Volltext Seite (XML)
wohner des Ausruhrgebietes angewiesm, sich mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln zu vertheidigen. Also der offenbare Kriegszustand! Der Schaden in der Umgegend von Charleroi wird auf 9 Millionen bereits beziffert. Mehrere Brandstifter sind in dem von ihnen angelegten Feuer mit verbrannt, weil sie betrunken waren; Frauen und halbwüchsige Jungen nehmen an den Plünderungen Theil. Zerstört ist auch die Glashütte Bondoux, ein Musteretablissement mit 2000 Arbeitern, kein Stein blieb dort auf dem an deren. General Van der Smissen gilt für den rechten Mann, den Aufruhr zu dämpfen. Die Regierung hat 2 Milizklassen, 22,000 Mann, einberufen. Das Mi litär hat bisher gegen 40 Todte, die Arbeiter 75. In welcher Weise die Arbeiter bearbeitet werden, möge folgender Auszug aus dem in Tausenden von Exemplaren verbreiteten „Volks-Katechismus" zei gen. Wir lesen da: 7. Lection. Frage: Du bist also ein Sclave? Antwort: Ja ich bin ein Sclave. — Fr.: Durch wen bist Du regiert? A.: Durch 30,000 Privikegirte. — Fr.: Sind diese ehrlich? A.: Nein, sie schachern mit Allem, leben von unserer Arbeit und verweigern uns Alles. — Fr.: Was lassen Sie Dir? A.: Nichts. Die Reichen nehmen unsere Töchter, um aus ihnen Prostituirte, unsere Söhne, ' um aus ihnen Kanonenfutter zu machen. Uns selbst nehmen sie unser Leben, um daraus Dividenden zu machen. — Fr.: Was hast Du zu thun? A.: Die Sclaverei abzuschaffen, in der wir leben rc. — Wenn solche Lehren in einem Lande wie Belgien, dessen Be wohner zum großen Theile Industrie-Arbeiter sind, un- genirt verbreitet werden, so gehen wir schweren Zeiten entgegen. Griechenland. Die griechischen Volksvertreter finden sich in diesen Tagen in Athen wieder ein. Abermals neue Gelder und Truppenvermehrungen werden von ihnen ge fordert. Griechenland denkt also noch lange nicht an « Nachgeben. f Bulgarien. Die Großmächte haben dem Fürsten von Bulgarien den dringenden Rath ertheilt, dem Vorschläge, ihn auf 5 Jahre zum Generalgouverneur von Rumelien zu ernennen, zuz ustimmen, und auf die bedingungslose Ernennung zu verzichten. Aus dem Muldenthale. *Waldcnbnrg, 30. März. Mehr und mehr und besonders in solchen industriellen Etablissements, in welchen Dampfkraft verhanden ist, kommt die Beleuch tung der Zukunft, das elektrische Licht, zur Anwendung. Nicht allein ist die bessere Beleuchtung das treibende Moment zur Einführung der elektrischen Beleuchtung, sondern sie stellt sich auch bei Verwendung der vor handenen Dampfkraft billiger als z. B. Gasbeleuchtung. Nach einem in der Regierungsdruckerei in Washington, in welcher seit 1. Juli 1884 das elektrische Glühlicht Feuilleton. Verlorene Ehre. Roman von W. Höffer. (Fortsetzung.) Das aufgetragene Mahl blieb unberührt; auch kein Schlaf kam in ihre Augen. Solche Nächte vergehen in einer Art von Fieber, sie sind martervoll, auch wenn das Ereigniß ein schönes, glückliches war. Der nächste Morgen brachte den Koffer der Todten und mit ihm eine neue Aufregung. Fremdes Eigen thum — gestohlen — wehe, wehe, gestohlen! Jetzt war das braune Gesicht weiß wie Blumen blätter. Sie drückte beide Hände gegen die Augen, ein Zittern durchlief den ganzen geschmeidigen Körper. Sollte sie diesen Koffer nehmen und in das tiefste Wasser werfen, ohne sich nur ein Atom seines Inhalts Zu Nutze gemacht zu haben? Einen Augenblick war sie fest entschlossen, dann aber . brachen wie immer im Leben, die Consequenzen des < ersten, verhängnißvollen Schrittes unabweislich herein. Irgend ein Zufall konnte diesen plumpen, mit Leder beschlagenen und offenbar auf der australischen Farm selbst angefertigten Koffer wieder zu Tage fördern, irgend ein tückisches, unvorhergesehenes Etwas wurde an ihr zum Verräther, und der ganze mühsam er schaffene Bau lag in Trümmern. Sie mußte sich den Inhalt aneignen, es blieb ihr keine Wahl, sie selbst hatte sich der Freiheit des Handelns für alle Zukunft begeben und ihrem Ich das Loos eines anderm, frem den Wesen im Guten wie im Schlimmen mit zwingen der Nothwendigkeit aufgebürdet. Ein Ruck drehte den Schlüssel im Thürschloß. Das schöne, blasse Weib zitterte, sobald draußen eine Stimme erklang. Mußte nicht jedes Auge auf ihrer Stirn lesen? Sie glitt mit der Rechten darüber hin: es brannte so sonderbar. Und dann fiel der Deckel des Koffers zurück. Sie eingeführt ist, aufgestellten uns vorliegendm Kosten vergleich ergaben sich Kosten für eine Brennstunde und eine 16-Kerzenstärken-Lampe 2,rr Pfennig deutschen Geldes, dagegen berechneten sich die Kosten für eine Gasflamme per Brennstunde auf 3,»» Pfennig. Hierbei ist noch außer Betracht geblieben, daß während bei Gasbe leuchtung über 700 Flammen gebraucht wurden, bei elektrischem Licht man mit 400 Lampen aus kommt. Sind hiernach die Vortheile der elektrischen Beleuchtung schon sehr in die Augen fallend, so wer den dieselben doch noch weit, weit günstiger, wenn ge nügende Wasserkraft zum Betriebe der dynamischen Maschinen vorhanden ist; in diesem Falle sinken die Kosten auf ein Minimum herab. In solch günstiger Lage würde sich unser Ort befinden, wenn es gelänge, die in der Mulde vorhandene Wasserkraft zur Ge winnung von Elektricität nutzbar zu machen; es würde nur die erste Anlage eine größere Ausgabe beanspruchen, die sich indessen reichlich verzinste. Nicht allein eine weit bessere Straßenbeleuchtung ließe sich dadurch ermöglichen, die Stadt wäre auch in der Lage, an Private und besonders Fabriketablissements Elektricität, natürlich gegen ent sprechende Bezahlung, abzugeben, sei es zu Beleuchtungs zwecken, sei es zur Bewegung elektromotorischer Ma schinen behufs Betriebes von Maschinen aller Art. Wir glauben sicher, daß damit der Stadt eine reiche Einnahmequelle geschaffen werden würde und der Ein wohnerschaft wäre damit anderseits ein großer Dienst erwiesen. Möchten diese Zeilen Anregung zur Wei terverfolgung dieser Idee geben. — In der am 27. d. in Glauchau stattgefunde nen 3. öffentlichen Sitzung des Bezirksausschusses machte man sich über die 28 vorliegenden Berathungs- gegenstände in folgender Weise schlüssig: Es wurden beziehentlich bedingungsweise genehmigt: das Ortsstatut für Götzenthal, das Schanksteuer-Regulativ fürCroten- laide, das Dispensationsgesuch des rc. Eger in Denn heritz und Genossen in Dismembrationssachen, der Be schluß der Gemeinde Ebersbach wegen Verwendung des Gemeindevermögens zum Ankauf einer Spritze, die Ziegeleianlage dcs rc. Lindner in Gersdorf, die Anträge an die Bezirksversammlung, die Errichtung einer Be zirksanstalt, sowie die Einführung der Naturalverpfleg stationen betreffend, die Tagesordnung für den nächsten Bezirkstag, die Abänderung des Bezirkshaushaltplanes pr. 1886, das Gesuch des Inhabers eines Darlehns aus dem Reichsfonds um Gestattung ratenweiser Rück zahlung desselben, sowie die Schankconcessiousgesuche des rc. Geithner in Ernstthal, des rc. Georgi in Gers dorf, sowie des rc. Hietzschold in Ernstthal, des rc. Weise daselbst, des rc. Hauschild jr. in Mülsen St. Jakob und des rc. Uhlig in Oberlungwitz, ebenso wurde der Rekurs der verw. Parthum iu Langenchurs dorf wegen ihrer Abschätzung zu den Anlagen beachtlich gefunden; dagegen wurden abgelehnt: das Gesuch der Gemeinde Mülsen St. Niklas um Beihilfe zum Wege bau, die erbetene Befürwortung des Gesuchs der Ge wühlte mit bebender Hand — war Geld darin, irgend ein Werthgegenstand? Nein, Gott sei Dank, nein, das Aergste blieb ihr erspart! Nur ärmliche Wäschegegenstände, einige Klei dungsstücke und Bücher, dann noch ein kleiner, ver schlossener Kasten, aber der Schlüssel lag daneben, sie öffnete schnell den zierlichen Behälter und sah nun vor sich das Portrait eines älteren Mannes, mehrere zer- lesene, vergilbte Briefe und Blumensträuße — „Von Mamas Grab" stand auf der Enveloppe des einen — und endlich einen verschlossenen Brief mit der Adresse: „An Josephine". E. H-, der Aufschrift aber war kein Familienname beigefügt. Die Suchende ließ Hand und Brief in den Schooß sinken. Was bedeutete das? Hatte nicht die Todte gesagt: Ich besitze nur noch eine einzige Hoffnung, aber auch diese — Und dann kam das Verhängniß, der Schlußsatz wurde auf ihren Lippen erstickt, sie starb, ohne irgend eine Auskunft gegeben zu haben, und das Geheimniß war verloren auf immer. An Josephine! Eine Männerhand, zitternd und un sicher, hatte diese Worte geschrieben, ohne Zweifel die Hand des alten Farmers, und an eine Frau im fer nen Deutschland, der Heimath seiner Jugend. — Es gab für dieses Räthsel nur eine einzige Deutung, und das schöne schwerathmende Weib fand sie sogleich. Der sterbende Mann schickte sein Kind derjenigen, die ihn geliebt hatte, auf deren Treue er noch immer baute, obgleich ein Menschenleben verflossen war, seitdem er sie gesehen und gekannt. Josephine sollte die Ver lassene in ihren Schutz nehmen, ihr die neue gesicherte Heimath schenken. Soweit schien Alles klar — aber der Name, der Name! Sie mußte doch den Inhalt des Briefes kennen, ehe er jemals ihre Hand verließ. Zwischen allenZeilen lauerte der Verrath, ein einziges Wort konnte Alles vernichten. Aber wieder — wozu eigentlich? meinden Bernsdorf nnd Rüsdorf um Errichtung einer Haltestelle an der Eisenbahnlinie Chemnitz-Zwickau in der Flur Hermsdorf, die Beschwerde des rc. Seyfferth in Ernstthal in Sachen seiner Abschätzung zur Central steuer dort, die Schankconcessionsgesuche des rc. Vogel in Mülsen St. Niklas und des rc. Falk in Oberlung witz, sowie das Gesuch des rc. Wutzler in St. Egidien um Concession zum Kleinhandel mit Spirituosen. Nach Kenntnißnahme von einer Verordnung des Kgl. Ministeriums des Innern wegen der Höchstbesteuerten in der Bezirksvertretung machte sich der Bezirksaus schuß noch schlüssig: über das Gesuch einer Gemeinde um Gestattung der Aufnahme eines Darlehns zu Bau zwecken, über das Gesuch des Lokalvereins für innere Mission in Oberlungwitz mit Abtei, Gersdorf und Hermsdorf um Gewährung eines Darlehns aus Be zirksmitteln zum Ankauf eines Grundstückes behufs Errichtung einer Herberge zur Heimath, sowie über das Gutachten wegen fernerer Verwendung derBrand- versicherungsinspectoren als Sachverständige für die Baupolizeibchörden und die Vorschläge zur Wahl der Vertrauensmänner zu den Ausschüssen für Aufstellung der Geschworenen- und Schösfenliste und wurde darauf die Sitzung nach >/r7 Uhr nachmittags geschlossen. — Die von uns dem „Glauchauer Tgbl." ent nommene Notiz von dem am Sonnabend angeblich er folgten Auffinden eines weiblichen Leichnams in Penig bestätigt sich, wie uns von dort berichtet wird, glück licherweise nicht. — In Rochlitz stürzte am Sonntag vormittags das 2 */2 Jahre alte Mädchen des Webereiarbeiters Korn 3 Stock hoch aus dem Fenster der Wohnung herab. Das Kind fiel auf einen Sandhaufen, wodurch das Aufschlagen gemildert wurde. Das linke Bein des Kindes ist gebrochen, das rechte ebenfalls verletzt. Aus dem Sachsenlan-e. — In der Schlußsitzung des sächsischen Landtages sagte Präsident Or. Haberkorn nach einem kurzen Ueberblick über die Thätigkeit des Landtages: „An Geldbewilligung für Bauten und andere außerordent liche Zwecke haben wir allein 38,580,720 Mark be willigt! Welche Fülle von Glück und Wohlergehen, welche Anwartschaft auf Arbeit wird sich allein durch die Aussicht auf die Verwendung dieser Summen über das ganze Land erstrecken! Nicht nur die materielle Wohlfahrt des Landes wird hierdurch gefördert wer den, sondern auch die geistigen Interessen, Kunst und Wissenschaft werden daran participiren. Was wir sonst noch berathen und bestritten haben, wird gewiß dam beitragen, den Rechtsstaat zu fördern und zu schützen. Wir können mit Genugthuung auf die zurück gelegte Arbeit sehen und uns das Zeugniß ertheilen, mit Treue und Gewissenhaftigkeit alle Vorlagen ge prüft und, so viel an uns, das Wohl des Landes ge fördert zu haben." — Die 2. Kammer hat während des Landtages, Sie würde sicher diese unbekannte Frau niemals aufsuchen. Sie erschrak vor dem Gedanken, das Ver- mächtniß einer Todten für sich auszubeuten. Purpur färbte das schöne erregte Gesicht. War es nicht das Geheimniß zweier Herzen, zweier Leben, die sie da in ihrer Hand hielt? Der Brief fiel wieder zurück auf die trockenen Blumen. Nein, nein, sie konnte nicht Worte stehlen, die kein fremdes Auge sehen durfte! — Das hieße ein Heilig thum plündern. Während dieses ganzen, unruhigen Morgens ging sie müßig von einer Stelle zur anderen. Erst am Abend, wenn die Erschöpfung überwunden war, wollte sie die unterbrochene Fahrt wieder aufnehmen, um in der etwa vierzig Meilen entfernten Grenzstadt ein vor läufiges Unterkommen zu suchen. Bis dahin galt es auszuharren. Immer auf's Neue kehrten die Gedanken zu jenem mysteriösen, verschlossenen Briefe zurück, immer klarer bezeugte der Verstand die Nothwendigkeit, seinen In halt kennen zu lernen. Wie schrecklich zwingmd ihr Schicksal sie vorwärts drängte, wie viel Ungeahntes, Unbeabsichtigtes sich verbarg hinter dem ersten, leicht erscheinenden Schritt! Ja, sie mußte jenes Siegel brechen, mußte zuerst und zunächst sich selbst schützen. Bittere Thränen fielen in ihren Schooß, dann aber kamen, nachdem erst der Entschluß feststand, auch langsam und dienstfertig wie immer, die halb frivolen Sophismen, welche im Leben jeden Abgrund überbrücken und auch allmählig das schwärzeste Schwärz in Weiß zu verwandeln ver stehen. „Bin ich denn berechtigt, den Brief zu vernichten?" flüsterten im Tone moralischer Scrupel die willfährigen Stimmen. (Fortsetzung folgt.)