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SchimlmiM Tageblatt v«d Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. »«nähme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr deS vorhergehenden Tages. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. S« Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile IO Pf., unter Eingesandt 20 Pf. ^4«. Sonnabend, den 16. Februar 1884. Nach erfolgter Zusammensetzung der stadträthlichen Ausschüsse find die Namen deren Vorsitzenden und Mitglieder am Anschläge im hiesigen Rath- Hause ersichtlich ausgehängt worden. Waldenburg, den 12. Februar 1884. Der Stadtrath. Helbig. R. II. Bekanntmachung. In dem Concursversahren zum Vermögen des Brauereibesttzers Carl Bruno Herrmann in Reichenbach ist an Stelle des verstorbenen Herrn Rechtsanwalts Cunrady in Waldenburg Herr Referendar Thieme-Gar mann daselbst als Verwalter bestellt worden. Waldenburg, am 13. Februar 1884. Das Königliche Amtsgericht. Baumbach "Waldenburg, 15. Februar 1884. Wochenschau- Jn noch nicht drei Wochen — am 4. März — soll der deutsche Reichstag in Berlin eröffnet werden, und mit Ach und Weh hat das preußische Abgeord netenhaus gerade die zweite Berathung des Staats- haushaltsetats pro 1884/85 beendet. Es ist ja nur wünschenswerth, wenn bei der Berathung der ein zelnen Forderungen begründete Klagen und Be schwerden zum Vortrag gebracht werden, aber es wäre doch gut, wenn sich auch die Herren Volks vertreter daran erinnerten, daß Schweigen Gold ist. Eine Etatsberathung, wie die des Cultusetals ist noch nicht dagewesen. An 12 Tagen sind 14 Sitzun gen abgehalten worden, in denen fast ausschließlich der Cultusetat zur Debatte gestanden, und was ist bei alle dem schließlich herausqekommen? Fast nichts, wenn wir von den sehr willkommenen 100,000 Mark absehen, die zur Unterstützung bedürftiger Volks schullehrer mehr bewilligt wurden, und gerade hier über wurde keine Rede gehalten, die länger als zehn Minuten gewährt. Die langen Klagen der Centrums partei sind vorgebracht, aber geändert ist dadurch nichts. Der Antrag Stöcker auf Aushebung des Unterrichts der Fortbildungsschulen an Sonntagen ist zwar angenommen, aber der Minister sagt Nein. Ueber Kunst und Wissenschaft, Schulunterricht, Früh schoppen und Mädchenturnen ist stundenlang discu- tirt, und was wird die Folge sein? Nach Zusam mentritt des Reichstages bleibt so viel Arbeit für das hohe Haus übrig, daß man nicht weiß, wo aus und wo ein. Wie schon angedeutet, wird nunmehr die Zusam menberufung des Reichstages zum 4. März bestimmt erwartet und sollen bis dahin möglichst das Acnen- gesetz und das Unsallversicherungsgesetz festgestellt werden. Was das letztere anbetrifft, so sollen von den einzelnen Bundesregierungen verschiedene Ein würfe geltend gemacht sein. Wie weit diese und andere berücksichtigt worden sind, wird sich ja erge ben, wenn die vollständig ausgearbeitete Vorlage zur Stelle ist. Aus Friedrichsruhe verlautet, daß der Reichskanz ler sich auf die Abreise nach Berlin vorbereitet; wann dieselbe erfolgen wird, ist natürlich Allen verborgen, denn der Kanzler spricht bekanntlich nicht gern über seine Reisepläne; aber man darf doch wobl annehmen, daß er zur Eröffnung des Reichs tages in Berlin ist. Was schon nach der Niederlage Baker Pascha's bei Tokkar im Sudan abzusehen war, ist nunmehr eingetreten: Der Krieg zwischen England und dem falschen Propheten hat thalsächlich begonnen. Allerdings ist ein neues, entsetzliches Mafsacre nothwendig ge wesen, um die englische Regierung, Herrn Gladstone und Genossen, zu bewegen, den Kampf aufzunehmen. Die Garnison von Sinkat, die den Hungertod vor iah, ist bei einem verzweifelten Versuche, Nch die Aufständischen durchzuschlagen, nieder gemacht worden. Keiner der 600 Mann ist ent- . Die Araber haben darauf in der Stadl fortgesetzt und fast sämmiliche mannricye Einwohner getödtet, Weiber und Kinder jedoch geschont. Diese Nachricht hat in England einen waren Sturm der Entrüstung hervorgerufen und nun endlich ist den Regimentern in Kairo Marschordre nach dem Sudan ertheilt. General Gordon ist glücklich in Berber angekommen und hat nun noch das gefährliche Stück Weges bis Khartum zurückzulegen. Ob er dort etwas ausr'.chlet, muß abgewarlet werden. Das Blutbad von Sinkat hat auch Gladstone's Schicksal entschieden. Im Ober hause des englischen Parlaments ist ihm bereit« für seine unverantwortliche Politik ein Mißtrauens votum ausgesprochen, und wenn es im Unler hause auch nicht ganz weit ^,kommt, so gilt doch sein Rücktritt für sicher! Selten hat sich ein eng lischer Staatsmann so blamirt. In Suakim ( er Name bedeutet auf deutsch: Vom Teufel erbaut) sind Flüchtlinge eingetroffen, welche die Katastrophe von Sinkat in vollem Maße bestätigen. Sie stellen der niedergemachken Be satzung das rühmlichste Zeugniß aus: Die Araber sicherten den Egyptern Schonung und freien Abzug zu, wenn sie ihren Anführer Tewfik ausliefenen. Die Egypter schlugen dies Anerbieten ab und wur den mit ihrem Anführer niedergehauen. Das ist in der That eine Ehrenrettung der egyptischen Truppen! Aus Suakim wird ferner gemeldet, daß die Nachricht von der englischen Expedition ent- muthigend auf die Aufständischen wirke. Hoffent lich ist es Wahrheit. In Kairo verlautet gerücht weise, AbiMnien werde Egypten gegen die Auf ständischen beistehen. Als Ersatz dafür erhält es einen Landstrich am Rothen Meer. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika sind von einem großen Nationalunglück heimgesucht. Furchtbare Ueberschwemmungen haben im Gebiet des Ohio schreckliche Zerstörungen angerichtet. Ganze Städte stehen unter Wasser und Tausende von Menschen sind obdachlos. Vom Congreß sind be reits Hilfsmittel bewilligt. "Waldenburg, 15. Februar 1884. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser nahm am Donnerstag die üblichen Vorträge entgegen und empfing vor der gewohnten Spazierfahrt den Kriegsminister Bronsart v. Schel- lendoif. Das Diner nahmen die Majestäten am Nachmittage allein ein. Der Aufenthalt der Kaiserin von Oesterreich in Wiesbaden ist vorläufig auf die Dauer von 5 Wochen berechnet. Die hohe Frau wird von ihrer Tochter, der Erzherzogin Valerie begleitet sein. Equipagen und Dienerschaft werden ihr von dem Kaiser Wührlm zur Disposition gestellt. In Rumpenheim, dem Stammschloffe des Land grafen von Hessen, wird im Mai dieses Jahres die officielle Verlobung der Prinzessin Elisabeth, Tochter des Landgrafen von Hessen, mit dem Erb prinzen von Anhall-Dessau gefeiert werden. Im Juni wird dort ebenfalls die Vermählung des Paares statifinden, zu diesem Feste werden mehrere Fürstlichkeiten Deutschlands und auch des Auslandes erwartet. Der Bundesrath hat am Donnerstag die Un fallversicherungsvorlage den zuständigen Ausschüssen zur Berathung überwiesen. Der „Nat. Lib. Corresp." zufolge ist eine Vorlage wegen Herabsetzung der RechtSanwaltsge- bühreu in Vorbereitung. Ueberall gewinnt jetzt die Anerkennung der An sprüche unschuldig Verurtheilter, welche schon ihre Strafe zum Theil oder vollständig verbüßt haben, aus materielle Entschädigung an Boden. In Oesterreich Hal dieser Tage ein darauf bezüglicher Gesetzentwurf die Zustimmung des Abgeordneten hauses gefunden, und in der Deputirtenkammer in Brüssel hat der Deputirte Arnold einen Gesetzent wurf eingebracht, der in gleicher Weise Ungerechtig keiten zu sühnen bestrebt ist. Die Ersparnisse aus den in Deutschland seiner Zeit veranstalleteu Sammlungen für die vertriebenen russischen Juden sollen jetzt zur Verbesserung der Lage der Galizischen Juden verwendet werden. So erklärte Herr Ludwig Löwe auf der Conferenz der Lilianes Lsraslibs in Wien. Gegenüber den vielfachen Gerüchten bezüglich der durch die Abberufung des Fürsten Orlow von Paris nolhwendig werdenden Veränderungen in der Vertretung Rußlands bei den europäischen Groß mächten erfährt die „Nat.-Ztg." daß es sich lediglich um naheliegende Vermuthungen handelt. Der Berliner Botschafter Herr von Saburow begiebt sich jedoch sicher nach Petersburg, um eine Stellung in der Nähe des Czaren einzunehmen. Die „Norddeutsche Allgemeine" constatirt, daß die Spitze der im amerikanischen Repräsenlantenhause eingegangenen Bill, welche Ergreifung von Repres- fivmaßregeln gegen diejenigen Länder bezweckt, die aus sanitären Rücksichten der Einfuhr gewisser amerikanischer Products Hindernisse bereiten, augen scheinlich, ja ausschließlich gegen Deutschland gerichtet ist, obgleich fast alle europäische Staaten sich der Einfuhr von amerikanischem Schweinefleisch wider setzen. Die „Norddeutsche Allgemeine" sagt weiter: „Wir nehmen nicht an, daß sich die Staatsmänner Amerikas zu der Ansicht Hinneigen, Deutschland könne durch Repressalien oder Drohungen veranlaßt werden, Maßregeln zurückzunehmen, die es nach sachverständiger Prüfung im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege angeordnet hat. Eine unabhängige Regierung kann auf jeden Einschüchlerungsverfuch nur durch entsprechende Gegenmaßregeln, d. h. im vorliegenden Falle durch Gegenrepreffalien, bestehend in Elhöhung deutscher Zölle, und sodann durch andere den Verkehr zwischen beiden Ländern be treffende gesetzliche Einrichtungen, antworten. Solche Acte sind zweischneidige Waffen, die auch Den verletzen, der sie führt, aber wir würden davon Gebrauch machen, wenn es sich darum handelt, die Unab hängigkeit unserer inneren Gesetzgebung gegen fremde Versuche zu schützen, welche dem seit Gründung der Vereinigten Staaten bestehenden ungetrübten freund schaftlichen Einvernehmen beider Länder so wenig entsprechen." Hoffentlich erfolgt eine Verständigung, denn eine Beeinträchtigung des Exports nach Amerika würde gerade Sachsen sehr schwer treffen. Am Donnerstag erledigte das preußische Ab-