulden veranschlagt. Amsterdam soll von dem Feuer bedroht sein, da die Feuerwehr nicht in der Lage ist, des Brandes Herr zu werden. Es soll Tote und Verwundete gegeben haben. . - . Telegramme. Berlin, 29. Juli. Das Polizeipräsidium hat die von den Kommunisten für die sogenannte kommunistische Kampfwoche vom 28. Juli bis 4. August einberufenen Versammlungen und übrigen Veranstaltungen verboten. Düsseldorf, 29. Juli. Die Kommunisten hatten für gestern eine Versammlung einberufen, in welcher der Neichstagsabgeordnete Katz über den Fall Haarmann sprechen wollte. Oberbürgermeister Lehr verweigerte aber die Erlaubnis. Die von den Kommunisten angerufene französische Besatzungsbehörde gab aber den Befehl, daß die Erlaubnis zu erteilen sei. Kattowitz, 28. Juli. Der Tag der angeblichen Ausrufung der Räterepublik Polnisch-Oberschlesien hat entgegen allen Erwartungen einen durchaus ruhigen Verlauf genommen. In den Morgenstunden des Sonn abend waren die Mitglieder des 21er Ausschusses der Betriebsräte restlos verhaftet worden. Von den frühesten Morgenstunden des Sonntag an hatten die Polizeikräfte sämtliche Sadteingänge besetzt. Erst in den Abendstunden 'wurde die Polizei aus der ganzen Stadt wieder zurückgezogen, ohne daß es zu einer Ausrufung der Räterepublik gekommen war. Paris, 28. Juli. Das „Echo de Paris" veröffent licht nähere Einzelheiten über den neuen deutschen Gesetzentwurf betr. die Jndustrieobligativnen, der so eben seitens der Regierung der Reparationskommis sion zugeleitet worden ist. Alle deutschen industriel len Firmen, die mehr als 50 000 Mark Kapital haben, müssen die Last der neuen Obligationen tragen. Die Großindustrie, umfassend Stahl, Eisen und Kohle, ist mit 20 Proz. verpflichtet; die Maschinenfabriken und elektrischen Werke mit 17 Proz., die chemischen Fa briken mit 8 Proz. Die Textilindustrie soll mit 17 Prozent belastet werden. Die Gesamthöhe der aus zugebenden Obligationen beträgt 100 Milliarden Gold mark. Alle Obligationen werden ausgegeben von einer neuen Bank: Der Bank für Jndustrieobligativnen. London, 29. Juli. Die gestrige Vollsitzung der Kon ferenz beschloß, die Frag« über die Einladung an Deutschland den fünf Delegationsführern, dem „Rate der Fünf", zu überlassen. Maßgebend war, daß eine Einigung über den Zeitpunkt der Einladung vor Be ginn der Vollsitzung der Konferenz nicht erzielt wer den konnte. „Dee VekMgnng Aurve/" von Äe/k/eh KinöeemeH/.