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der 4 Monate und 19 Tage gedauert hat, 82 öffent- "che Sitzungen abgehalten. Dieselben füllten zusammen 168 Stunden aus. Die längste Sitzung dauerte 6 St. 35 Min., die kürzeste 10 Min. Die Staatsre- gierung hatte 40 königl. Dekrete dem Landtage vorge legt; die Deputationen haben 160 Berichte erstattet. Die Finanzdeputation hat in 56 Sitzungen 14 Dekrete, 3 ständische Anträge und 66 Petitionen erle digt. Die Finanzdeputation L in 38 Sitzungen 4 Dekrete und 148 Petitionen, die Gesetzgebungsdeputation in 39 Sitzungen 10 Dekrete, 2 ständische Anträge und 23 Petitionen, die Rechenschaftsberichtsdeputation in 21 Sitzungen 4 Dekrete, die eigentliche Petitions- und Beschwerdedeputation in 22 Sitzungen 88 Petitionen und 17 Beschwerden. Alles in Allem waren 347 Petitionen eingereicht worden, nur 5 derselben blieben unerledigt. So vollständig hat wohl noch kein frühe rer Landtag aufgearbeitet. — Am Sonnabend gegen Abend ereignete sich am Ranstädter Steinweg in Leipzig ein schrecklicher Un glücksfall. Ein 2'/2jähriges Kind, Tochter eines in der Nähe dort wohnhaften Handarbeiters, war beim Laufen über die Straße zum Fallen gekommen und wurde von einem in diesem gefahrvollen Augenblicke von Lindenau dort anfahrenden Pferdebahnwagen über fahren und auf der Stelle getödtet. — Die Nachricht, daß am Sonntag Abend zwischen Hohenstein und St. Egidien ein Mann überfahren worden sei, bestätigt sich. Das „Hohenst. Tgbl." be richtet darüber: Am Sonntag nachts '/r12 Uhr wurde auf der Bahnstrecke zwischen Hohenstein und St. Egi dien auf Hermsdorfer Flur ein unbekannter Mann todt aufgcfunden, der augenscheinlich den Tod frei willig gesucht und durch Ueberfahrenlassen gefunden hatte, was am Montag früh durch die Ortspolizei behörde unter Hinzuziehung eines Arztes constatirt wurde. Da die Persönlichkeit des Mannes bis jetzt nicht festgestellt werden konnte, sei noch Folgendes be merkt: Der Mann scheint ein hoher Fünfziger zu sein, war bartlos, scheint dem Arbeiterstande anzugehören und war bekleidet mit dunklem Anzuge, dergl.Ueber- zieher, Stiefeletten, niedrigem runden Hut (mit der Firma: „E. Kießling, Marktgäßchen"), blauem Shawl- tuch und weiß und grau gestreiftem Köperhemd. — In Hohenstein feierte am 29. d. der Seiler meister Friedrich Wilhelm Hermann Korb sein 50jäh- riges Bürgerjubiläum und wurde ihm deshalb seitens der Stadtvertretung durch Herrn Bürgermeister Pfo tenhauer im Beisein eines Rathsmitgliedes ein Ehren- Diplom und Glückwünsche dargebracht. — In Dahlen stürzte am Donnerstag früh in der 3. Stunde der Dachsims des Rathhauses mit donnerähnlichem Gepolter auf die Straße. Bei der Tags darauf vorgenommenen Besichtigung des Rath hauses hat man sich allenthalben von der Baufälligkeit desselben überzeugen müssen, sodaß ein größerer Re paraturbau unvermeidlich ist. — In einer der letzten Nächte brannte die Oskar Hammer in Mahlitzsch bei Nossen gehörige untere Hvlzpappenfabrik gänzlich nieder, wobei der weitgrößte Theil der nicht unbedeutenden Vorräthe und sämmtliche Maschinen mit vernichtet wurden. Die Fabrik war im Gange, das Feuer soll nach Aussagen der in der Fabrik beschäftigten Arbeiter in der Trockenstube, in der Pappen getrocknet werden, ausgekommen sein. Mo biliar, Maschinen und Vorräthe sind versichert. — In Mannichswalde bei Crimmitschau hat sich am Sonnabend der 88 Jahre alte Kleber G. aus Lebensüberdruß erhängt. — Deil Obcrgendarm Fischer in Planen bei Dresden hat am Mittwoch früh ein Schlaganfall ge- todtet Fischer ritt nach Deuben, da schwankte er auf undg sank herab. Ein in der Nähe befim sicher Straßenarbeiter fing ihn auf. — i" Schönberg bei Meerane bei einem Guts- bepAr kurzem erst im Dienst stehende Tagelöhner war kürzlich mit einem Geschirr auf das ^fahren Da seine Rückkehr lange über die er forderliche Zeit wahrte, sandte man einen Boten da hin, welcher zu fernem Schrecken den in Mitte der 50er Jahre stehenden Mann todt aus dem Felde liegend auffand. Ein Schlagfluß hatte Rühling rasch aus dem Leben abberufen. Das Geschirr mit den Pferden hielt nicht weit davon. — Am 25. d. M. hat auf der WaldHeimer Flur ein Waldbrand (Strauch- und Birkenwäldchen), welcher sich über einen Flächenraum von ca. 3 Acker ausbreitete, stattgefunden. Verursacht wurde derselbe durch fahr lässigen Umgang mit Streichhölzchen. — Auch 'in Posta bei Pirna existtrt em Eltern paar, dessen sämmtliche 8 Söhne dein Vaterlande ihre Dienste weihten. Der letzte Sohn trägt jetzt noch den Rock seines Königs. — Eine originelle Idee kommt auf dem Platze der in diesem Sommer in Altenburg stattfindenden Landesausstellung zur Ausführung. Es wird ein altenburgisches Bauernhaus, eine Bauernschänke, erbaut werden, 10 Meter tief und 18 Meter breit. Daneben ist ein Gränzegarten angelegt, in dem die auf dem Lande bei uns gebräuchlichen Sommerblumen Levkojen, Rittersporn, Astern, Nachtschatten sich in gefälligem, aber ländlichem Arrangement zeigen werden. Als Wirth wird ein biederer Altenburger fungiren und die Kellnerinnen, schmucke Bauernmädchen in Nationaltracht, werden an hölzernen Tischen, auf hölzernen Bänken in und vor dem Hause sitzende Gäste bedienen. Das Haus soll ein Stockwerk haben, um auch den „Bun", den Boden, zu gehöriger Anschauung zu bringen. In die Etagen wird vielleicht das Geschäft eines fliegenden Kunsthändlers gelegt, der mit Photographien altenbur- ger Bauern, Männern und Frauen, und mit solchen vom Ausstellungsplatz handelt. Er müßte zugleich das Recht der Colportage auf dem Platze erhalten. Dieses Haus wird für Fremde sicher einer der Hauptan ziehungspunkte werden. Die Erbauung des Hauses wird von einem ländlichen Techniker, Herrn Helbig in Langenleuba, unter Genehmigung der Baucommission geleitet werden. Diese glückliche Idee rührt von Herrn Gutsbesitzer und Landtagsabgeordneten Mollo Kresse in Lohma und Herrn Rittergutspachter Schmidt in Romschütz her. — Auf die Ergreifung des verschwundenen Kauf manns Curt Friedrich Lingke in Altenburg wird seitens des Untersuchungsrichters eine Belohnung von 2000 Mk. ausgesetzt. — Am Freitag haben auf dem Braunkohlenwerk „Glück auf" bei Meuselwitz die unterirdisch Arbei tenden sämmtlich die Arbeit eingestellt, da ihnen d.e verlangte Erhöhung des Lohnes nicht sofort bewilligt worden ist. — Der Gemeinderath von Weimar hat beschlossen, in Anbetracht der großen Ausgaben für die neuen Bahnentwürfe, den Schulneubau und Canalisation, eine städtische Anleihe von 5—700,000 Mk. aufzunehmen. — Aus Sonneberg (S.-Meiningen) wird gemeldet: Einen erschütternden Eindruck machte bei der hiesigen Einwohnerschaft der kürzlich stattgehabte Vorfall, daß eine angesehene Dame aus den bestsituirten Ständen, offenbar in einem Augenblick eingetretener völliger gei stiger Umnachtung, sich mit einem Rasirmesser die eine Hand vollständig abschnitt, so daß dieselbe abgelöst zur Erde fiel. Hilfe war glücklicherweise zur Stelle, die vollständige Verblutung wurde durch Unterbinden des verstümmelten Armes verhindert. Ob jedoch das Leben der Unglücklichen erhalten bleibt, ist zweifelhaft. Deutscher Reichstag. 76. Sitzung vom 29. März. 1 Uhr 15 Min. Am Tische des Bundesrathes: v. Bötticher. Von den zur Erörterung im Plenum von der Commission als nicht geeignet bezeichneten Petitionen wird auf Antrag des Abg. v. Cuny (natlib.) eine solche betr. Entschädigungsanspruch an das Reich ausgeschlossen. Es folgt sodann die erste Berathung des Gesetzentwurfs betr. den Servistarif und die Klassen- eintheilung der Orte. Abg. Richter-Hagen: Es hat mich sehr befremdet, daß diese Vorlage uns erst nach Erledigung des Etats zugeht. Die Vorlage will die Wohnungsgeldzulage der Beamten er höhen, sie schafft eine Mehrausgabe von 900,000 Mk. Wird die Vorlage bewilligt, so hat die Regierung wiederum einen Grund mehr, neue Steuern zu fordern. Der gegenwärtige Zeitpunkt scheint mir zu einer solchen Veränderung der Servissätze ungeeignet — sie bezieht sich auch nicht allein aus die Wohnung-gelder, sondern auch auf das Servis der Mckitärbeamlen, und wird befürwortet mit dem Hinweis auf die gesteigerten Preise, während sonst hier immer über den Niedergang der Preise geklagt wird. Durch die Ent wickelung der Pferdebahnnetze ist es den Beamten in größe ren Stäo en jetzt möglich, außerhalb derselben zu wohnen, Tausende von Berl ner Beamten wohnen in der Umgegend von Berlin und beziehen doch einen Wohnungsgeldzuschuß, als ob sie in Berlin wohnten. Alles, was in dieser Vor lage erhöht wird, kommt dreifach dem Militärbeamten gegen über dem Civilbeamten zu Gute. Viel zu gering ist hin gegen der Zuschuß für die Unterbeamlen. Diese Voilage, anscheinend sehr harmlos, hat sehr große Consequenzen. Am besten wäre es, die Vorlage einer Commission zu über weisen und sie in derselben zu lassen. (Beifall links.) Staatssekretärv. Bötticher: Die Regierungen haben diese Vorlage machen müssen, weil das Gesetz vorschreibt, daß alle fünf Jahre eine Revision des Servis arifes stattfinden muß. Diesem Zwange wird sich auch der Reichstag nicht entziehen können. Sollten Sie der Meinung sein, daß der Etu die Mehrausgabe nicht tragen kann, so kann ja die Einführung um ein Jahr verschoben werden. Wir haben die einschlägi gen Verhältnisse genau prüfen müssen und deshalb konnte die Vorlage nicht früher an das Haus kommen Sparsam keit ist in hohem Maße ja geboten, aber bestehende Ungleich heiten müssen auch beseitigt werden. Abg. v. Köller (cons.) beantragt Verweisung an eine Commission von 14 Mitgliedern und empfiehlt schleunige Erledigung des Gesetzes. Abg. Witt (sreis.) weist auf einige ttngenauigkeilen in der Vorlage hin und bedauert, daß dieselbe so kurz erst vor Sessionsschluß eingegangen. Staatssekretär v. Bötticher antwortet, in der Commis sion werde auf Anfragen genaue Auskunft ertheilt werden. Was den nahen Schluß der Session anbetrifft, so jage ich den Abg. Wöllwarth: „Es wär so schön gewesen, es hat nicht sollen sein!" (Heiterkeit.) Nach weiterer kurzer Debatte wird die Vorlage nach einem Antrag des Abg. Richter-Hagen der Budgetcom- mission überwiesen. Es folgt zweite Berathung des Gesetzentwurfs betr. die Verleihung der Rechte als juristische Person an die Jnnungsverbände. Die Vorlage will in die Gewerbe ordnung zunächst folgendm Z 104 ü beifügen: „Durch Beschluß des Bundesrathes kann Jnnungsverbänden die Fähigkeit bewilligt werden, unter ihrem Namen Rechte, besonders Eigenthum und andere dingliche Rechte an Grundücken zu erwerben, Verbindlichkeiten einzugehen, vor Gericht zu klagen und verklagt zu werden. In solchem Falle haftet den Gläubigern für alle Verbind lichkeiten des Jnnungsverbandes nur das Vermögen desselben. Abg. Lohren (freicons.) bezeichnet die Vorlage als einen Schritt vorwärts zur gedeihlichen Ausbildung der Hand werker-Corporation. Abg. v. Kleist-Retzow (cons.) befürwortet einen Antrag, nach welchem schon die Behörden, welche die Jnnungsstatuten genehmigen, den Jnnungsverbänden auf Grund vom Bundes- rath aufzustellender Grundsätze die Rechte einer juristischen Person verleihen können. Staatssekretär v. Bötticher bekämpf den Antrag, da es vom gemeinen Rechte abweiche, Corporationsrecht von unter geordneten Behörden ertheilen zu lassen. Abg. Baumbach (freis.): Es ist vom Abg. Lohren wie der der Wunsch nach einem Reichs-Jnnungsamt ausgesprochen. Ich weiß nicht, wozu er ein solches Amt haben will. Auch in einer Handwerkerversammlung wurde ein gleicher Wunsch ausgesprochen, damals aber erk.ärten die Herren Ackermann und von Schorlemer-Alst, die Zeit für das Reichs-Jnnungs amt sei noch nicht gekommen, das Amt solle erst das Werk der obligatorischen Innung krönen. Gern hätten wir ge sehen, daß das, was man so bereitwillig den Innungen ge währt, auch den anderen Fachverbänden gewährte. Glauben Sie, daß Sie mit der Gewährung des Rechts der juristi schen Person das Handwerk stärken und kräftigen, so wollen wir Ihnen nicht entgegen sein. Sie dürfen daraus jedoch nicht folgern, daß wir ihre sonstigen Bestrebungen auf dem Jnnungsgebiete nicht bekämpfen werden. Abg. v. Meyer-Jena (natlib.) empfiehlt dis unveränderte Annahme der Vorlage und bezeichnet die Errichtung des vom Abg. Lohren gewünschlen Reichs-Jnnungsamtes als überflüssig. Abg. v. Kleist-Retzow befürwortet nochmals seinen An trag, dafür spricht auch Abg. Ackermann (cons.) Staatssekretär v. Bötticher bezeichnet den Antrag für die Regierungen als unannehmbar. Wo nach Lage der Gesetzgebung die Landesregierung bereits Corporalionsrechte verleiht, soll daran nichts g-änbert werden; aber wo der artige Bestimmungen nicht bestehen, soll der Bundesrath eintreten. Der Antrag Kleist-Retzow wird abgelehnt. Die Ausführnngsbestimmungen werden unverändert und ohne wesentliche Debatte angenommen, worauf das Haus sich vertagt. Nächste Sitzung: Dienstag 12 Uhr. (Socialistengesetz.) Vermischtes. Allerlei. Der Herzog Karl Theodor in Bayern ist bekanntlich ein eifriger Mediciner und ein gesuchter Augenarzt. Er hat sich so eben „mit seinem Assisten ten" in Paris bei Professor Pasteur angemeldet, um dessen Anti-Tollwuth-Jmpsungen zu studiren. Der Assistent des Herzogs ist seine Frau. — In Fon tainebleau tödtete sich ein französischer Artillerie- Unteroffizier, indem er sich vor eine mit Kartätschen geladene Kanone hinstellte und sie mit langer Lunte abfeuerte. — Die Schneefälle d. I. haben der Stadt Berlin die Summe von 182,758 Mark gekostet. Das genügt. — Der greise Bischof v. d. Marwitz in Kulm ist sehr schwer erkrankt, so daß das Schlimmste zu befürchten ist. — Der Erzbischof Orb in in Frei burg i. Br. ist an Rippenfellentzündung schwer erkrankt. — Damit sich Fürst Bismarck einen ihm angeneh men Gegenstand kaufen kann, der ihm an den Testator erinnert, hat ein in Warschau verstorbener Rentier dem deutschen Reichskanzler 3000 Silberrubel vermacht. — Das kommt davon! In einem brandenburgischen Dorfe hatten mehrere beim Dreschen beschäftigte Dienst mädchen der Branntweinflasche tapfer zugesprochen. Eins der Mädchen fiel besinnungslos nieder und mußte zu Bett gebracht werden. Acht Tage hindurch hat das leichtsinnige Ding an schweren Krämpfen zu leiden gehabt. — Ein Charlottenburger Arzt wurde zu einem an der Diphtheritis erkrankten Kinde gerufen und verschrieb demselben etwas. Als er am nächsten Tage wieder kam, fand er das Kind sterbend mit allen Anzeichen der Vergiftung. Es stellte sich heraus, daß eine Nachbarin gerathen hatte, dem Kinde Myr- thenthee, d. h. einen Aufguß auf den Brautkranz der Mutter, zu geben. Der Brautkranz bestand aber aus künstlichen Myrthen. Alle Gegenmittel blieben erfolg los, nach einer Stunde war das Kind todt. — Der frühere Lieutenant Edeling, ein Bruder des Atten täters Nobeling, wurde vom Kölner Gericht der Unter schlagung von 60,000 Mk. für schuldig befunden und zu einem Jahr Gefängniß und drei Jahren Ehrverlust verurtheilt. Kirchliche Nachrichten. 'Altstadt-Waldenburg. Donnerstag, den 1. April, Vormittags 10 Udr: Fastengotlesdienst. Börsen- und Marktberichte Waldenburg, 30. März. 85 Kilogramm Weizen 12 Mk. — Ps. bis 13 Mk. 25 Ps. 80 Kilogramm Korn 10 Mk. 75 Pf. bis 11 Mk. 25 Pf. 70 Kilogramm Gerste 9 Mk. - Pf. bis 9 Mk. 50 Ps. 50 Kilogramm Hafer 7 Mk. - Pf. bis 7 Mk. 75 Pf. '/< Kilogramm Butter 60 Pf. bis