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Schönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und aldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljäbr- lich 1 Mk. S0 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Lolporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. ^179. Sonnabend, den 2. Augnst 1884. *Waldenburg, 1. August 1684. Kaiser Wilhelm rüstet sich in Wildbad Gastein zum Ausbruch nach Ischl. Am 5. August erfolgt die Abreise, am 6. und 7. findet die Zusammen kunft mit Kaiser Franz Joseph statt und am Abend des zweiten Tages wird die Rückfahrt nach Schloß Babelsberg angetreten, wo der Kaiser bis zum Be ginn der Manöver verweilen wird. Alle Berichte aus Gastein besagen, daß der greise Monarch sich völlig wohl und neu gekräftigt fühlt. Während auf dem Gebiete der inneren Politik eine völlige Stille herrscht, ist Deutschland in der auswärtigen in dieser Woche in Aufsehen erregen der Weise hervorgetreten. Die egyplische Conferenz tagt und lagt in London, verbraucht Tinte, Federn und Papier, aber sonst hat sie noch nichts geleistet, was ihr in der Geschichte einen Namen machen könnte. Graf Münster nun, der deutsche Botschaf ter, stellte am Montag den sehr vernünftigen An trag, einmal das Sanilätswesen, wie es augenblick lich in Egypten geübt wird, genau zu revidiren und seine leichtsinnige Handhabung zu verbessern, damit die Choleragefahr für Europa endlich einmal ein überwundener Standpunkt würde. England kann nun allerdings das Geld Europas vortrefflich ge brauchen, um seine Soldaten in Egypten zu bezah len, aber strenge Vorsichtsmaßregeln einzuführen, unter welchen auch die englischen Schiffe etwas längere Zeit gebrauchten, um nach Indien resp. von dort nach Europa zu kommen, dazu hat es keine Lust. Der englische Minister des Auswärtigen, Lord Granville, erklärte deshalb, die Conferenz sei zur Berathung der Sanitätsfrage nicht competent. Das wird sich Deutschland merken. Auch die Angra-Pequenya-Angelegenheit hat den Herren in London wieder zu verhandeln gegeben. Daß das Land hinter der Küste von Angra-Pequenya deutsch sei, resp. Herrn Lüderitz in Bremen gehöre, hat man zugestehen müssen. Nun will man aber noch den Meerbusen und die darin liegenden Inseln für England zu retten suchen. So leicht lassen wir uns denn doch nicht übers Ohr hauen. So lange kein Deutscher Angra-Pequenya betreten, kümmerte man sich in London und der Capstadt nie darum. Jetzt giebtS Tag für Tag etwas zu reden, was uns freilich sehr „kalt lassen kann." Der preußische Gesandte beim Vatikan, Herr v. Schlözer, ist vom Papst in Audienz empfangen und hat nunmehr seinen Urlaub angelreten. Varzin will er auch aussuchen, doch ist das politische Gepäck des Herrn Diplomaten nur ganz leicht an Erfolgen. Dem Kanzler selbst behagt es in Varzin so wohl, daß er wahrscheinlich auf eine Badereise nach Kissin- gen verzichten wird. Gearbeitet wird in Varzin sehr fleißig. Bei dem Fürsten weilen seine beiden Söhne, die Grafen Herbert und Wilhelm. Die Verfassungsrevision in Frankreich, das war so eine rechte Juli-Seeschlange. Geredet ist darüber in Paris so viel, daß es eigentlich für 10 solcher Gesetze genug gewesen wäre. Nun haben sich aber Depulirtenkammer und Senat endlich über die Punkte, welche abgeändert werden sollen, geeinigt. Der Senat hat die Bestimmungen gestrichen, welche auf ihn felbst Anwendung haben und die Deputirten- kammer hat sich damit einverstanden erklärt. Nächste Woche treten die beiden Körperschaften zusammen, um in gemeinsamer Sitzung die Sache zum Ab schluß zu bringen. "Waldenburg, 1. August 1884. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Man sollte es kaum für möglich halten, daß der deutsche Reichskanzler von Seiten der Post nicht aufgefunden werden kann, und doch ist dem so. Die Germania schreibt wörtlich: Eine Beschwerde schrist von Maschinenbauern aus Bischheim im Elsaß, die an „Se. Durchlaucht den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck in Berlin" gerichtet war, kam uneröff net mit der Bemerkung zurück: „Adressat in Berlin nicht aufzufinden." Die schon verschiedentlich erwähnte Nachricht, daß der Director des Reichsgesundheitsamtes, Geh. Ober-Regierungsrath Or. Struck, von der Leitung des Reichs-Gesundheitsamtes- zurückzutreten gedenke, wird der „Krzztg." als richtig bezeichnet. Dem Ver nehmen nach hat derselbe ein Entlaffungsgesuch be reits eingereicht. Geh. Rath vr. Struck befindet sich gegenwärtig auf Urlaub und die Leitung des Amtes ruht jetzt in den Händen des Geh. Rath vr. Koch, als des etatsmäßigen Vertreters des Directors. Professor Di-. Schwenninger, Bismarck's Arzt, ist übrigens auch in das Reichs-Gesundheitsamt be rufen worden. Der „Voss. Ztg." wird aus Elberfeld gemeldet, daß die Untersuchung in Sachen des Niederwald attentats noch nicht abgeschlossen ist. In Rostock haben die Sozialdemokraten als Zähl- kandidalen den Sattler Auer in Schwerin aufgestellt. Der Erlaß des preußischen Oberkirchenrathes über die Bestattung von Selbstmördern ist erschienen. Wir entnehmen daraus folgenden Passus: „Bei der Beerdigung solcher Selbstmörder, welche mit Bewußtsein gewaltsam Hand an sich gelegt, sollen die Geistlichen sich mit ihrem Zuspruch auf den engsten Familienkreis beschränken, da auch bei dem Versagen kirchlicher Ehren dem Geistlichen immer noch mannigfache Gelegenheit bleibt, seiner seel sorgerischen Aufgabe bei den Hinterbliebenen zu ge nügen. Der Geistliche hat inzwischen Alles zu ver- meiven, was der Handlung den Charakter einer solennen Trauerfeier, sei es auch hinter geschlossenen Thüren, geben könnte. Es ist daher solche Familien andacht der Regel nach und wo irgend ausführbar, von der Stunde der Beerdigung zu trennen." Das Hauptquartier des großen Generalstabes für die Manöver am Rhein soll in Düsseldorf aufgeschlagen und dort auch die fremden Offiziere untergebracht werden. Generalfeldmarschall Graf Moltke wird die Manöver, unterstützt vom Grafen Waldersee, persönlich leiten. Der greise Marschall weilt zur Zeit noch auf seiner Herrschaft Kreisau und erfreut sich der besten Gesundheit. Vor den Manövern wird Graf Moltke noch eine Reise nach Süddeutschland unternehmen. Die großen fran zösischen Manöver, denen auch deutsche Offiziere beiwohnen werden, beginnen am 7. und enden am 13. September. Die „Norvd. Allg. Ztg." bespricht an leitender Stelle die Bildung des Vereins zur Wahrung der Interessen von Handel und Gewerbe. Sie erblickt darin das Bestreben der Vertreter von Handel und Industrie, die wirthschaftlichen Fragen unab hängig von der Parteipolitik zu erörtern. Zur Wahlbewegung schreibt die „Lib. Corr.": In den Kreisen der liberalen Wähler wird lebhafte Klage darüber geführt, daß bei den Vorberathungen über die bevorstehende Reichstagswahl an vielen Orten ein sehr empfindlicher Mangel an geeig neten Kandidaten für die freisinnige Partei sich gellend macht. Sehr oft weigern sich gerade die jenigen Männer, welche in ihren Wahlkreisen eine besondere Vertrauensstellung haben, eine Kandidatur anzunehmen und verringern dadurch die Chancen einer liberalen Wahl. Leider haben auch einige der bisherigen Abgeordneten bestimmt erklärt, ein Man dat nicht wieder annehmen zu wollen. Die conser- vative Partei hat unter solchem Kandidatenmangel nicht zu leiden. Findet sich kein sonstiger Kandidat, so wird ein Beamter aufgestellt. In den letzten Tagen sind aus verschiedenen Wahlkreisen Berichte über Aufstellung von Verwaltungsbeamten als Kan didaten eingelaufen." Frankreich. Endlich ist die Verständigung wegen der Ver fassungsänderung zwischen Senat und Deputirten- kammer nach endlosen Redereien als vollzogen anzu sehen. Die Kammer verzichtet auf die Einschränkung der finanziellen Machtbefugnisse des Senats, und dieser erkennt alle übrigen Forderungen an. Montag beginnt im Congreß die Schlußberathung. Bezüglich Cyina's liegen noch keine gewissen Nachrichten vor. Gestern ist die von französischer Seite gewährte Bedenkzeit abgelaufen und von einer Verlängerung ist noch nichts bekannt. Vielleicht giebl es also einen Zusammenstoß. An der Cholera sterben in Aix und Arles durch schnittlich 5—8 Personen pro Tag, in Toulon starben von Dienstag Abend bis Mittwoch Abend 13, in Marseille 21. Italien. In Oberitalien sind einige Cholerafälle vorge kommen. Die betreffenden Ortschaften sind sofort durch Militär isolirt. Aus einem Dorfe war der Pfarrer geflohen, wurde aber sestgenommen und zu seinen Pfarrkindern zurückgeschickt. Man befürchtet keine weitere Ausdehnung. England. Stanley, der Afrikaforscher, ist, als er vom Kongo in Plymouth ankam, natürlich sofort inter viewt worden. Im Laufe einer Unterredung mit einem Vertreter der Presse bemerkte Stanley, er kehre nach England zurück in dem Glauben, daß er seine Aufgabe, befriedigende Handelsstationen am Kongo herzustellen, völlig gelöst habe. Stanley empfiehltdie Preisgebung des Kongovertrages zwischen England und Portugal. Er ist der Ansicht, daß, wenn das untere Kongogebiet in portugiesischen Hän den gelassen werde, dies sehr nachtheilig für die englischen Interessen daselbst sein werde. Mit Be zug auf die Lage General Gordon's in Khartum äußerte er sich dahin, daß der General im Noth falle am besten über den Kongo entkommen könne. Englische Truppen könnten das Klima von Khartum nicht vertragen. Dem Reuter'schen Bureau zufolge soll nunmehr eine befriedigende Regelung der egyptischen Finanz frage auf der Conferenz bevorstehend sein. Privat telegramme melden gerade das Gegentheil. Wer Recht hat, bleibt abzuwarten. Egypten. Der egyptische Telegraph ist ersichtlich mal wieder in der besten Laune. Erst sollte Osman Digma, der Rebellenführer, ermordet sein und dann General Gordon die Stadt Berber eingenommen haben. Ob Beides wahr ist, oder ob der Telegraph dazu beitragen will, die Entenzucht zu fördern? Wer das wüßte! Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 1. August. Unser ausführlicher Bericht über den in voriger Woche stattgefundenen Bauerntag in Remse ist nicht nur in der „Leipziger Zeitung", dort allerdings ohne Quellenangabe, son dern aus dieser auch in die in Berlin erscheinende „Kreuzzeitung" übergegangen. Da in letzterem Blatte die „Leipziger Zeitung" als Quelle angegeben wurde, so wollen wir nur hiermit constatiren, daß der Ursprung jenes Artikels sowohl in der „Leipzi ger Zeitung" als in der „Kreuzzeitung" das „Schön burger Tageblatt" ist.