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Befehl ein besonderer Extrazug zur Verfügung gestellt, und in Berlin selbst Hofequipagen und Bedienung. Von Berlin reist der Botschafter nach der Werft des „Vulkan" in Stettin. Die deutsche Reichspostdampferlinie nach Austra lien foll auch vom Generalpostmeister der englischen Colonie Victoria zur Beförderung der Post mit benutzt werden. Infolge dessen wird wahrscheinlich eine Porto ermäßigung für den Briefverkehr von Deutschland nach Australien eintreten. Unter dem Verdacht der Spionage ist am 28. Juli ein junger Mann verhaftet worden, der die Festungs werke von Thorn abgezeichnet haben soll. Der Ver haftete soll einen auf den Träger eines polnisch-russischen Grafentitels lautenden Paß bei sich geführt haben. In Eßlingen hat bei der Ersatzwahl zum Reichs tage der nationalliberale Candidat vr. Adä mit etwa 2—3000 Stimmen-Mehrheit gesiegt. — In Kamerun ist auf Grund einer Verordnung des dortigen Gouverneurs von Soden die Reichsmark rechnung eingeführt worden. Zur Befriedigung des Geldverkehrs wurden schon größere Posten von Thaler- stücken von den betheiligten kaufmännischen Firmen in das deutsche Schutzgebiet geführt. Oesterreich-Ungarn. Mit dem Minister Grafen Kalnoky ist auch der ungarische Ministerpräsident Tisza beim Kaiser Franz Joseph in Ischl eingetroffen. Es soll sich um endgiltigen Abschluß der Janski - Angelegenheit handeln. Frankreich. Ein von orleanistischen Blättern veröffentlichter Brief des Generals Boulanger aus früherer Zeit an den Herzog von Aumale, in welchem er diesem für seine Gunst dankt, wird amtlich für eine Fälschung erklärt. Das Journal officiel veröffentlicht die Decrete des Präsidenten der Republik, durch welche die Pa riser Weltausstellung für 1889 definitiv angeord net wird. Der Pariser Stadtrath beschloß, das Denkmal der großen Revolution von 1789 auf Stadt kosten am ehemaligen Platze des Tuilerieen-Palastes errichten zu lassen, nachdem Minister Goblet eine Theilnahme des Staates an den Kosten abgelehnt hat. Spattien. Der Finanzminister Camacho hat dem Minister präsidenten Sagasta sein Entlassungsgesuch übergeben. England. Gladstone hat am Sonnabend formell sein Amt aufgegeben und hat der Königin die Staatssiegel wieder überreicht. Vom gleichen Tage ab hat das neue Ministerium Salisbury seine Thätigkeit begonnen. Rußland. Der Erzherog und die Erzherzogin Karl Ludwig von Oesterreich haben sich von Petersburg nach Peterhos begeben, wo sie von der kaiserlichen Familie aufs Herzlichste begrüßt wurden. Das „Petersburger Journal" bemerkt zu dem Besuch, die hohen Gäste Feuilleton. Nach Jahren. Novelle von Marie Landmann. (Fortsetzung.) „Ich nahm sein Anerbieten mit Freuden an. Noch heute in der Erinnerung ist es mir, als sehe ich die grüne Fluth des Rheines wallen, die Rosen blühen auf der Terrasse, und das zierliche Schlößchen liegt wieder im Sonnenglanz vor mir, wie an dem Juni nachmittag, als mich der Nachen von dem vorüber fahrenden Dampfschiffe nach Oberstem hinübertrug. Wie Ernst mich empfing und in das Haus führte, in den kleinen Saal, dessen Glasthür und breite, bis zum Boden niedergehende Fenster den schimmernden, von Schiffen belebten Strom und die gegenüberliegenden Berge mit ihren Schlössern und Ruinen wie eben so viele liebliche Bilder zeigten — und wie er mich seiner Frau und deren Freundin, Gertrud Bühring, vorstellte — es war ein seltsamer Moment, und ich habe mich später oft daran erinnert und dabei an Ahnungen glauben lernen." „Dummes Zeug," sagte der Doctor, „hätte Dich für klüger gehalten. Ahnungen! Unsinn! Höchstens gut für Weiber und Poeten!" „Sage das nicht, Onkel. Es giebt ein Gefühl, wel ches uns in bestimmten Augenblicken sagt, daß wir an der Schwelle eines neuen Lebensabschnittes stehen, daß die Stunde, die eben anbricht, die Keime wichtiger Ereignisse ausstreuen wird. So war es, als ich an Winters Hand den beiden Damen gegenüber trat — oder vielmehr der einen, die ich im ersten Augenblicke allein sah. Ich halte viel auf den ersten Eindruck. Da ist man frei von den Einflüssen, die sich später einschränkend und beirrend geltend machen, und hört allein auf die Stimme der Natur, die uns zu dem Verwandten hinzieht und von dem Feindlichen entfernt. So fühlte ich dieser Frau gegenüber, daß ich nimmer würden in ganz Rußland den besten Empfang finden und ihr Aufenthalt werde die bestehenden freundschaft lichen Beziehungen noch befestigen. Als Ursache der Reise des Erzherzogs wird jetzt angegeben, derselbe solle dem Czaren die Mittheilung machen, daß Oester reich-Ungarn demnächst zur formellen Annection von Bosnien und Herzegowina schreiten werde, das dem Namen nach immer noch unter der Oberhoheit des Sultans steht. Nach einer Petersburger Meldung hängt die Reise Giers ausschließlich von der politischen Situation ab, die augenblicklich einen Besuch bei dem Fürsten Bis marck nicht geeignet erscheinen lassen. Türkei. Nach einer der „Pol. Korr." aus Konstantinopel zugehenden Meldung hat General von der Goltz kei nen neuen Contract mit der türkischen Regierung ab geschlossen, sich dagegen bereit erklärt, bis zu seiner Abberufung Seitens der deutschen Regierung in türki schen Diensten zu bleiben. Asien. Die Malayen und Chinesen sind die einzigen Völker, bei denen das Seeräuberhandwerk noch als ein geachtetes nationales Gewerbe schwunghaft betrieben wird. Daß diese Leute sich an einen europäisch be mannten Dampfer wagen, zeigt folgendes Vorkomm niß. Der in holländischen Diensten stehende Dampfer „Hok Canton" aus Glasgow wurde auf der Reise von Penang nach Atschin von 200 Seeräubern ange griffen, die sich dem Schiffe in 3 Booten genähert hatten. Es entspann sich ein mörderischer Kampf, in welchem der Kapitän des Schiffes, der erste Ingenieur und der erste Steuermann getödtet wurden. Die übrige Mannschaft wurde überwältigt und sammt der Wittwe des Kapitäns in die Gefangenschaft geschleppt. Die Seeräuber verlangen ein Lösegeld von 50,000 Dollars für die unglückliche Schiffsmannschaft. Die holländischen Behörden in Atschin haben 3 Kriegsschiffe und 400 Soldaten zur Verfolgung der Seeräuber abgesandt. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 2. August. Zu dem gestern hier- selbst stattgefundenen Verbandsfeste dramatischer Vereine von Chemnitz und Umgegend waren circa 500 aus wärtige Mitglieder von derartigen Vereinen erschienen, und zwar aus Burgstädt (dram. Verein und Verein Thalia), Chemnitz, Einsiedel, Frankenberg, Flöha, Gablenz, Hartenstein, Hainichen, Limbach,- Lugau, Langenchursdorf, Oelsnitz i. E., Oederan, Rabenstein, Schönau, Stollberg, Wittgensdorf und Zschopau. Be reits am Sonnabend waren einige 20 Personen von auswärts hier angekommen, die vom Bahnhof von einer Empfangsdeputation abgeholt worden waren. Der abends im Ahnert'schen Restaurant stattgefundene Commers war sehr zahlreich besucht und wurden hier bei verschiedene dramatische Vorträge sowie seitens eines Quartetts mehrere Pwcm zum Besten gegeben. Am Sonntag fand vormittags Empfang der weiter ankommenden Gäste, sowie die Generalprobe im Schön würde gleichgiltig neben ihr hinleben können, daß sie mein Schicksal sei. Nur einen kurzen, dunkeln Augen blick, dann war ich herzlich begrüßt und bald mitten in das Gespräch gezogen." „Es ist gut, daß Sie da sind, sagte Frau Winter, Sie müssen mir beistehen. Gertrud ist stets anderer Meinung als ich, und mein Mann immer auf ihrer Seite. Zwei gegen einen, das war zu viel. Jetzt steht die Partie wenigstens gleich." „Ich fragte nach dem Gegenstand des Streits. Sie waren bei der Lectüre der „Wahlverwandtschaften" und hatten grade, als ich ankam, darüber gesprochen. „Diese Charlotte, sagte Aurelie, ist mir in der Seele zuwider. Sagen Sie, ob ich Recht habe. Diese Selbstgenügsamkeit, diese unleidliche Vernünftigkeit, die das Gewaltigste und Erschütterndste gleich immer wieder weise zurechtlegt, nur um ihre ungestörte Gemüthsruhe zu behaupten, ist im Grunde doch nur Egoismus. Ich bin fest überzeugt, sie hat nach Ottiliens und Eduards tragischem Ende den Hauptmann geheirathet und in ihrer dritten Ehe ganz glücklich und vergnügt gelebt." „Ich will Dir darin nicht widersprechen, sagte Gertrud darauf, aber mir ist sie doch die liebste von der ganzm Gesellschaft. Sie ist die einzige, die ein Bewußtsein ihrer Pflicht und ihrer Verirrung hat, das bei den andern doch ziemlich hinterher kommt. Unbegreiflich und unentschuldbar ist sie für mich frei lich auch, aber sie hat dennoch unendlich mehr Charak ter und sittlichen Ernst als ihr Mann." „Winter stimmte ihr bei. Da haben Sie Recht, Fräulein meinte er, Eduard ist ein so charakterloser, unmännlicher, selbstsüchtiger Patron, daß ich um seinet willen meinem Lieblingsdichter gram werden könnte. „Und ebenso ergeht es mir mit der Ottilie, fuhr Gertrud fort. Ich finde sie unnatürlich und ungesund in ihrem ganzen Wesen." burger Hofe und darauf Frühkneipe im Schießhause statt, an welche sich der Festzug mit Musik durch die Stadt nach dem Schönburger Hof schloß. Dort wurde zunächst Verbandsvorstandssitzung und Delegirtensitzung abgehalten und der übrige Nachmittag durch ein Concert des hiesigen Stadtmusik chors ausgefüllt. Abends fanden im Saale des Fest lokals dramatische Aufführungen statt, und zwar seitens des hiesigen dramatischen Vereins die Operette: „Guten Morgen, Herr Fischer!" und das Moser'sche Lust spiel: „Aus Liebe zur Kunst", sowie von Mitgliedern der Verbandsvereine das ländliche Lustspiel von Or. Peschel: „In den Bergen." Den Beschluß machte ein Tänzchen. *— Heute Montag Vormittag wurde in der Nähe der fürstlichen Ziegelei in Altwaldenburg durch Herm Stadtwachtmeister Seidel der Handarbeiter Weiße, der verdächtig war, den am vergangenen Sonnabend statt gefundenen Brand verursacht zu haben, festgenommen und in der Rathsfrohnfeste untergebracht. Der Ver haftete soll, wie wir hören, bei der Verhaftung die Brandstiftung ohne weiteres eingestanden haben. *— Gestern Sonntag in den frühesten Morgen stunden ivurde in der Nähe des Galgenberges bei Pe nig der Leichnam eines Mannes aufgefunden, in welchem später derjenige des Fuhrwerksbesitzers N. aus Froh burg ermittelt wurde. Der Leichnam hatte am Kopfe starke Verletzungen, welche mit Sicherheit vermuthen ließen, daß hier ein Verbrechen vorliegt. Als muth- maßlicher Mörder ist ein bereits mit Zuchthaus vor bestrafter Mensch aus Böhmen in Zschopau aufgegriffen und verhaftet. — Herr Kreishauptmann Freiherr von Hausen in Zwickau ist vom 4. August bis Anfang September dieses Jahres zum Kurgebrauche nach Marienbad, sowie vom 13. bis 25. September d. I. zum Ge brauche einer Nachkur beurlaubt und wird während dieser Zeit durch Herrn Geh. Regierungsrath Leon hardi vertreten. — Am Sonnabend kam in Zwickau beim Rangi ren der 31 Jahre alte Wagenwärter Karl Louis Sch zwischen die Puffer zweier Lowris und erlitt den so fortigen Tod. Der Bedauernswerthe hinterläßt fün, Kinder. Aus dem Sachsenlande. — Ihre Majestäten der König und die Königin treffen am 15. August in Zwickau zu dem zum Besten des dortigen Albertzweigvereins und Bürgerhospital fonds angesetzten Volksfeste ein. — Bei der Königlichen Altersrentenbank in Dresden (Altstadt, Landhausstr. 16, im Landhaus) ist bis zum Ende des Monats Juni die Einlagesumme des laufen den Jahres auf 1,225,291 Mark angcwachsen, eine Summe, zu deren Ansammlung im Anfänge des Be stehens der Bank mehr als 21 volle Jahre (von 1859 bis 1879) gebraucht worden waren. Die seit einigen Jahren eingetretene erhöhte Betheiligung des Publikums an der Altersrentenbank erstreckt sich erfreulicher'Weise „Weil sie das Unglück hat, Eduard zu lieben? fragte Aurelie." „Ja, auch deshalb. Eiu vernünftiges, innerhalb ge sundes Mädchen kann überhaupt nicht darauf verfallen, sich in einen verheiratheten Mann zu verlieben, so wenig, wie in den Mann im Monde, oder in einen Verstorbenen, oder sonst irgend wie Unerreichbaren. Ich halte es für unmöglich." „Du, das glaube ich, sagte Aurelie neckend und be gann dann, Ottilie und Eduard zu vertheidigen. Ich weiß nicht mehr, was sie sagte, nur daß die Art, wie sie es that, mich zu lebhafter Beistimmung fortriß. Mir ist dieses erste Gespräch aber im Gedächtniß ge blieben, weil ich mich öfter daran erinnert habe, und weil es für mich persönlich eine verhängnißvolle Be deutung gewann. „Bald nahm mich das fröliche rheinische Leben in die Arme. Nirgends versteht man es ja so, wie am Rhein, den Ernst der Arbeit mit dem heiteren Lebens genuß zu verbinden, zu dem die Natur selber auffor dert. Und nun gar in Oberstem! Ich habe den Golf von Neapel gesehen, Onkel, und die Gärten der Alhambra, die Seen Ober-Italiens und die griechischen Inseln, aber ein lieblicheres Fleckchen Erde habe ich nirgends aufgefunden. An diesem Orte zu leben, wäh rend des längsten, sonnigsten Sommers und unter den Augen dieser Frau. — Ich möchte sie Dir beschreiben, Onkel Struck. Aber was würde es helfen, wenn ich von ihrem zierlichen Wuchs, ihrem reichen braunen Haar, ihren wunderbaren Augen sprechen wollte? Viel leicht war sie gar nicht schön, nicht eigentlich schön, meine ich. Ich weiß nur, daß ein unbeschreiblicher Zauber von ihr ausging, ein Zauber geistiger Art, der ihren Zügen einen stets wechselnden, immer neuen Reiz verlieh, und ihre Bewegungen, ihre Worte, ihr ganzes Wesen mit der bestrickendsten Amnuth umgab." (Fortsetzung folgt.)