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ZchönbuM Tageblatt «»scheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten sür die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SO Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Tolporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. ^2S«. Sonnabend, den 22. December 1883. Der Fleischer und Dienstknecht Hermann Hartmann aus Greifenberg, zuletzt in Ziegelheim aufhältlich, wird hiermit geladen, sich zur Vernehmung über eine wider ihn vorliegende Anzeige hier einzufinden oder seinen Aufent haltsort anher anzuzeigen. Es wird gebeten, genannten Hartmann im Betretungsfalle auf diese Vorladung hinzuweisen und Nachricht davon anher gelangen zu lassen. Waldenburg in Sachsen, den 19. December 1883. Der Königliche Amtsanwalt. Mücklich. "Waldenburg, 21. December 1883. Wochenschau« Das Weihnachlsfest mit seinen Freudentagen steht vor der Thür, und in den Volksvertretungen neh men die Weihnachtsferien ihren Anfang. Selbst der redefertigste und redelustigste Parlamentarier sehnt sich von den heißen Debatten im Berathungs- saale nach Hause, um während der Feiertage neue Kraft sür die kommenden schweren Wochen zu sam meln. Auch in Berlin hat das Abgeordnetenhaus dem heftigen Streit mit dem Minister v. Putlkamer, der sich durch fast alle Sitzungen der letzten Wochen hindurchzog, vorläufig ein Ende gemacht und sich bis in die zweite Woche des neuen Jahres vertagt. Das Herrenhaus ist seinem Beispiel gefolgt, nach dem es in diesen Tagen wieder mehrere Sitzungen abgehalten und die Jagdordnung für Preußen be- rathen und in einer Form zum Gesetz erhoben hat, die weder die Zustimmung der Regierung gesunden hat, noch dis des Abgeordnetenhauses finden wird. Finanzminister von Scholz hat namens der preußischen Regierung den Steuerzahlern eine Weih- nachlsgabe kurz vor Schluß des Abgeordnetenhauses überreicht:- die beiden Gesetzentwürfe, betreffend die Reform der Einkommen- und die Einführung der Capitalrentensteuer, deren Erträge dazu dienen sollen, die Einkommen unter 1200 Mark von der Staatssteuer zu befreien. Weiter reichen freilich die Mittel nicht, und zu größeren Steuer-Erleichterun gen auf dem Gebiete von Communal-Wesen und Schule werden noch besondere Mittel flüssig zu machen sein. Die Aufnahme, welche die Gesetze finden, ist eine entschieden freundliche. Der deutsche Kronprinz hat seine Rundreise be endet und ist nach fünfwöchiger Abwesenheit nach Berlin zurückgekehrt. Herzlich wie bei der Ankunft war auch die Begrüßung bei der Abreise von Bar celona nach Italien. Es muß in der Thal aner kannt werden, daß die Spanier sich dem hohen Gaste aus dem weit entfernten nordischen Reiche gegenüber in einer Weise gezeigt haben, welche die Pariser — im Hinblick auf die Anwesenheit Alfon- so's — tief beschämen müßte, aber leider kennen die Pflastertreter und Gamins der französischen Haupt stadt dies Gefühl nicht mehr. Die spanische Reise hat somit jedenfalls freundliche Beziehungen zwischen dem deutschen und spanischen Volke angebahnt, und diese nach Kräften zu hegen und zu pflegen, wird die beiderseitige Aufgabe sein. Ueberaus wohl- thuend muß den Kronprinzen die Aufnahme berührt haben, welche er in Italien gefunden. Hier herrschte offener, ungeschminkter Enthusiasmus, und es ist die Frage, ob die Genuesen die Römer darin übertrof fen oder umgekehrt. Kein fremdländischer Fürst kann sich rühmen, einen solchen Empfang wie der Kronprinz gefunden zu haben. Sehr freundschaftlich war auch die Begrüßung mit König Humbert und der königlichen Familie, und es hat viel Wahrschein liches für sich, wenn behauptet wird, der König werde im nächsten Jahre den ihm im Auftrage Kaiser Wilhelms abgestatteten Besuch durch eine Reise nach Berlin erwidern. Am Dienstag fand auch der vielbesprochene Besuch des Kronprinzen beim Papste Leo XIII. im Vatikan statt. Der Empfang seitens der päpstlichen Hofstaaten erfolgte auch hier mir größter Feierlichkeit; der Papst selbst trat seinem hohen Gaste in freundlicher und liebens würdiger Weise entgegen. Die Unterredung mit dem Kronprinzen, welche ohne Zeugen gefühlt wurde, dauerte ca. Stunden. Was in dieser Zeit gesprochen und verhandelt worden ist, kann allein die Folgezeit lehren. Auf die bisher ausge sprochenen Muthmaßungen ist wenig zu geben. Auch mit dem Cardinal-Staatssecretär Jacobini hatte der Kronprinz eine längere Unterredung ohne Zeugen. In Frankreich beschäftigt man sich jetzt sehr an gelegentlich mit dem Kriege in Tonking, seitdem Vie Lage dort durch Ermordung des franzosenfreund lichen Königs von Annam eine Hedenkliche Wendung genommen. Der Premierminister Ferry bestreitet zwar ganz entschieden, daß in der Hauptstadt von Annam, Huö, ein Aufstand ausgebrochen und der Vormarsch der französischen Truppen gehemmt sei, aber man wird abwarten müssen, ob er die Wahrheit gesagt. Vorläufig sollen nennenswerthe Verstärkungen nach Asien abgehen, und die Deputirtenkammer hat bereits weitere 20 Millionen bewilligt. In China herrscht nach wie vor lebhafte Thätigkeit. Die Engländer haben ihre Flotte an der Küste des himmlischen Reiches bedeutend verstärkt. Die am Montag früh in London erfolgte Hin richtung O'Donnel's, des Mörders des An gebers Carey, hat die Fenier zu neuer Thälig- keit angespornt. Ueberall in England befürchtet man Attentate, und für die Sicherheit Gladestone's sind besondere Vorsichtsmaßregeln angeordnet. Ein gut Theil der herrschenden Angst mag nun freilich übertrieben sein. In die egyptischen Wirren wird sich England nicht direct einmischen, sondern es den Egyptern selbst überlasten, mit dem Aufstand fertig zu werden, doch sollen neue englische Regimenter nach dem Nil als Garnisonen abgehen, damit die egyptische Regierung ihre volle Kraft auf die Be wältigung des Aufstandes verwenden kann. Bakar Pascha ist bereits, mit außerordenlicher Vollmacht ausgestattet, nach dem Sudan abmarschirt. "Waldenburg, 21. December 1883. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Am Donnerstag empfing der Kaiser den von seiner Weltreise zurückgekehrten Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, sowie später den Pro fessor Geh. Rath Volkmann aus Halle und den Kriegsminister. DerBesuch des deutschen Kronprinzen beim Papste hat zu einer zahllosen Menge von Combi nationen Veranlassung gegeben. Ist in dem gehei men Gespräch die Kirchenfrage behandelt worden oder nicht? Von der „Germania" und „Kreuzztg." wird das erstere behauptet, während die „National- Zeitung", welche durch ihren im Gefolge des Kron prinzen befindlichen Chefredacteur Dernburg über die ganze Reise sich vortrefflich informirt gezeigt hat, Folgendes schreibt: „Wie wir zuverlässig erfahren, ist in der Unterredung des Kronprinzen mit dem Papst die kirchenpolitische Frage nicht berührt wor den. Es liegen aber sichere Anzeichen dafür vor, daß man im Vatikan das Gegentheil, Eröffnungen- über die weiteren kirchenpolitischen Absichten der Regierung, erwartet hatte." Es muß also vollstän dig abgewartet werden, wie die Zukunft sich gestal tet. Es ist auch nicht anzunehmen, daß der Kanzler voreilig seine Karten zeigen wird. Sonst ist aus Rom noch zu berichten: Die Niederlegung eines Kranzes auf dem Grabe Victor Emanuel's im Pantheon durch den Kronprinzen Hal auf die öffent liche Meinung vortrefflich gewirkt. Die Begrüßung bei der Hin- und Rückfahrt zur Parade war gerade zu frenetisch. Die Parade ist glänzend verlaufen. Die Fortschritte der italienischen Armee sind sehr groß, namentlich bei der Infanterie und bei den Spezialwaffen: den Bersaglieri und den Alpenjägern. Wie von jeher, war der Zusammenhang zwischen der Armee und Bevölkerung ein vorzüglicher. Es erinnert dies an die Verhältnisse in Preußen. Nach der Parade empfing der Kronprinz am Mittwoch in der deutschen Botschaft die Angehörigen der deut schen Colonw und nahm eine Adresse entgegen. Abends fand Galatheater im Costanzi-Theater statt. Beim Eintreten des Königs, der Königin und des Kronprinzen wurden dieselben von dem Publikum, das sich von den Sitzen erhoben hatte, durch Hände klatschen und lebhafte Beifallsrufe begrüßt, während die Musik die italienische und preußische Volkshymne spielte. Die Demonstration dauerte fast 10 Minu ten. Die Herrschaften traten wiederholt, um zu danken, an die Logenbrüstung. In den Zwischen acten wurden hervorragende Persönlichkeiten em pfangen. Nach Schluß der Vorstellung wurden vom Publikum abermals lebhafte Ovationen darge bracht. Ferner wird aus Rom gemeldet: Der Deputirte Dezerbi ersuchte in der Kammer den Minister Mancini, im Namen der Insel Ischia dem deutschen Kronprinzen für die durch oas deutsche ComitS, dessen Präsioent der Kronprinz war, gelei stete Beihilfe zu danken. Der Minister erwiderte, er werde sich glücklich schätzen, dem Kronprinzen den Dank übermitteln zu können. In einer Erwiderung auf die Adresse der deutschen Colonie in Rom sagte der deutsche Kronprinz laut einem Telegramm der „Kreuz zeitung" aus Rom, von Sr. Maj. dem Kaiser habe er oie Weisung erhalten, auch nach Italien zu reisen, aber erst vor acht Tagen habe er Bestimmtes darüber gewußt. Außer der Freude, daß er die Gastfreund schaft des Königs von Italien genieße, habe es ihn auch gefreut, daß er dem Papste habe einen Besuch machen können. „Ich hoffe", sagte der Kronprinz schließlich, „daß die Tragweite der beiden letzten Tage für alle Verhältnisse zum Segen gereichen und den Frieden fördern werde." Die „Polit. Corresp." bringt einen längeren Artikel über den Besuch des Kronprinzen im Vatikan, der mit folgenden Worten schließt: „Man fühlt sich im Vatikan von dem Besuch in sofern etwas enttäuscht, als entgegen der Ueberzeugung, der Besuch des Kronprinzen verfolge politische Zwecke, die Thatsachen ergeben hätten, daß ihm nur die Bedeutung eines Aktes der Courtoisie zukomme." Die „Köln. Ztg." brachte vor einigen Tagen die Nachricht, Fürst Bismarck habe s. Z. empfohlen, den Antrag Stern und zugleich die geheime Ab stimmung auf das Lebhafteste bei der Berathung im preußischen Abgeordnetenhause zu bekämpfen. Nachdem dies vom Minister von Puttkamer ge schehen, habe ihm der Reichskanzler seinen Dank für sein Auftreten ausgesprochen. Die „Nordd. Allg. Ztg." bestätigt die Wahrheit dieser Nachricht, fügt aber hinzu, der Reichskanzler habe sich zu