Volltext Seite (XML)
ächönbuM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Udr des vorhergehenden Tages. und aldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SV Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zn Waldenburg. ^«7. Donnerstag, den 20. März 1884. *Waldenburg, 19. März 1884. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser empfing am Montag Abend den Besuch des deutschen Kronprinzen und der in Berlin eingetroffenen Großherzogin Mutter von Mecklen burg-Schwerin. Dienstag nahm der Kaiser die üblichen Vorträge entgegen und ertheilte Audienzen. Am Mittwoch wird der bisherige russische Botschafter in Berlin, von Saburow, sein Abberufungsschreiben überreichen. In seiner großen Rede über die Laskeraffaire sagte der Reichskanzler bekanntlich: „Die Opposition hat diese Sache in maßloser Weise ausgenutzl," wo rauf auf der linken Seite des Hauses „Pfui" ge rufen wurde. Der Rufer meldete sich trotz der Auf forderung des Reichskanzlers nicht. Conservativer- feits ist verschiedentlich darauf hingedeutet, daß sine Rectification des betr. Abgeordneten seitens seiner — der freisinnigen —Partei wohl am Platze wäre, was bisher nicht geschehen ist, und, wenn man der „Voss. Ztg." glauben darf, auch nicht geschehen wird. Die „Nordd. Mg. Ztg." legt die Sache nun nochmals in folgenden Worten nahe: „Der Urheber dieser Unterbrechung hat sich bisher nicht genannt; Zeugen des Vorganges behaupten aber, der Zuruf sei von der Stelle ausgegangen, an welcher sie un mittelbar vorher den secessionistischen Abg. Or. Dohrn wahrgenommen hatten." Ein Pendant zu dem Vor fall bietet der bekannte Zuruf des Abg. Struwe „Unwürdig I" Dieser meldete sich aber auf die Interpellation des Kanzlers. Die Chancen des Socialistengesetzes, das am Donnerstag im Reichstag in erster Lesung berathen werden wird, haben sich gebessert, nachdem ein nicht unwesentlicher Theil der Cenlrumspartei sich dafür ausgesprochen hat. Auf jeden Fall wird das Gesetz aber einer Commission zur Vorberalhung überwiesen werden. Es scheint übrigens, als ob sich das Centruin seine definit've Entschließung mit Rücksicht auf die schwebenden kirchenpolitischen Anträge noch möglichst lange vorbehalten wollte. Der „Kuryer Poznanski" bringt ganz bestimmt die Nachricht aus dem Vatikan, daß Kardinal Ledo- chowski demselben am 1. April verläßt und in das Palais Antici Mattei übersiedelt. Das Ledo- chowski'sche Organ behauptet, daß wohl die preußi sche Negierung dem päpstlichen Stuhle vorher die Versicherung gegeben haben muß, den Kardinal wegen der in Preußen über ihn verhängten Strafen unbehelligt zu lassen. Die deutsche freisinnige Partei hat sich am Dienstag Vormittag im Reichstag als Fraclion con- stituirt. In den Vorstand wurden gewählt die Abgg. v. Forckenbeck, Frhr. v. Stauffenberg, Rickert, Bamberger, Hänel, Virchow, Richter-Hagen, Klotz. Als Schriftführer fungiren die Abgg. Hermes, Schrader, Dohrn, Rademacher. Der preußische Eisenbahnminister Maybach ist seit einigen Tagen durch heftige Erkältung genöthigt, das Zimmer zu hüten. Die Sitzung des Reichstages vom letzten Freitag wurde vom Präsidenten v. Levetzow mit der fol genden nur wenig bemerkten und in den Zeitungs berichten nicht erwähnten Notiz eröffnet: Durch Herrn Robert Kühnert in Cincinnati ist mir für den Reichstag ein auf den Abgeordneten Lasker bezüglicher Beileidsausdruck der dortigen deut schen Turngemeinde zugegangen. Ich werde den Dank des Reichstages für die Theilnahme ab statten." Der preußische Minister von Puttkamer hat nach der Rückkehr des Criminal-Commiffars Höft aus Konitz denselben in längerer Audienz empfangen und sich eingehend von ihm berichten lassen über dessen Wahrnehmungen, die er in Betreff des Synagogenbrandes in Neustettin gemacht, den Aufenthalt daselbst, den Prozeß in Konitz u. s. w. Auf dem kleinen Kirchhofe im Berliner Fried richshain, wo die Märzgefallenen ruhen, war es in der Frühe des 18. März ziemlich still und ruhig und dis Zahl der Besucher nur eine geringe. Etwa 30 Kränze sind niedergelegt (der „Nordd. Allg. Ztg." zufolge später noch drei von der deutschen freisinnigen Partei), fast alle recht einfach und schlicht, die ihren Demonstrationscharakter nur durch hier und dort eingeflochtene rothe Kamelien verriethen. Rothe Schleifen hatte die Polizei in früheren Jahren ent fernen lassen und so hatte man von der Anbringung solcher diesmal wohl Abstand genommen. Polizei mannschaften waren nur in geringer Zahl aufge stellt, Anlaß zum Einschreiten fanden dieselben nicht. Ungarn, In Ungarn steht bekanntlich für den Sommer - oder Herbst eine Neuwahl zum Abgeordnetenhause bevor. Die Agitationen dafür arten bereits derartig aus, daß regierungsseitig bestimmte Ordres zur Auf rechterhaltung der Ruhe an alle Behörden erlassen wurden. Schweiz. Nach einer Mittheilung der „Köln. Ztg." ist dem österreichischen Gesandte in Bern seitens ihrer Regierung eine größere Note oder Denkschrift über das Treiben der Anarchisten zugegangen, die dem Bundespräsidenten Welti am Donnerstag oder Freitag übergeben ward. Es ist dies die erste Kundgebung, welche dem Bundesrath in dieser An gelegenheit auf diplomatischem Wege zugeht; ähnliche Noten von Seiten der anderen Mächte dürften viel leicht bald folgen; wenigstens ist ein einseitiges Vor gehen Oesterrelchs unwahrscheinlich, da die Schweizer Behörden den an sie gerichteten Ersuchen der öster- - reichischen Polizei bisher sehr prompt Rechnung ge tragen haben. Wahrscheinlich bezeichnet die öster reichische Note den Beginn des internationalen Feld zuges gegen die Anarchisten. Frankreich. Es sind Gerüchte im Umlauf über den Abschluß eines Bündnisses zwischen Spanien und Frankreich. Natürlich ist darauf nichts zu geben. Die französischen Truppen haben in Verfolgung der flüchtigen Chinesen aus Bacninh weitere Siege ohne wesentliche Mühe errungen. Die Chinesen versuchten nur einmal noch ernstlicheren Widerstand zu leisten, wurden von den Generälen Negrier und Briöre aber bald aus allen Stellungen geworfen. Jetzt ist die Flucht allgemein. Die Franzosen haben Munitionsvorräthe und Fahnen erbeutet. Angesichts dieser Erfolge lassen sich den Chinesen recht hübsche Bedingungen vorschreiben. Belgien. Die „Voss. Ztg." meldet in einem Privattele gramm, das wir vorbehaltlich weiterer Bestätigung wiedergeben, daß König Leopold im April eine Reise nach dem Congogebiete antreten werde. Spanien. Aus den officiell gemeldeten Verhaftungen sind noch diverse heimliche in Madrid vorgenommen, so daß man kaum anders kann, ein geplanter Putsch sei durch Arretirung der Häupter glücklich ver eitelt. Daß die spanische Regierung das nicht zu gestehen will, darf man ihr weiter nicht verübeln. England. Wie aus der Sitzung des Unterhauses vom Montag ersichtlich ist, hat sich die deutsche Regierung bei den Sklavenhandel-Umtrieben in der Südsee beschwert und wird zu diesem Zwecke ein Kriegs schiff in den dortigen Gewässern stationiren. Eng- lischerseits wird keine Einmischung stattfinden. Minister Hartington erklärte bezüglich der egyptischen Häfen am Rothen Meer, England wolle dieselbe nicht für sich behalten, sondern nur Egypten be wahren. Und wem gehört — trotz aller Redereien — Egypten? Den Engländern. Es kommt also ganz auf Eins heraus. Weiter genehmigte das Haus das Kriegsbudget. Interessant ist, daß das Geschützmaterial der Flotte enorm vermehrt werden soll. Es sollen 400 Hinterladergeschützs von Stahl, drei 110-Tons-Geschütze, vier 63 Tons- Geschütze und drei 43-Tons-Geschütze hergestellt werden. Mit neuen 12 Pfünder- und 36 Pfünder- Kanonen sollen Versuchs angestellt werden. Die Wirksamkeit der letzteren Geschütze soll die der deutschen Geschütze noch übertreffen. Wie lange wird es dann dauern, bis Frankreich und Deutschland wieder England zu überflügeln suchen werden? Norwegen. Wiederein Minister abgesetzt. Das am Mon tag Abend publicirte Urtheil des Reichsgerichts ver- urtheilt auch den Staatsminister Kjerulf und entsetzt ihn seines Amtes. An Prozeßkostsn hat Kjerulf 600 Kronen an die Ankläger zu zahlen. Rußland. Je aufmerksamer die Engländer die Folgen der Annexion von Merw überlegen, um so mehr be müht sich die russische Presse, die Bedeutung dieses Geniestreiches abzuschwächen. Das Petersburger Journal tröstet jetzt mit der Versicherung, es werde schon ein Einvernehmen über dis Abgrenzung der beiderseitigen Einflußzonen in Asien gefunden werden. Die früheren Befürchtungen über einen Kampf um Indien seien jetzt geschwunden. Beide Großmächte würden sich in die civilisatorische Mission theilen. Wenn das so zutreffend wäre, könnte England ja in Egypten auch einen solchen guten Freund mit annehmen; aber auch bei „civilisatorischen Missionen" hört nicht selten die Gemüthlichkeit auf. Auch in Asien wird das einst der Fall sein. Egypten. 5000 Dollars sind auf Osman Digma's Kopf gesetzt, wenn sich die Nachricht bestätigt, aber bisher hat sich noch kein Araber gefunden, der sie verdie nen will. Aufgeschoben ist freilich nicht aufgehoben. General Graham traut in Suakin dem Frieden nicht so recht. Er hat deshalb wieder eine Abthei- lung von 1000 Mann nach Handuk, 11 Meilen von Suakin, gesandt, um bei neuen Angriffen der Araberschaft zur Hand zu sein. Ueber Khartum liegt Dunkel. Amerika. Der Ausschuß des Repräsentantenhauses für das Auswärtige beschloß, daß von dem Danke der liberalen deutschen Reichstagsabgeordneten für die Lasker-Resolution im Protokoll des Hauses offi ciell Notiz genommen werde. Aus dem Muldenthale. *Waldenburg, 19. März. Der Haushaltplan der hiesigen städtischen Armenkasse auf das Jahr 1884 weist an Einnahmen auf: 208 Mk. 53 Pf. Zinsen zu 3*/r, bez. 4 und 4'/r°/o von 4689 Mk. Substantialvermögen, 36 Mk. desgl. vom Richter- schen Legat an 900 Mk., 16 Mk. desgl. vom fürst lichen Geschenk an 400 Mk., 50 Mk. zurückerstatle- tes Almosen und zugefallener Vermögen verstorbener Almosenpercipienten, 250 Mk. Kaufepfennige bei Besitzveränderungen, 74 Mk. aus der geistlichen Ein nahme, 270 Mk. Abgaben bei Tanzerlaubnißerthei- lungen, 15 Mk. Strafgelder, 500 Mk. Hundesteuer, 20 Mk. antheilige Gebühren von Jagd- und Fisch-