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standen, die man füglich auch zu jedem anderen Zweck benutzen könnte, so wurde selbstverständlich die Unterschrift verweigert. Darüber war der Herr Colporteur so aufgebracht, daß er in sehr grober Weise Valet sagte. Die Hausirer — „Edelsten und Besten der Nation" — sind allgemach zu einer un angenehmen Plage der Landbevölkerung geworden! — Hunde-, sowie Katzenbesitzer werden darauf aufmerksam gemacht, daß sie bei ansehnlicher Geld strafe gesetzlich verpflichtet sind, dafür Sorge zu tragen, daß ihre Thiere auf fremder Wildbahn nicht revieren. Das ganze Jahr hindurch darf jeder Jagdberechligte die im Revier frei umherlaufenden Katzen und revierendenHunde tödten oder tödtenlassen. — Auf die gesetzlich zulässige Zeitdauer der Tagesbeschäftigung eines jugendlichen Fabrikarbeiters im Fabrikbetriebe ist nach einem Urtheil des Reichs gerichts, II. Strafsenats, vom 20. Juni d. I. nicht nur die unmittelbar der Herstellung von Fabrikaten dienende Arbeit, sodann auch jede andere den Zwecken des Fabrikbetriebes außerhalb der Fabrikräume dienende Thätigkeit, insbesondere auch die Herbei schaffung von Arbeitsmaterial, das Heranholen von Nahrungsmitteln, die von den Arbeitern in der Fabrik verzehrt werden, und auch das in den mer- cantilischen Betrieb der Fabrik fallende Austragen von Rechnungen einzurechnen. Dagegen ist eine in der Hauswirthschaft des Fabrikherrn stattfindende Beschäftigung des jugendlichen Arbeiters nicht ein zurechnen. — In der Sitzung des Borna-Frohburger Bienen züchtervereins am Sonntag wurde einstimmig be schlossen, nächstes Frühjahr in Frohburg ein Imker- fest, verbunden mit bienenwirthschaftlicher Ausstellung und Verloosung zu veranstalten. — Am Sonnabend fuhr in Geithain ein Blitz bei vollständig heiterem Himmel in die Dampseffe der dortigen Kalkbrennerei, woselbst dadurch nicht unbedeutende Beschädigungen angerichtet wurden. — In Hainichen erschoß sich am Sonnabend der Restaurateur Krug, welcher eine Wittwe und sieben unversorgte Kinder hinterläßt. Das Motiv der That soll in Schwermuth zu suchen sein. — Die diamantene Hochzelt begeht morgen Freitag das Günther'sche Ehepaar zu Kleinzschocher bei Leipzig. Mann und Frau zeigen noch eine seltene Rüstigkeit. — In Rödlitz brach am Dienstag Abend 8 Uhr in der Scheune des Gutsbesitzers Karl Ernst Wolf auf bis jetzt noch nicht ermittelte Weise Feuer aus, wodurch das ganze Wölfische Gut — 4 Gebäude nebst den ganzen Ernlevorrälhen und einem Theile des Mobiliars — vernichtet wurde, während das Vieh gerettet werden konnte. Der Besitzer und die auf dem Seitengebäude wohnhaften Miether haben das Mobiliar versichert. An der Brandstätte waren nächst der Ortsspritze die Spritzen aus Lichtenstein, Callnberg, Bernsdorf, Hohndorf und Heinrichsort erschienen. — In Oschatz sind am Montag vier schwedische Offiziere angekommen, um von dort aus den Ma- növern der Cavallerie-Division, die Haupttage sind Freitag und Sonnabend, mit beizuwohnen. Anden genannten Tagen wird auch der König, von Dres den kommend, auf dem Manöverterrain erscheinen. — Die Handelsschule zu Frankenberg beging in den letzten Tagen in feierlicher Weise ihr 25jähriges Jubiläum. — Am 8. September sind vom Trichinenschauer Claußnitzer in Plauen in einem Schweine, welches über drei Centner wiegt, Trichinen, wenn auch nur sehr vereinzelt, vorgefunden worden. Erst beim 30. Präparat kamen Trichinen zur Sicht. — Bei dem Gewitter, welches sich am 8. d. nachmittags gegen 5 Uhr entlud, wurde in Lohma bei Nöbdenitz die etwa 18 Jahre alte Selma Winkler aus Crimmitschau vom Blitze getroffen. Dieselbe steht dort in Diensten, verrichtete Feldarbeiten und mußte nach erfolgtem Blitzschläge zu ihrer Herrschaft gefahren werden. Das Mädchen, dessen Eltern in Crimmitschau wohnen, klagt sehr über den Kopf und ist sofort in ärztliche Behandlung gegeben worden. — Der Tod des ehemaligen sächsischen Offiziers Frhr. v. Seckendorfs, welcher bekanntlich als Major im egyptischen Generalstabe die Kämpfe gegen den Mahdi mitgemacht, ist nunmehr wirklich constatirt. Justizrath Stöhr in Altenburg hat soeben folgende Bekanntmachung veröffentlicht: „Behufs Regulirung des Nachlasses des in der Schlacht bei Kasgeh ge fallenen Majors im egyptischen Generalstabe, früheren preußischen Lieutenants, Herrn Alfred Freiherrn v. Seckendorfs von hier, veranlasse ich andurch etwaige Gläubiger desselben, ihre Forderungen bis zum 20. September d. I. beimiranzumelden." Damit ist allen Zweifeln über das Ableben v. Seckendorffs also definitiv ein Ende gemacht. — In der Kirche zu Ehrcnhain erfolgte am Sonntag während des Gottesdienstes die Einweisung des bisherigen Schuldirectors vr. Berger aus Alten burg in sein neues Amt als Pastor der dortigen Kirchfahrt. — Der Fürst von Reuß ist von 2 Strolchen auf einer Spazierfahrt bei Greiz belästigt und sogar mit Stockhieben verletzt. Dem Leipz. Tagebl. zu folge waren aber beide Kerle angetrunken und hatten es ursprünglich auf ein anderes Geschirr abgesehen. Ein Attentat gegen den Landesherrn lag nicht vor. — In Rudolstadt ist eine Arbeiterfamilie an Pilzvergiftung schwer erkrankt und infolge dessen ein 13jähriges, sowie ein Iljähriges Mädchen be reits gestorben. — Vom Harz wird unlerm 4. d. gemeldet: Die Eisseld'sche Pulvermühle, welche innerhalb dec letzten 5 Jahre schon zweimal in die Luft geflogen ist, wobei mehrere Arbeiter verletzt bez. geiödtet wurden, ist am I. September abermals von einem solchen Unfälle betroffen worden. In der Nacht waren in dem betreffenden Raume zwei Arbeiter beschäftigt; der eine befand sich nahe der Thüre und hatte eben mit der Lampe zu thun, als er plötzlich in Flammen stand und zur Thüre hinausstürzte; der andere Ar beiter sprang infolge dessen seinem schreienden Kame raden nach und zwar noch rechtzeitig genug, daß Beide sich vor der nun erfolgenden Explosion retten konnten. Jedenfalls war zuerst der in der Luft herumfliegende Pulverstaub angebrannt und die eigentliche Explosion verzögerte sich dadurch, daß die in dem Raume befindlichen Pulvervorräthe feucht waren. Vermischtes. Gestohlene Reichthümer. Nach dem bereits erwähnten Jahresberichte des Chefs der Londoner Polizei betrug der Werth des im verflossenen Jahre gestohlenen Eigenthums Lstr. 116,329, wovon Sachen im Werthe von Lstr. 27,370 den Eigenthümern wieder zugestsllt wurden, so daß sich der Gssammtverlust auf rund Lstr. 89,000 stellt, gegen rund Lstr. 96,000 im Jahre 1882. Der Werth des in öffent lichen Fuhrwerken zurückgelassenen Cigenthums, das aus über 20,000 verschiedenen Artikeln bestand, belief sich auf Lstr. 25,000; 10,000 dieser Artikel wurden den Eigenthümern wieder zurückgestellt, die den Kutschern dafür einen Finder lohn von rund Lstr. 1950 einhändigten. 3638 Personen verunglückten in den Straßen; hiervon wurden 106 getödtet und 3532 mehr oder weniger verletzt. Ein deutsches Zecherstück — unter dieser Spitzmarke finden wir in einer Stockholmer Zeitung über eine „acht bare Leistung" zweier deutscher Touristen eine Notiz, welche wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen: „Zwei deutsche Touristen, so berichtet unsere schwedische Quelle, fanden bei Gelegenheit eines Aufenthaltes in Malmö in einer dortigen , Restauration das Erlanger Bier so gut, daß sie hier zu rasten beschlossen und im Verlaufe einiger Stunden zur Ehre Deutschlands und Gambrini 25 Seidel Erlanger ver tilgten, ohne die verschiedenen Seidel Pilsener und Karls hammer Bier, mit welchem sie fleißig abwechselten, so daß sie zusammen einige 30 Seidel getrunken haben mochten. „Trinkt hier vom edlen Gerstensaft des Weines Geist, des Brodes Kraft," deklamirten die beiden Germanen, als sie zwar etwas schwer, aber keineswegs überlastet, das Local verließen." Ob jeder von unseren braven Landsleuten einige dreißig Seidel „geschmettert," das läßt sich aus der betreffen den Notiz leider nicht ersehen. Eine hübsche Künstler-Anekdote erzählt ein englisches Blatt. Als der Schauspieler Foote auf einer Reise im west- lichen England eines Tages in einem Gasthaus« seine Mahl zeit eingenommen, wurde er bei Bezahlung der Rechnung von dem Gastwirth gefragt, ob er mit dem Essen zufrieden wäre. „Ich habe gespeist," sagte Foote, „wie kein Mensch in England." — „Ausgenommen den Bürgermeister", ent gegnet« der Andere lebhaft. — „Ich nehme Niemand aus." — „Sie müssen den Bürgermeister ausnehmen." Foote wurde heftig. „Selbst nicht den Bürgermeister", wiederholte er. Der Streit wurde so bitter, daß der Gastwirth, welcher zugleich Polizeirichter war, den Schauspieler vor den Bürger meister brachte. „Herr Foote," sagte dieser ehrwürdige Beamte zu ihm, „Sie werden wissen, daß es seit unvordenk lichen Zeitsn in dieser Stadt Brauch ist, den Bürgermeister stets auszunehmen, und damit Sie künftig unsere Sitten und Gewohnheiten nicht vergessen, so strafe ich Sie mit einem Schilling oder fünf Stunden Hast, nach Ihrer Wahl." Foote sah sich gezwungen, die Geldstrafe zu zahlen. Als er aus dem Saal ging, sagte er: „Ich habe in meinem Leben keinen größeren Esel gesehen, als diesen Gastwirth — aus genommen (und hier verbeugte er sich vor Seiner Herrlich keit) den Herrn Bürgermeister." (Wir geben diese Anekdote wieder, wie sie gegenwärtig in fast allen Zeitungen circulirt. Nur wollen wir die Bemerkung noch daran knüpfen, daß der Witz schon uralt ist, er ist nämlich schon in einem vom Kreisphysikus Andreas Wilke, der 1814 in Wittstock ge storben ist, verfaßten Gedichte, enthalten in „Der erste Lehr meister II. Theil", 3. Auflage, Leipzig 1828, verarbeitet worden.) Sommerfrisch-Witz. Aus Wien wird geschrieben: Je der Burgschauspieler bringt nach den Ferien entweder ein Schock Witze oder ein Paar lustige Geschichten von der Reise nach Hause. Die Witze pflegen am Grundlsee am Ueppig- sten zu gedeihen, die heiteren Historietten werden auf Reisen gesammelt. Von den Scherzworten ist vorläufig nur ein Muster bekannt geworden. Es ist folgendes Witzräthsel: Frage: Was kann man unmöglich mit Worten ausdrücken? Auflösung: Einen nassen Badeschwamm. Allerlei. Ein Mr. Louis Jackson in Chicago be absichtigt zum Andenken an Sir Walter Raleigh auf der Insel Noanoke in Nord-Carolina, von wo Raleigh im Jahre 1585 den Tabak in die civilisirte Welt einführte, ein Raucher-Monument zu errichten. Es hat sich ein Komitee gebildet, welches Beiträge für die Kosten des Denkmals von Rauchern aus allen Welttheilen entgegennimmt. — Das Panzer- Uebungsgeschwader ist in der Nacht zum Mittwoch vor der Kieler Bucht eingetroffen und hat am Morgen die Manöver begonnen. — Der Dampfer „Alice" aus Hamburg, Kapitän Jansen, mit Eisen ladung von Middlesborough nach Stettin, ist im südlichen Theil des Sundes gesunken, nachdem er auf einen Felsen gestoßen war. Die Mannschaft wurde gerettet, der Kapitän ertrank. Die Masten und der Schornstein des Wracks ragen aus dem Wasser hervor, man hofft es zu heben. — Als der vor wenigen Tagen getaufte Prinz Adalbert, des Kaisers Urenkel, geboren wurde und es galt, vem jungen Weltbürger eine Amme zu verschaffen, wurde eine junge Bäuerin aus Burg herbeigeholt, welche auch ihr Amt antrat und allgemein gefiel. Aber ach! Nach einigen Tagen ließ sich die Prinzessin in ein Gespräch mit der Ernährerin ihres Kindes ein; sie fragte nach der Heimath, dem Spreewalde, nach Vater und Mutter. Der Vater war längst gestorben und zwar an der Abzehrung. O weh, das unglückliche Wort. Der Leibarzt erfährt es, erschrickt und befürchtet, daß der Keim jener bösen Krankheit sich auch auf die Amme vererbt haben könnte und auf den Säugling verpflanzen möchte. Die Amme wurde zurückgeschickt. Hinterher stellte sich heraus, daß der Vater an einer ganz anderen unübertragbaren Krankheit gestorben sei, allein es war zu spät und die Stelle neu besetzt. — Wie verlautet, wird für den Kaiser ein neuer Wagen gebaut, dessen oberer Theil mit Glaswänden ver sehen wird. Auf diese Weise wird es dem Monar chen möglich werden, Manövern, Paraden rc. selbst bei ungünstigem Wetter beizuwohnen. — In Wies baden ist am Dienstag die 38. Hauptversammlung des Gustav-Adolph-Vereins feierlich eröffnet worden. Ca. 400 Theilnehmer waren am genann ten Tage bereits anwesend. — Neudings beginnt man die Locomoliven auch zum Feuerlöschdienst heranzuziehen. In Preußen werden die in Reseroe- und Rangirdienst Verwendung findenden Locomoti- ven mit einer Spritzen-Vorrichtung und den erfor derlichen Schläuchen versehen. Es ist gar keine Frage, daß diese Locomotiv-Dampfspritzen beim Aus bruche eines Feuers auf den Bahnhöfen von außer ordentlichem Nutzen sein können. — Auf der Fahrt von Bebra nach Göttingen stürzte am 4. d. M. in der Nähe der Station Oberrinden ein Passagier von der Plattform eines Personenwagens, und zwar vor den Augen seiner Frau so unglücklich herab, daß er von den nachfolgenden Wagen überfahren wurde und unter den Rädern des Zuges seinen Geist aushauchte. Der Verunglückte soll ein Ame rikaner sein, der sich mit seiner jungen Frau be suchsweise in Deutschland aufhielt. — Der Post meister Martin Davorin Glazer in Krapina (Kroa tien) ist nach Veruntreuung eines Betrages in der Höhe von 23,000 fl. flüchtig geworden. Der unterschlagene Betrag bildete eine Sendung des Steueramtes in Krapina an die Agramer Landes- hauplkasse. — Ein Begräbnißplatz von ungeheue rer Ausdehnung wurde in Koffer-County, Tennessee, entdeckt. Derselbe beweist, daß dieses Land ehemals von einer Zwerg-Rasse bevölkert war. Die Todten sind in sitzender oder stehender Stellung beerdigt und die aufgefundenen Gebeine haben eine durch schnittliche Größe von nur drei Fuß. Man schätzt die Anzahl der dort Beerdigten auf 75,000 — 100,000. — Eine entsetzliche Kunde kommt aus dem Hin- terpommerschen Dorfe Hasensier. Es sind dort sie ben Menschen verbrannt! Nach schwerer Tages arbeit lagen die Bewohner eines elenden Arbeiter hauses im ersten tiefen Schlafe, während die auf dem Boden lagernden Stroh- und Futtervorrälhe aus unbekannter Ursache in Brand gerathen waren. N . 4 Personen, mit Brandwunden bedeckt, entkamen, 7 fanden in den Flammen den qualvollsten Tod. Neueste Nachrichten. Wien, 10. September. In Tirnowo in Bosnien wu-den gestern durch den Scharfrichter von Serajewo, Ri ter v. Seyfried, drei Unlerstandsgeber von Räu bern hingerichtet. Vierzig unter der Anklage des Raubes und des Mordes in Haft Befindliche mußten der Hinrichtung beiwohnen. Wien, 10. September. In der heutigen Sitzung des Wiener Gemeiderathes wurde Bürgermeister Uhl ermächtigt, gegen die Berliner „Kreuzzeitung", deren Wiener Correspondent die unwahre Behauptung verbreitete, es seien bei dem Wiener Rathhausbau drei Millionen defraudirt worden, eine Klage ein zubringen. Literarisches. „Deutsches Dichterheim", Organ für Dichtkunst und Kritik. Herausgegeben von Paul Heinze in Dresden-Striesen. Die soeben erschienene Nr. 5 vom 5. Jahrgang dieser Zeit-