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welchen die Sobranje meinem königlichen Hause gegeben hat, finde ich mich doch nicht in der Lage, meinen Sohn zu autorisiren, eine Wahl anzunehmen, welche von der Sobranje unter den gegenwärtigen Umständen getroffen worden ist. In Folge dessen wird es ihm unmöglich ^ein, die Deputation zu empfangen. Csristian." Daraufhin legten die Mitglieder der Regentschaft, Stambulow unn Mutkurow, in der Sonnabendsitzung der Nationalversammlung in Tirnowa ihr Amt nieder, wurden aber sofort wiedergewählt, und für Karawe- low, dessen Verrath mit scharfen Worten getadelt wurde, der Kammerpräsident Jukow. Somit ist die Regent schaft wieder vollständig, alle Bemühungen des General Kaulbars, dieselbe zu stürzen, haben sich als vergeblich erwiesen. Wahrscheinlich wird die Regentschaft nun mehr den Verlauf der Verhandlungen zwischen den Mächten und Rußland abwarten. Außerdem wurde eine Deputation, bestehend aus Grakow, Strilow und Kaltchew, ernannt, welche sich an die europäischen Höfe begeben soll. Die Sobranje vertagte sich auf unbe- bestimmte Zeit. Ein Kavas des russischen Consulats in Philippo- pel, welcher nachts Gendarmerie provocirte, indem er gegen dieselben einen Revolver erhob und dann ent waffnet wurde, ist sofort dem russischen Consulat über geben. General Kaulbars verlangt, man denke, Be strafung des betreffenden bulgarischen Polizeicommiffars durch Ertlassung. In Burgas erschien in der Gerichtssitzung, in welcher gegen den russischen Kapitän Nabokow, den Anstifter der Verschwörung, verhandelt wurde, der russische Consul und verlangte Nabokow's Auslieferung. Andernfalls werde er demselben das Wort verbieten. Der Gerichtshof lehnte diese Einmischung ab. Das Kriegsgericht hat vier Unterofficiere wegen Theilnahme an der Verschwörung zu Burgas zu 15 Jahren Ge- - fängniß verurtheilt. Die Degradation von Dreien derselben erfolgte in Gegenwart der Truppen und einer zahlreichen Volksmenge. Aus dem Muldenthale. * Waldenburg, 15. November. Daß die Einrich tung der parochialen Familienabende, welche der Kirchen vorstand in Jahresfrist hat ins Leben treten lassen, den Wünschen und Bedürfnissen sehr zahlreicher Ge meindeglieder entgegenkommt, zeigt der Besuch der ge stern Abend im Saale des Schönburger Hofs abge haltenen derartigen Versammlung, der ersten im lau fenden Winterhalbjahre. Nach gemeinsamem Gesänge eines Liedes seitens der etwa 300 Anwesenden und nach kurzer Begrüßung durch Herrn Oberpfarrer Thomas sang ein von der Kgl. Seminardirection freundlichst beurlaubter Semiuarchor unter Leitung eines Prima ners die Mendelssohn'sche Motette: „Hebe deine Augen auf" und trug dadurch, sowie durch seine sonstigen gesanglichen Leistungen nicht wenig dazu bei, den Abend zu einem genußreichen zu gestalten. Herr Oberpfarrer Thomas gab hierauf eine intessante Beschreibung und geschichtliche Mittheilungen üoer die in der hiesigen Kirche Feuilleton. Die schwarze Dore. Von Robert Rößler. (Fortsetzuna.) Daß seine Mutter so hart gegen sie sein könnte, das hätte er nicht gedacht, weil sie ihr doch immer zuge neigt gewesen; aber er würde schon Alles in's rich tige Geleis bringen, wenn er erst heimkäme, denn ihm könnten sie nichts abschlagen. „Darum halte aus, herzliebster Schatz, grüße den Herrn Schulmeister und nimm bis zum Wiedersehn tausend Küsse von Deinem Dir treuen Ziethenhusar Traugott." Es mochten wohl vierzehn Tage vergangen sein, da kriegten sie auf dem Schulzenhof einen großen Brief vom Regimente, da stand's darin, daß der Husar Traugott Demnich aus Thalwitz beim Patrouillen reiten von einem Franktireur einen Schuß ins linke Bein bekommen habe und im Lazareth liege. Die Dore hörte lange kein Wörtchen davon, denn ihr Pflegevater, der Schulmeister, übrigens der Ein zige, der um die He>zensgeschichte wußte, verschwieg es ihr absichtlich. Aber die Mutter, die arme Mutter! Hatte ihr schon die Liebesgeschichte von ihrem Her- zenstinde keinen Augenblick Ruhe gelassen und ihr viele, viele unruhige Nächte bereitet, da ergriff sie die Nach richt von seiner Verwundung noch mehr. Und wenn auch der Herr Wachtmeister privatim darunter geschrie ben hatte, daß die Verwundung nur eine leichte wäre, glaubt denn das eine Mutter? Die stellt sich die Sache immer gefährlicher vor, wie sie wirklich ist, be sonders wenn es sich um den einzigen Sohn handelt. Tag für Tag fragte sie den Postboten, ob er denn nicht ein Schreiben brächte, etwa von einem Lazareth- inspector oder von einer barmherzigen Schwester, und als eine Woche um die andere verging, ertrug sie's befindlichen heiligen Geräthe, Gewänder und Glocken. Wir gedenken darauf in einem besonderen Artikel zu rückzukommen. Nach weitem Gesangsvorträgen des Seminarchors, die mit dem Abendliede von Ferd. Adam schlossen, und nach gemeinsameren Gesänge der Ver sammlung sprach Herr Diakonus Wächter über Noth stände der evangelischen Kirche, besonders eingehend auf den Werth der Sonntagsheiligung und auf die Frage: Wer soll die Kirchen bauen: die Gemeinde, Patrone, reichen Leute, der Staat? Mit gemeinsamem Gesang endete die Versammlung gegen 10 Uhr. *— Am 6. und 8.—12. d. M. fanden am hiesigen Schullehrerseminar unter Vorsitz des Herrn Schulrath Gruhl zu Glauchau die Wahlfähigkeitsprüfungen mit den früheren Hilfslehrern statt, die Ostern 1884 am > hiesigen Seminar die Schulamtscandidatur erlangt hatten. - Von den 19 Examinanden erwarben sich 6 die Haupt- i censur 2 (recht gut), 9 die 3 (gut), 4 die 4 (ziemlich - gut). Gegenüber den Ergebnissen der 1884 bestan- ' denen Schulamtscandidatenprüfung erlangten zwei Exa minanden höhere, zwei eine niedere, die übrigen 15 j ihre frühere Hauptcensur wieder. In Sitten konnte ' allen die erste Hauptcensur zuerkannt werden. *— In der Berliner Kunstausstellungslotterie sind auf die hier gespielten Loose weitere Gewinne auf die Nummern 203330, 303349 und 417096 gefallen. *— Die kgl. Amtshauptmannschaft zu Glauchau hat eine Verordnung gegen die aus Ungarn kommenden Zigeuner und Slowaken erlassen, nach welcher im Hin blick auf die Gefahr des Einschleppens der Cholera nochmals Punkt 1 der Bekanntmachung der kgl. Kreis hauptmannschaft Zwickau vom 27. Juli c., das Ver fahren gegen die Zigeuner betr., eingeschärft und das gleiche Verfahren auch gegen die aus Ungarn kommen den Slowaken angeordnet wird. Ausländischen Zigeu- ' nern ist nach jener kreishauptmannschaftlichen Bekannt machung ohne Rücksicht darauf, ob sie im Besitz von Ausweispapieren und Reisemitteln sich befinden, der Eintritt in das Reichsgebiet nicht zu gestatten, diesel ben vielmehr von den Polizeimannschaften sogleich an der Landesgrenze zurückzuweisen. *— Vorigen Donnerstag Abend hielt im Gasthofe zu Wolkenburg Herr Stannebein aus Leipzig einen Vortrag über volksthümliche Witterungskunde. Redner berührte hierbei folgende einzelne Punkte: Wolkenhimmel, sowie die vier Wolkenschichten, in Form und. Gestalt naturgetreu bildlich dargestellt, was die Wolken bringen: alte oder warme Temperatur, Schneefall, Regen oder Sonnenschein, Wind oder Sturm, Gewitter, Hagelbil dung, Wolkenbruch, Wasserhose, Föhn oder Bergwind, Sturmwarnungssignale. Herr Stannebein schloß mit Erzählung der Erlebnisse bei seiner Lufschifffahrt mit dem Ballon „Koloß." Leider wurde der Vortrag zeit weise durch einige junge Burschen gestört. Morgen Dienstag hält Herr Stannebein einen Vortrag im Rosenfeld'schen Gasthofe in Remse. — Herr Webermeister Ed. Schulze in Glaucha»» erhielt das allgemeine Ehrenzeichen. — Auf einem Kohlenwerke des Zwickauer Reviers nicht mehr und sing an sich zu schleppen. Wie sehr ihr der Vater auch zureden mochte, sie brachte den Ge danken nicht aus dem Kopfe, der Traugott müßte sterben. Der Verwundete kam ihr nicht aus dem Sinn. Und manchmal — besonders in der Dunkel- stnnde — quälten sie die Gedanken, und sie fragte den Vater, ob sie dem Mädchen nicht vielleicht doch Un recht gethan habe. Der alte Herr hatte schon lange diese Ansicht. Weil er aber sah, wie bedenklich es mit ihrer Gesundheit stand, da mußte er sehr vorsichtig mit ihr umspringen. Er redete es ihr aus und suchte sie auf andere Ge danken zu bringen. Ja, wenn's ihm nur geglückt wäre! Nach drei oder vier Tagen mußte sie sich in's Bett legen. Aber daß in die Stadt zum Doktor geschickt wurde, litt sie durchaus nicht. Morgen oder über morgen wollte sie wieder aufstehen; zum ersten Mal, seit sie verheirathet war, vorher hatte sie zum Krank werden nie Zeit gehabt, sie besaß eine eiserne Natur. Am andern Tag kam der Doktor, und der sprach denn aus, was sie schon geahnt hatten, daß es ein Nervensieber werden würde. Wenn er auch gleichzeitig als brühwarme Neuigkeit die Depesche vom Waffenstillstände mitbrachte, es hatte keinen Einfluß mehr auf die Schwerkranke; eben sowenig, daß an einem Tage drei Briefe von ganz verschiedenem Dalum und aus drei Lazarethen ankamen, welche mel deten, daß es mit den Verhältnissen des Sohnes ange messen ginge. Der letzte war aus Mainz. Das war ein Elend für den Herrn Schulzen: der Sohn krank in der Fremde, die Frau krank in der Heimath. „Wie's kommt, so nimmt man's mit," versuchte er sich zwar zu trösten, aber es fiel ihm doch schwer auf's Herz, daß er gar keine Seele um sich hatte, welche Theilnahme bezeigen und helfen wollte und könnte. Er hatte z war einen Gedanken, aber er getraute wurde am 10. d. der Häuer Ebert aus Niederhaßlau durch plötzlich hereingegangene Bruchmassen verschüttet und gelödtet. — Das Landgericht Zwickau verurtheilte den Sträfling Schmutzler, welcher vor einigen Wochen aus dem dortigen Gefängniß ausgebrochen war, seine Ver folger unter Bedrohung mit einem Verbrechen von seiner Verfolgung zurückhielt (Nöthigung), den Schutz mann Wiedemann aber, der sich ihm entgegenwarf, um ihn festzunehmen, mittelst eines scharfen Stemmeisens mehrfach schwer verwundete, zu 2 Jahren 2 Wochen Gefängniß. Dem Schutzmann Wiedemann hat das Ministerium des Innern in Anerkennung seiner Hal tung bei der Festnahme Schmutzler's eine Gratifikation von einhundert Mark auszahlen lassen. Aus dem SaHseulande. — Auf Anordnung des König!. Finanzministeriums sollen die im Jahre 1886 aufgefundenen Elsterperlen verschiedener Qualität verkauft werden. Reflectanten haben ihre Gebote bei der Kanzlei-Jnspection des Kö nig!. Finanzministeriums in Dresden, woselbst die Perlen zur Ansicht ausliegen, bis Ende dieses Monats abzugeben. — Die Bestrafung einiger Wurstfabrikanten, welche ihren Wurstwaaren Mehl beigemischt hatten, wegen Nahrungsmittelverfälschung ist vom Reichsgericht unter Verwerfung des Revision der Angeklagten gebilligt worden. — Am 9. November wurde unter dem Vorsitze des Commerzienrath Rostizky aus Niederschlema in den „Drei Raben" in Dresden eine Versammlung der Sächsischen und Schlesischen Papierfabrikanten abge halten, deren Zweck war, sich zu vereinigen, um bessere Preise für Concept-, Druck- und Tapetenpapiere zu erzielen. Die beschlossene Erhöhung beträgt ca. 10 Procent. — Am Freitag wurde der aus Stockholm nach Unterschlagung einer großen Summe flüchtig gewordene Zollbeamte v. Baumgarten in Dresden verhaftet. Von dem gestohlenen Gelde wurden noch 5000 Mk. bei ihm vorgefunden. — Der Wirthschaftsgehilfe Paul Richter aus Zoehda bei Trebsen, welcher seinen Stiefvater getödtet, wurde vom Schwurgericht zu Leipzig, das nur Todtschlag annahm, zu vierzehn Jahren Zuchthaus verurtheilt. — Vom Leipziger Landgericht wurde der Hand arbeiter Heinrich Caspar Maurer aus Lengefeld wegen Beihilfe und Verbreitung verbotener socialistischer Schriften zu 4 Wochen Gefängniß, wovon 2 Wochen auf die Untersuchungshaft angerechnet wurden, verurtheilt. — Der Rath der Stadt Leipzig hat beschlossen, den Krankenversicherungszwang auch auf die Arbeiter in land- und forstwirthschaftlichen Betrieben mit Ge nehmigung der Stadtverordneten auszudehnen. — Eine interessante Thatsache erwähnt der amtliche Bericht des Chemnitzer Schlachthauses. Nach dem selben sind in einem Jahre dortselbst mehrere Hundert Hunde geschlachtet worden. sich nicht, mit der Kranken davon zu sprechen. Er nahm sich also das alte Weib vom Flurschützen, das bei ihm zur Miethe wohnte, als Krankenpflegerin; nur konnte sie nicht immerfort da sein, denn sie mußte für ihren Mann kochen, und da blieb sie ein paar Stun den weg und eine von den Mägden mußte mit herein. Meistens die Schleu-erin, die ordentlichste und rein lichste; aber seit ihr Unteroffizier gefallen, da war nicht viel mit ihr anzufangen. Sie war immer zerstreut und trübe und verdarb bei der kranken Frau mehr, als sie half; sie brauchte eigentlich selbst eine Pflegerin. Und mit der alten Frau war's noch schlimmer. Die erste Zeit ging's noch; als sie aber die dritte Nacht gewacht hatte, da war sie schwach und ermüdet und erklärte rundweg: „Herr, ich halt's nicht mehr aus. Sie müssen sich schon einen andern Menschen nehmen." Soll er etwa selbst wachen? Wenn er auch gewollt hätte, bei aller Liebe zu seiner Frau brachte er es nicht fertig, denn immerzu am Kranken bette sitzen, wenn draußen die Lerche anfängt, die Flügel zu heben und zu singen, das ist für einen richtigen Bauer kein Geschäft. Eine halbe Woche mochte wieder vergangen sein, da fing die Kranke an, schrecklich zu phantasiren. Es war eigen wenn's dazu kam, spielte sie die verwünschte Ge schichte mit der verstoßenen Pflegetochter noch einmal von A bis Z durch. Es war schauerlich für Jeden, der es anhören mußte. Wenn sie dann ruhiger ge worden, und die Angst etwas nachgelassen hatte, und die Vernunft wieder durch den Wahnsinn hindurch schimmerte, da fragte sie ängstlich^ „Du Christian — ich bin wohl wieder recht garstig gewesen . . .. gegen .... gegen .... na, Du weißt ja, wen ich meine?" Der Doktor, der jetzt jeden Tag geholt werden mußte, beobachtete genau, und wie er einem ihrer Anfälle beigewohnt hatte, mußte ihm der bekümmerte MannAufkärung geben (Fortsetzung folgt.)