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abhängig machen. Weiter hätte man noch darüber i streiten können, ob die Besitzergreifung der Frage Map die ganze Karolinengruppe decke. Die Sache schien indeß nicht wichtig genug, um ihretwegen mit Spanien Zwistigkeiten anzufangen. In der Budgelcommission des Reichstages hat der Chef der Admiralität zur Begründung von Mehrforderungen für die Flotte Mitteilungen über die Expedition nach Zanzibar gegeben, die hochwichtiger Natur gewesen sein müssen, denn die Commission beschloß, darüber Stillschweigen zu be wahren. Derartige vertrauliche Mitteilungen sind sehr zweckmäßig; mancher Streit über neue Forde rungen wird dadurch vermieden. Die Herabminderung der Gerichtskosten ist im Reichstag schon oft gefordert worden, aber durch greifende Beschlüsse sind bisher nicht gefaßt. Man wird aber doch bald ernstlich an diese Frage heran- treten müssen, denn nicht nur, daß die Höhe der Kosten Viele abschreckk, ihr Recht zu suchen, wird dadurch auch auf der anderen Seite der aus den Gerichtskosten in die Staaskassen fließende Ertrag verringert. Am Sonnabend hat der Finanzminister von Scholz eingestanden, daß die Einnahme au« den Gerichtskosten andauernd unbefriedigend sei. Die Gefahr, daß billigere Gebühren die Prozeßsucht fördern werden, erscheint doch klein gegenüber der, daß die Erlangung des Rechte« verkümmert wird. Im bayerischen Abgeordnetenhause hat der Abg. Hafenbrädl (Cenlrum) einen Antrag eingebracht, daß die Entlassung aus der Werktagsschule nach 6jäh- rigem Schulbesuch erfolgen soll. Prüfung ist ; nicht unbedingt vorgeschrieben. — Was sollen denn ! die Kinder in 6 Jahren lernen? Ein vierjähriger i Besuch der Sonntagsschule soll folgen, aber der er- ? setzt nicht den früheren Ausfall. Der socialistijche Reichstagsabgeordnete Pfan- l kuch hat sein Berliner Cigarrengeschäft an den als Lokal-Agitator bekannten Schriftsetzer Kunkel ver kauft, der wegen Bleivergiftung nicht mehr als Schrift setzer fungiren kann. Die Nachricht von der Massenausweisung preu ßischer Unlerthanen aus Rußland wird von Peters burg aus für unbegründet erklärt. Dagegen ist das Paßreglemcnt wesentlich verschärft worden. Oesterreich-Ungarn. Im ungarischen Abgeordnetenhause gabs Heiden lärm, weil behauptet wurde, gute Freunde de» Mi nisters Tisza bereicherten sich mit Staatsgel dern. Namen wurden leider nicht genannt. Frankreich. Prinz Napoleon, nach dem Tode Lulus das anerkannte Haupt der napoleonischen Familie, ist in Paris nicht unbedenklich erkrankt. Amtlich wird bestätigt, daß der unfähige Ober general in Tonking und Annam, Courcy, nach Hause berufen worden ist. Der Branntweinmonopol-Antrag in der französischen Kammer findet in Paris großen Bei fall. Nur der Kleinverkauf soll aber Slaatsmono- pol werden. Feuilleton. Der Günstling. Historische Erzählung von Wilh. Grothe. (Fortsetzung.) Die Thür schloß sich in dem Augenblick, als Paul sich mit der vollen Wuth der Eifersucht auf den Nebenbuhler stürzte. „Steh, verfluchter Verführer! Du kommst nicht lebend vom Platze!" „Ei, sieh da, eine Degenspitze! Da bin ich zum Tanz!" Ter Degen, mit dem Paul erschienen war und einen Ausfall auf den Gegner machte, wurde bei Seite geschlagen. Eine nervige Faust packte ihn und drückte ihn würgend gegen die Mauer, dann warf sie ihn zur Erde. „Wer bist Du, Meuchelmörder?" tönte die Baß stimme seines Nebenbuhlers. „Sprich Dein Stoß gebet, Du kommst nicht lebend aus den Händen Harvoty Sandors." Der Name war Paul bekannt, Sandor war sein Spielgesährte aus den früheren Jugendjahren, der selbe, vor dem Urbanus ihn als einen Verführer gewarnt hatte. Im nächsten Augenblick traf ein heftiger Schlag sein Haupt — die Sinne vergingen ihm. Als Paul zum Leben wieder erwachte, lag er mit verbundenem Haupte auf seinem Lager, an dem sein Pflegevater, der Bischof von Laibach, und sein Lehrender Professor Petrus Canisius, sich befanden. „Golt sei gedankt," sagte Urbanus, „er erwacht!" Es verging noch einige Zeit, bis Paul sich des Geschehenen erinnerte. „O, daß ich gestorben wäre!" rief er; die Scham hatte sich seiner bemächtigt. Er erwartete Vorwürfe, Rumänien. Drei Monopole auf einmal verlangt die ru mänische Regierung jetzt von ihren Kammern: Da« Monopol der Schankgerechtigkeit auf dem Lande, und die Monopole, Zündhölzchen und Spielkarten zu fabriziren und zu verkaufen. Bulgarien. Ein Telegramm aus Sofia meldet: Gutem Ver nehmen nach hat sich die bulgarische Regierung bereit erklärt, die Delegirlen für die Friedensver handlungen in Bukarest zusammentreten zu lassen. Daß Serbien einer Vereinigung Bulgarien» und Rumeliens endlich zustimmt, davon ist noch nichts bekannt geworden. Ein russisches Blatt sagt, wenn Griechenland, Bulgarien und Serbien auch einer widerholten Aufforderung der Großmächte, abzu rüsten, Widerstand leisten würden, so soll« Ruß land gegen Bulgarien, Oesterreich gegen Serbien, England gegen Griechenland vorgehen. Das wer den Frankreich und Italien sicher nicht leiden. Amerika. Von dem Südsee-Geschwader der Vereinigten Staaten von Nordamerika hat ein Kriegsschiff Be fehl erhalten, sich nach den Samoa-Jnseln zu begeben. Passirt ist also dort jedenfalls etwas. Aus dem Muldenthale. *Waldenburg, 20. Januar. Der hiesige Gesang verein feierte gestern Abend im festlich decorirten Saale der Schönburger Hofes sein 25jähriges Stif tungsfest; besonders war die Bühne, in deren Mitte eine Fontaine sprühte, reich mit Pflanzen ausge schmückt, aus welchen eine goldene Lyra heraus leuchtete. Mit Begrüßung seilens des Vorstehers Herrn Bauch, dem Sängergruß und einem Prolog, gesprochen von Frl. Renz hier, ward das Fest ein geleitet. Der Schriftführer, Herr Diener, verlas hierauf den Vereinsbericht, in welchem er ein Bild von der Vereinsthätigkeit während der abgelaufenen 25 Jahre entwarf und besonders auf die vor 25 Jahren erfolgte Vereinigung der 3 Vereine „Anon," „Fortuna" und „Bürgergesangverein" näher einging. Herr Kassirer Bofsecker gab sodann Mittheilung da von, daß der Verein beschlossen habe, den Herren Carl Clauß, Franz Friedrich, Heinrich Härtel ssu., Joseph Landgraf, Contor Mehr, Hermann Neu haus, Bernhard Opitz, Eduard Richter hier, Hermann Müller, Carl Resch in Altstadt- waldenburg, Robert Stoltze in Remse in Aner kennung ihrer langjährigen treuen Mitglied schaft, sowie Herrn Wildmeister Oito Röder hier als Senior des Vereins Diplome zu überreichen. Dieselben wurden im Anschluffe hieran genannten Herren, soweit sie anwesend, durch weißgekleidete Jungfrauen überreicht. Während der Tafel wurde der erste Toast auf den deutschen Kaiser, den König von Sachsen und das Fürstliche Haus Schönburg, der zwei'« auf die Jubilar« und den Verein aus gebracht, welchen sich noch eine Reihe anderer Toaste anschlossen. Von auswärts gingen mehrfach Tele gramme und Glückwunschschreiben ein, und zwar statt dessen bedauerten die Beiden ihn als einem vom rechten Wege Gewichenen, aber nicht Verlorenen. „Der Mensch kann fehlen, sagte Urbanus im gütigen Tone, „und der Teufel legt Fallstricks ge nug, denen kaum der Gereifte entgeht. Wohl dem, dem Golt die Gelegenheit umzukehren giebt." In derselben Weise sprach nch Canisius aus. „Wie gut Ihr seid, meine Wohlthäier!" bemerkte der junge Mann. „Ihr entschuldigt mich. Ach, daß ich mich und meine Schmach in der Erde Ein geweide verbergen könnte!" „Sprich nicht also, mein Sohn," äußerte Urba nus. „Du wirst bald Alles vergessen und belächeln, was Dir hier begegnet ist." „Niemals!" bemerkte der Verwundete. Pete: Canisius verwies ihm mild das Wort; ihm werde Heilung von allem Weh bald zugetheilt wer den, umsomehr, da man dafür sorgen werde, ihm bald in andere Luft zu bringen, ihm so Alles aus den Augen zu rücken, was die Erinnerung wach rufen könne. Er solle nach Italien, wo man ihm eine liebevolle Aufnahme bereiten wolle, reisen. „Ja, ja, fort von hier, wo der Qualm der Hölle mich anweht!" ries Paul Skaliger. „Würde es mir doch sein, wenn ich über die Gasse ginge, als ob alle mit Fingern auf mich wiesen." Seinem Wunsche, Wien baldigst zu verlassen, wurde entsprochen; schon nach zwei Tagen reiste er mit Geld und Empfehlungen reich versehen, nach dem Süden ab. Diese Wiege der neueren Kunst und Wissenschaft nahm den Jesuitenzögling liebend auf. Er sah Venedig, Mailand, Florenz, und eine neue Welt that sich vor ihm auf, die Welt der reinen Schön heit, der Kunst; er jauchzte beglückt auf. - Dann sah er Rom, die Herrlichkeit des Papstes, aus Freiberg, Döbeln, Meerane, Glauchau und Wolkenburg. Der Festtafel schloß sich da« übliche Tänzchen an, und verlief das Fest in ungetrübter Weise und äußerst animirt. *— In nächster Zeit steht uns, wie bereit« im Jnseratencheil d. Bl. angekündigt, ein ganz beson derer musikalischer Genuß in Aussicht. Die Cur- Capelle des Bade» Hohenstein-Ernstthal, die bekannt lich aus Künstlern und bestgeschulten Musikern zu sammengesetzt ist und nur Meisterhaftes leistet, wird im Rathskellersaale hier concertiren und, so wie sie überall mit Enthusiasmus ausgenommen wird, auch hier reges Interesse erregen. *— Für Freunde von Alterthümern ist es gewiß von Interesse, zu erfahren, daß sich in der Kirche de« nahen Dorfe- Jerisau bet Glauchau ein altes Bild von historischem Werths befindet, ks ist ein Portrait Kaiser Karl V., gemalt von dem englischen Künstler Vogel, der sich in dem Gefolge des Kaiser» befand. Der Kaiser übernachtete im Jahre 1547 auf seinem Zuge gen Mühlberg in der Jerisauer Pfarrwohnung und schenkte seinem Wirth, dem da maligen Pastor Sörgel, s«in von dem genannten Künstler gefertigtes Portrait. Der gewissenhafte Pfarrer vermachte es der Kirch« zum Eigenthum. Der Kaiser hat so ein rechte« kaiserliches, männlich schönes Angesicht, die Nase von etwas morgenlän discher Biegung. Er trägt ein roihes, mit großer goldner Kette verzierte« Wamms und sieht gerade so aus, als sei er schon im Voraus überzeugt, daß er über die schmalcaldischen Bundesgenossen siegen werde. Solches geschah bekanntlich am 24. April 1547 bei Mühlberg a. d. Elbe. *— Am Dienstag Nachmittag kurz vor 4 Uhr brach das 10jährige Töchterchen des Amtsgerichts wachtmeisters H. in Penig oberhalb des Wehre« durch das Eis in die Mulde und wurde das Mäd chen eine Stunde später unterhalb des Wehre«, wo es noch lebend Hingetrieben wurde, nach ange strengter Arbeit als Leiche herausgezogen. *— Am Montag erhielt der Gutsbesitzer F. He ring in Taura von dem in Leipzig garnisonirenden 107. Regiment eine Depesche, des Inhalts, daß sich sein Sohn, der als Gefreiter bei demselben Regi ment steht, erschossen habe, worauf der unglückliche Vater sofort an den Ort der That re-ste. Da» Motiv zur letzteren ist bisher noch unbekannt. —ctb. Das gestrige dritte Abonnements Concert des Concertvereins zu Glauchau nahm, wie seine beid?n Vorgänger, ebenfalls einen glänzenden Ver lauf. Das Haus war sehr zahlreich besetzt. Selbst aus Waldenburg hatten sich circa 20 Personen ein gefunden. Die Hohen Durchlauchtigsten Herrschaften, der Fürst, die Fürstin, Prinzeß Elisabeth und Prinz Friedrich von Schönburg zeichneten die Aufführung mit ihrer Gegenwart aus. Das Concert bot in seinem 1. Theile Ouvertüre, Scherzo und Finale von Rob. Schumann, im 2. Theils Mendelssohn« Musik zu: „Ein SommernachtSlraum." Die Elfen chöre in diesem letzteren Werke exekutirt« danken«- werth ein Glauchauer Damenchor; den von Gisbert, den Glanz der Kirche. Das aber erhob sein Herz nicht, das erweckte den Ehrgeiz; denn die Pracht halte ihn nicht also blenden können, daß er nicht das verborgene Böse, die Schlange unter leuchten den Blumen wahrgenommen hätte. Ohne es zu wissen, befand er sich schon lange in der Hand des Ordens Jesu; jetzt trat er offen zu ihm über, da er meinte, daß sein Ehrgeiz so am ehesten befriedigt werde. Die Pflichten, die er da durch übernahm, hielt er nicht für so bedeutend, daß sie ihn jemals drücken könnten, nicht so gewaltig, daß sie, was der Orden ihm biete, aufwögen. Um über die Menge an Klugheit, Verstand und Wissen fortzuragen, ging er nach Bologna, der zu jener Zeit berühmtesten Universitätsstadt. Er gab hier zwölstausend Sätze aus den ver schiedensten Wissenschaften heraus, die er öffentlich vertheidigen wollte. Das sollte ein Triumph für ihn werden, und er wiegle sich in dem wonnigen Gedanken, von aller Welt angestaunt zu werden. Er sollte nicht dazu kommen; die Väter Jesu dämpf ten den Hochmuth, indem sie die Verlheidigung hin tertrieben. Sie hatte aber auch «inen Balsam für die geschlagene Wunde bereit. Man verwies ihn darauf, daß er, um zu hohen Ehren zu kommen, einer angesehenen Familie angehören müsse. „Meine Mutter war Anna Skalyka aus Zagrab," erwiderte er. »Ja, ja," entgegnete man, und weiter ist Nie mandem von Deinem Geschlechte bekannt. Weist nicht der Name Scalig auf das Geschlecht de la Scala hin? Wer kann behaupten, daß Du, Paul, nicht von der fürstlichen, veronesischen Familie ab stammst, wenn man Beweise schafft, daß dies so ist?" „Beweise! wie wäre das möglich?" rief er. (Fortsetzung folgt.)