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chönburger Tageblatt Amtsblatt siir den Aadtrath zu Waldenbnrg. der nachstehenden Standesamtsbezirke: Mittwoch, den 26. Mai 126 1886 Waldenburg, am 25. Mai 1886. Filialen: in Altstadiwaldenburg bei Herrn Kaufmann Max Liebezeit; in Penig bei Herrn Kaufmann Max Härtig am Markt; in Rochsburg bei Herrn Buchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Altenburg bei Hrn. Buchh. Ernst Geßner; in Lichtenstein b. Hrn. Buchh. I. Wehrmann. Witterungsaussichten für 26. Mai (telegraphischer Bericht des kgl. meteorologischen Instituts zu Chemnitz): Windrichtung nm West. Durchschnittlich mittlere Bewölkung mit zeit- und stellenweisen Niederschlägen bei wechselndem Witterungscharakter. Temperatur wenig verändert. Zeil von abends 7 Uhr bis früh 6 Uhr und im Lustgarten von abends 10 Uhr bis früh 6 Uhr bei Strafe von 5 Mark verboten ist. Der stellv. Gutsvorstanö. Letz. Erscheint »glich mit Ausnahme der Tage nach Sonn» und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster» scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis betrügt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Gieba, Grumbach, Hohenkirchen, Kaufungen, Langenchurs dorf, Langenleuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. Bekauutmachung. In Folge vorgekominener Zuwiderhandlung wird wiederholt bekannt gemacht, daß der Verkehr auf den über den Schlossplatz führenden Parkwegen in der l und aldenburger Anzeiger ^Waldenburg, 25. Mai 1886. Die Theilnahme für den tapferen Bulgarenfürsten aus deutschem Blute ist seit dem Kriege zwischen Ser bien und Bulgarien, in welchem sich der Battenberger nicht als ein Salonoffizier gezeigt hat, wie es so viele russische Generale im letzten Türkenkriege waren, son dern als wirklicher General, der zur Entflammung des Muthes seiner Saldaten sein eigenes Leben aufs Spiel setzt, in ganz Deutschland in hohem Maße ge stiegen, so daß gegenwärtig die Sympathie für ihn allgemein ist. Nin so schärfer wird daher ein Unter nehmen verurtheilt werden, das in niederträchtiger, heimtückischer Weise darauf ausging, den Fürsten von seinem Thron zu stoßen. Die Nachricht von der Verschwörung gegen den Fürsten Alexander, die über Wien uns zuerst privat gemeldet wurde, ist sehr bald amtlich bestätigt worden, daß jetzt kein Zweifel mehr darüber obwalten kann, daß die dem Fürsten feindliche russische Agitation in Bulgarien und Rumelien sich nicht gescheut hat, ihre Ziele durch ein Verbrechen zu erreichen. Der Fürst sollte aufgehoben, sein Minister präsident Karawelow ermordet, die ärgste Verwirrung im Innern gestiftet werden, und dann war der von Rußland lange ersehnte Augenblick gekommen, als Wiederhersteller der Ordnung in Bulgarien aufzu- tretcn. Und dieser Wiederherstellung der Ordnung wäre Fürst Alexander zum Opfer gefallen, an seine Stelle wäre eine russische Kreatur gesetzt worden. Der Plan, an dessen Spitze ein früherer russischer Offizier stand, war sehr geheim, er scheiterte aber im letzten Augenblick durch den Verrath eines Mitgliedes der Verschwörung, eines Bauern, der es doch nicht übers Herz bringen konnte, seinem Landesherrn Gewalt an- znthun. Alle Verschwörer sind verhaftet: Es sind nur wenige Bulgaren, umso mehr aber Russen, Mon tenegriner, Griechen. So ist die Verschwörung glück lich verhindert, wider Willen der Anstifter also zum Vortheil des Fürsten Alexander ausgeschlagen, denn die glücklich überstandene schwere Gefahr wird Fürst und Volk noch enger zusammenketten. Es ist wohl selbstverständlich, daß der russischen Regierung keine Schuld an diesem hochverrätherischen Unternehmen beigemessen werden darf; bezeichnend ist es aber, wohin die vom Czaren und seiner Regierung dem Fürsten Alexander so deutlich kundgegebene Ab neigung geführt hat. Ein Haufen Abenteurer glaubt ganz im Sinne einer mächtigen Regierung zu handeln, wenn sie sich vereinigen, um den rechtmäßigen Fürsten eines Landes zu beseitigen, dessen ganzes Verbrechen nur ist, daß er sich nicht zum Lakaien des russischen Despotismus erniedrigen, fern Volk nicht russischer Willkür unterstellen, sondern selbstständig machen will. Rußland hatte kein Recht, gegen den Bulgarenfürsten vorzugehen, wie es geschehen, und wenn etwas in ganz Europa gebührend gekennzeichnet worden rst, so war es dies. In dem Fürsten Alexander und dem Czaren Alexander stehen sich zwei Prinzipien gegenüber; der Czar befiehlt und verlangt blinden Gehorsam, Furst Alexander vertritt die Freiheit und Selbstständigkeit seines Volles. Freilich, diese beiden letzteren Begriffe sind aus dem russischen Sprachlexikon gestrichen, wie das Vorgehen gegen Unterthanen des Czaren beweist, die am Glauben und Recht ihrer Väter festhalten. Rußland soll echtrussisch sein, nicht weniger aber auch Bulgarien. Wenn der Czar vielleicht noch eine Aussicht hatte, die Bulgaren, die in ihrer großen Menge nichts mehr von seinen „Wohlthaten" wissen wollen, wieder zum Gehorsam gegen Rußland zurückzuführen, so dürfte diese Aussicht durch die jetzt entdeckte Verschwörung gründlich zerstört werden. Die Bulgaren werden im mer daran denken müssen, daß es Russen waren, die ihren Fürsten, mit dem sie zusammen gekämpft, ent thronen wollten, und zwar nur, weil er für die Selbst ständigkeit seines Volles entschlossen einstand. So viel Nationalgefühl haben die Bulgaren denn doch sicher lich. Die Verschwörer haben ihren Anschlag jetzt durch setzen wollen, weil die Wahlen zur bulgarisch-rumeli- fchen Nationalversammlung bevorstehen, auf welcher die russischen Pläne gegen Bulgarien offen dem Lande klar gelegt werden sollten. Die russischen Agenten haben alle möglichen Jntriguen versucht, die Bulgaren und Rumelier gegen ihren Fürsten einzunehmen oder sie von der Wahl fernzuhalten. Kems von Beiden hat Eindruck gemacht, im Gegentheil ist der Fürst über all, wo er sich im Lande zeigte, mit ungeheucheltem Enthusiasmus empfangen worden. Da haben denn eine Anzahl von Tollköpfen zu einem letzten Mittel greifen zu sollen geglaubt, um sich den Dank Ruß land's zu verdienen; aber auch dies Mittel ist fehl- geschlagen. Fürst Alexander ist noch Fürst von Bul garien, lind es wird Rußland auch schwer gelingen, ihn vom Thron zu stoßen. Der Czar ist Selbst herrscher in seinem Lande, aber grundlos gegen einen von ihm unabhängigen Fürsten mit Waffengewalt vor gehen, das darf er doch nicht so leicht wagen, und nur so könnte er den Thron des Battenbergers in Sofia stürzen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser empfing am Montag den neuen Com- mandeur des 5. Armeecorps, General von Meerscheidt- Hüllessem, den Cultusminister von Goßlar und den Unterstaatssekretär Graf Berchem. Nachmittags wohnte der Kaiser im Neuen Palais zu Potsdam dem Diner zur Feier des Geburtstages der Königin Victoria bei. Die Madrider monarchistischen Zeitungen sprechen ihre Anerkennung darüber aus, daß Kaiser Wilhelm aus Anlaß der Geburt des jungen Königs von Spa nien dessen Mutter ersucht hat, den Urheber des Atten tates gegen die deutsche Gesandtschaft zu begnadigen. Die Regentin hat dem Gesuch entsprochen. Aus München wird gemeldet, daß noch immer Niemand weiß, wie die Lösung der Cabinetskrisis erfol gen soll. Es ist noch keine Verständigung zwischen dem König und dem Ministerium erzielt worden. Der greise Historiker Leopold von Ranke, dessen Ableben seit mehreren Tagen stündlich zu erwarten war, ist am Sonntag Abend gegen 10 Uhr verschieden. Ranke war am 21. December 1795 zu Wiehe in Thüringen geboren. Auf der Lübecker Conferenz der deutschen Gewerbe kammern ist mitgetheilt worden, daß es am 1. Januar 1886 in Deutschland 9184 Innungen gab. Preu ßen hat 6519 Innungen, Sachsen 716, Mecklenburg 547, Braunschweig 126. Außerordentlich gering ist die Zahl der Innungen in Süddeutschland. Bayern hat nur 142, Würtemberg 14, Baden 16 und Hessen 15 Innungen. Im preußischen Abgordnetenhaus wurden am Montag in zweiter Lesung die Gesetzentwürfe betr. Beseitigung der schwebenden Schuld durch Aufnahme einer Anleihe und betr. den Extra-Beitrag Preußens von 50 Millionen zum Bau des Nordostseecanals un verändert angenommen. Dienstag: Canalvorlage. Frankreich. Anläßlich des Jahrestages des Sturzes der Pariser Commune begaben sich wie in früheren Jahren die Communisten in Hellen Haufen nach dem Kirchhofe Pore Lachaise, auf dem die erschossenen Communisten begraben sind, und entfalteten dort mehrere rothe Fahnen, während von mehreren Führern Reden ge halten wurden. Die Polizei entfernte die rothen Fahnen bald, ohne daß von den Versammelten ernsterer Wider stand geleistet wurde. Schließlich verlief sich die Ver sammlung. Italien. Am Sonntag haben in Italien die Neuwahlen zur Kammer stattgefunden, alle Minister und Führer der Oppositionparteien sind wieder gewählt. So weit bisher bekannt, haben auch die letzteren stattliche Ziffern aufzuweisen, der Gesammtausfall erscheint unbestimmt. Rom wählte drei Oppositionsleute, einen Ministeriellen, eine Stichwahl hat stattzufinden. Der Communist Lipriani, z. Z. im Zuchthaus, wurde zweimal gewählt. Bisher sind gewählt 131 Ministerielle, 102 Oppositions leute der verschiedenen Richtungen. Belgien. Sonntag haben in Belgien die Provinzialraths- wah len stattgefunden, die aber keine wesentliche Aende- rung der bisherigen Zusammensetzung ergaben. In Mecheln herrschte große Erregung, doch kam sonst keine Ruhestörung vor. Rußland. Kaiser Alexander trifft heute Dienstag mit seiner Familie in Moskau ein, wo im Kreml großer Em pfang stattfindet. Der Czar hat dem General admiral Großfürsten Alexis den Wladimirorden I. Klasse verliehen und in einem Erlasse seine dankbare Anerkennung der Verdienste des Großfürsten um die Förderung des russischen Flottenwesens ausgesprochen. Der Flotte scheinen wirklich recht bedeutsame Aufgaben zu harren, weil der Kaiser immer wieder darauf zurück kommt. Bulgarien. Der wegen des Complotts gegen den Fürsten von Bulgarien verhaftete russische Kapitän Namokow ist auf russische Reclamation vorläufig in Freiheit gesetzt. Griechenland. Die Knallerei zwischen den griechischen und türki schen Vorposten an der Grenze ist vorüber, und wie es scheint, definitiv, nachdem noch bis zums Sonntag von beiden Seiten gefeuert wurde. Die Truppenbe fehlshaber haben die bestimmte Ordre erhalten, ihre Truppen innerhalb der Grenzen zu halten; zwischen