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ZchöMiM Tageblatt Awtsblalt str Le« Sladtrath ?>i Waldenburg. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Max Liebezrit; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Hiirtig, Mandelgaffe; in Rochsburg bei Herrn Buchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze, in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn, und Festtagen. Annahme von Inseraten für dis nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. und Oldenburger Anzeiger 197. Freitag, den 26. August 1887. Witterungsausfichtm für den 26. August: Wärmeres, vorwiegend heiteres Wetter, Gewitter nicht ausgeschlossen. Barometerstand am 25. August, nachmittags 3 Uhr: 763 ww. "Waldenburg, 25. August 1887. Die europäischen Großmächte werden in diesen Ta gen einen feierlichen Protest gegen die Anwesenheit des Coburgers in Bulgarien erheben; dem „Verächter euro päischer Verträge" wird damit sein Recht geschehen und der dringende Wunsch des Czaren erfüllt werden. Aber alle europäischen Diplomaten wissen auch im Voraus, daß dieser Angriff auf den Fürsten Ferdinand vom grünen Tische aus keinen praktischen Erfolg ha ben wird. Wenn die Bulgaren ihres neuen Fürsten nicht selbst überdrüssig werden, so kann ihn nur eine bewaffnete Intervention aus dem Lande vertreiben. Rußland hat auch in letzterer Richtung einen Fühler ausgcstreckt, ist aber nicht im Unklaren darüber geblie ben, daß an die Verwirklichung einer solchen Einmi schung nicht zu denken ist. Der Sultan weigert sich hartnäckig, für den Czaren die Orient-Kastanien aus dem bulgarischen Feuer zu holen; denn nicht er hätte von einem Zuge gegen Bulgarien Vortheil, sondern nur Rußland. Ja, brächte der Sturz des Coburgers der Türkei die Donaugrenze zurück, so würde sie heute noch lieber als morgen mobilisiren. Aber daran ist nicht zu denken. Hat der Sultan den Coburger zum Lande Hinausgetrieben, so setzt sich Rußland darin fest; das wird das Ende sein. Gewisse mächtige Peters burger Kreise möchten Rußland die Invention über tragen. Aber hierfür stimmt nur Frankreich. Die Türkei, Oesterreich-Ungarn, England und Italien sind absolut dagegen, und Deutschland kann seines Bundes freundes Oesterreich wegen nicht dafür sein. Also keine Intervention, aber allgemeiner Protest, von dem die Protestirenden vorher wissen, daß er nicht weh thut! Die Großmächte protestiren gemeinsam, haben sich aber trotz aller Bemäntelungen doch in zwei Theile getrennt. Rußland, Frankreich und Deutschland haben allen Verkehr mit der bulgarischen Regierung abge brochen, Oesterreich, England und Italien haben es nicht gethan. Ihre Consuln haben auch zur Feier des Einzuges des Fürsten Ferdinand in Sofia geflaggt. Man sagt ja allerdings, es sei aus Anlaß des Ge burtstages des Königs von Serbien geschehen; aber was das bedeutet, braucht nicht weiter erörtert zu wer den. Die drei Mächte würden den Fürsten auch ohne Weiteres anerkennen, wenn eben Rußland nicht wäre. Sie protestiren, weil sie wissen, daß der schriftliche Protest des Fürsten bester Schutz ist. Deutschland verfolgt als sein Hauptziel, jeden Conflict zwischen Rußland und Oesterreich zu verhüten. Deshalb schloß es sich der russischen Auffassung streng an und kann nun in Petersburg besser im Interesse der Erhaltung des völligen Friedens thätig sein. Oesterreich-Ungarn weiß ja genau, daß in Berlin nichts gethan wird, was direct die österreichischen Interessen im Orient verletzen könnte; es hat deshalb auch keine Ursache, Rußland besonders scharf gegenüberzutreten, sondern kann die Dinge zunächst ruhig ihren Lauf gehen lassen. Bemerkenswerth ist es aber doch, daß die in allen Orientfragen schon früher bemerkte Annäherung zwi schen Oesterreich-Ungarn, England und Italien auch jetzt wieder hervortritt. Wenn alle Mächte darin einig sind, den Fürsten Ferdinand nicht anzuerkennen, so sind diese drei im Speciellen wieder darin einig, keine russische Gewaltthat zu dulden. Und das ist ein ebenso hoher Schutz für den Frieden, wie der allge meine Protest. Eine wenig würdevolle Rolle in diesem europäischen Concertstück spielt die Großmacht Frankreich. In ihrem eigenen Interesse liegt es, Rußland von Kon stantinopel und damit vom Mittelmeere recht fern zu zu halten, die Widerstandsfähigkeit der Balkanvölker > gegen Rußland also zu stärken; aber was es thut, ist ! das gerade Gegentheil. Die französische Republik geht i mit dem autokratischen Czaren durch Dick und Dünn, unterstützt jeden, auch den excentrischsten Schritt der russischen Politik, nur um ein Gunstlächeln des Selbst herrschers in Petersburg zu gewinnen. Diese Rolle könnte man sich vielleicht von einem Staate zweiten und dritten Ranges gefallen lassen, aber von einer Großmacht ist sie unerhört, ihrer ist sie nicht würdig. So stehen heute die Großmächte zu einander; äußer lich ist in der bulgarischen Angelegenheit also der Wille Rußland's total erfüllt, in Wirklichkeit ist aber die Grenze, welche den Czaren von Sofia trennt, ge festigt. Politische Rundscha t. Deutsches Reich. Der Kaiser ist von seiner Erkältung wieder her gestellt. Derselbe konnte bereits am Dienstag Nach mittag eine halbstündige Ausfahrt unternehmen. Mitt woch Nachmittag begaben sich die kaiserlichen Majestäten nach dem Katharinenholz bei Potsdam und wohnten einige Zeit dem Adlerschießen des Officiercorps des 1. Garde regimentes z. F. bei. Der Kaiser schritt die Front der aufgestellten Schützen entlang, gab den ersten Schuß und traf den Adler. Ende dieser Woche erfolgt die Uebersiedelung des kaiserlichen Hoflagers nach Berlin. Der deutsche Kronprinz hat dem Comitee zur Errichtung eines Erholungshauses für Lehrerinnen, Krankenpflegerinnen und Hausfrauen in Billinghausen bei Soest die Summe von 1000 Mark aus den Mitteln der Friedrich-Wilhelm-Victoria-Stiftung über wiesen. Von deutschen medizinischen Autoritäten, wahrschein lich also wohl vom Professor Virchow, wird der „Freis. Ztg." mitgetheilt, daß man die Gefahr im Befin den des Kronprinzen für überwunden erachte. Die Möglichkeit einer Wiederkehr der winzigen Aus wüchse sei an sich nicht ausgeschlossen -gewesen. Das sei ja recht unangenehm, aber voraussichtlich nicht ge fährlich. Je strenger neue Erkältungen und Reizungen durch Unterhaltungen seitens des hohen Patienten vermieden würden, desto sicherer sei auch die baldige endliche Beseitigung jeder Unbequemlichkeit. Die Herzogin Paul Friedrich von Mecklen burg-Schwerin ist in Ludwigslust am Todtenbette ihres ältesten Töchterchens selbst an der Diphtheritls erkrankt. Bei Königsberg wird für die Manöver der zwei ten Division bereits ein großes Zeltlager errich tet, in welchem sich auch ein Zelt für den Kaiser be finden wird. Dasselbe ist für den Monarchen und seine Umgebung bestimmt, erhält aber nur eine ganz einfache Einrichtung. Die Commission zur Ausarbeitung eines bürger lichen Gesetzbuches für das deutsche Reich wird Anfang September ihre Arbeiten wieder aufnehmen, deren Abschluß bis Frühjahr 1888 zu erwarten ist. Wie aus Warschau gemeldet wird, läßt das Vor gehen der russischen Behörden bei den jüngst erfolgten Erledigungen der Eingaben fremder Staatsangehöriger um die Ertheilung des russischen Staatsbürgerrechtes immer deutlicher erkennen, daß an der bisher geforder ten Bedingung des Nachweises eines fünfjährigen un beanstandeten Aufenthaltes im Lande, offenbar in Folge höherer Weisung, nicht mehr streng festgehalten wird. Aus dem Reichslande ist der französische Abbs Roelly aus St. Dis, welcher oft ohne Aufenthaltser- laubniß nach Metz kam, ausgewiesen worden. Wie verlautet, sollen die Arbeiten für den Reichs haushaltsetat derart gefördert werden, daß in Octo ber der ganze Etat an den Bundesrath gelangen kann. Die Getreidezollvorlage ist vertagt. Die speziellen Feststellungen darüber sollen vom Verlaufe der Han delsvertragsverhandlungen mit Oesterreich-Ungarn ab hängig gemacht werden. Herr v. Thielemann, der bisherige deutsche Gene- ralconsul in Sofia, geht als preußischer Gesandter nach Darmstadt, wird aber noch einige Zeit in Sofia (in Bulgarien) bleiben. Der Verein der Spiritus-Fabrikanten hat in Sachen der Spiritus-Coalition ein drittes Circular ver sendet. Es heißt darin: „1300 Brenner haben sich bereits fast einstimmig für die Sache entschieden. Das ist aber erst die Hälfte der nothwendigen Zahl. Es müs sen über 2000 werden, wenn die 80°/o aller Brenner erreicht werden sollen". — Das Zustandekommen der Gesellschaft ist also noch keineswegs so ganz gewiß. Mit dem nächsten Woermann-Dampfer werden sich der Landgerichtsrath Zimmerer, der Lieutenant Tap penbeck, der Zoologe Or. Weißenborn und der Bota niker Braun nach Kamerun begeben. An einem neuen größeren Dampfer für den Gouverneur von Kamerun wird jetzt gebaut. Zu den deutschen Seemanövern wird von Kiel geschrieben: Die großen Schlußübungen unserer Flotte werden kaum neue Beiträge zu der Frage der deut schen Küstenvertheidigung liefern, die seit Jahren nach allen Seiten hin theoretisch und praktisch sehr gründ lich geprüft ist. Unsere Flottenschlußübungen haben in erster Linie zu zeigen, was auf den Uebungs- und Schulschiffen gelernt ist. Sie sind Proben der Lei stungsfähigkeit der Mannschaften und ihrer Führer, der Schiffe und ihrer Maschinen. In der deutschen Marine ist der oberste Grundsatz, daß das Kriegs schiff wie ein Pferd sicher der Leitung des Führers folgt. Deshalb haben wir eine lange Zeit für die Einzelübungen der Schiffe; erst wenn dieser compli- cirte Mechanismus dem leisesten Wink gehorcht, begin nen die Uebungen im engeren und weiteren Geschwa- derverbande. Die deutschen Flottenübungen dienen ganz überwiegend Ausbildungszwecken. Wenn es sich darum gehandelt hätte, Verhältnisse vorauszusetzen, wie sie im Ernstfälle wahrscheinlich sein mögen, so würde die diesjährige Manöverflotte ohne Zweifel eine andere Zu sammenstellung erfahren haben. Sie ist so bunt als möglich, insbesondere die der beiden Panzerabtheilungen. In der ersten Division sind Batterie-Kasemattschiffe und gedeckte Kreuzer vorhanden; in der zweiten Divi sion haben wir neben einem Batterieschiff, einem ge deckten Kreuzer und einer sogenannten Ausfallcorvette auch einen ungedeckten Kreuzer. Alle diese Schiffe sind von recht unglaublichen Werthen und auch sehr ver schieden in Bezug auf ihre Geschwindigkeit. Einheit lich und vollkommen aus der Höhe der Zeit stehend ist die Torpedobootsflottille formirt. Aviso's, Torpedo-Divi sionsboote und Torpedoboote, Alles das sind Schöpfungen