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ächimbuM Tageblatt »«d Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Filialen: in Nltfiadtwaldenburg bei Her« Kaufmann Max Liebezeit; in Penig bet Herrn Kaufmann Max Härtig am MaeA; in Rochsbirg bei Herrn Lochhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Nuchhdlr. E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Lchmirv Webte; m Artenburg bei Hrn. Buchh. Ernst Geßner; in Lichtenstein b. Hrn. Buchh. I.Wehrmann. Auns-ich weil verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau- Lichtenftein-Callnberg und in den Ortschaften ser nachstehenden Standesamtsbezirle: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Gieba, Grumbach, Hohenkirchen, Kaufungen, Langenchurs dorf, Lar.genreuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oöergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußoorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. »Zchtint täglich mit «uinahme der Lage nach Sonn- und Festtagen. Umiahme von Inseraten für die nächster- scheineud« Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der SbonnementspreiS betragt vierteli?.^- lich 1 Mk. SS Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255, M 33. Mittwoch, den 10. Februar 1886. Der Bau des Amtegerichts Waldenburg genehmigt. "Waldenburg, 9. Februar 1886. Welcher Ansehen Fürst Bismarck im Auslande genießt, ist so recht ersichtlich aus der Aeußerung eines Mannes, der zur älteren österreichischen Diplo maten Generation und Schule gehört und Slave ist, dessen Unheil also nicht durch persönliche Voreingenom menheit sür unseren Reichskanzler beeinfluß ist. Da« deutsche Volk kommt freilich dabei wenig glimpflich weg, der Mann hat aber leider nur zu sehr recht. Die erwähnte Aeußerung wird dem „Dlsch. Tgbl." von einem Freunde desselben, welcher gelegentlich mit jenem Diplomaten über die Entwickelung der deutschen Dinge gesprochen, wobei dessen Meinung zum Ausdruck kam, in folgender Weife mitgetysill: „Ihr Deutsche werdet es noch bereuen, daß ihr dem Bismaick so viele Schwierigkeiten macht. Man muß nur wissen, was die anerkannte Autorität eines Mannes werth ist für die Machtstellung eines Staates in seinen auswärtigen Beziehungen. Ich habe das erfahren im Orient zur Zeit Palmerstons. Sein Name schon verbreitete Respect vor England, da frug man nicht: wie viel Soldaten und Schiffe England habe, um seinen Willen durchzusetzen. Es hieß nur: ,;Pulmerston will das", „Palmerston duldet das nicht", u. s. w. Der Name allein galt eine große Armee. Das änderte sich mit seinem Tod. Da ließ überall der Respect nach, überall wurde der englische Einfluß wankend und tauchten vorher nicht gekannte Schwierigkeiten auf. Was damals der Name Palmerston bedeutete, ja mehr noch bedeutet heute der Name Bismarck. Man hört zehn Mal diesen Namen aussprechen, bis man ein Mal vom Deutschen Reich hört. Bismarck bedeutet Macht, Ansehen, Einfluß für Deutschland. Ueberall weiß man, daß, so lange er an der Spitze Deutschlands steht, niemand un gestraft gegen Deutschland intriguiren und Pläne schmieden kann. Und glaubt ja nicht, daß irgend ein Nachfolger, er möge ebenso weitsichtig und energisch sein wie Bismarck, nachholen kann, was jetzt versäumt wird; denn es wird ihm die Autorität Blsmarcks, welche eben nur durch große Erfolge errungen werden kann, fehlen. Sobald er nicht mehr ist, wird sich diese Lage ändern. Ueberall werden Schwierigkeiten auftauchen, überall Jntriguen gesponnen werden und Deulsch- wird dann gut thun, sein Militärbudget mög- die Höhe des französischen zu bringen. Ob Vas freilich helfen wird? Denn zu den äußeren Schwierigkeiten werden die inneren kommen, an deren Beseitigung ihr ja Bismarck bis jetzt gehin dert habt. Ihr werdet das noch theuer zu bezahlen haben. Ueberall hat man sehr scharfe Augen für eure Schwächen und überall, wo man euch übel will, tröstet man sich mit der Hoffnung: wenn nur erst Bismarck fort ist, dann werden wir mit diesem Deutschen Reich leichte« Spiel haben." Er ging nun auf die inneren deutschen Verhält nisse ein, auf die Fehlstellen in unserer Verfassung, die centrifugalen Kräfte, auf die das feindliche Aus- land bei dem noch so locker gefügten Reichsbau rechnen könne — Erörterungen, die in einem deut schen Blatte nicht wohl wiederzugeben sind — und schloß: „Es ist schade um diesen Bismarck, daß er ein deutscher Staatsmann geworden ist. Wie hätte den jede andere Nation auszunützen verstanden. Euch ist ja doch nicht zu Helsen. Ihr seid ganz gut, wo ihr tüchtig militairisch gedrillt und zu- l sammenregiert werdet, seid werthvoll als leicht assi- i milirbares Material für andere Völker; aber eine ! Nation, die selbstständig ihre Geschicke leitet und s dauernd den anderen Respect einflößt, dazu fehlen s euch alle die Eigenschaften, auf welchen sich Staaten - aufbauen: der politische Verstand, die Opferwillig- keil, die Neidlosigkeit und die Dankbarkeit, abgesehen davon, daß ihr für das, was andere Nationen, selbst sehr untergeordnete, Liebe zum Vaterland nennen, gar keinen Sinn habt. Ihr habt es durch eine tausendjährige Geschichte bewiesen, daß ihr das Z-ug zu einem nationalen Gemeinwesen nicht habt, und beweist es seit dem Jahre 187 l erst recht. Ich möchte niemand rathen, Actien auf das Deutsche Reich zu nehmen, wenn er sie nicht rechtzeitig, o. h. so lange Bismarck noch lebt, wieder losschlagen kann." PMLische MrmdschE. Deutsches Reich. Der Kaiser conserirte Sonntag Nachmittag vor dem Familiendiner mit dem Unlerstaatsjekretär Gra fen Herbert Bismarck. Abends sahen die Majestä ten einige angesehen« Personen, darunter den Her zog und die Herzogin von Sagan zum Thee bei sich. Montag ertheilte der Monarch Audienzen und erledigte Regierungsgeschäste und unternahm vor dem Diner eine Ausfahrt. Sonntag Nachmittag fand unter Vorsitz des Für sten Bismarck ein Ministerrath in Berlin statt. Die BundeSrathSauSschusse wollten Dienstag die zweite Beralhung der Branntweinmonopolvor- ? läge beginnen. Wann die Beralhung zu Ende sein wird, läßt sich schwer absehen, da in erster Lesung viele Abänderungsanlräge angenommen wor den sind. Die Vorlagen, welche Maßregeln gegen die Polonisirung in den Ostprovinzen in Vorschlag bringen, sollen in dielen Tagen dem preußischen Abgeordnetenhause zugehen. Der bereits angekündigte conservative Antrag für den Reichstag, die Regurung zu Verhandlungen mit England, Frankreich rc. zur Einführung der internationalen Doppelwährung aufzufordern, unter bleibt wegen Mangel an Unterstützung. Dafür wird ein auch vom Centrum unterzeichneter Antrag ein- gebracht, welcher die Regierung zum Studium der Währungsfrage einladet. Die Ankündigung des Reichskanzler«, eine Licenz- steuer auf Bier und Branntwein einfübren zu wollen, fall« das Branntweinmonopol abgelehnt wird, hat zwar einen großen Eindruck gemacht, aber den deutschen Gastwirthsverband doch nicht veran lassen können, seine Stellung gegen da» Monopol aufzugeben! Der Verband äußert sich u. A. fol gendermaßen: „Mag immerhin vorläufig noch da« Monopol al« das kleinere Uebel erscheinen, in Wirk lichkeit läßt e« Härten zu, wie keine andere Be steuerungsart. Selbst di« milde Haltung des Monopols entkleidet die Gastwirthe thatsächlich einer Eigenschaft, die ihnen bisher unter allen Verhält nissen, wenn auch nur kümmerlich gewahrt blieb, deren letzter Rest ihnen aber umso mehr als ein unveräußerliches Gut erscheinen muß: Die bürger liche und rechtliche Gleichstellung mit anderen Ge werben. Mag man die zeitherige, vielleicht nur scheinbare Selbstständigkeit der Wirlhe so hoch oder ! so niedrig schätzen, wie man will, eines Bündnisses j zur Verlheidtgung, wie es der Verband deutscher Gastwirthe darstellt, ist sie stets noch werth gewesen, und wenn sich dieser Verband nicht bloß auf die Vertheidigung beschränkte, sondern sich auch mildem stolzen Gedanken trug, eine Erweiterung dieser Selbstständigkeit anzustreben, so ist damit ohne Wei teres der Standpunkt gekennzeichnet, den der Ver band deutscher Gastwirthe einzig und allein dem Monopol gegenüber annehmen kann." Eine polnische Dame mahnt ihre Landsleute zur geistigen Sammlung, zum Nichtbesuch von Bällen und rauschenden Festlichkeiten, wozu die Lage des Polenihumes nicht angelhan sei. Dann müssen die russischen Polen schon in Sack und Asche trauern, denn da gehl es noch ganz anders her, als in Preu ßen. Die russische Regierung soll auch eine Ab änderung des Eibfolgerechtes polnischer Unterthanen planen. Nur Kinser dürfen von den Eltern ererb ten Glundbesitz behalten; andere Erben sollen ver pflichtet fein, den Jmmodiliarnachlaß binnen 6 Mo naten an russische Unterthanen zu veräußern. Die Lübecker Bürgerschaft hat zur Vergrößerung des Hafens von Lübeck die Summe von 1,562,000 Mk. bewilligt. In dem päpstlichen Blatte „Moniteur de Rome" findet sich eine Aeußerung, die sich dahin ausfpricht, als ständen wir im Kirchenstreil am Vorabend einer Verständigung zwischen Berlin und Rom. In der Polendebatte brachte Fürst Bismarck auch in Vorschlag, die deutschen Beamten und Militär» sollten keine polnischen Frauen mehr heiraten. Dazu wird an eine interessante Verfügung Friedrichs de« Großen erinnert. Als nämlich bei der ersten Thei- lung Polens der sogenannte Netzedistrict an Preu ßen kam, trachtete der König darnach, diesen schwach bevölkerten Kreis mit treuen Unterthanen zu besetzen. Die großen Ländereien des Staates wurden par- zellirt und an gediente Unteroffiziere als Belohnung gegeben. Den neuen Grundbesitzern trug der Kö nig in einer Ordre auf, sich schleunigst zu verhei raten und zwar nur mit Polinnen. „Sie sollten ihren Frauen gute und ehrsame Ehemänner sein und blos darauf hallen, daß in ihrem Hause nie anders als deutsch gesprochen werde; versuchte aber die eine oder die andere Frau sich dessen zu wei gern, so möchten ihre Ehemänner in Gotte« Na men nicht vergessen, daß sie einst in des König- Diensten auch den Unleroffijiersstock gehandhabt hätten." Dem Reichskanzler ist eine Adresse au- der Stadt Simmern (auf dem Hunsrück) zugegangen, welche sich sehr warm für das Branntweinmonopol ausspricht. Die Adresse ist mit sehr vielen Unter schriften bedeckt. Im preußischen Abgeordnetenhaus wurden am Montag Kapitel 84 — 93 de» Ordinarium» „Statistisches Bureau" angenommen. Nächste Sitzung: Dienstag. Dia Großmächte haben zu den Friedensver handlungen zwischen Serbien und Bulgarien gleichlautende Noten nach Konstantinopel und nach Belgrad gerichtet. Sie empfehlen darin beiden Theilen: Den Berliner Vertrag absolut zu respec- tiren, jeden Gedanken an eine Kriegsentschädigung aufzugeben, die ostrumelisch« Frage al- eine rein interne nicht zu berühren und die Vertreter der Mächte über die Verhandlungen in Bukarest auf dem Laufenden zu erhalten. — Es bestätigt sich, daß Rußland es ist, welche» an dem Abkommen zwischen Bulgarien und der Türkei Rumeliens we gen etwa» auszusetzen hat. — Fürst Alexander