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und man kann nicht daran zweifeln, daß es Plan ist, die katholische Kirche unter dem Joche der Mai gesetze festzuhalten. Wollten wir uns bei dem gegenwärtigen Zustande beruhigen und zufrieden geben, so hieße das die Sache, wofür wir seit mehr als 10 Jahren mit so vielen Opfern gekämpft haben, verloren geben. Mit den Maigesetzen kann die katholische Kirche auf die Dauer absolut nicht be stehen." Aus den vorstehenden Worten kann man sich leicht einen Vers darüber machen, wie die Dinge zwischen Rom und Berlin gegenwärtig stehen. Die Centralleitung der Socialdemokraten be kämpft jetzt offen den von einem Theile der Partei aufgestellten Abg. Rittinghausen (Solingen). In Folge der socialdemokratlschen Demonstration, welche am Todestage Lassalle's in Grünau bei Berlin stattfand, sind verschiedene Theilnehmer ausge wiesen worden. In Wiesbaden findet gegenwärtig die diesjährige Hauptversammlung des Gustav-Adolf-Vereins statt. Bei der Festtafel am 10. d. wurde an Se. Maj. den Kaiser folgendes Telegramm gerichtet: „Am Fuße des Niederwaldes, den Se. Majestät für immer dem deutschen Volke zur hervorhebenden Wallfahrtsstätte gemacht, bringt soeben die 38. Hauptversammlung des Gesammtvereins der Gustav- Adolf-Stiftung, Männer aus Alldeutschland und weiterher, dem allgeliebten, allverehrten Kaiser aus tiefstem patriotischen Herzen ein begeistertes Hoch und gestaltet sich, ihren ehrfurchtsvollsten Gruß zu Füßen des erhabenen Protectors der Gustav-Adolf sache niederzulegen." Ungarn. Tisza hielt in Großwardein vor den Wählern eine Rede, worin er erklärte, der europäische Frieden sei nach menschlicher Voraussicht dauernd gesichert und betonte ferner, die Aufgabe der Herstellung des Gleichgewichts im Staatshaushalte kündige außer ordentlich, aber zeitlich begrenzte, nur aus gewisse Punkte beschränk:« Maßregeln gegen nationale, con- fessionelle und sociale Agitation, sowie eine Reform des Oberhauses, wonach Geburt und Census zur Mitgliedschaft berechtigten, lebenslängliche Mitglieder ernannt werden und sämmtliche Confessionen ver treten sind, an. Tisza versprach die Verlängerung der Mandatdauer der Abgeordneten auf 5 Jahre und entschied sich für Erhaltung eines gemeinsamen Zollgebietes. Frankreich. Aus China fehlen noch immer alle bestimmten Nachrichten. Zur Abwechslung heißt es einmal, Frankreich wolle den Krieg erklären, um energisch vorgehen und die Affaire bald zum Abschluß bringen zu können. Admiral Courbei soll auch schon etwas Großes vorbereiten. Möglich, daß das hilft! Die Lage der katholischen Missionare auf der Insel Hainau wird als eine recht unbehagliche bezeichnet. In Tonking ist von dem angekündigten Einfall der Chinesen noch immer nichts zu verspüren. Belgien. Die directe Folge der Krawalle in Brüssel vom letzten Sonntag wird sein, daß die Polizei der großen Städte der Regierung und nicht den Stadt- behörden unterstellt wird. Es ist aber verfehlt, der städtischen Polizei in Brüssel einen Vorwurf zu machen. Sie hat gethan, was sie konnte, um die Ruherstörer zur Raison zu bringen. Die Unter suchung dauert fort; die Verhafteten werden nach Feststellung ihrer Persönlichkeit vorläufig entlasten. Die katholischen Blätter behaupten, es seien mehr als 100 Personen verwundet; jedenfalls wogte der Kampf zwischen Liberalen und Anhängern der katholischen Partei mit einer Erbitterung sonder Gleichen. Italien. „Es lebe der Vater des Vaterlandes!" Mit diesem Ruf ist der furchtlose König Humbert bei seiner Ankunft in Neapel begrüßt worden. Die Theilnahme des Königs an der von der Cholera schrecklich heimgesuchten Stadt hat ein so festes Band zwischen ihm und dem ganzen Lande geschlungen, daß alle republikanischen Bestrebungen nun wohl verschwinden werden. Am Mittwoch ist der Kö^'g von brausenden Evviva's begleitet wieder abgereist. Er hat alle Stätten des Elends aufgesucht, an denen Neapel jetzt so reich ist. Die Zahlen vom Dienstag reden wieder eine entsetzliche Sprache, nicht weniger als 358 Todesfälle und 750 Erkrankungen an der Cholera kamen an diesem Tage in Neapel vor. Die Seuche ist also immer noch im Anwachsen be griffen und erweist sich die Anzahl der Aerzte und Spitäler als ungenügend. In einem Spital sind sogar die Treppenhäuser mit Kranken belegt. In einer Straße sind in einer Stunde 30 Erkrankungen vorgekommen, auch ein Polizeibeamter der königlichen Eskorte wurde befallen. Auch anderwärts in Italien zeigt die Seuche eine verheerende Wirkung. In Czeneo kamen am Dienstag 16 Erkrankungen und 25 Todesfälle, in Genua 48 Erkrankungen und 30 Todesfälle, in Masta e Carrara 6 Erkrankungen und 8 Todesfälle, in der Provinz Neapel 33 Erkrankungen und 12 Todesfälle, in Parma 9 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Rom 3 Erkrankungen, in Bercamo 4 Erkrankungen und 4 Todesfälle, in Casesta 6 Er krankungen und 4 Todesfälle rc. vor. Auf eine ergangene Anfrage bemerken wir übrigens, daß Neapel nach der Volkszählung von 1881 494,314 Einwohner hat. England. Die englischen Commissare sür Egypten, Marine minister Lord Northbrook und General Wolseley sind nun glücklich in Kairo eingetroffen. Drei Auf gaben haben sie: Ordnung der egyptischen Finan zen und Auszahlung der Entschädigungsgelder sür Alexandrien, Regelung des Sanitätsdienstes im Suez kanal und Gordons Befreiung in Khartum. Hoffent lich kommen sie in allen drei Punkten über das Reden hinaus. Rußland. Ueber eine neue Form der Deutschenhetzs herrscht seit einigen Wochen in den deutschen Kreisen der russischen Ostseeprovinzen große Aufregung. Zwei, um Rußland sehr verdiente Männer, Friedensrichter im Kownoschen Gouvernement, haben plötzlich ohne Angabe von Gründen ihren Abschied erhallen; ihr einziges Vergehen war, deutscher Abstammung zu sein. Der Eine, Baron Rohden, dient dem russischen Staate seit 21 Jahren, der Andere, Baron Budberg, seil 24 Jahren. Im letzten polnischen Aufstande wurde Baron Budberg sür seine Treue um den größten Theil seines Vermögens gebracht; aber un bekümmert darum fuhr dieser Mann fort, in seiner demoralisirlen Gegend das Rechlsgefühl zu wecken und gegen die epidemische Bestechlichkeit der rus sischen Verwaltung zu kämpfen. Als vor zwölf Jahren das Amt eines Friedensrichters eingesührt wurde, wurde es ihm für seinen Kreis übertragen, ein Amt, wofür u. A. die Kenntniß der deutschen, russischen, polnischen, lettischen und littauischen Sprache gehört. Mit seltener Arbeitskraft und einer in Rußland unerhörten Gerechligkeitsliebe waltete er seines Berufs zum Danke der Bevölkerung. Und nun fällt er plötzlich als ein Opfer der Deutschen- freffer Nabakoff und Nakow. Bei der letzten Revision erhielten die beiden jetzt gemaßregelten Herren den Dank der Commission, weil bei ihnen Alles in Ordnung gefunden worden war, während bei dem benachbarten Friedensrichter, einem Russen Namens Klischanowski, in Geld und Acten nicht Alles war, wie es sein sollte. Der Rüste bleibt, und die Deutschen haben ihren Abschied erhalten. Da Baron Budberg mit alten deutschen Adelssamilien (auch mit den Leiningen) verwandt ist, dürfte die Angelegenheit wohl noch nicht als beendet anzusehen sein. Asien. Dem „Reulerschen Bureau" wird aus Shanghai telegraphirt, daß die chinesischen Behörden bereits die Operationen sür die Absperrung der Einfahrt des Woosung-Flusses durch mit Steinen gefüllte Kähne begonnen hätten. Amerika. Die Republikaner sind für die nächsten Präsi dentenwahlen ungemein rührig. Sie wenden jedes erlaubte und nicht erlaubte Mittel an, um ihrem Candidaten Blaine, dem Prtoector des offiziellen Aemterschachers, den Sieg zu sichern. Namentlich insgeheim wird Alles aufgeboten, um der Partei neuen Anhang zu gewinnen. Die Demokraten werden sehr auf dem Posten sein müssen, um diesen Ansturm zurückzuweisen. Aus dem Muldenthule. "Waldenburg, 11. September. Nächsten Sonn tag wird auf Anordnung des hohen Landescon- sistoriums in allen evang.-luth. Kirchen des Landes eine Collecte zum Besten des Kirchenneubaues zu Zwota eingesammelt. Zwota, zwischen Schöneck und Klingenthal bereits auf dem Südabhange des Ge birgskammes (675 Meter Bahnhofshöhe) gelegen, ist eine seit dem unheilvollen Restitulionsedicte Ferdinands II. 1629 entstandene Colonie böhmischer Protestanten, welche ihres Bekenntnisses halber ihre Heimalh verlassen mußten, und in den benachbarten Ländern eine Zufluchtsstätte suchten und fanden. Das schindelgedeckte Kirchlein mit kaum 200 Sitz plätzen erweist sich, zumal in Festzeiten, viel zu klein, um die Besucher zu fassen, und um der entstandenen Bauschäden willen, denen mit Reparatur kaum noch beizukommen ist, hat die Baupolizeibehörde wiederholt mit Schließung des Gotteshauses gedroht. Von dem Gesammlaufwand, den der Bau einer neuen Kirche beansprucht — 41,239 Mark — ist erst nur der zehnte Theil gedeckt. *— Die Wahlbewegung dürfte seitens der Ord nungsparteien demnächst auch in unserem Wahlkreise mehr in Fluß kommen; nachdem vor längerer Zeit in Glauchau eine vorberathende Versammlung in Wahlangelegenheiten stattgefunden hatte, ist nunmehr das Directorium eines Centralwahlcomiläs für die Wahl Leuschners definitiv constituirt worden und werden in nächster Zeit die nöthigen Schritte be hufs Constituirung von Ortswahlcomitßs in den zum Wahlkreise gehörigen Städten, sowie zum Erlaß eines Wahlaufrufes gethan werden. Wie an anderer Stelle bereits mitgetheilt, wird die Reichstagswahl wahrscheinlich in der ersten Hälfte des Oclober stattfinden. — Die amtliche Jahresconserenz der Schuldirec toren, Lehrer und Lehrerinnen des Zwickauer Jn- speciionsbezirks wird Dienstag, den 16. d., von Vormittag '/2IO Uhr an im Schwanenschlößchen durch Herrn Bezirksschulinspector Schulrath Naumann abgehalten werden, wobei ein Vortrag über „die Pflege des Gebets in der Volksschule" und einer dergleichen über „Spiritismus und Schule" zu Ge hör kommen werden. — In Zwickau wird Sonntag, den 28. d., das restaurirte Stadttheater wieder eröffnet werden. Direclor Dorn-Wunderlich hat die Direction über dasselbe wieder erhalten. — In der Zeil vom 21. bis 24. Februar 1885 findet in Zwickau die drille Verbandsausstellung des Verbandes sächsischer Gcflügelzüchlervereine statt. — Diejenigen Geschäftsleute in Zwickau, welche vor Kurzem von zwei aus Schwarzenberg stammen den Frauenzimmern verehel. Stellmacher Meichsner nebst Tochter, durch Verausgabung falscher 50-Mark- scheine geschädigt worden waren, haben, wie das „Zw. Wchbl." hört, keinen Schaden zu beklagen, indem dieselben theils durch das Zurückerhalten der entnommenen Waaren, theils durch Geld volle Be friedigung erhalten haben. Aus dem Sachsenlande. — Nach einer bezüglichen Uebersicht im „Sta tistischen Jahrbuche" betrug die Zahl der am 31. März 1883 im Königreich Sachsen in Betrieb be findlichen Bierbrauereien 735 und die Quantität des von denselben gewonnenen Bieres 4,638,485 Eimer. Interessant ist hierbei jedenfalls die That- sache, daß die Zahl der Brauereien im Jahre 1840: 800, also 65 mehr als im gegenwärtigen betrug. Dieser Rückgang in der Zahl der Bierbrauereien hat jedenfalls darin seinen Grund, daß eine größere Anzahl kleine derselben, da sie mit den entstandenen großen Brauereien nicht mehr concurriren konnten, den Betrieb einstellen mußten. In noch erheblicherem Maße sind zweifellos aus demselben oben angeführten Grunde seil dem Jahre 1840 die Branntwein brennereien zurückgegangen. Im letzterwähnten Jahre betrug die Zahl der Brennereien in Sachsen 2559 und zwar 569 in Städten, 2090 auf dem Lande. Davon standen im Laufe des -erwähnten Jahres aber nur 1184 und hierunter inbegriffen 711 landwirthschaslliche in Betrieb, welche 731,102 Hektoliter Rohstoffe verbrauchten. Im Elatsjahre 1882/83 dagegen betrug die Zahl der Brennereien im Königreich Sachsen nur noch 697, als: 37 in den Städten und 650 auf dem Lande. Es standen von den 697 Brennereien 660 in Betrieb, hierunter 265 landwirthschastliche, wobei 2,227,593 Hektoliter Rohstoffe verbraucht wurden. — Es hat sich herausgestellt, daß sehr viele auf Grund des Allerhöchsten Erlasses vom 22. Juli cr. eingereichle Gesuche, Jnvalidenpsnsionen betreffend, den Intentionen des Erlöstes keineswegs entsprechen. In demselben ist nicht gesagt, daß Alle, welche den Feldzug 1870/71 mitgemacht haben und jetzt krank oder kränklich sind, sich melden sollen, vielmehr muß gerade so wie früher nachgewiesen sein oder werden, daß die jetzige Krankheit eine Folge des Feldzuges ist. Es ist somit nur beabsichtigt, solchen Leuten zu Hilse zu kommen, bei denen eine innere Dienst- beschädtgung nachweisbar, die aber aus Unkenntniß seiner Zeit den festgesetzten Meldetermin nicht inne- grhalten haben. — Die massenhaft das Land durchziehenden Hausirer werden für die Dorfbewohner immer lästiger. Sie lassen sich nur schwer dazu bewegen, sofort wieder zu gehen, sondern suchen ihre Waaren aus zupacken, um auf diese Weise vielleicht zum Kaufe zu reizen. Das möchte nun immerhin sein. Kapft man aber nicht, so benehmen sie sich ost auch noch ungebührlich. Ein solcher Fall ist kürzlich in einem vogtländischen Dorfe vorgekommen. Ein Colporteur wollte ein Bild verkaufen, der Kauf wurde aber abgelehnt. Da legte der Herr Colporteur ein Buch zur empfehlenden Unterschrift vor. Darin standen wohl schon viele Namen, aber da ein Kunstblatt doch nur von Kunstverständigen empfohlen werden kann, in dem Buche aber weiter nichts als Namen