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und die sogenannte „Campagneküche", die nicht nur räumlich, sondern auch organisatorisch vollständig sür sich bestehen und sämmtlich über eine ganze Anzahl von Nebenräumen disponiren. Da kann man die mächtigsten Windöfen in allen Größen und allen Formen sehen, daneben ungeheure Stabkochmaschinen, deren Tragkraft auf Kessel und Töpfe von dreihun dert Liter berechnet ist, alle Arten von Gerüchen und Mörsern bis zu den riesigsten Dimensionen hinauf. Das wichtigste Jnvenlarstück der Bratküche ist außer den verschiedenen Windöfen eine trans portable Kaiser'sche Maschine und zwei riesige An lagen für Spießbraten, von denen die eine durch ein Uhrwerk getrieben wird, besten Mechanismus in dem unterhalb des Küchenraumes liegenden Keller gewölbe angebracht ist. Dieser Apparat vermag sechs Bratspieße zu gleiche: Zeit in Thätigkeit zu halten. Zum Revier des Bratenmeisters gehört auch das sogenannte „Atelier", eine Reihe mehrerer großer Localitäten, wo die künstlerischen Arbeiten des Decorirens und des Anrichten« der kalten, süßen Speisen vor sich gehen. Hier werden jene kunstvollen Tafelaufsätze und Schüstelembleme gedacht und aus- geführt, die sich bei den Hoffesten der Carnevalstage oder an der stolzen Tafel des 18. Januar den be wundernden Blicken eines weiteren Publikums prä- sentiren. Hier ist das Atelier all' jener Amoretten und neckischen Göller, die in Fruchteis modellirt aus sprudelndem Champagnerbade tauchen, jenes entzückenden Charivari der kunstvollen Confituren- schüsseln, welche die unvergeßliche Erinnerung aller Hofpagen bilden. Die Ablheilung der Campagne küche besorgt in erster Linie die Verpflegung der kaiserlichen Dienerschaft. Sie führt ihren osficiellen Titel noch aus jener Zeit, da es ihr oblag, die markgräfliche, später kurfürstliche Tafel während der Feldzüge zu versorgen, ein Amt, das sich im Laufe der Zeit auf die Aufgabe, die kaiserliche Jagdküche zu vertreten, reducirte. Versehen mit den bequemsten Transport- und Arrangementsmitteln schlägt sie während der Jagdmonate bald hier bald dort ihre zellartig wieder abzubrechende Waldküche auf. Eine Blitzröhre, welche unweit Warmbrunn ge funden und vor Kurzem von der Berliner Berg akademie käuflich erworben wurde, ist im mineralo gischen Museum dieser Anstalt ausgestellt worden. Sie hat eine Länge von 6 Fuß und ist der größte und schönste von jenen durch das Einschlagen des Blitzes m den Sand aus den zusammengeschmol zenen Körnern desselben gebildeten röhrenförmigen Körpern, welche der Akademie gehören. Der an sich schon höchst interessante Fulgurit besitzt durch eine an ihm vorkomwende, bisher noch nicht beobachtete Zweigbildung einen geradezu unschätzbaren Werth, indem etwa einen Fuß von dem dicken Ende des stärkeren, außen rauh, inwendig aber blank und glatt wie Glas geschmolzenen Hauplstranges ein anderthalb Schuh langer dünner Nebenarm sich ab- zweigt. Der Fulgurit wurde nach einem heftigen Gewitter von Bauern in senkrechter Lage in einem Sandhügel gefunden. Polarlicht. In der Sitzung des Elektrotechnischen Vereins in Berlin am 27. Februar machte der Director der K. Sternwarte Prof. Förster Mitthei- lungen über ein merkwürdiges Ergebniß, welches von dem Leiter der finnländischen Polarstation, Prof. Lemström aus Helsingfors, in Betreff der Natur des Polarlichtes gewonnen worden ist. Lemström hatte schon früher in Spitzbergen mit größerer Sicherheit, als dies vorher geschehen war, beobachtet, daß sich Polarlichtstrahlen sogar unterhalb der Wolken über Bergspitzen und dergl. bildeten. Er hatte alsdann auch auf experimentellem Wege im Kleinen ähnliches elektrisches Glühen durch Steigerung elektrischer Spannungen in der Nähe der Erdoberfläche zu er zeugen vermocht. Jetzt ist es ihm gelungen, unter Benützung aller dieser Erfahrungen, durch geeignete elektrische Armirung von Berggipfeln bis zu ansehn licher Höhe über diesen Gipfeln in freier Luft Licht säulen hervorzurufen, welche nicht nur dem bloßen Anblick nach mit den Polarlichtstrahlen übereinstimm- ten, sondern auch bei näherer Untersuchung ihres Lichtes die wesentlichen und unterscheidenden Charak tere des Polarlichtglühens gezeigt haben. Diese Versuche sind im nördlichen Finnland auf 2 Ber gen von 800 und 1100 in mit Erfolg angefteüt worden. Die Veranstaltungen von Lemström haben im Besonderen darin bestanden, daß er die betref fenden Hochflächen mit einem System von mehreren 1000 nach aufwärts gekehrten metallischen Spitzen versehen hat, welche in Abständen von l/r m auf ^nem Netz von Kupferdrähten aufgelöthet waren; letzteres Netz war 2 bis 3 m über dem Erdboden "'t den bekannten Jsolirungseinrichtungen ange- vracht und durch einen ebenso vom Erdboden isolir- den Abhang hinabsührenden Draht am Fuße Berges mittelst einer Erdplalte aus Zink mit ""er iief„en, Wasser führenden Erdschicht verbun den. Sobald die Verbindung jenes Netzes mit der Erde hergestellt war, wurden in der Draht unab hängige elektrische Ströme von schwankender Inten sität und zwar positive, von der Atmosphäre nach der Eide hin gerichtete, beobachtet; gleichzeitig erhob sich über dem mit Spitzen armirten Drahtnetz in der Höhe ein gelblich weißes Leuchten, welches im Spektroskop die charakteristische Beschaffenheit des Polarlichtes zeigte. Leider konnten diese Einrichtun gen immer nur ganz kurze Zeit ausgenützt werden, weil sich das Drahtnetz immer sehr schnell mit enor men Mengen von Eiskrystallen bedeckte und sehr bald durch deren Gewicht zerrissen wurde. Es ist kaum nöthig, hervorzuheben, von welcher großen Bedeutung diese Wahrnehmungen für die gesammte Erkenntniß der elektrischen Vorgänge auf der Erde sind und welche bedeutsamen Ausblicke dieselben auch nach manchen anderen Richtungen hin, z. B. in Betreff der Blitzableiterwirkungen, eröffnen, denn Lemströms Veranstaltung ist eigentlich nichts anderes als ein großes Blitzableitersystem, dessen Wirkungen von ihm unter ganz besonderen Veihältnissen studirt werden konnten, und die Polarlichter treten nach seinen Beobachtungen nunmehr in eine nähere Ana logie zu dem sog. St. Elmsfeuer. Somit eröffnen sich überhaupt der Elektro-Technik und einigen ihrer für die unmittelbaren Lebensfragen des Menschen geschlechts wichtigsten Seilen durch systematische Polarforschungen neue Aussichten. Papierne Eisenbahnschienen. In neuester Zeit werden auf einer der westlichen Eisenbahnen der Vereinigten Staaten Versuche über die Verwend barkeit von aus Papiermafle gefertigten Eisenbahn schienen gemacht. Diese Versuche wurden durch den Erfolg der bereits bei vielen Eisenbahnen verwen deten Waggonräder veranlaßt, und rühmt man den neuartigen Schienen besondere Festigkeit und große Widerstandsfähigkeit gegen die Einflüsse der Witte rung nach. Allerlei. Eine der comfortabelsten Bahnen der Welt ist offenbar die anglo-indische Staatsbahn im Jndusthal. Dieselbe führt jetzt selbst in den Waggons dritter Classe Badezimmer, wahrscheinlich mit Rücksicht auf die vorgeschriebenen religiösen Waschungen der einheimischen Bevölkerung. — Nach einem von der indischen Regierung veröffentlichten Ausweise wurden in Indien im Jahre 1882 über 15.000 wilde Thiere und an 260,000 giftige Schlangen erlegt und haben 21,000 Meirichen durch die wilden Thiere oder den Schlangenbiß ihr Leben verloren. — Eine Meldung aus Risano besagt, daß am 10. d. M. vom 43. Infanterie-Regiment auf dem Goli Vrch durch Blitzschlag ein Mann ge- tövlet, zwei Mann schwer und acht leicht verwundet wurden. — In Thiebaul's Gießerei zu Paris fand am 8. d. M. der Guß von Morice's Statue der Republik statt, die auf dem Chateaudeau-Platz auf gestellt wird. Zehntausend Kilogramm flüssiger Bronze gelangten auf einmal in die Form. Es ist dies einer der größten Bronzegüffe des Jahr hunderts. — Unweit Aokohama (Japan) erfolgte kürzlich der Ausbruch eines feuerspeienden Berges, dessen Krater sich erst kürzlich gebildet halte; viele der umliegenden Ortschaften wurden durch die flüssige Lava und Felsrutschung zerstört. — Der gesammte Schaden, den die Ueberschwemmungen in der Pfalz angerichtet haben, ist, wie der „Pf. C." mittheilt, auf die hohe Summe von 3,300,000 Mk. abge schätzt. Hiervon treffen auf die Rheinortschaflen circa 2,200,000 Mk., auf die durch die Nebenflüsse des Rheins und andere Gewässer beschädigten Ge genden ca. 1,100,000 Mk. — Die Eheleute H. Fabian in Hochzeit, einem kleinen Marktflecken bei Woldenberg, feierten kürzlich die Brillant-Hochzeit, zu welchem Feste Schaaren von Enkeln und Enkel kindern aus allen Himmelsgegenden zusammrnkamen. Die Jubilar« befinden sich beide noch sehr rüstig und haben sich deren 4 verheirathete Söhne in den beiden Feldzügen von 1866 und 1870 — 71 gegen Oesterreich und Frankreich Auszeichnungen erworben. — In der Nähe des am Kurischen Haff gelegenen Dorfes Rinderort haben, wie die „Königsb. Hart. Ztg." meldet, sich mächtige Eisschollen bergartig aufgethürmt, auch läßt sich an der Küste in diesem Jahre die höchst seltene Schnee-Eule sehen, welche nur hin und wieder aus dem Norden hierher ver schlagen wird. — Für die Restauration des Schlosses zu Heidelberg ist ein weiterer Schritt geschehen. In Bälde soll eine Commission von Sachverstän digen zusammentreten. Es wird ein förmliches Baubureau errichtet und sind hierfür einleitende Schritte bereits geschehen. — In ganz Italien nimmt die Kälte zu. Am 12. d. gab es in Nizza Frost. Die Vegetation ist gestört. — Die Criminalpolizei in Berlin ermittelte am 12. d. einen Mord, wel cher an einem Geldbriefträger verübt wurde und der in seinen Einzelheiten dem Wiener Falle gleicht. Der Geldbriefträger Kossäth ging am 11. d. Vormittag mit mehreren Tausend Mark nach seinem Revier und kehrte nicht zurück, weshalb man ein Verbrechen vermuthete, da Kossäth's Zuverlässigkeit (er ist fast 30 Jahre Briefträger) feststand. Die Nachforschun gen führten nach der Adalbertstraße 23, wo^Kossäth eine Postanweisung über 30 Mark einem vor wenig Tagen dahingezogenen Chambregarnisten Sander abzugeben gehabt. Die verschlossene Thüre wurde durch den Schlosser geöffnet, in der Stube lag Kossäth lobt im Blute. Die Thal wurde anscheinend mit einem schweren Hammer verübt. Sander, ein 20jähriger Mensch, mit kleinem Schnurrbart, der die Postanweisung in Potsdam an seine eigene Adresse aufgegeben, ist spurlos verschwunden. Der Verbrecher Hal in der Hast nur das Silbergeld zu sammengerafft und scheint das Gold und 24 Hundert markscheine nicht gefunden zu haben. — In Metz Hal sich der König!. Sächsische Arüllerie-Hauplmann Rudorf am 10. März nachmittags in'seiner Woh nung erschossen. Rudorf war vermögend und nicht verheirathel. — Der 12. deutsche Feuer wehrlag wird am 7., 8. und 9. Seplember d. I. in Salzburg abgehalten. — Aus Heidelberg wird mitgelheilt, daß 12 Gymnasiasten, Schüler der zweiten, dritten und vierten Klasse, lheils mit halb-, theils ganzjähriger Wirkung aus der Anstalt ausge wiesen wurden und zwar in Folge einer genauen Untersuchung, welche feststellte, daß die Gemaßregel ten seit längerer Zeil in intimer Beziehung zu verschiedenen Schülerinnen der höheren Mädchen schule standen, mit denselben Zusammenkünfte hatten und unsittliche Allotria trieben. — In Berlin be absichtigt man eine internationale Ausstellung für Textilindustrie zu veranstalten. Gewerblich-technischer Theil. (Erscheint jeden Donnerstag.) Ueber die Ausnutzung der Sonnenwärme zu industriellen Zwecken. Ueber die Fortschritte, welche in den letzten Jahren in der praktischen Ausnutzung der Sonnenwärme als Trieb kraft oder zu sonstigen industriellen Zwecken erzielt worden sind, berichtete vor einiger Zeit eingehend Herr vr. Slaby im „Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes" in Ber lin. Bei dem allgemeinen Interesse, von welchem die Er schließung neuer Kraftquellen der Natur begleitet ist, sei es uns vergönnt, an der Hand des genannten Vortrags, der sich vorwiegend auf französische Commissionsberichte stützt, die angestellten Versuche und die erreichten prakti schen Erfolge hervorzuheben. Die Physik lehrt uns, daß die Wärmestrahlen der Sonne theils leuchtende, theils dunkle sind. Es ist diese Er kenntniß insofern von großer Wichtigkeit, als gewisse Körper gegen erstere ein anderes Verhalten als gegen letztere zeigen. Während Glas z. B. hellleuchtende Wärmestrahlen fast vollkommen durchläßt, verschluckt es die dunkeln gänzlich. Der von Mouchot construirte und auf der Pariser Ausstellung von 1878 arbeitende Koch apparat war auf Grund dieser Tbatsachen gebaut. Das zu erhitzende Gefäß war aus Kupferblech, welches auf der äußern Fläche schwarz angestrichen war, angefertigt und in geringem Abstande von einem Mantel aus nicht zu dünnem weißem Glase versehen, sodaß die leuchtenden Sonnenstrahlen frei durch dasselbe gehen konnten, während die von der schwarzen Oberfläche zurückgeworfenen dunkeln Wärmestrahlen vom Glase aufgesogen wurden und damit das Glas wie den zwischenlicgenden Luftmantel erwärm ten. Der Reflector, der zum Auffangen und Zurückwer fen der Sonnenstrahlen diente, bestand aus einem sphäri schen Hohlspiegel, der mittels eines Kugelgelenks von der Hand richtig eingestellt wurde Silberbelag hat sich für die spiegelnde Fläche als am wirksamsten herausgestellt, danach Weißblech. Ein Reflector von V- qm Einfallsfläche genügte, um bei unbewölktem Himmel mittags V- k Fleisch in 22 Minuten zu braten und in I V- Stunden Gemüse mit Fleisch gemengt gar zu kochen, wozu man auf ge wöhnlichem Herde 4 Stunden gebraucht. Der am 1. September 1878 auf der Höhe des Trocadero aufgestellte Dampfkessel war 2'/- m lang und von 100 I Inhalt, be stand aus an der Außenseite geschwärztem Kupferblech und hatte die Form eines vorn abgerundeten Cylinders. Auf dem größten Theile seiner Länge umgab ihn ein aus zwei Theilen zusammengesetzter Glascylinder. Der Reflector war aus Weißblech bergestellt, hatte 20 qm Oeynung und war am Kessel selbst befestigt. Der Mechanismus zur parallaktischen Einstellung gestattete Bewegungen um zwei zueinander senkrechte Axen. Oben mündete das Dampf- Adzuarohr und ging von dort zwischen Keffelwandung und Glas nach unten durch den Drehzapfen zum Dampf- cylinder. Unten mündete in ähnlicher Weise das Speise rohr. Das Ergebniß war, daß bei theilweise bewölktem Himmel in V- Stunde 70 l Wasser zum Sieden gebracht und bei einem constant bleibenden Druck von drei Atmo sphären eine kleine Pumpe getrieben werden konnte, welche in der Stunde 1800 l Wasser 2 m hoch hob. Dieser Erfolg war allerdings bescheiden genug, neuere Anord nungen sind indes von erheblich größerer Wirkung beglei tet gewesen. Um ein Urtheil über die überhaupt mögliche Ausnutzung zu gewinnen, hat man die Größe der der Erde durch Strahlung mitgetheilten Wärmemengen gemessen. Pouillet hat gefunden, daß in Paris bei klarem Wetter die Son nenstrahlen dem Erdboden pro Ouadratmeter und Minute 10 Kalorien*) mitthcilten. Violle hat für Algier diese Zahl auf 18 Kalorien festgesetzt. Wie nun aus den Be richten der Commission, welche in neuester Zeit in Algier größere Versuche angestellt hat, hervorgcht, kann man mit *) Eine Kalorie ist die Wärmemenge, die ma» einem Liter Wasser Zufuhren muß, um seine Temperatur um 1^ 6. zu erhöhen. D. R.