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„Moniteur de Rome" zurückzuführen sind. Nicht im Vatikan empfand man einen peinlichen Eindruck, son dern in bayerischen ultramontanen Kreisen wünschte man, daß ein solcher Eindruck in Rom Hervorrufen werde. Die Blamage ist in der That groß genug. Oesterreich-Ungarn. Die „Wiener Ztg." veröffentlicht einen kaiserlichen Erlaß, wodurch der Landtag von Tirol zum 27. Juli einberufen wird. In Prag hat der Stadtrath beschlossen, dem deut schen städtischen Lehrer Mathöe sämmtliche wider rufliche Zulagen zu entziehen. Der Lehrer hat nämlich im vorigen Jahre beim Sängerseste in Brünn eine Rede gehalten, welche den Haß der Czechen auf ihn lenkte, und es wurde so lange frisch drauflos denuncirt, bis der Landesschulrath eine Disciplinaruntersuchung einleitete und MathLe einen Verweis ertheilte. Der Prager Stadtrath begnügte sich aber nicht mit dem Disciplinar-Urtheile, sondern maßregelte den Lehrer auf eigene Faust durch seinen oben erwähnten Beschluß. Ob letzterer in den Augen der Behörden für gesetz mäßig wird anerkannt werden, steht noch dahin. Frankreich. Der ausgewiesene Herzog von Aumale ist in Eng land angekommen. Das National fest am Mittwoch ist wirklich — bis auf den durch allzureichliche Illumination herbei geführten Brand der Kirche von Jory, bei dem einige Menschen verunglückten — ohne störenden Zwischen fall verlaufen. Es waren sogar drei deutsche Fahnen ausgehäugt von denen die eine die Inschrift trug: „Lang lebe der Kaiser von Deutschland!" Nur die eine Fahne, die in einem Brauereiausschank ausge hängt war, mußte eingezogen werden, die übrigen konnten bleiben. Bezüglich der Parade sagen alle Be richte, daß dieselbe sehr gut verlaufen ist, und das Lob, welches der Präsident Grövy dem Kriegsminister Boulanger spendete, ist daher gerecht. Sehr bemerkt aber ist, daß sich die wohlhabendere Bevölkerung fast ganz von dem Feste ferngehalten. Der Anarchist Gollo, welcher am 5. März die ses Jahres mehrere Revolverschüsse im Börsensaale abfeuerte und eine Flasche mit Blausäure zwischen die Anwesenden warf, ist zu 20 Jahren Zwangsarbeit verurtheilt. Donnerstag sind die Kammern geschlossen; aber nicht, ohne daß es vorher noch gewaltigen Spec- takel gegeben. Im Senat warf der Monarchist Chesnelong dem Kriegsminister Boulanger die Aus weisung des Herzogs von Anmale vor. Der Minister antwortete, es dürfe niemals geduldet werden, daß ein so unverschämter Brief, wie der des Herzogs von Aumale, an das Staatsoberhaupt gerichtet werde. Darüber großer Lärm, nnd der Senator Lareinty rief dem Minister zu: Feigling! Boulanger ant wortete, er könne nicht zulassen, daß man den Kriegs minister feig nenne, und verließ die Tribüne. La reinty wollte hinterher seine Heftigkeit etwas ent schuldigen, aber der Minister hat ihn doch aus Pisto len fordern lassen. Außerdem erklärte in der Sitzung noch der Minister des Innern, Sarrien, der Herzog von Aumale habe den Brief mit Zustimmung des Grafen von Paris geschrieben, es bestehe ein förm liches Complott. Dann sprach der Senat mit 157 gegen 78 Stimmen der Regierung sein Vertrauen aus. Einem ausführlichen Bericht entnehmen wir Fol gendes über den Zwischenfall Boulanger: Kriegs minister Boulanger: „Darf man gestatten, daß ein Bürger, und wäre es der Herzog von Aumale, dem Staatsoberhaupt einen frechen Brief schreibt?" Ba ron Lareinty, aufspringend und athemlos vor Wuth: „Beleidigen Sie keinen Abwesenden, das ist Feigheit!" Furchtbarer Lärm. Boulanger, feuerroth im Gesicht, will antworten, kann sich aber nicht verständlich ma chen. Die ganze Rechte tobt durch einander, einige republikanische Senatoren umringen Boulanger und drücken ihm die Hand. Der Präsident ruft Lareinty zur Ordnung, der immer noch schreit: „Eine Feig heit ist es, eine Feigheit. Sie beschimpfen einen Ab wesenden." Präsident: „Ich rufe Sie zum zweiten Male zur Ordnung." Geschrei rechts: Rufen Sie uns Alle zur Ordnung!" Präsident: „Wenn Sie nicht schweigen, muß ich die Versammlung aufheben!" Boulanger: „Es ist mir sehr schwer fortzufahren. Man diskutirt nicht, sondern wirft mir Schimpfworte ins Gesicht. Sie, Herr Baron Lareinty, haben den Kriegsminister einen Feigling genannt!" Lareinty: „Ich bin zu Ihrer Verfügung. Ich bin Soldat wie Sie!" Der Lärm dauert noch eine Viertel stunde, worauf endlich Ruhe eintritt. Gleich nach der Sitzung ließ der General den 62jährigen Baron fordern. Präsident Grövy geht Anfang nächster Woche nach seinem Landsitz im Jura. Prinz Roland Bonaparte ist jetzt ebenfalls aus den Armeelisten gestrichen. Der Herzog von Aumale war auch Präsident des Kriegsgerichtes, welches Bazaine verurtheilte. Aus der jetzigen Streichung des Herzogs aus der französischen Armeeliste will Bazaine Anlaß nehmen, den Antrag auf Kassirung des Urtheils zu stellen, da der Herzog damals seinen Generalsrang nicht recht mäßig besessen! England. Das „Reutersche Bureau" hört gerüchtweise, daß zwischen England und Amerika Unterhandlungen über den Abschluß eines Vertrages wegen Auslieferung von Dynamitverbrechern schwebten. Es hat fast den Anschein, als ob sich die Dinge in Birmah in das Gegentheil verkehrt hätten. Im mer kühner treten die Thronbewerber der Alompra- Dynastie auf, und die Berichte über die täglichen Ge fechte klingen gar zu oft wie englische Schlappen. Der mächtigste dieser Prinzen, Myentzin, hat den englischen Gouverneur Bernard in einem Aufruf für vogelfrei erklärt und eine Belohnung auf seinen Kopf gesetzt. In der Hauptstadt Mandalay nimmt die Unsicherheit tagtäglich zu; als der englische General White vor einigen Tagen mit zwei Offizieren durch die Straßen ritt, wurde aus einem Hause auf ihn ge schossen, ohne daß es gelungen wäre, des Thäters habhaft zu werden. Das große Geheimniß, wie die Aufständischen in den stets sich erneuernden Besitz von Waffen und Schießbedarf gelangen, hat sich jetzt sehr einfach aufgeklärt: Chinesische Händler versorgen die Eingeborenen in reicher Fülle mit Pulver und Waffen. Wahlbnlletin. Bisher sind gewählt 313 Con- servative, 74 liberale Unionisten, 197 Gladstoneaner, 82 Irländer, 22 Wahlen stehen noch aus. Rußland. Wie ein Konstantinopler Journal meldet, wollen in Folge der Aufhebung des Freihafens in Ba tum viele dort ansässige europäische Kaufleute nach Trapezunt auswandern. Die russische Marine wird bedeutend vergrößert. Sechsundzwanzig Kriegsschiffe verschiedener Gattung werden im Laufe dieses Jahres für die baltische Flotte und die des schwarzen Meeres fertig, darunter fünf Panzerschiffe, einige Torpedoboote, zwei Kanonenboote rc. Die Werkstätte zu Obuchow ist sehr erweitert worden und liefert nunmehr auch Panzerplatten. Die meisten neuen Schiffe und namentlich die schweren Schlacht schiffe, treten zur Flotte des Schwarzen Meeres, aus deren rasche Verstärkung man besonders bedacht zu "ein scheint. Ans dem Mnlventhale^ *Waldenbnrg, 17. Juli. Nächsten Donnerstag, den 22. d., nachmittags 4 Uhr, wird in Jerisau ein Gemeindetag abgehalten werden und sind hierzu alle Gemeindevorstände der kgl. Amtshauptmannschaft Glau chau, sowie die Herren Bürgermeister der Städte Ernst thal und Callnberg eingeladen. *— Vorigen Donnerstag hielt der neu angestellte Herr Pastor Seifert in Bräunsdorf seinen Einzug in den Ort. Die Vertreter der Gemeinde fuhren um 2 Uhr in 25 Wagen und einem Reiter nach dem Bahnhof Wolkenburg, woselbst Herr Pastor Seifert gegen 4 Uhr vom Kirchenvorstand und den Gemeinde mitgliedern, sowie den Herren Pastoren aus Kau fungen und Niederfrohna in Empfang genommen wurde. Herr Pastor Seifert, der hocherfreut über die zahlreiche Betheiligung am Empfange war, wurde daraus in dem zur Verfügung gestellten elegant ge schmückten Geschirre des Herrn Kirchenvorstehers Frischmann über Kaufungen nach Bräunsdorf geleitet. Bei Ankunft im Orte wurde dem Herrn Pastor sei tens der Schuljugend, die sich darauf dem Zuge an schloß, abermals ein feierlicher Empfang bereitet. Im Dorfe selbst waren mehrfach Ehrenpforten errichtet; in der Nähe des Pfarrgutes hatte die neu organisirte Feuerwehr in Uniform Spalier gebildet, die zwischen den grünen Bäumen einen recht imposanten Anblick bot. Nachdem der Zug am Pfarrgute angekommen war, wurde Herr Pastor Seifert vom Herrn Cantor Höppner in feierlicher Weise begrüßt und in seine neue Wohnung geleitet. Später wurde zur Feier des Tages die Schuljugend im Gasthof durch Speise und Trank erquickt. Abends fand ein gemeinschaftliches Mahl statt, an welchem auch die Herren Pastoren aus Kaufungen und Niederfrohna theilnahmen, wobei in mehrfachen Toasten des Herr Pastor Seifert und der Gemeinde Bräunsdorf gedacht wurde. Langenchursdorf, 16. Juli. Die hiesige Kirchen gemeinde beging am 11. Juli ein fröhliches und ge segnetes Fest. Unter außerordentlicher Theilnahme der zu einem Missionskreis, dem sogenannten „Kaufunger Missionskreis" verbundenen Gemeinden, (außer L. und Falken die Kirchengemeinden: Callenberg, Langenberg, Bräunsdorf, und Nieder- mit Mittel-Frohnä, Kau fungen, Wolkenburg) aber auch anderen Missionsfreun den aus entfernteren Ortschaften ward in hiesiger fest lich geschmückter und von der heimischen Gemeinde selbst zahlreich besuchten Kirche ein Missionsfest gefeiert. Herr Pfarrer Thomas aus Waldenburg gab durch seine tiefe, die Herzen und Gewissen ergreifende Pre digt über Johannes 1, 41.42 die schönste Weihe zum Feste, während das Kirchenchor unter Leitung des Herrn Oberlehrer Zenner die Feier in der Kirche so wohl wie nachher in der Besprechung zu erhöhen und fröhlich gestalten half. In der gleichfalls sehr zahl reich besuchten Nachversammlung im Finsterbusch'schen Garten, zu der Gott doch noch Sonnenschein verlieh, gab zunächst Ortspfarrer Kaiser, unter Anknüpfung an das 300jährige Amts-Jubiläum der hiesigen großen Glocken, einen Bericht über den Stand der tamulischen Mission in Ostindien (934 Heiden im Jahr 1885 von den Leipziger Missionen getauft; die Gemeinden um 1456 Seelen gewachsen), und über die Fortschritte in der Bewegung der Israeliten in Südrußland (Ra- binowitzsch). i?. Gehring-Callenberg konnte als Cas sirer berichten, daß unser Kreis einschließlich der Fest- collecte (81,5 Mk.) eine Summe von über 400 Mk. an den Hauptverein senden konnte. Derselbe gab nach her einige indische Sinnsprüche zum Besten. ?. Fülls- kruß-Kaufungen legte dar, welche Verdienste die Klöster (Zelle und Chemnitz) um die Ausbeitung des Christen thums in hiesiger Gegend sich erworben, während die Pastoren Münnich-Wolkenburg und Zimmermann Hohen stein Mittheilungen über afrikanische Missionen brach ten. Eine am Schluß der Nachversammlung gesam melte Collecte zum Besten der Mission unter Israel betrug 27 Mk. 40 Pfg., während eine Sendung von Missions-Bildern und Schriftchen bei Jung und Alt lebhaften Absatz fand, so daß der Ortspsarrer seinen „Ladentisch" fast ganz geräumt sah. Es steht zu hof fen, daß dadurch das schöne Fest auch weitere Nach klänge haben und in gesegnetem Andenken bleiben wird, zu Danke zugleich auch der hiesigen Kirchengemeinde, die es bewies, wie gern sie mit den lieben Festgästen feierte. — Bei der am Mittwoch Vormittag im kgl. Land gericht zu Zwickau stattgefundenen Ausloosung von 30 Hauptgeschworenen für das im III. Quartale zusam- menzuberusende Schwurgericht wurden nachstehend ver zeichnete Herren gezogen: 1) Färbereibesitzer Karl Friedrich Julius Möhler in Glauchau. 2) Gewerbe- Jnspections-Assistent Johannes Dürich Merbach in Zwickau. 3) Färbereibesitzer Hermann Illgen in Crim mitschau. 4) Vicebürgermeister August Julius Boch mann in Aue. 5) Handschuhfabrikant Karl Louis Gräßer in Zwickau. 6) Hammerwerksbesitzer Edler Hans von Querfuhrt in Schönhaidehammer. 7) Bau meister Eduard Flechsig in Zwickau. 8) Kaufmann Wilhelm Reinhold Dietrich in Crimmitschau. 9) Fabrikant Eduard Tschirner in Lcubnis; bei Werdau. 10) Kanzleisekretär Karl Friedrich August Dietrich in Zwickau. 11) Tuchfabrikant Louis Singer iu Kirch berg. 12) Ziegeleibcsitzer Otto Becker in Lichtenstein. 13) Gutsbesitzer Ernst Julius Ehrler in Härtensdorf bei Wildenfels. 14) Kaufmann Ludwig Straff in Meerane. 15) Kaufmann Karl Richard Stoß in Crimmitschau. 16) Fabrikant Karl Heinrich Köhler 86U. in Crimmitschau. 17) Oberföster Herrmann Gerlach in Hundshübel. 18) Kaufmann, Stadtverord neter und Branddirector Ernst Hugo Liebold in Wil denfels. 19) Bankier Karl Eduard Stengel in Zwickau. 20) Vermessungs-Ingenieur Max Werner in Zwickau. 21) Fabrikant Gustav Wilhelm Dietel iu Wilkau. 22) Stadtrath und Posamentier Bernhard Zimmer mann in Werdau. 23) Gutsbesitzer Heinrich Eduard Nobis in Oberlungwitz. 24) Stadtrath Friedrich Wilhelm Stahl in Schneeberg. 25) Friedensrichter Otto Karl Friedrich Albrecht in Oberaffalter bei Löß nitz. 26) Tuchhändler Friedrich Egidius Wolf in Kirchberg. 27) Stadtrath Karl Ernst Wagner in Lößnitz. 28) Zimmermeister Ernst Friedrich Bern hard Becher in Zwickau. 29) Fabrikant Heinrich August Göldner in Meerane. 30) Kaufmann Karl Julius Mursiuna in Zwickau. — In letzter Zeit sind auch in Zwickau einige Erkrankungsfälle an Genickstarre mit tödtlichem Aus gange vorgekommen. — Bei Gelegenheit der Anbringung eines Blitz ableiters auf der in Reparatur befindlichen Kirche zu Weißenborn wurden am Mittwoch Knopf und Fahne vom Thurme genommen. Im Knopfe befanden sich in einer ziemlich verrosteten Blechbüchse fünf Dokumente aus den Jahren 1648, 1672, 1693, 1712 und 1766 vor. Außer Nachrichten über Reparaturarbeiten und Personalnotizen über Superintendenten und Bürger meister, von Zwickau, Geistliche, Schullehrer, Gemeinde- und Kirchenvorstände, Schöppen rc. von Weißenborn mit Niederhohndorf fanden sich in der Kapsel noch eine bleierne Kugel vor, die ein preußischer Soldat im 7jährigen Kriege „aus Bosheit" in die Spindel des Thurmes geschossen hatte, sowie 24 sehr gut er haltene Münzen mit scharfer Prägung aus den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit treuer Angabe, wer jede einzelne gestiftet. — Es hat sich jetzt ein „Fischer-Verein für NochS- burg und Umgegend," unter dem Vorsitze des Herrn Wünschmann in Großschlaisdorf, mit dem Sitze in Lunzenau gebildet. Diesem Vereine sind die angesehen-