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Maßregeln, insbesondere auf dem Gebiete des Schulwesens und der Allgemeinen Verwaltung, sowie zur Förderung der Niederlassung deutscher Landwirlhe und Bauern in diesen Provinzen die erforderlichen Mittel zu bewilligen. Der Verein deutscher Spiritusfabrikanten hielt am Sonnabend in Berlin eine sehr zahlreich be suchte Versammlung ab, in welcher da« Brannt weinmonopol berachen wurde. Die Versammlung sprach sich mit großer Majorität gegen da« Mo nopol au«. Das päpstliche Blatt „Moniteur de Rome" äußert sich sehr befriedigt über die Berufung des Bischofs Kopp von Fulda in das preußische Herrenhaus. Dasselbe Blatt äußert, wenn auch in etwas zurückhaltender Weise, daß an die Er richtung einer päpstlichen Nuntiatur in Berlin nicht gedacht werde, lieber die neuen kirchenpolitischen Vorlagen fehlen bestimmte Nachrichten noch immer. Dem deutschen Colonialverein resp. der von die sem gebildeten Aktiengesellschaft Hermann, Gesell- schäft für deutsche Ansiedelung in Südamerika, ist nunmehr der Vertragsentwurf zugegangen, der auf Grund des Gesetzes, welches den Präsidenten der Provinz Rio Grande dol Sul ermächtigt, die Co- lonie S. Feliciano mit den angrenzenden und der Provinz gehörigen Ländereien der Gesellschaft zu verlaufen, die Rechte und Pflichten der Contrahen- ten näher bezeichnet. Oesterreich-Ungarn. Dem „EM" wird aus Lemberg geschrieben, daß unter den Bauern au« der Umgegend von Tarno- bojeg Unruhen ausgebrochen seien und zwar auf ein Gerücht hin, er stehe eine allgemeine Erhebung bevor. Die galizischen Behörden haben die Be wegung durch rechtzeitiges Einschreiten im Keime erstickt. Verschiedene Verhaftungen wurden vor genommen. Frankreich. Die Deputirtenkammer hatte sich gegen den Wunsch der Regierung für eine Amnestie auch für gemeine Verbrecher im Princip ausgesprochen. Freycinet hat damit die erste Schlappe erlitten. Wird aber deshalb nicht zurücktreten. Er will überhaupt alle seiner Ansicht widersprechenden Beschlüsse der Mo narchisten und der schärfsten Radicalen einfach ganz unberücksichtigt lassen. Das ist auch das Klügste, sonst wäre alle Monate «in neues Mini sterium da.! Wiederholt wird aus Paris gemeldet, das vom Abg. Roche beantragte Branniweinve rkaufs- monopol werde von den Kammern voraussichtlich angenommen werden. Fast alle republikanischen Blätter sprechen sich dafür aus. England. Eine Londoner Meldung besagt: Der Eisenbahn- zug, mit welchem der Prinz von Wales sich Freitag Abend über Chester nach Eaton Hall zum Besuch des Herzogs von Westminster zu begeben ge dachte, ist auf polizeiliche Veranlassung in Folge von Anzeigen über ein beabsichtigtes Attentat be reit« auf der Station Waoeiton vor Chester ange ¬ halten worden. Der Prinz, anstatt die Stadt Ehest«» zu passtren, welche sich festlich zu seinem Empfange geschmückt hatte, begab sich von einer früheren Sta tion nach Eaton Hall. Die irischen Fenier beehren den Prinzen bekanntlich ganz besonder« mit Dynamit- Attentaisplänen. Im Parlament dauern die Debatten über die Adresse zur Antwort auf die Thronrede fort. Die entschiedenen Erklärungen de« Ministerium« gegen eine eigene Regierung in Irland finden im Land« großen Beifall. Spanien. Di« Königin-Regentin Mari« Christin« ist leicht erkrankt und muß seit einigen Tagen da« Zimmer hüten. Griechenland. Wie verlautet, hat der englische Gesandt« in Athen bereits Sonnabend dem Ministerpräsidenttn Delyannis rin Telegramm seiner Regierung überreicht, in wel chem erklärt wird, daß, falls Griechenland die Tür kei ohne Grund angreifen werde, England im Ein- verständniß mit den anderen Mächten da« Vor gehen Griechenlands zur See hindern werd«. Hoffentlich wird das ziehen. Serbien. Ein wenig haben sich di« Wolken am Himmel d«r Orientfrage voch verschoben. Die serbische Re gierung hat an alle ihr« Gesandten im Au«laudr die Weisung gerichtet, den Mächten zu erklären, die Gerüchte von überstürzten serbischen Rüstungen seien falsch; Serbien biete im Gegentheil Alle« auf, eine Beschleunigung der Frieden«v«rhandlungen herbetzusühren. Eine zweite gute Nachricht kommt au« Konstantinopel: Die Einigung zwischen der Türkei und dem Fürsten Alexander ist nicht nur in nächster Zeit zu erwarten in der Weise, daß der Fürst auf 5 Jahre Generalgouoerneur von Rume- lien wird, sondern die Pforte hat auch ihren Abge sandten in Sofia, Madjid Pascha, ermächtigt, sich mit einem bulgarischen Delegirten nach Bukarest zu begeben, um dort die Friedensverhandlungen mit Serbien für Bulgarien zu führen. Hoffentlich neh men die Serben nun Vernunft an. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 25. Januar. Das Ei« Concert am gestrigen Nachmittage aus dem Schwanenteich« in Grünfeld hatte in Verbindung mit dem präch tigen Winterweiter eine zahlreiche Menschenmenge hinaurgelockt und vergnügte sich theils paarweise, theils solo so manches Menschenkind nach den Klängen der Musik mit Schlitlschuhfahren. Heute ist freilich der Eissport durch da« Thauwetter zu Wasser geworden. *— Des von der Fechtschule Waldenburg ge stern im Ralhskeller hier veranstaltete Vergnüge« verlief in bester Weise, trotz de« nicht zahlreichen Besuches konnten sich die Unternehmer sagen, daß sie nicht umsonst wirkt, was um so besser, al« diese Einnahme mit der Dresdner Verbandskaff« nichts zu thun Hai und der Ueberschuß für die Stadt selbst Verwendung finden soll. Die Ein- auf die Regierung Verzicht leisten werde. Di« Meldung ist im hohen Maße unwahrscheinlich. Eine Abdankung König Ludwig'« würde die Ordnung der Verhältnisse der Cabinetscasse nicht erleichtern, sondern erschweren. Prinz Alexander von Hessen, der Vater des Fürsten von Bulgarien, ist vom Grobherzog von Hessen zum Präsidenten der ersten hessischen Kam mer ernannt worden. Der Bundesrath beschäftigte sich am Sonnabend mit der bekannten Resolution des Reichstages zu den polnischen Ausweisungen. Dieselbe lau tete: Der Reichstag spricht die Ueberzeugung aus, daß die von der königlich preußischen Regierung versügien Ausweisungen russischer und österreichischer Unterthanen nach ihrem Umfange und nach ihrer Art nicht berechtigt erscheinen und mit dem Inter esse der Neichsangehörigen nicht vereinbar sind. Der Vorsitzende des Bundesralhs, Staatssecretär von Bötticher, erklärte dazu: Die königl. preußische Regierung hält die in dieser Resolution ausgespro chene Ansicht der Mehrheit de« Reichstages für eine irrthümliche und hält an ihrer Ueberzeugung fest, daß die fraglichen Ausweisungen, welche sie inner halb ihrer verfassungsmäßigen Rechte angeordnet hat, im Interesse Preußens und der deutschen Na tionalität zweckmäßig und nochwendig waren. Der Bundesrath beschloß darauf einstimmig: Der Bun- detrath lehnt e« ab, die vom Reichstage am 16. Januar 1886 beschlossene Resolution in Berathung zu ziehen, da die Competenz der preußischen Re gierung zu den in der Resolution erwähnten Aus- weisungsmaßregeln eine zweifellose und ausschließ liche ist. — Nach der Kaiserlichen Botschaft war ein solcher Beschluß selbstverständlich. Die Reichstagscommission für den Bau de« Nordostseecanals erörterte im Einzelnen den Kosten anschlag. Dabei wurde auch vom Arbeitslohn gesprochen. Der socialistische Abg. Hasenclever ist Mitglied der Commission und hat die Festsetzung eines Minimallohnes verlangt. Als nun aber die Frage zur speciellen Erörterung kam, da fehlte, wie die „Freis. Ztg." miitheilt, der Abg. Hasen clever. Der Vertreter der Regierung theilte mit, «S solle Accordlohn gezahlt werden. In der Angelegenheit der Polen-Ausweisun gen Hal die nationalliberale Partei im Verein mit den Conservativen und Frciconservativen einen Antrag im preußischen Abgeordnetenhause einge- bracht, der im Wesentlichen ern Vertrauensvotum für die Regierung bedeutet. Der Antrag lautet: Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, unter Anerkennung des Rechtes und der Verpflich tung der Königlichen SiaatSregierung, zum Schutz der deutsch-nationalen Interessen in den östlichen Provinzen nachdrücklich einzuschreitrn, 1) die Ge- nugthuung auszusprechen, raß in der Allerhöchsten Thronrede positive Maßregeln zur Sicherung des Bestandes und der Entwickelung der deutschen Be völkerung und deutscher Cultur in diesen Provinzen in Aussicht gestellt sind; 2) die Bereitwilligkeit auszusprechen, zur Durchführung dahingehender Feuilleton. Der Günstling. Historische Erzählung von Wilh. Grothe. (Fortsetzung). „Gewiß!" ließ sich die Herzogin vernehmen. „Eher muß man das Leben als das Seelenheil aus geben. Laßt die Trauer schwinden, Gott verläßt die Seinen nicht, und Ihr werdet, was Ihr ver loren habt, wieder gewinnen. Vertraut auf ihn, denn wie vr. Martinus Luther sagt: „Ein feste Burg ist unser Gott." „Ja wohl," stimmte der Herzog bei, und eine feste Burg soll Euch auch Preußen sein, und ich will Euch ein Schild sein, der Euch vor den Strei chen Eurer Gegner sicherstelll." Paul ergriff gern die dargebotene Hand des Her zogs und pries laut dessen Güte. Im Verlaufe des Gesprächs, in dem er sich einen Verbannten um Christi Willen nannte und erzählte, daß er die I glänzende Stellung eines ersten Geistlichen am Wie ner Hofe aufgegeben habe, um Luther« Spuren zu folgen, kehrte er seine glänzende Unlerhaltungsgabe hervor. Schließlich überreichte er dem Herzog mehrere Schriftstücke, die von besonderem Werihe seien, und die er bei sich nicht in nöihlger Sicher heit meinte. Paul halte einen großen Eindruck auf das fürst liche Paar gemacht. Das zeigte sich in den Wor ten Albrechts, als jener sich entfernt hatte. „Wahrlich, das wäre der Mann, dessen ich be darf. Sollte das Schicksal ihn mir gesandt haben. Er kam, als ich meinen Wunsch Dir enthüllte, meine Liebe." Die Herzogin versicherte, daß das Wesen und Auftreten des jungen, gelehrten und tapferen Man- ! nes ihr sehr wohl gefallen hätten. Seine adlige, f ritterliche Gesinnung zeige sich in jedem Worte, in j jeder Geberde und Redewendung. Albrecht meinte, daß er sich^ über den Eintritt Skaligers in den preußischen Hosvienst mit den Rächen besprechen wolle; doch wüßte jeder, daß dies nur der Form wegen geschehe; als Anne-Marie sich entfernte, um sich zur Ruhe zu begeben, blieb ihr Gemahl noch auf. Er ließ den Pagen das Schachspiel forlbringen, während er selbst zum Kaminseuer trat und sinnend hineinblickte. Plötzlich wandte er sich um, sandle den Pagen hinaus und begab sich zu dem Tisch, wohin er Skaligers Papiere gelegt halte. Er nahm sie, rückte die Kerzen zurech» und schlug sie auf. Nachdem er lange und eifrig darin gelesen hatte, sprang er aus; sein Auge glänzte. „Was bedarf ich noch mehr ?" rief er aus. „Er ist auch mein Verwandter, die Natur stellt ihn an meine Seite. Dieser Stammbaum, den der Kaiser bestätigt hat, zeigt es klar, daß er mein Vetter, wenn auch von mütterlicher Seite ist. Seine Mut ter Katharina, aus dem herzoglichen Geschlecht von Beneoent, war eine Tochter Lucias, Markgräfin von Mantua, die wieder eine Tochter Barbaras von Brandenburg. Barbaras Vater war der Bruder Albrecht Achilles, meines erlauchten Großvaters. O, ich will ihn hegen und pflegen, den theuren Verwandten, der um seiner Ueberzeugung willen eine glänzende Stelle am Wiener Hofe aufgegeben hat. Er soll mein Gehilfe werden, ich will mich auf ihn stützen, und ihm meine Ideen einimpfen. Gott im Himmel, ich danke Dir, daß Du ihn mir gesandt hast!" IV. Der Rath. Am folgenden Morgen, als s kaum tagte, ver sammelten sich die herzoglichen Räthe um den grei- ,en preußischen Fürsten. Da sah man den Kanz ler Johannes von Kreuz und den Marschall Joachim von Bork, den Minister Johann Funk, den Schwie gersohn des berühmten Osiander, in seiner schwar zen Tracht und den Pommer Schnell, von dem man sagte, daß er ein Possenreißer sei. Wer ihn freilich näher kannte, wußte, daß er ein fähiger Kops war, der zu Gewaltmaßregeln nur zu sehr neigte. Schnell war beim Volke verhaßt, ging doch da« Gerücht, daß «r den Herzog zu Gewaltmaßregeln geralhen Halle, als der Pöbel in geistlichen Ange legenheiten zusammenlief, und gegen den berühmten Osiander tumultirte. Damals sollte Albrecht auf die Zumuthung, Kanonen aufzufahren und unter die Menge zu schießen, geantwortet haben: „Ihr seid ein Thor, und ich wäre nicht vernünf tiger al« Ihr, wenn ich Euch folgen wollte!" Der Mecklenburger v. d. Horst harmonirte mit dem Pommer. Sie waren eng be freundet, und vertraten die polenseinbliche Partei. Furchtlosigkeit zeichnete beide aus. Außerdem war noch der Cabinetarath und Bib liothekar des Herzogs, Johann Steinbach, und der Herr von Gällern, ein Niederländer. Als Albrecht aus seinem Schlafgemache zu den versammelten Rächen trat, verbeugten sich diese tief und wünschten ihm, daß ihm ein guter Tag be- scheert sei. (Fortsetzung folgt.)