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Schönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nSchster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. S5 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. —— und Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für dea Aadtrath zu Watdeabm-. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Max Liebezeit; in Penq, bei Herrn Kaufmann Max Härtig am Mark»; in Rochsburg bei Herrn Buchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Altenburg bei Hrn. Buchh. Ernst Geßner; in Lichtenstein b. Hrn. Buchh. I. Wehrmann. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in dm Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Gieba, Grumbach, Hohenkirchen, Kaufungen, Langenchurs dorf, Langenleuba-Niederham, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. 22S. Sonnabend, den 2. Oktober 1M>. Witterungsaussichten für den 2. October: Bei östlicher Windrichtung vorwiegend heiteres und trockenes, etwas kühleres Wetter. : siger Stadt verpflichtet worden, was andurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Waldenburg, den 30. September 1886. Der Stadtrat h. Kretzschmar, Brgm. R. II. Bekanntmachung. Am heutigen Tage ist der Handelsmann Herr Heinrich Karl Ludwig Hellweg hierselbst nach dem Erwerbe der Staatsangehörigkeit im Königreich Sachsen als Bürger hie- *Waldenburg, 1. October 1886. j Die bulgarische Interpellation im ungarischen Reichs- ! tage hat Donnerstag stattgefunden. Ministerpräsident von Tisza wies die Annahme zurück, daß den: aus wärtigen Amt von dem Staatsstreich in Sofia etwas vorher bekannt gewesen und daß die Regierung die Verschwörung irgendwie gutgeheißen. Mit Rußland bestehe keinerlei Uebereinkommen wegen Theilung des Einflusses im Balkan. In den Bündnißbeziehungen ' zu den fremden Mächten sei keine Aenderung einge treten. Mit Deutschland stehe Oesterreich-Ungarn ' auch heute auf der alten Grundlage, deshalb sei auch nicht daran zu zweifeln, daß beide Reiche vereint, j unter Berücksichtigung der gegenseitigen Existenz bedingungen, jene Grundlage auch ohne Gefährdung des Friedens werden wahren können. Den Berliner Vertrag betrachte die Regierung auch heute noch als in Kraft bestehend und als aufrecht zu halten. Von j keiner anderen Macht sei übrigens ein gegentheiliger j Standpunkt bekannt gegeben. Die Regierung halte an der Ansicht fest, daß nach den bestehenden Ver trägen auf der Balkanhalbinsel, falls nicht die Türkei das ihr zustehende Recht in Anspruch nehme, Niemand anders zu bewaffnetem Einschreiten oder zu einem Protectorat berechtigt sei, überhaupt jede Aenderung : in der staatsrechtlichen Lage oder in den Machtverhält nissen der Balkanländer nur im Einvernehmen aller Mächte erfolgen dürfe. Zweierlei geht aus dieser Erklärung hervor: Das Zweikaiser-Bündniß ist garantirt, und es garantirt auch Oesterreichs Interessen im Orient. Zum zwei ten steht Oesterreich-Ungarn den Forderungen der russischen Panslavisten schroff ablehnend gegenüber, i wird besonders eine militärische Besetzung Bulgariens nicht dulden. Das ist hochwichtig für General Kaul- j bars Mission in Sofia und giebt den Bulgaren viel leicht Kraft zum Widerstande. Einer weiteren Mel- l düng aus Pest ist zu entnehmen: Minister Tisza sagte noch, der Berliner Vertrag wahre Oesterreichs Interessen zur Genüge. Bezüglich der Verschwörer ' sei wr Interesse Bulgariens selbst von der Regierung vor übereilten Schritten gewarnt, ein directer Schritt j zum Stutze der Verschwörer sei aber von Wien und Pest aus nicht erfolgt. Oesterreich-Ungarn weist . alle Vergroßerungsgelüste nach dem Orient zurück, i es will stricte Aufrechterhaltung der bestehenden Ver- - träge. Der Berliner Vertrag wird als in Kraft stehend angesehen und ist aufrecht zu halten. Es wird gehofft, den Frieden zu wahren, und müssen deshalb die Erklärungen beschränkt werden. Oesterreich-Ungarn will den vertragsmäßigen Zustand im Balkan wahren, und wird darauf ruhig, aber energisch hinarbeiten. Die Interpellanten erklärten die Antwort für nicht genügend, als aber der Minister betonte, mehr könne Niemand sagen, wurde die Darlegung mit großer Mehrheit zur Kenntniß genommen. Inzwischen tritt General Kaulbars m Bulgarien mit einer Rücksichtslosigkeit auf, die ihres Gleichen sucht. Er versandte ein Rundschreiben an die russi schen Consuln in Bulgarien und Ostrumelien, in dem die bulgarische Regierung einer äußerst scharfen, ab fälligen Kritik unterzogen wird. Das Rundschreiben erneuert die Anklage, daß die bulgarische Regierung der Bevölkerung Telegramme des Czaren mit Vorbe dacht vorenthalten habe. Es verurtheilt entschieden die Verbrennung der Fahne des Regimentes Strumsky, bestreitet der bulgarischen Regierung das Recht, die compromittirten Offiziere gerichtlich zu verfolgen und verlangt schließlich die Vertagung der Wahlen für die große Sobranje auf unbestimmte Zeit. Das Rund schreiben scheint bestimmt zu sein, in großen Massen im Lande verbreitet zu werden; dasselbe hat in Sofia große Aufregung hervorgerufen. Die ganze Art und Weise, wie Kaulbars auftritt, kann nur dazu führen, die Ruhe und Ordnung in Bulgarien zu stören und damit die Bedingung aus der Welt zu schaffen, unter welcher Rußland versprach, sich einer activen Einmischung in die Angelegenheiten Bulgariens zu erhalten. Nachdem Kaulbars dieses Ziel erreicht, fügt er zur empörendsten Verletzung des Völkerrechts — denn wo in aller Welt ist es gestattet, daß ein diplomatischer Vertreter offen und ungestört Pasquille über eine Regierung verbreitet, bei welcher er accreditirt ist — noch den blutigsten Hohn, indem er von der lahmgelegten bulgarischen Regierung die Aufrechterhaltung der Ordnung fordert, die er selbst gestört hat. Bei der bulgarischen Regierung hat das Rundschreiben einen äußerst schlechten Eindruck gemacht; selbst diejenigen Minister, die vorher einer weitgehenden Nachgiebigkeit gegenüber den russischen Wünschen das Wort redeten, sind durch die Schroffheit der Note sehr betroffen und sogar Karawelow, der versöhnlichste aller bulgarischen Staatsmänner, erklärt sich jetzt für den Widerstand. Die Lage ist daher äußerst gespannt. Die österreichische Presse verurtheilt das Auftreten des General Kaulbars vollständig und besonders in den diplomatischen Kreisen hat dasselbe arg verstimmt. General Kaulbars wird es, so befürchtet man, ver stehen, den Widerstand der bulgarischen Regierung in der einen oder anderen Weise zu brechen und dann nur russenfreundliche Männer ans Ruder zu bringen. Jedenfalls ist die Lage der bulgarischen Regierung eine mißliche; hat Fürst Alexander den russischen Jn- triguen nicht Stand halten können, wie sollen die jetzi gen Minister den Kampf siegreich durchfechten? Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die kaiserlichen Majestäten empfingen am Mitt woch in Baden-Baden die Besuche des daselbst einge troffenen Königs von Belgien und Großherzogs von Sachsen-Weimar. Aw Abend waren alle fürstlichen Herrschaften — auch der Fürst von Hohenzollern und Prinz Heinrich von Preußen sind noch angekommen — bei der Kaiserin vereint. Der Geburtstag der Kaiserin wurde Donnerstag in Baden-Baden in herkömmlicher Weise festlich begangen. Die Kaiserin empfing die Glückwünsche der dort anwesenden Fürstlichkeiten. Zahl reiche Glückwunschschreiben von nah und fern waren eingegangen. Nachmittags fand Familientafel statt. In Berlin und Potsdam wurde der Geburtstag der Kaiserin in gewohnter Weise festlich begangen. Zur Herstellung der Blutkapelle im Dome zu Er furt, sowie zur Ausbesserung der Dächer des Domes und des Terrassengeländers an demselben ist ein Be trag von 14,000 Mk. vom Kaiser bewilligt worden. Der Prinz-Regent von Bayern hat den Armen von Augsburg 2000 Mk., denen von Nürnberg 4000 Mk. überweisen lassen. Der Staatssekretär iin Reichsschatzamt, Herr von Burchardt, hat nun doch seinen Abschied nachgesucht und bereits erhalten. Herr von Burchardt, der schon längere Zeit Krankheit wegen auf Urlaub war, war seit 1882 Staatssekretär; er wurde als solcher der Nachfolger des Herrn von Scholz, als dieser, nach Bitter's Rücktritt, das preußische Finanzministerium übernahm. Als Chef der Reichsfinanzverwaltung ist Herr von Burchardt wenig hervorgetreten. Die Ver tretung der großen Steuervorlagen führte fast regel mäßig Herr von Scholz; von Burchardt vertrat meist nur den Etat und kleinere Vorlagen. Der Reichs anzeiger vom Donnerstag Abend bestätigt bereits die Annahme des Entlassungsgesuches. Die Nachricht, daß der Papst nach Verständigung ! mit der preußischen Regierung zum Nachfolger des jetzigen Erzbischofs von Freiburg, Or. Roos, auf dem Limburger Bischofssitze den Domdechanten Or. Klein bestimmt habe, bestätigt sich der „Köln. Ztg." zu folge. Or. Klein galt bereits bei der letzten Wahl im Februar vorigen Jahres als der erkorene Candi- dat des Limburger Domkapitels. Erst in letzter Stunde entschied sich dieses für Roos. Das rheinische Blatt meint: „Bei der verhältnißmäßig sehr rasch erfolgten Verständigung zwischen Kurie und Regierung wird die Erwartung gerechtfertigt sein, daß der neue Bischof ein wahrer Friedensbischof sein werde, der Gott giebt, was Gottes, und dem Kaiser, was des ! Kaisers ist!" ! Folgendes Nachspiel zur Reichstagsersatzwahl im ' Wahlkreise Herzogthum Lauenburg erregt großes j Aufsehen: Vor der Stichwahl zwischen dem freisinnigen > und conservativen Candidaten erhielt der Socialdemo krat Mvlkenbuhr in Kellinghusen folgenden Brief: „Ratzeburg den 28. August. Herrn Molkenbuhr, Kel linghusen. Ich erlaube mir ohne Umschweife die er gebene Anfrage, welche Vergütung Sie verlangen, wenn es Ihnen gelingt, die in Mölln, Lauenburg und Lehm rade abgegebenen socialistischen Stimmen auf den conser vativen Candidaten zu vereinigen. Ganz ergebenst H. Boye, Schuhmachermeister." Herr Boye leugnete, der Verfasser des Briefes zu sein. In Ratzeburg schenkte man dieser Versicherung mich allgemein Glauben, hatte aber den Verdacht, daß eine dort bekannte Persönlichkeit den Brief geschrieben habe und ließ deshalb einFacsi- mile desselben verbreiten, zugleich mit der Angabe, daß der Briefumschlag ein Siegelmonogramm mit den Buchstaben „I. F." gezeigt habe. Jetzt hat sich als Schreiber des Briefes durch Erklärung in der Kieler Zeitung der Amtsgerichtsrath Francke bekannt. Er sagt in der Erklärung, er habe Molkenbuhr die Agi tationskosten rc. ersetzen, aber keine persönliche Beloh nung zusichern wollen. Weshalb ein anderer Name angewendet ist, wird nicht gesagt. Der ganze Vorfall muß doch etwas mehr als Kopfschütteln erwecken. Vorliegende Berichte beweisen, daß in den Kreisen der deutschen Socialdemokratie gegenwärtig eine