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chönburger TaaMlM Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. S» Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zn Waldenburg. ^87. Sonntag, den 13. April 1884. Es wandelte ein Jüngerpaar Mit trauernd bangem Sehnen Am Ostertag, ihr Auge war Noch feucht von heißen Thronen; Nach ihrem lieben Emmaus Sie lenkten ihren Schritt und Fuß, — Die Sonne ging bald scheiden. Die Herzen waren noch erregt Von dem, was sie empfunden, Sie sprachen, was sie tief bewegt In den Charfreitagsstunden, Und dachten ihrem Kummer nach, Als Jesu Äug' im Tode brach Auf Salems dunklen Höhen. Da kam ein dritter Wandersmann Des Wegs an ihre Seite; Zu reden seltsam er begann, — Verwundert hören's Beide, Was zu Jerusalem geschehn, Und ihre Augen nicht gesehn So früh am Ostermorgen. Und immer leichter ward ihr Herz, Je näher sie dem Orte; Zur Freude wurde Gram und Schmerz Durch süße Himmelsworte. Als ihre Augen aufgethan, Auch sie den Auferstandnen sahn, — Da ging die Sonne scheiden. — O selig, wem der Heiland nah, Wenn Trauer ist auf Erden! Wo zwei in seinem Namen da, Will er der Dritte werden: Und ob du ihn auch nicht gesehn, Wird er dir doch zur Seite gehn, Nach Emmaus dich leiten. Und wenn du ihm von Herzen traust, Wirfst hin auf ihn dein Sorgen, Du deine Lieben wieder schaust Am Auferstehungsmorgen. Kein Traum ist's mehr, der dich beglückt Zuweilen nur, — die Wahrheit schmückt Dich in der Auferstehung. Friedrich Gündel. An Stelle der in tz 30 unter a und b der Schulordnung für hiesige Stadt vom 1. Oclober 1880 ersichtlichen Schulgelder-Skala treten zufolge Be schlusses des Schulausschusses vom 4. Januar jetzigen Jahres, welchem die städtischen Kollegien beigetreten sind, von künftigen Ostern ab in hiesiger Schulgemeinde folgende Schulgeldersätze in Kraft, indem, wie bisher, das Schulgeld nach dem Einkommen der Aeltern und nach den Schulklassen erhoben wird. Das jährliche Schulgeld für ein Kind beträgt a. in der mittleren schule nach der Gemeindeanlagen-Einschätzung bei einem Jahreseinkommen bis 500 LI b. 1200 LI b. 2000 LI b. 3000 LI b. 4000 LI über 4000 LI in Klasse VI u. V 6 LI 7 LI 8 LI 10 LI 12 LI 18 LI - - IV u. III 7 - 8 - 10 - 12 - 16 - 22 - - - II 8 - 9 - 12 - 15 - 20 - 26 - - - I 9 - 10 - 14 - 18 - 24 - 30 - d. in der einfachen Schule; in Klasse II (Unterklasse) 3 LI — Pf. in Klaffe I (Oberklasse) 6 LI — Pf. Aeltern, welche vier Kinder zu gleicher Zeit in die ^-(mittlere)Schule schicken, können vom Schulgelde für das jüngste Kind auf ihren Antrag hin befreit werden, während bei Aeltern von Kindern der L-(einfachen)Schule dies schon vom dritten Kinde an eintreten kann. Von Ostern dieses Jahres ab ist das Schulgeld nach Ablauf eines jeden Monats in den betreffenden Schulklassenzimmern, woselbst der als Einnehmer bestellte Schulkassenverwalter, Raihs-Registrator Jänig hier, zu bestimmten Tagen kassirt, zu bezahlen. Zu diesem Zwecke wird bei der ersten diesfallsigen Einnahme einem jeden schulpflichtigen Kinde ein mit Namen versehenes Quittungsbuch eingehän digt werden, welches jedesmal dem Einnehmer bei der Bezahlung des Schul geldes vorzulegen ist. Waldenburg, den 31. März 1884. Der Stadtrath. Helbig. "Waldenburg, 12. April 1884. Ostern, das hohe Fest des Frühlings, die Feier der Wiederaufstehung und Verjüngung der Natur, ist wieder ins Land gekommen und wir geben uns seinem Zauber auch in diesem Jahre willig hin. Ostern ist ein uraltes deutsches Fest, das die Ger manen schon begingen, um ihrer Freude über das Ende der Winterherrschaft Ausdruck zu geben, mit frohen Spielen und Tänzen feierten sie ihre Göttin Ostara, die Frühlingsgöttin. Die christliche Kirche hat das alte heidnische Frühlingsfest veredelt, seinen Sinn verliest, es ist für die Christenheit das Fest der Auferstehung des Erlösers geworden, der für die Menschheit in den Tod ging, um ihr zum Leben zu verhelfen. Die ernste Kirchenlehre und die Früh- lingöfreude verbinden einander zu einem harmoni schen Ganzen. Beide zusammen rufen die rechte Osterfreude hervor und lassen uns die Feier mit heiliger, tiefer Andacht begehen. Wie die Auferste hung Christi, so ist auch die Verjüngung der Natur ein uns unfaßbares Wunder, aber seine erhabene, überwältigende Macht läßt uns nicht zweifeln und deuteln, sondern glauben. Und mit dem Glauben kommt die Freude. Wo nach traurigen Wochen rings in der weiten Runde sich Alles schmückt und neu ersteht, da bleibt auch das Herz nicht fühllos und kalt, es glaubt an Gottes Gnade und Güte, es glaubt an Ostern, an seine heilige Deutung. Auf dem Osterfest beruht der ganze christliche Glaube: Christi Tod für die Menschheit und seine Auferstehung, das ist der Grundstein der kirchlichen Lehre, die Verheißung, die sie uns bietet. Ob allein das Frühlingsfest einen solchen Eindruck hervorriefe? Wohl kaum! Und auch die Germanen gedachten nicht allein der Erneuerung der Natur, sie dankten schon ihrer Ostara, der sie die Wiederkehr des Lenzes zuschreiben zu müssen glaubten. Das ist die ernste, schwere Mahnung für uns: Durch Tod zum Leben. Das Osterfest zeigt uns in der Natur den Früh ling: Das neu erwachende Leben, das überall die Wintereinsamkeit und Oede durchbricht. Aus dem Tode, der Vernichtung bricht es hervor, rein und erhaben, beschützt durch Gottes Hand. Auch für die Menschen bricht der Frühling an, nicht nur in der weiten Flur, sondern vor Allem im Herzen. Freilich, dort drohen noch mehr Unbilden und Stürme und die Frühlingskeime und Triebe gehen oft weit eher unter, als alle die Knospen und Blüthen in Feld und Wald. Ostern sollte allen Menschen einen wahren Frühling bringen, aber bis heut ist alles Hoffen und Harren vergeblich gewesen, und ob es sich je erfüllen wird? Diese Frage zu beantworten ist kein Mensch im Stande. Wir können uns schwer frei machen, von dem, was uns in menschlicher Unvollkommenheil anhaftet, wir sehen den Frühling, schauen sein be seligendes Walten, aber selbst finden wir ihn nicht. Osterfest auf Osterfest vergeht, und dem Frühling folgt stets wieder der eisige Winter nach kurzer Sommerzeit, — auch im Menschenleben. Sehen wir uns um in der Welt, beobachten wir alle Ver hältnisse, unser Leben, wie lange währt die Frühlings freude, die Frühlingsruhe? Eins bringt der Frühling uns Allen, er sollte es zum wenigsten, denn er kann es: Frischen Muth, neue Kraft und Stärke für den schweren Kampf mit dem Leben, edlere uno mildere Grundsätze. Das große Versöhnungsfest predigt uns mit gewal tiger Kraft die heilige Lehre von der christlichen Liebe, von dem Marterlode des Gottessohnes, der starb aus Liebe zur Menschheit. Diese einfache und doch so erhabene Wahrheit, dieser Hauptgedanke des Christenlhums kann mildern und versöhnen, was uns vielleicht als unvereinbar erscheint. Den Völ kerfrühling, die heilige Erkenntniß des Glaubens der Liebe werden wir nicht erleben, aber das Osterfest mahnt uns alljährlich aus's Nsue, dafür zu sorgen, daß nicht allzu vorzeitig der Winter heceinbricht, zerstört, was der Frühling geschaffen. Das ist das Osterfest, das Frühlingsfest, das höchste und ernsteste Fest der Christenheit. Ein Fest der Freude über das Erwachen der Natur, ein Fest der Einkehr in uns selbst, das Liebe, Friede, Ver söhnung von uns heischt. Was der Dichter singt: „Es muß doch endlich Frühling werden!" das gilt nicht nur von der Natur, nein auch von uns selber. "Waldenburg, 12. April 1884. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser fühlt sich so wohl, daß er selbst sehr lange Conferenzen abhalten kann. So ver weilte der Reichskanzler am Mittwoch Nachmittag von 4 bis gegen '/-6 Uhr bei dem Monarchen. Das Gesammtbefinden des Kaisers ist ein so zu friedenstellendes, daß er bereits den ganzen Tag über außer Belte ist. Am Donnerstag Vormittag nahm die gesammte köaigl. Familie gemeinsam Vas heilige Abendmahl. Aus dieser Veranlassung war dieses Mal das Zimmer des Kaisers in entsprechen der Weise hergerichtet. Seinen Ursprung hatte das glücklich überstandene Leiden darin, daß der Kaiser sich durch den Genuß neuer Kartoffeln den Magen verdarb, ein Uebel, das bei betagten Palienten eine sehr sorgfältige Behandlung erfordert. Die Vermählung der Prinzessin Victoria von Hessen mit dem Prinzen von Battenberg ist nun mehr auf den 30. April festgesetzt.