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Schönburger Tageblatt Amtsblatt für den StadtraLy zu Waldenburg. Filialen: in AWadtwaldsndurz Sei Herr : Kaufmann Otto Förster; in Kausungrn bei Herrn Fr. Janaschck; in Langenchurs dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Frau Kaufmann Max Härtig, Leipzigerstr 163; in Rochsburg bei Herrn Pau! Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Erscheint täglich Alt Ässnatzuie der Lsgc und Val-enburger Ämeiger N'rate pro Zeile 10 Pf., Linges. SO Pf. Expedition: Waldenburg, Obergsste 291 1: Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, LichtenfLsiu-Tallnbrrg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen- Kuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rüßdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. M6. Mittwoch, den 28. Oktober »4- 252. Witternngsbericht, ausgenommen am 27. October, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 761 MW. reducirt aus den Meeresspiegel. Thermometerstand -4 13,5° 6. (Morgens 8 Uhr i- 5,5".! Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 60°/a. Thanpunkt 4- 3,5 Grad. Windrichtung: Südwest. Daher WitternNgslMsfichten für den 28. October: Wechselnde Bewölkung bis halbheiter, kurze Niederschläge nicht ausgeschlossen. "Waldenburg, 27. October 1896. In nächster Zeit wird sie kommen, die neue Vorlage über die Verstärkung unserer Kriegsmarine, denn da die Angelegenheit nicht so schnell zur definitiven Erledigung gelangen wird, wird die Reichsregierung kaum noch lange Zeit nach dem am 10. November erfolgenden Wieder zusammentritt des Reichstages warten, bis sie das ge wichtige Actenstück dem hohen Hause unterbreitet. Bei der Bedeutung, welche unser Kaiser und die verbündeten Fürsten der Verstärkung unserer Kriegsflotte beilegen, ist wohl anzunehmen, daß der Reichskanzler Fürst Hohen lohe die Einbringung im Reichstage selbst mit einigen Worten begleiten wird, zumal die bevorstehenden Parla mentsverhandlungen eine feierliche Einleitung durch eine Thronrede nicht erfahren werden. Die Marinevorlage wird das große Schaustück der Wintersession bilden, viel leicht sogar zu einer besonderen politischen Action Anlaß geben, denn da die allgemeine Lage für die Vermehrung unserer Flotte doch ganz bedeutend in Betracht kommt, so ist cs eigentlich ziemlich naheliegend, daß auch einige Erläuterungen hierzu dem Parlament gegeben werden. Fürst Bismarck hat es als Reichskanzler stets so gehalten, wenn größere Forderungen für die Armee vorgetragen wurden. Bei einer Ausnahmeforderung für unsere Flotte liegen aber die Dinge nicht anders. Schon im letzten Frühjahr hat man im Reichstage bei Gelegenheit der Erörterung des Marine-Etats eine längere Auseinandersetzung über die damals sogenannten „uferlosen" Flottenpläne gehabt. Nun, bis zur Ufer- losigkeit waren die Flottenvergrößerungs-Pläne jedenfalls nicht gediehen, das ist auch von der Spitze der Marine verwaltung aus entschieden in Abrede gestellt, und zum Dank für diese Erklärung gaben eine ganze Reihe von Reichstagsabgeordneten die andere ab, daß sie gegen eine Vermehrung der schnellen Kreuzerfahrzeuge an und für sich nichts einzuwenden hätten, dagegen der Neuschaffung einer gewaltigen Schlachtflotte mit großen Bedenken gegen überständen, weil die Reichsfinanzen nicht im Stande seien, neben einer Armee ersten Ranges auch noch eine solche Kriegsflotte zu unterhalten. Die Schaffung einer solchen kann aber auch weder unser Kaiser, noch die Marineoerwaltung ins Auge gefaßt haben, man weiß nur zu gut, was vom Reichstage zu erlangen ist. Und daß die vielen Millionen, welche die Schaffung einer gewaltigen Schlachtflotte beanspruchen würde, auch bei wiederholten Reichstagsauflösungen unter den heutigen Verhältnissen nicht einkommen würden, gesteht wohl ein Jeder zu, welcher die Dinge vorurtheilsfrei betrachtet. Eine andere Frage ist es nun freilich, ob unsere Marineverwaltung, wenn sie dem Reichstag eine Forde rung wegen Bewilligung von neuen schnellfahrenden Kreuzerschiffen unterbreitet, nicht die Gelegenheit wahr- uimmt, gleichzeitig einige Ersatzbauten für Panzerschiffe ""zuschallen. Panzerschiffe sind in Folge der wunder- baren technischen Vervollkommnung heute alles Andere eher, als billig, und nur einige wenige Schiffe dieser Art würden zusammen mit den neuen Kreuzern der Flotten- ^age eine recht ansehnliche Höhe geben. Ein viertel -yun en Millionen Mark macht da nicht viel aus, sollte fallen""? Reichstage nicht gar zu sehr ins Gewicht dak d'ns c"" ">'rd doch daran immer zu denken sein, die hob » Schiffsneubauten bewilligte Geld nicht auf auch in°lekt""° gelegt, sondern ausgegeben wird, also moblstand- * Reihe wieder dem gesammten National- Marl wird^-G"^ kommt. Unter hundert Millionen l'ch bei solchen Bewandtnissen die Marine vorlage schwerlich einstellen, wir wollen nur hoffen, daß sie dann nicht über anderthalbhundert Millionen hinausgeht. Denn die Thatsache, daß die vierprocentigen Anleihen im Reiche, wie in den einzelnen Bundesstaaten um ein halbes Procent erniedrigt werden sollen, darf keineswegs den Antrieb dazu geben, nun frisch und fröhlich die Reichs-Ausgaben zum Ersatz — zu erhöhen. Die zahlreichen Geschichten von Kanzler- und Minister- krlsen, welche bis in den Sommer des laufenden Jahres hinein bei uns so lebhaft in Schwung waren, sind seit dem gänzlich verstummt und werden aus Anlaß der neuen Flottenvorlage hoffentlich nicht wieder aufleben, und wenn ja, doch nicht so leicht wieder gläubige Leser finden. Die Reichsregierung strebt nicht nach einem Conflict, und vom Fürsten Hohenlohe weiß im Reichs tage eine jede Partei, daß er alles Andere eher ist, denn ein Conflictskanzler. Im Reichstage selbst hat sich aber auch eine etwas versöhnlichere Stimmung Bahn gebrochen, und es heißt heute nicht gleich sofort: Entweder-Oder. Es giebt auch Mittelwege. Trotz aller Parteigegensätze ist im Frühjahr dieses Jahres eine so große Zahl von Gesetzen definitiv fertig gestellt, wie selten in einer Session, und mögen über den Werth oder Unwerth dieser Vor lagen nicht alle Stimmen gleich sein, es ist doch positive Arbeit geleistet. Und so wird auch in dem neuen Sessions theil über die gefürchtete Flottenvorlage wohl eine Eini gung zu Stande kommen, welche ihr denn doch Manches von ihren „Schrecken" nimmt. Politische Runsschau. Deutsches Reich. Der Kaiser wird am heutigen Dienstag den Krupp'schen Schießplatz in Meppen besuchen, vielleicht in der Villa Hügel bei Esten übernachten und am Mittwoch die Krupp'sche Fabrik besichtigen. Prinz Georg von Sachsen ist Sonntag Abend in Begleitung von zwölf Stabsoffizieren in Kiel einge troffen und auf dem Bahnhose vom Prinzen Heinrich em pfangen worden. Prinz Georg und seine Begleitung werden bis Mittwoch die Hafenbefestigungen besichtigen und sich dann nach Alsen begeben. Prinz Heinrich ist Montag Abend von Kiel in Berlin angekommen. Die Großherzogin von Baden richtete an den Oberbürgermeister von Koblenz ein Dankschreiben, worin sie in warmen Worten der Anerkennung für die Er richtung des Kaiserin Augusta-Denkmals und die Ent- hüllungskeier ihre Freude zum Ausdruck bringt. Gleich zeitig überwies die Großherzogin ein Geschenk von 5000 Mk. als Stiftung, deren Zinsen alljährlich am Geburts tage der verstorbenen Kaiserin zu einem wohlthätigen Zweck verwendet werden sollen. Reichskanzler Fürst Hohenlohe ist wieder nach Berlin zurückgekehrt und empfing Montag Vormittag den Staats sekretär v. Bötticher zu einer Besprechung. In Sachen der Confectionsarbeitcr-Bewegung sollen in nächster Woche in ganz Deutschland große Demonstrations-Versammlungen abgehalten werden. Man bezweckt, „die Gesetzgebung zu veranlassen, daß die Schneiderei und die Consection unter die Gewerbein- spection gestellt und ein Verbot resp. eine Beschränkung der Hausarbeit durchgesührt wird." Eine Anzahl von Rohzuckerfabriken und Rasfine- rien hat allen Zuckerfabriken Deutschlands, Rohzucker fabriken, Raffinerien und Melaste-Entzuckerungsanstalten einen Plan zur Bildung eines Syndikats innerhalb der deutschen Zuckerindustrie unterbreitet. Der Zweck des Syndikats ist, den Verkauf des Consumzuckers im Jn- lande zu besorgen; aus dem Erlös vorweg den beige tretenen Rübenzuckerfabriken 2 Mk. für jeden Meter- centner Zucker ihres gesetzlichen Kontingents zu zahlen und den Rest abzüglich oer Umkosten zu verrechnen mit den Consumzucker erzeugenden Fabriken und Raffinerien Deutschlands, welche dem Syndikat angehören. Major v. Wißmann wird, wie die „Voss. Ztg." verbürgt melden kann, seinen Posten als Gouverneur von Ostafrika nicht wieder einnehmen. Zu seinem Rücktritt veranlaßt Major v. Wißmann die Rücksicht auf seine Gesundheit. Ob ein Verwaltungsbeamter, ein höherer Marineoffizier oder wieder ein „Afrikaner" die Erbschaft Wißmann's antreten wird, ist noch unentschieden. Am heutigen Dienstag wird Major v. Wißmann vom Reichs kanzler empfangen werden. Der „Reichsanzeiger" publicirt amtlich die Ernennung des Freiherrn von Richthofen, unter gleichzeitiger Bei legung des Charakters als Wirklicher Geh. Legationsrath, zum Director der Kolonialabtheilung des auswärtigen Amtes. Die Bevollmächtigten der Landesregierungen, dir in ihren Staaten Börsen besitzen, sind im Reichsamte des Innern zu Berlin zu einer Conferenz zusammengetreten. Darin sollen die Grundgedanken der Ausführungsbestim mungen für das neue Börsengesetz festgestellt werden. An den Sitzungen nehmen Abgesandte der preußischen Staatsregierung, des Handelsministeriums, des Ministe riums für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, des Reichsamts des Innern, der Hansestädte und der süd deutschen Regierungen Theil. Bezüglich der neuen Militärstrafprozeßordnung, mit deren Entwurf sich zur Zeit der Bundesrath be schäftigt, werden immer neue Vermuthungen verbreitet; denn um schlechter oder bester begründete Vermuthungen handelt es sich bei allen diesen Auslastungen nur. Nach einer anscheinend offiziösen Mittheilung, die aber deshalb durchaus nicht unanfechtbar ist, verlautet, daß in dem Entwürfe die Mündlichkeit ohne Einschränkung ourchge- führt ist, und daß auch das Verfahren zu Gunsten des Angeschuldigten umgestaltet werden soll. Hingegen soll die Oeffentlichkeit der Verhandlungen großen Beschrän kungen unterliegen, und die Forderung der Zulassung bürgerlicher Vcrtheidiger ist nicht erfüllt worden. Be züglich der Haltung des Bundesrathes zu der Reform wird versichert, daß auf fast allen Seiten große Neigung vorhanden ist, das Zustandekommen eines solchen Gesetzes nach Thunlichkeit zu fördern. Bayern soll bereit sein, zu diesem Zwecke einige Opfer zu bringen. Am Sonnabend fand eine Sitzung des preußischen Staatsministeriums statt, an welcher außer sämmt- lichen Ministern auch der Staatssekretär Nieberding theil- nahm. Dir Sitzung währte über 5 volle Stunden. Die Handwerksmeister Wiesbadens faßten einstimmig eine Resolution, in welcher sie sich mit dem preußischen Gesetzentwurf über die Zwangsorganisation des Handwerks einverstanden erklärten. Ein Artikel der „Hamb. Nachr.", welcher sich über die Stellungnahme Bismarcks zu Rußland verbreitete und hervorhob, daß Fürst Bismarck während seiner Amts- thätigkeit stets gute Beziehungen zu Rußland unterhalten hätte, erregt in der fremdländischen Presse lebhafte Be wegung. So behaupten die Wiener Blätter, indem sie von der Voraussetzung ausgehen, der in Rede stehende Artikel der „Hamb. Nachr." fei vom Fürsten Bismarck