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russische Juden," in di« Listen ausgenommen und haben davon 42 wirklich gestimmt. Der Polizei präsident von Danzig sendet mit Bezug darauf der „Danz. Ztg." folgendes Schreiben: Die 42 Aus länder, welche bei der Reistagrwahl am 28. v. M. gestimmt haben, sind unter keinen Umständen wahl berechtigt. Auch sind Unregelmäßigkeiten durch welche anderen Candidaten, als dem Herrn Abg. Rickert, Stimmen verloren gehen würden, bis jetzt weder von mir entdeckt, noch mir mitgetheilt. Der Polizeipräsi dent Heinsius. Bereit« bei Proklamirung des Wahl resultates Halder Wahlcommissar erklärt, daß er wegen vorgekommener Unregelmäßigkeiten bei Aufstellung der Wahllisten von Amtswegen beim Reichstag den Antrag auf Ungültigkeitserklärung der Wahl stel len werde. Man darf gespannt sein, ob das Testament des Herzogs von Braunschweig angefochten werden wird, so schreibt die „Voss. Ztg." Geschähe dies, so würden als Erben des Privatvermögens die Nach kommen der Herzogin Marie von Baden in Betracht kommen. Ferner umstritten wird die Spezialfrage, ob diejenigen Landestheile des Herzogthum's Braun schweig, welche nicht zu den wölfischen Stammlanden gehören, sondern vom Herzoglich-Braunschweig-Wol- fenbüttel'schen Hause demnächst erworben sind, wie beispielsweise die Grafschaft Reinstein-Blankenburg, einem mit dem Hause Hannover abgeschloffenen Erb vertrage unterliegen. Die Wahlagitation für die Stichwahlen kommt bereits flott in Gang, da die Termine sehr früh an gesetzt sind. Wie es scheint, werden in den drei Berliner Stichwahlen zwischen Conservativen und Freisinnigen die Socialisten für die Letzteren stimmen, da die Candidaten der ersteren keine bindenden Ver pflichtungengebenwollen, daß sie gegen das Socialisten- gesetz eintrelen würden. Verschiedenen Provinzial-Blättern wird aus Ber lin telegraphirt, daß an eine Erhöhung der Getreidezölle an maßgebender Stelle nicht ge dacht werde. Bei dem Militär-Pensions-Etat sind aufge führt: seitens der preußischen Militär-Verwaltung: 46 Generäle der Infanterie und Kavallerie, 159 Generallieutenants, 199 Generalmajors, 417 Ober sten, 415 Oberstlieutenants, 988 Majors, 888 Hauptleute und Rittmeister, 93 General-und Ober stabsärzte, 571 Pemier- und Secondelieutenants, 169 Stabs- und Assistenzärzte. Die Pensionen be tragen in Summa 11,089,392 M., für die sächsi schen Offiziere, welche Pension empfangen, beträgt die Ausgabe 547,006 M.; auf die Marineverwal tung entfallen 315,031 Mk., Alles pro Jahr. Oesterreich. Aus Oesterreich wird abermals ein angeblich anarchistisches Attentat gemeldet. Der Wiener Correspondent des „Berl. Tgbl." berichtet darüber: Am Montag Mittag erschien in Prag bei dem Ju welier Ziska ein Individuum mit dem Wunsche, silberne Uhrketten zu kaufen. Bei dem Vorweisen der Uhrketten überfiel der angebliche Käufer den Juwelier mit einem großen Küchenmesser, wobei er ausrief: „Das schickt Ihnen ein Socialist!" Der Ueberfallene erwehrte sich des Angreifers; dieser flüchteie, wurde jedoch ergriffen. Der Attentäter ist der 26jährige Schlossergehilfe Wenzel Kohlicek. Derselbe leugnet jetzt, Socialist oder Anarchist zu sein, wie er überhaupt jede verbrecherische Absicht bestreitet und behauptet, Ziska nur in einem Anfall von Geistesstörung allakirt zu haben. Der Ju welier Ziska ist ein Vorkämpfer der katholisch-socialisti- schen Partei. Frankreich. Die Fürstin Dolgorucki, die Wittwe des er mordeten Kaisers Alexanders II. von Rußland, hat sich entschlossen, um der Erziehung ihrer Kinder mitten bleibenden Aufenthalt in Paris zu nehmen und zu diesem Behufs ein reizendes Hotel der Rue Las-Cässs für sich einrichten lassen. Ein Pariser Blatt will wissen, der commandirende frauzösische General in Oran sei beauftragt, zwei Colonnen zum Einfall in Marokko auszurüsten. Bekanntlich herrscht zwischen dem Sultan von Marokko und dem französischen Gesandten in Tanger wieder einmal hochgradige Gespanntheit, aber zum Kriege wird es deshalb noch nicht gleich kommen. In Tonking haben einige kleinere Gefechte statt gefunden, wie ein noch eingetroffenes Telegramm besagt, in denen die Chinesen geschlagen wurden. Sonst liegt nichts vor. Die Lage soll gut sein. England. Der „Pol. Corr." wird aus London geschrieben: Lord Northbrook hat dem Auswärtigen Amt bezüglich Egyptens folgenden Vorschlag gemacht: Ein mili tärisches Protectorat Englands über Egypten für 10 Jahre unter Zustimmung der Türkei; für die gleiche Zeit die Einstellung der Staatsschuldentilgung, im Civil- und Militärwesen große Ersparungen und eine internationale Controle. Diese Maßregeln würden die nöthige Sicherheit schaffen, um ein An lehen von 8 Millionen Pfund (--- 160 Millionen Mark) zur Zahlung der Entschädigungen für den Brand von Alexandrien und zur Deckung des Deficits mit 5-prozent. Zinsfuß aufnehmen zu kön nen. Es wird sich kaum eine Macht in Europa finden, die dazu „Ja" sagt. Das Ganze bedeutet nichts anderes, als Europa soll England dazu helfen, sich am Nil bequem einzurichten. Im Unterhause ist am Montag die Nachricht der „Times", General Gordon sei von den Arabern gefangen genommen und die Stadt Khartum in die Hände des falschen Propheten, des Mahdi, gefallen, für unbegründet erklärt. Wie dem auch sein mag, schlimm steht es um Gordon jedenfalls; er ist von den Arabern eng eingeschlossen und im höchsten Maße bedroht. Mit seiner Rettung sieht es somit verzweifelt aus. General Wolseley ist erst in Dongola eingetroffen und von dem dortigen egyp- tischen Statthalter empfangen worden. Nun wird sich hoffentlich die Wahrheit bald herausstellen. Egypten. General Wolseley meldet, der Mahdi sei mit starken Streitkräften gegen Khartum vorgerückt und habe Gordon zur Ergebung aufgesordert. Als dieser sich geweigert, hätten sich die Araber ohne jedes Gefecht zurückgezogen. Amerika. Am Dienstag fanden in den Vereinigten Staaten von Nordamerika die Wahlmännerwahlen für die Präsidentenwahl statt. Obgleich die Aussichten für den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Cleve land immer noch die besseren zu sein scheinen, läßt sich doch mit Bestimmtheit über den vermuthlichen Ausfall nicht das Mindeste vorhersagen. Atts dem Mttldenthale. *Waldenburg, 5. November. Nächsten Bußtag, den 21. November nachmittags, wird in hiesiger erleuchteter Stadlkirche Händels unsterbliches Meister werk „Der Messias," Oratorium in drei Theilen, unter der Direction des Seminar - Oberlehrers Reichardt zur Aufführung gelangen. Für die wunder bar schönen, weihevollen Soli sind Kräfte gewonnen worden, von denen eine tüchtige, begeisterte Hingabe an ihre Aufgabe zu erwarten steht; die gewaltigen Chöre führt der hiesige Seminarchor, den Orchester part der in den Violinen verstärkte Stadtmusikchor aus Glauchau unter persönlicher Theilnahme des Herrn Capellmeister Eilhardt und des Herrn Musik- dicector Gerth aus Meerane aus. — Näheres wird rechtzeitig der Jnseratentheil dieses Blattes bringen; ebenso wird eine spätere Nummer eine Einführung in genanntes Oratorium darbieten. — Der in Würzburg mit großer Majorität zum Mitglied des Reichstages gewählte Centrumscan- didat ist Herr Hofrath Roß in Glauchau. Derselbe stammt aus Bayern und war, bevor er in den Dienst des Grafen von Schönburg-Glauchau über trat, speciell in Würzburg längere Zeil aufhältlich. — Nicht weniger als 20 Dorfgemeinden der Zwickauer Umgebung haben ein gemeinschaftliches Regulativ aufgestellt, durch welches Steuerrestanten von öffentlichen Tanzvergnügungen ausgeschlossen werden. — In Zwickau hatte ein Kellnerbursche aus Werdau am Sonnabend einen herben Verlust zu beklagen. Derselbe verlor nämlich einen Brief mit einem Hundertmarkschein, ebenso einen Wechsel auf W. Kroitzsch in Meerane lautend. Leider hat sich bis heute kein Finder gemeldet. — In Penig wird oas Amt des Bürgermeisters am 1. December frei und ist auf 6 Jahre wieder zu besetzen. Das Einkommen beträgt ziemlich 4000 Mark. Atts dem Sachsenlande. — Die Mittheilungen der Oekonomischen Gesell schaft im Königreiche Sachsen enthalten in ihrer 10. Fortsetzung auf das Jahr 1883/84 zunächst einen Jahresbericht, welcher das fortschrittliche ge meinnützige Wirken der Gesellschaft unter ihrem Director Hauptmann v. d. A. Aster, erkennen läßt. Außer den auf j«tzt acht landwirthschaftliche Schulen Sachsens sich erstreckenden Prämien wurden dem Landesobstbauverein zur Ausbildung dreier Baum- ' wärter 150 M. und der landwirthschaftlichen Aus stellung zu Dippoldiswalde 100 M. zu kleineren Geldprämien gewährt. Für die Bibliothek, deren Vereinigung mit der Dresdner Stadtbibliolhek sich für die Benutzung der reichen Sammlungen an volks- und landwirthschaftlicher Literatur sehr gün stig erweist, sind jährlich mindestens 400 M. aus gesetzt. Die Mittheilungen enthalten den von Oekonomierath v. Langendorf gehaltenen Vortrag über „Die neuesten Erfahrungen auf dem Gebiete der Städlereinigung mit besonderer Berücksichtigung der landwirthschaftlichen Verwerthung der städtischen Fäkalien," ebenso den von Finanzrath Dietrich über die Beziehungen der Landwirthschaft Sachsens zum Verkehrswesen und den von Spezialkommissar Kraft über da« Meliorationswesen in Sachsen. — Um mehr als sieben Millionen Mark hat sich das Guthaben der Sparer in den Sächsischen Spar kassen in den bi» Ende Aug. verflossenen 8 Monaten des Jahres 1884 im Vergleich zu denselben Monaten des Vorjahres vermehrt. Denn es wurden in diesen 8 Monaten nach den amtlichen Veröffent lichungen 6,062,027 Mark mehr eingezahlt und 1,039,695 Mark weniger zurückgezahlt al« in den gleichen Monaten des Vorjahres. — Die Ausstellung für Handwerkstechnik in Dresden ist am Montag geschloffen worden. — Das conservalive Wahlcomitö in Dresden hat sich einmüthig dahin schlüssig gemacht, sich mit dem Wahlvorstande des Reichsvereins in Verbin dung zu setzen, um alle Wähler, die am 28. Octo ber für Herrn von Einsiedel gestimmt, aufzusordern, ihre Stimme am 11. November Herrn Baumeister Hartwig zu geben. — Die Einnahme der volksthümlichen Feier des Sedanfestes in Leipzig, ,das bekanntlich dort mit besonderem Glanze begangen wird, beziffern sich auf 10,995 Mk. 95 Pf. und berechtigen die aus- gegebenen Billets und Sängerzeichen zu der An nahme, daß ca. 22,500 Personen das Fest im Neuen Schützenhause besucht haben. — Ein aus Leipzig mit seiner Frau geflüchteter Baumeister, welche Betrügereien verübt haben sollen, wurden von der Frankfurter Polizei am Freitag Abend am Main-Neckar-Bahnhof verhaftet. Auf dem Transport nach der Wache warfen die Ver hafteten 17,000 M. von sich, was jedoch bemerkt wurde, sodaß das Geld sofort geborgen werden konnte. Das Paar ist bereits an die Staalsan- waltschafr zu Leipzig abgeliefert worden. — Die Thatsache, daß aus Oesterreich, Ungarn, Italien, Rußland und Frankreich nach statistischen Ausweisen alljährlich für 12 Millionen Mark Eier und vielleicht ebensoviel an lebendem und todtem Geflügel nach Deutschland ein- oder durch dasselbe durchgeführt werden, während mit Leichtigkeit ein größerer Theil dieses Bedarfes in Deutschland selber producirt und damit große Summen unserm Vater lande erhalten, bez. unseren Landwirthen zugeführt werden könnten, ist dem Chemnitzer strebsamen Geflügelzüchterverein Anlaß geworden, immer von Neuem Anstrengungen zu machen, um auch im dor tigen Bezirke die Landwirthe der Geflügelzucht zu gewinnen. Es hat daher derselbe dem Herrn Kreis- secretär Möbius 60 Druckschriften (Praktische Winke über Geflügelzucht für den deutschen Landmann von Dackweilen) zur Vertheilung an die landwirthschafl- lichen Vereine übergeben. — Die Zahl der Fabrikarbeiter in Chemnitz be trug nach der amtlichen Zählung vom 1. Mai 1884 an diesem Tage 18,008 männliche und 8277 weib liche Arbeiter. Diese waren insgesammt in 453 Betrieben beschäftigt. Die Mehrzahl der männlichen Arbeiter, nämlich 9883, kommt auf die Metallver arbeitung und Fabrikation von Maschinen, Werk zeugen und Instrumenten, einschließlich der Gieße reien. Die Mehrzahl der Arbeiterinnen, 7136, auf Spinnereien und die Fabrikation von Wed- und Wirkwaaren. Unter den männlichen Arbeitern be fanden sich 14,133 im vollendeten 21. Lebensjahre und darüber. — Vergangenen Sonnabend Mittag ist die städ tische Gasanstalt zu Marienberg, welche seit dem 1. November 1874 in Betrieb gesetzt und an den Gasdirector Werner in Wurzen verpachtet worden war, von der Stadt zum Sebstbetriebe übernom men worden. Der Verbrauch an Gas belief sich in diesen 10 Jahren bis zum Tage der Ueber- nahme in Summa auf 400,354 cbm., wobei noch bemerkt sei, daß man zur Zeit den obm. Gas mit 28 Pf. bezahlte. — Am Montag hat in Frankenberg ein ca. 70 Jahre alter Bewohner seinem Leben durch Durch schneiden der Kehle ein Ende gemacht. Längere Kränklichkeit, die neuerdings durch heftige Schmerzen sich bemerkbar machte, scheint die Ursache des be trübenden Schrittes zu sein. — In einer der letzten Nächte haben Diebe dem Weinkeller des Rittergutes Arnsdorf einen Besuch abgestattet und in der That keinen schlechten Ge schmack gezeigt, denn außer anderen Marken wurden von ihnen Rauenthaler Berg, Hattenheimer Aus lese, Deidesheimer rc. mitgenommen. Bisher fehlt von den Dieben jede Spur. — Vorvergangene Nacht hat sich in Lösnig bei Connewitz ein bedauerlicher Unglücksfall zugetragen. Ein Sergeant vom 106. Regiment hatte in dem