Volltext Seite (XML)
ZchimlmM Tageblatt Erscheint tLglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. n»d Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich L Mk. S0 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. 123. Mittwoch, den 28. Mai 1881. Es liegt hier eine Abbildung des Kartoffel- oder Kolorado-Käfers nebst Erklärung u. s. w. aus. Es hat Jeder, welche: von dem Vorkommen desselben Kenntniß erlangt, davon sofort hier Anzeige zu machen, und zwar nach Ministerial-Verordnung vom 27. März 1878 bei Strafe bis zu 150 oder entsprechender Haft. Näheres ist hier am Anschläge zu ersehen. Waldenburg, den 27. Mai 1884. Der Stadtrath. Helbig. "Waldenburg, 27. Mai 1884. Ist heutzutage von irgend einem Steuerproject die Rede, so kann man ziemlich sicher annehmen, daß auch die Börse nicht weit davon entfernt ist. „Die Börse kann mehr bluten," das ist nicht nur eine in weiten Kreisen verbreitete Auffassung, sie hat auch noch den werlyvollen Vorzug, daß gegen ihre Richtigkeit im Grunde genommen nichts einzu wenden ist. Das Börsenspiel wird vielfach zu einem Hazardspiel, entsprungen aus der Sucht nach dem Reichihum und dem Bestreben, schnell und bequem, ohne viele Mühe und Arbeit reich zu werden. Will der Hazardspieler etwas Anderes? Gewiß nicht. Das Aufregende im Spiel findet sich hier wie da und nicht weniger das bekannte „oorrissr la. kor- tune", was mit einem derben deutschen Ausdruck einfach „Betrug" genannt werden muß. Wie der Hazardspieler seine Leidenschaft durch ein äußerlich harmloses Spiel zu verdecken sucht, so hängt der Börsenfixer sich das Mäntelchen des reellen Ge schäftsmannes um. Aeußerlich harmlos, solid und zuletzt spielen beide va dauque. Das Börsengeschäft kann nicht nur mehr Steuern zahlen, es verdient auch eine gründliche Reinigung. Auch die Börse muß corrigirt werden, und dabei ist es durchaus nicht nolhwendig, sich um das kläg liche Geseufze einiger dieser Geldleute zu bekümmern. Sie haben meistens ihr Schäfchen ins Trockene ge bracht, während viele vertrauensselige Leute gründ lich — auf gut deutsch gesagt — hineingefallen sind. Freilich, Eins müssen wir dabei immer wieder her vorheben: Ist die Schlauheit der professionirten Gründer größer gewesen oder der Leichtsinn der Actionäre? Hier ein gerechtes Urtheil zu fällen, dürste selbst König Salomo schwer werden. Unter dem Publikum herrscht ebenso wie unter den regel rechten Börsenbesuchern die Reichlhumsepidemie; man sieht nur das in Aussicht gestellte Ziel, aber nicht den Weg dorthin, und gerade auf dem kann man recht tüchtig fallen. Mancher hat darüber schon das Aufstehen vergessen. Mit beiden Fragen: der höheren Besteuerung der Börsengeschäfte und einer Reinigung der Börse, im Speziellen mit einer Reform der Acliengesetzgebung wird sich der Reichstag in dieser Session noch ein gehend zu befassen haben. Die Abänderung des Actiengesetzes wird in der Commission bereits vor- beralhen, dagegen ist das neue Börsensteuergesetz noch beim Bundesrath. Daß beide Fragen eine sehr sorgfältige und wohlüberlegte Behandlung er fordern, liegt auf der Hand, denn wenn auch die Schäden sehr klar, ist doch die Heilung schwierig. Das bekannte Hinterthürchen ganz sicher zu schließen, ohne daß auch die Gerechtigkeit ausgeschlossen wird, ist gerade hier nicht so leicht. Radikalreformen werden gefordert! Ja, wenn das im Handumdrehen ginge. Denken wir uns einen Patienten, der an einem Arme lange krankt. Kurz resolvirte Aerzte nehmen das kranke Glied vielleicht einfach ab; stirbt aber nun der Mann, was dann? So ist's auch mit der Börse! Entbehrt kann sie nun einmal nicht werden, so lange wir Menschen nicht über irdische Retchthümer erhaben sind, und bis dieser Zeitpunkt gekommen, dürfte es noch ein Weilchen dauern. Noch weniger angebracht ist es aber, nun bei jedem energischen Vorgehen gegen die Börse gleich Zeter und Mord zu schreien. Das ist ganz kindisch. Zahlen kann die Börse und es ist nicht einzusehen, warum sie dann nicht zahlen soll, -/i« Prozent vom Tausend fordert das neue Börsensteuergesetz. Für die wilden Differenzgeschäfte, bei denen Tau sende riskirt werden, ist das eher zu wenig als zu viel. Wer an einem Tage 10,000 und 50,000 Mark riskirt, kann dafür auch die Kleinigkeit ent richten. Nun sagt man, für solchen Fall wäre es besser, solche Börsengeschäfte überhaupt zu verbieten. Wenn man nur sagen wollte, wie das geschehen soll. Das Hazardspiel ist verboten und florirt doch noch; die Börsengeschäfte können aber nicht ganz unterdrückt werden, und in die reellen Bahnen wird sich immer wieder das Differenzgeschäft einzuschlei chen wissen! Gerechtigkeit für die Börse, ja, aber mehr auch nicht! "Waldenburg, 27. Mai 1884. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Gesundheitszustand des Kaisers ist ein vor trefflicher. Der Monarch legt sich aber die größte Schonung auf und wird daher uur die beiden großen Paraden über die Berliner und Potsdamer Garnison selbst abnehmen. Der Kronprinz trifft Dienstag früh wieder in Potsdam ein. Der deutsche Kronprinz ist am Sonntag über Frankfurt in Schloß Philippsruhe eingetroffen, wo am Montag die Vermählung der Prinzessin Elisabeth von Hessen mit dem Erbprinzen von Anhalt staitsand. Am Sonntag Abend fand eine glänzende Soiree statt, welcher fast 60 fürstliche Personen beiwohnten. Der Kronprinz führte die Kaiserin von Rußland, der Landgraf Friedrich von Hessen die Königin von Dänemark u. s. w. Es fanden musikalische Aufführungen und Darstellungen lebender Bllder statt, in welchen hauptsächlich die Offiziere und Damen des in Hanau garnisonirenden Infanterieregiments Nr. S7 mitwirklen. An die Aufführung schloß sich ein Cercle und hierauf das Souper für die Fürstlichkeiten. Ferner wird noch aus Schloß Philippsruhe gemeldet: Die Trauung findet im großen (Parterre )Saale des Schlaffes statt. Dieser ziemlich lange Saal ist eigens für den feierlichen Act zweckentsprechend hergerichtet. Derselbe zeigt nach der Mainseite 4 Säulen; zwi schen den mittleren derselben ist mehrere Stufen erhöht der Altar aufgestellt, vor demselben der Knieschemel. Schemel unk Stufen sind mit purpurfar benem Plüsch, ebenso der Altar, welcher außerdem reiche Holdverbrämungen trägt, ausgeschlagen. Die Drapirung ist gleichfalls purpurfarbener Plüsch mit reicher Goldverzierung, in der Mitte sind das anhaltische und hessische Wappen angebracht. Die kirchliche Trauung des jungen Paares vollzog Probst Schült aus Lülhenburg in Holstein, der die Prin zessin eing^ segnet hat und der der landgräflichen Familie sehr nahe steht. Der Herzog Adolf von Nassau hat der Trauung nicht beige wohnt. Eine Aussöhnung desselben mit der preu ßischen Königsfamilie ist bekanntlich noch nicht er folgt, indessen soll eine solche nahe bevorstehen. Man spricht wiederholt von einer Verlobung des ErbgroßherzogS von Baden mit der Prinzessin Hilda von Nassau, und damit wäre eine Annäherung des herzoglich nassauischen Hauses an die preußische Krone vollzogen. Eine spätere Meldung über die nachmittags 3 Uhr stattgefundene Trauung lautet: In dem glänzenden Zuge der fürstlichen Trauzeugen führte der deutsche Kronprinz die Königin von Dä nemark, der dänische Kronprinz die Czarin, der Her zog von Cambridge die Prinzessin von Wales, der Großherzog von Hessen die Großherzogin von Meck- lenburg-Strelitz, der Erbgroßherzog von Baden die Prinzessin Heinrich der Niederlande, der preußische Prinz Friedlich Leopold die Herzogin von Nassau, der Fürst von Bulgarien die Herzogin Helene von Mecklenburg-Strelitz. Die Braut, deren Schleppe vier Eveldamen trugen, wurde von dem Landgrafen von Hessen und dem Herzog von Anhalt, der Bräu tigam von der Landgräfin von Hessen und der Her zogin von Anhalt geleitet. Die Gesänge bei dem Trauungsacle führte der Frankfurter Opernchor aus; bei dem Ringewechsel feuerte eine jenseits des Mains ausgestellte Batterie einen dreimaligen Salut ab. An dem Galadiner nahmen 54 Fürstlichkeiten theil. Die Neuvermählten saßen zwischen dem Herzog und der Herzogin von Anhalt, neben diesen die Königin von Dänemark, dem Großherzog von Hessen gegen über, der Kronprinz zwischen der Czarin und der Prinzessin von Wales, neben diesen der Landgraf von Hessen und der Kronprinz von Dänemark. Nach der standesamtlichen Eheschließung hatte der Oberbürgermeister Rauch namens der Stadt Hanau den Neuvermählten eine kunstvolle Adresse überreicht. In der Angra-Pequenya-Angelegenheit hat der Reichskanzler unterm 24. April folgendes bedeutungs volle Telegramm, das weder in London, noch in der Kapstadt feinen Eindruck verfehlen wird, an den kaiserlichen Konsul Herrn A. W. Lippert in Kap stadt gerichtet: (Das Original ist englisch.) „Nach Mittheilungen des Herrn Lüderitz zweifeln die Colo nialoehörden, ob seine Erwerbungen nördlich vom Orange-Fluß auf deutschen Schutz Anspruch Haden. Sie wollen amtlich erklären, daß er und seine Niederlassungen unter dem Schutze des Rei ches stehen, gez. von Bismarck." Weiteres liegt bisher in dieser Angelegenheit nicht vor. Die „Nat.-Ztg." schreibt: Von Zeit zu Zeit werden Versuche zu einer einheitlichen Regelung des deutschen Lolteriewesens unternommen, meist völlig erfolglos. Man spricht jetzt von Anträgen Preußens beim Bundesrathe nach Vorschlägen, welche das preußische Finanzministerium gemacht hätte. Daß das letztere mit derartigen Dingen beschäftigt ist, hat seine Richtigkeit, allein es ist mehr als frag lich, ob es auch zu Anträgen kommt, da man sich über die Schwierigkeiten keine Illusionen macht, welche namentlich von Sachsen und Braunschweig erhoben werden dürften. Es bleibt wohl vorläufig Alles beim Alten." Das Aeltestencollegium der Berliner Kaufmann schaft beriech heule über Schritte zur Abwehr der großen Gefahr, welche angeblich der neue Börsen steuerentwurf für Börsengeschäfte mit sich bringt. Es soll eine größere Versammlung einberufen werden, zu welcher Delegirte der Handelskammer eingeladen werden sollen. Die „Vossische" fordert die Com- munalbehörden auf, gegen den Entwurf zu petilio- niren, weil derselbe die vitalsten Interessen Berlin« fchädigt. In einer stattgehabten Zusammenkunft sprach man sich namentlich gegen die Strafbestim mungen und Controlbestimmungen, für Freilassung