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Schönburger Tageblatt Nr. 119 Donnerstag, den 22. Mai 1924 46. Jahrgang. Die Bildung einer bürgerlichen Regierung im Gange ge- Minister Schweyer und die Welfen. Dr. Zugleich weit verbreitet in den Ortschaften der Standesamtsbezirke Altstadt Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenleuba« Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Langenchursdorf, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Reichenbach, Remse, Schlagwttz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. siegt, uns aber mit Ehren behauptet. Niedertracht, Ge meinheit und gehässige Verleumdung, verbunden mit den Machtmitteln des preußischen Staates haben die große deutsche Idee sich nicht durchsetzen lassen gegen den preußi schen PartikulariSmus trotz allen behördlichen Drucks. Trotz aller Drohungen hat rund eine halbe Million deutscher Frauen und Männer ihr Bekenntnis für die wahre Bedeu tung unserer Parole bekundet: Deutschland, Deutschland über alles. Schärfer als je wird der Kampf entbrennen. Heimattreue Hannoveraner, Freunde aus allen Parteien und deutschen Ländern, die Ihr mit Ja gestimmt habt, Ihr dürft stolz erhobenen Hauptes gegen Andersdenkende sagen: Ich habe meiner Heimat, meinem hannoverschen Bolt, meinem großen deutschen Vaterlande die Treue ge halten. Mit verdoppelten Kräften in den neuen uns auf gezwungenen Kampf! Französische Gewaltakte in Düsseldorf. Ter Auftakt zu Herriots „Bersöhnungspolitik". i Die französischen Besatzungstruppen haben die von dem voraussichtlichen künftigen Ministerpräsiden ten Herriot angekündigte Aera des Friedens und der Versöhnung mit einem Gewaltstreich eingeleitet, der in seiner Art einzig dasteht. Da die Stadt Düsseldorf den Bau einer Artilleriekaserne für die Franzosen abgelehnt hat, die widerrechtlich die Stadt besetzt haben und selbst bei gewaltsamster Auslegung des Friedens vertrages Düsseldorf mit der „Zone I" spätestens 192? räumen müßten, haben die Franzosen als , Sanktion'' mehrere für ihre militärischen Zwecke unbrauchbare Gebäude beschlagnahmt. Von der Beschlagnahme sind folgende Gebäude betroffen worden: Rhein-Metallwerk 9, ein Teil des Schlachthofes, das Werk Rheinstahl, das neu erbaut worden ist, die gedeckte Reitbahn der Polizei, sämt liche für die Schupo hergerichtete Wohnungen, ins gesamt 145, die Konzertsäle des Zoologischen Gartens und der große Kunstpalast. Die beiden letzteren Be schlagnahmungen sind für Düsseldorf um so nachteili- gep. ^als Ende Wai eine große Kunstausstellung im Wenn sich einmal die Franzosen mit dcn Eu-'- ländern in Europa ernstlich verständigt haben sollt u, so wird in Asien der Tanz abermals beginnen. Die Trikolore, die blau-weiß-ro.e französische Fahne, Wil! aus das mittelländische Meer weit hinausslattern, und die geheimen Gedanken in Paris gehen schließlich doch dahin, das Mittelmeer als französischen See zu betrach ten, weit mehr, als Italien das zu tun geneigt ist, während England darin eine freie Wasserstraße für den Verkehr nach seiner wichtigsten und reichsten Ko lonie Indien sieht. Syrien ist ein Stück Konkurrenzland zu Aegyp ten, das zwar dem Namen nach unabhängig ist und einen eigenen König hat, aber wo in Wahrheit doch nichts ohne englische Zustimmung geschehen darf. Tie Aeghpter warten ja auch nur darauf, aus dieser schein baren Unabhängigkeit eine wirkliche Selbständigkeit zu machen. Es kann nicht überraschen, wenn sich in Syrien und in Aegypten die gleichen Pläne entwik- keln sollten. ' " fi „Ser Krieg gehl weiter." Ein Aufruf der Hannoveraner. Der Hauptausschuß für die Volksabstimmung er läßt in der Hannoverschen Landeszeitung folgenden Ausruf: Hannoveraner! Die Schlacht ist geschlagen, der Krieg geht weiter! Ehre gerettet, alles gerettet! Wir haben nicht ge- Kunstpaiast eröffne: werden foule, uns sie Konzerr säle des Zoologischen Gartens erst neu Hergerichtei worden sind. In den letzten Tagen sind große Trans porte neu ausgehobener Mannschaften in Düsseldorf angekommen, die offenbar hier von der Besatzung aus gebildet werden sollen. § Die Maßregel zeigt deutlich, daß die französi schen Generäle gar nicht daran denken, sich die „Ver söhnungspolitik" Herriots zu eigen zu machen. Aber' vielleicht denkt Herriot selbst auch gar nicht so ernst lich daran. Es handelt sich hier wieder nur um einen Köder für die guten dummen Deutschen. Schwere „Sanktionen" über Buer. Der Kommandant der belgischen Ruhrarmee Hai über die Stadt Buer wegen angeblichen Diebstahls einer auf dem Bahnhof aufgepslanzten belgischen.Fahns folgende Sanktionen über Buer verhängt: In dem Stadtkern Buer-Mitte einen Kilometer im Umkreis Vvjt der katholischen Kirchs aus sollen die Cafes, Wirt schaften, Kinos und Konzertsäle für eine Zeit von 15 Tagen geschlossen sein. Vom 20. Mai bis 5. Juni wird die belgische Fahne aufgepflanzt auf folgenden öffentlichen Gebäuden: Bahnhof, Schupokaserne und zwei Schulen. Die Fahnen müssen geliefert werden vok der Stadt Buer und sollen der gestohlenen Fahris ähnlich sein. Vom 20. Mai bis 5. Juni werden alle Gesuche der Einwohner von Buer für Versammlün- gen, Gesellschaften, Erlaubnisscheine jeder Art ver weigert werden. Im Falle, daß der oder die Täter bs- kannt und der belgischen Militärbehörde , ausgelieseüt werden, werden die Sanktionen aufgehoben'werden.' - Erscheint werktägl. Nachm. Bezugspreis o. 1.-31. Mai im voraus 150 G.-Pfg. freibl., ausschl. Träger!. Einzelne Nr. 10 Goldpf., Sonntags-Nr. 20 Goldpf. Anzeigenpreise: 6gesp. Petitzeile 0,10 Goldmark, v. außerhalb des Bezirkes 0,15 Goldmark, ogesp. Reklamezeile 0,45 Goldmark, Hinweise auf Anzei gen und Eingesandte 0,10 Goldmark, Nachweise- und Offertengebühr 0,10 Goldmark, Rabatt nach Tarif. Schwieriger Satz (Tabellen) mit Aufschlag. begründet 1878. Fernsprecher Nr. S. Postschließfach Nr. 8 Postscheckkonto Amt Leipzig Nr. 4438. Bankkonto: Vereinsbank zu Colditz Filiale Waldenburg Stadtgirokonto Waldenburg 18. «iabatte gellen nur bei pünktlicher Zahlung, bei zwangsweiser Eintreibung der Rechnungsbeträge wird jeder Nachlaß hinfällig.. Ser RuhrlonW. Neue Verhandlungen in Berlin '^ Der Reichsarbeitsminister hat zur Beurteilung der Rechtslage im Ruhrkonflikt durch die Sachverstän digen die Parteien für Mittwoch nach Berlin ge laden. Zu dem Schreiben des Zechenverbandes an den Reichsarbeitsminister, worin die Annahme des Ber liner Schiedsspruches mitgeteilt wird und zu dem auf, den Zechen ausgehängteu Anschlag geben die Vieh Bergarbeiterverbände folgende Erklärung ob: Das Schreiben des Zechenverbandes kann an der Rechtslage sowie an den Beschlüssen der Konferenzen der Organi sationen nichts ändern. Die Beschlüsse der Organi sationen haben nach wie vor Geltung. Demnach be steht nach der Arbeitsordnung die im alten Tarif vertrag festgesetzte Arbeitszeit imter und über Tage. Kritische Lage im Bochumer Bezirk. ! Durch die Ablehnung des Berliner Schiedsspru ches auf den Ruhrkonferenzen der Bergarbeiter ist dies Lage im Bochumer Bezirk sehr kritisch geworden. Au- keiner der Zechen sind die Bergarbeiter in dieser Woche angefahren. Auf vielen Zechen blieben die Arbeite« fern, die noch in der vergangenen Woche Notstands- arbeiten ausführten, wohl in Voraussicht von Be lästigungen. Auf verschiedenen Zechen wurden auch Beamte gehindert, Notstandsarbeiren auszuführen. , G »st Gegen Lie kommunistische »Hetze. Tie vier Bergarbeiterverbände erlassen an ihre Mitglieder nachstehenden Aufruf: In Bclegschaftsversammlungen einzelner Zechen des Ruhrgebietes wurde beschlossen, mit allen Mitteln, ganz, gleich, ob gesetzlich oder ungesetzlich, den gegenwärtigen Kamps zu verschärfen und die Notstandsarbeiteit zu ver hindern. Diese Beschlüsse werden von den Organisationen aufs schärfste verurteilt. Sie stehen mit gewerkschaftlichen Grundsätzen im Widerspruch und dürfen unter keinen Umständen von den Bergarbeitern befolgt werden. Die Ruhrbergleute sind in den gegenwärtigen Kampf von Pen .Unternehmern hineingedrückt worden. Er lang uur. zen tral von den am Tarifvertrag beteiligten Organisationen geführt werden. Dereu Beschlüsse sind maßgebend uno zu beachten. Es kann nicht Aufgabe einzelner Belegschaf ten fein, betreffs der Führung des Kampfes Beschlüsse zu fassen. Damit wird nur die einheitliche Führung des Kampfes mnmMich gemacht werden. Die Organisationen fordern ihre Mitglieder auf, nur an solchen Versamm lungen teilzunehmen, welche von ihnen einbxrusen sind." Dollarkurs (amtlich 20. Mai) 42V0 Milliarden. Die Einladung der dcn!sch«ati«aalen Volkspartei zu einer Besprechung über die Kabinettsbildung wurde vo« Zentrum, der deutschen VolkSpartei und der bayerischen Volkspariei abgelehnt. Zur Beilegung des Rnhrkonflikls finden hente in Berlin nene Besprechungen statt. Di« Kommnnistcn treffen Vorbereitungen zu Radauszeueu im Reichstage. Die Micum hat die Beschlagnahme von Kohle« und Koks im Ruhrgebiet beschlossen. Der seit drei Monate« währeude Werftarbeiterftreik i« Hamburg wurde beigelegt. Der bichrrige dänische Gesandte in Berlin Gras Moltke überreichte dem Reichspräsidenten sein Abbernfuugsschreibe«. An Hannover geht der Krieg weiter. In Prag fanden Demonstrationen gegen die Juden statt. Die Belgier verhängten über Buer schwere Sauklione«. Ei» englisches Konsortium will deutschen Städte« A«- leihen gewähren Die englisch russischen Kouserevzeu stocken. Der Franken erlebte an der Neuyorker Börse einen «ege» gewaltigen Sturz. Anzeigen bis vorm. 9 Uhr am Ausgabetag erbeten Ausgabe nachmittags p,3 Uhr in der Geschäftsstelle in Waldenburg Sa., Obergaffe 38. Geschäftszeit 7—12,2—5 Uhr. Filialen in Altstadt Waldenburg bei Herrn Otto Förster; in Callenberg bei Herrn Friedr. Hermann Richter; in Langenchursdorf bei Herrn Hermann Esche; in Wolkenburg bet Herrn Linus Friedemann; in Penig bei Firma Wilhelm Dahler; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Am Fall« höherer Kewalt, Krieg, Streik, Aussperrung, Maschln«r- bruch, Störungen im Betrieb der Druckerei oder unser Liesei, r hat der Bezieher keine» Anspruch auf Erhalt der Zeitung od>r Rückzahlung der Bezugipretsei. Für Richtigkeit der durch A«rr« sprecher ausgcgebenen Anzeigen übernehmen wir kein« Gewähr 'Waldenburg, 21. Mai 1924. - Es raucht wieder mal in Kleinasien, und wo Rauch ist, da ist bekanntlich auch Feuer. Diesmal be trifft cs die reiche Provinz Syrien, die sich die Fran zosen mit dem Libauongebirge beim Schluß des Krieges vou den Türken haben abtreten lassen. Im südlicher Teil von Syrien war es seit längerer Zeit zwischen der eingeborenen Arabern und den Franzosen zu Gesech- ien gekommen, ans denen nun schon regelrechte Feld schlachten geworden sind. Der Aufruhr gegen die Fran zosen ist dort in vollem Gange, und wenn die Dinge jo weiter verlaufen, ist eine für die Franzosen sehr un liebsame Entwicklung der Dinge zu erwarten. Hier ist der Wunde Punkt in Vorderasien, wc ,ie englischen und französischen Interessen zusammeu- toßen. Schon mehr als einmal war es zu kritischer Zu- pitzung zwischen Paris ' nnd London gekommen, die mühsam beseitigt wurde, aber die Angelegenheit blieb noch in der Luft schweben, so daß eine definitive Regelung noch immer nicht erfolgt ist. Die Landschaft Syrien, aus der schon im Alter tum ein weitberühmtes Reich, das der Seleuciden, hervorgegangen, und die schließlich an die Türken ge fallen war; wird von den Franzosen bereits bean sprucht, seitdem Napoleon Bonaparte 1797 seine Ex pedition nach Aegypten unternommen hatte. Nach her verlangte und erhielt die Pariser Regierung das Protektorat über Syrien, das zwischen dem Mittel ländischen Meer und dem Euphrat gelegen ist. Ur sprünglich gehörten auch Palästina und Jerusalem da zu, die nach dem Kriege von den englischen Truppen besetzt wurdeu. Dieses strittige Gebiet bildet gewissermaßen dic Lür und den Riegel für den Weg nach Indien, der von den Engländern sorgfältig gehütet wird. Außer den Franzosen kommen hier noch dis eingeborenen Musel manen, die Araber, in Betracht, die zum mindesten keine angenehmen Nachbarn sind. Die Franzosen haben sich nicht darauf beschränkt, die Küste in Besitz zn nehmen, sie wollen das Binnen land ausbeuten. Was der fruchtbare Boden trägt, ist den neuen Herren wohlbekannt, die nicht gesäumt ha ben, mit dem Anbau zu beginnen. Die Araber wissen die Produkte ihrer Heimat viel zu gut zu würdigen, »ls daß sie den Fremden mehr als erforderlich ab- »eßen. Deshalb sind die alten und neuen Besitzer denn auch handgemein miteinander geworden. Vor dem Kriege war auch der deutsche Einfluß in lenen Gebieten bedeutend, und die Tatsache, daß den Asiaten unsere Uneigennützigkeit bekannt war, hat sic me Deutschen anderen Nationen vorziehen lassen, dic ich dort etngeschlichcn hatten. Das ist nun vorbei, unser politischer Einfluß ist aus, und wir können M Lofftn, daß unsere wirtschaftliche und Handels- wngkett wieder neue Geltung gewinnt. unü Waldenburger Anzeiger Dieses Blatt enthLlt die amtliche« Bekanntmachungen des Amtsgerichts nnd des Stadtrats zu Waldenburg. Ferner veröffentlichen zahlreiche andere staatliche, städtische u. Gemeinde-Behörden ihre Bekanntmachungen im Schönburger Tageblatt. Verantwortlich für Redaktton, Druck und Verlag E. Kästner in Waldenburg Sachsen. Mitglied der Sächsischen und der Deutschen ZeitungLverieger-Bereinr (E. B.) — BerlagSort Waldenburg Sachsen. Unter der Ueberschrist: „Der unmögliche , Schweyer" wendet sich die „Nkünchen-Augsburger Abendzeitung" scharf gegen das Shmpathieschreiben, das Minister Dr. Schweyer an die Welfen richtete. Tus Blatt erklärt, der bayerische Innenminister habe durch diese Leistung bewiesen, daß er an einer so wich tigen Stelle des bayerischen Staates nicht länger mög lich sei. Das Blatt fragt übrigens auch, ob es richtig sei, daß dis Bayerische Volkspartei die Absicht habe, im neuen Reichstag mit den Welfen eine Fraktions gemeinschaft einzugehen.