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Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger : 13.01.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-01-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Digitalisat
- Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878295829-192301133
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878295829-19230113
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878295829-19230113
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Archiv Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-01
- Tag 1923-01-13
-
Monat
1923-01
-
Jahr
1923
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Die Begleitnote Frankreichs. Berlin, 12. Jan. Halbamtlich wird mitgeteilt: In Berlin liegt jetzt auch die Begleitnote vor, mit der die Notifizierung Über das französische Borgehen im Ruhrgebiet gleichzet- tig mit der Ueberreichung in Berlin dem deutschen Botschafter in Paris am 10. Januar übergeben worden ist. Die Note hat fol- genden Wortlaut: „Ich habe die Ehre, hiermit eine für die deutsch« Regierung »«stimmt« Mitteilung zu übergeben, durch die die Regierung der Republik der deutfchen Regierung di« Mahnahmen bckannt- gibt, di« sich angesichts der deutsche« Nichterfüllung der vom WiederherstellungSauSschuft aufgestellten Lieferungsprogramme Von Hol, und Kohlen Frankreich zu ergreifen gezwungen sieht. Di« fragliche« Mahnahmen werde« auf Grund des 8 1S An hang 2 ,« D«il S d«S »ertrage» von »«rsaillcS ergriffen. Sie «««halten s«tte«S Frankr«ich» kein«« Gedanke« an eine militä risch« Operation oder «ine Besetzung politischer Art. Ich darf mich der Hoffnung hingebcn, dah die deutsche Regierung der Ausführung dieser Mahnahm«n keine Hindernisse in den Weg fege« wird, die sie erschweren und damit die Ausgaben der bei de« Regierung«» nur noch f»w«r«! machen könnten." Die denische Antwort an Frankreich und Belgien. Reparationsleistungen nicht mehr möglich. Berti«, 13. Jan. Der Reichsauhenminister hat am Frei tag nachmittag dem französischen Botschafter ein« Note zur Weitergabe an di« franzSsisch« Regierung übergeben, in der die deutsch« R«gi«rung Prot« st erhebt gegen die Besetzung des R«hrg«di« t» durch Frankr«ich und Belgien. In der Note Wird daraus hingewiesen, dah die Beschlüsse der Reparationstom- mifsion keinerlei Rechtsgrundlage für die Aktion im Ruhrgebiet seien, dah diese Aktion vielmehr eine Verletzung des Völker rechts und deS Vertrags von Versailles darstellc. Vergeblich be müh« sich di« französisch« Regierung, di« Schwer« dieses Vertrags bruch«» dadurch zu verhüllen, dah sie der Aktion eine sriedliche Benennung gebe. Di« Tatsache, dah «ine Armee in kriegsmäfti- g«r Zusammensetzung und Bewaffnung die Grenze des nnbesctz- t«n drutschen Gebiete» überschritten habe, kennzeichne das franzö sisch« vorgeh«« alS eine militärisch« Aktion. Hieran werde nicht» geändert durch di« Erklärung, dah Frankreich keinerlei militärische Operation oder Besetzung mit politischem Eharakter beabsichtige — «in« Erklärung, die übrigen» nicht unbedingt, sondern nur für den gegrnwärtigen Augenblick ausgesproäKn werde. Die deutsche Regierung stell« fest, dah di« französisch« Regi«r«ng al» einzigen sachlichen «nlah für diesen Vertragsbruch die Tatsache heran,n- liehen vermöge, dah Deutschland kür das Jahr 1422 mit vcrhält- «iSmähig geringtn Mengen bei der Lieferung von Hol» und Kohl« tm Rückstände geblieben sei. Nach den ungeheuren Leistungen, die Deutschland in Erfüllung deS WafscnstillstandSabkommenS und de» Vertrages von Versailles unter äuhcrster Anspannung bi» zu» Erschöpfung seiner Leistungsfähigkeit hab« bewirken müs se«, genügte« diese geringfügigen Rückstände der französischen Re gierung, um mit starkem militärischem Aufgebot in deutsches Ge biet einzudringe« und die Hand auf de« wichtigsten Sitz der dcut. scheu Wirtschaft zu legeu. Zum Schluß heißt eS in der Note: „Die deutsch« Regierung erhebt gegen di« Gewalt, die hier mit einem wehrlosen Volk« angetan wird, vor der ganzen Welt feierlichen Protest. Tie kann sich gegen diese Gewalt «icht wehr««. Tie ist aber nicht gewillt, sich dem Frtedensbruch zu fügen oder gar, wie ihr angesonnen wird, bei der Durchfüh rung der französischen Absichten mit,«wirken. Sie weist dies« Zumutung zurück. Di« Verantwortung für alle entstehenden Folgen fällt also auf die Regierungen, di« den Einmarsch voll zogen haben. Diese Folgen haben sich bereits in einer weiteren Entwertung der Mark und in den sprunghaften Stci, gerungrn all«« Pr«is« in D«utschland ««zeigt. Di« künftigen wirtschaftlich«« und politisch«« Folg«« sind «nüb«rseh- bar. Solang« der vertragswidrig« Zustand, geschaffen durch den gewaltsamen Eintritt in das Zentrum der deutschen Wirt schaft, andauert und seine tatsächlichen Folgen «icht beseitigt find, ist Deutschland nie t in der Lag«, Leistungen an diejenigen Mächte,« bewirken, di« jenen Zustand herbeigeführt haben." Eine Note deS gleichen Inhalts ist auch dem belgischen Te- sandten übergeben worden. Einmütig und fest entschlossen. verNn, 12. Ian. Nach übereinstimmenden Nachrich ten auS allen Orten deS Ruhrgebietes ist die dortige Be völkerung einmütig entschlossen und es herrscht allgemein eine tiefgebende Erbitterung. Der Wille, allen Unbilden gegenüber fest zu bleiben, erstreckt sich bis weit in radikale Arbeiterkreise hinein, sodaß mit einem einmütigen Vorgehen in allen entscheidenden Fragen des Ruhrgebietes gerechnet werden kann. ß Weit««« BesatzungSgelüst« Frankreich-. Berlin, 12. Ja«. (Eig. Drahtbericht.) Nach Mitteilung«« a«S dem Ruhrgebiet sind die französisch«« Vorposten gestern abend noch in die Gegen» von Wattenscheid und Bochum gelangt. Gerüchte besagen, dass im Hinblick auf die Verlegung de« Koh- lenshndikat» bei den Franzosen die Absicht besteht, da» ganz« «Heinisch,westfälisch« Industriegebiet zu be setzen. ES liegt «ine B«stätigung dieses Gerüchtes in Berlin bi» jetzt noch nicht vor. Li« unersättlich« Kohlengi«r Poinears». Pari». 12. Jan. (Eig. Drahtbericht.) Rach seiner gestrigen R«d« in der Kammer begab sich Poinearö in de» Senat, wo «r «ine ähnlich« Red« wi« in der Deputierteukammer hielt. Er schloß mit den Worte«: „Wir werden uns die Kohlen verschafsen, di« wir nötig hab«n und die unS Deutschland verweigert. Wir wol len Deutschland »«igen, dah di« Geduld Frankreichs zu End« ist und dah ««» Deutschland «icht verweigern kann, waS «n» zu- Mdt." Ueberreichung der deutschen Protest« im Ausland. London, 12. Jan. (Eig. Drahtbericht.) D«r deutsch« Bot schafter hat dem Ministerium de» Aeuhern gestern den Protest d«r deutschen Regierung wegen des französisch-belgisch«« vorg«h««S überreicht. DaS Vorgehen sei «ach Auffassung Deutschlands nichts weiter als eine grobe Verletzung des Versailler Friedensvertrages. Einen gleichen Pro test wird d«r deutsche Botschafter in Washington heute dem - Staatssekretär Hughes überreichen. Französische Einladung an die Zechenverwaltungen. Düsseldorf, 12. Ian. Der französische Oberkomman dierende hat für Freitag die Leiter der industriellen Werke zu einer Besprechung nach Düsseldorf eingeladen. Es steht noch nicht fest, ob diese der Einladung folgen werden. Sollte es geschehen, so könnte es sich für die Zechen- und Hütienvcrwaltungcn mir darissn handeln, die Aeußerungen des französischen Oberstkommandierenden entgegenznnehmen, ohne von sich aus zu den etwa geäußerten Auffassungen oder Wünschen in irgend einer Form Stellung zu nehmen. Ein Hauptanhanger von Smeets verhaftet. Csse«, 12. Ian. Einer der Hauptgehilfen des Son derbündlers Smeets, der Gras Günther v. d. Schu lenburg, ist gelegentlich eines Besuches auf seinem im unbesetzten Gebiet liegenden Schlosse Haus Oeste bei Kett wig vor der Brücke (Reg.-Bez. Düsseldorf von der Polizei überrascht und verhaftet worden. Gras o. d. Schulenburg hat früh« mit Smeets und Dorten gemeinsam die rheini sche separatistische Bewegung geleitet und ist dann bei der Trennung zwischen Dorten und Smeets unter französischen Schutz gegangen, um das Rheinland sür Frankreich zu „er obern". Mit ihm ist einer der fähigsten Köpfe aus dem 'Lager von Smeets unschädlich gemacht worden. Gegen die Besetzung Essens. Ein vi«rt«lstündig«r Proteststreik im ganzen Reiche. Am Dienstag und Mittwoch haben in Berlin Verhandlungen zwischen den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften aller Rich tungen stattgefunden, in denen einmütig die Ansicht vertreten wurde, daß über alles sonst Trennende hinweg eine einmütige und geschlossene Kundgebung der Arbeitnehmer aller Parteilich- tungen erfolgen müsse. Besonder« aus dem Rheinlande und aus dem Ruhrrevier waren Forderungen erhoben worden, daß als Protest gegen die Willkürmaßnahme der Franzosen ein Protest streik einsetzen müsse, der mindestens im Bergbau eine halbe Tag-s» schicht umfassen solle. Die Kruppschen Arbeiter, unter denen eine sehr große Erregung herrscht, stellten sogar Forderungen, die noch erheblich weiter gingen. Aus vielen Revieren lagen Nachrichten vor, aus denen die empörte Stimmung der Bergarbeiter hervor ging. Aus diesem Grunde hatte sich auch der Vorsitzende des All gemeinen Deutschen Gswerkschaftsbundes Leipart ins Rhein land begeben, wo er mit den Führern der dortigen Verbände ein gehend konferierte. Soweit sich bis jetzt übersehen läßt, dürfte eine gemein same Demonstrationskundgebung für das ganze Reich erfolgen, die am Montag einsctzen soll. Wahrscheinlich wird man in allen deutschen Städten, auf der Eisenbahn, in den Fabriken, in den Reichs- und Staatsbehörden die Arbeit für 15 bis 2V Minuten unterbrechen. Auch die Eisenbahner im Ruhr revier werden, obwohl die Franzosen nach dem Versailler Ver trag bekanntlich das Recht für sich ableiten, bei der Besetzung deutscher Gebiete sofort die Eisenbahnen zu requirieren, sich dem Aufruf der Gewerkschaften, der noch veröffentlicht werden wird, voll und ganz anschließen. Die Verhandlungen über ein« eventuelle gemeinsame Kund gebung der Parteien sind zur Stunde noch nicht abgeschlossen; man hofft in bürgerlichen Kreisen, daß die V. S. P. D. sich zu einer gemeinsamen Kundgebung mit den anderen Parteien oller Richtungen bereit erklären wird. Die Regierung hat in den statt gehabten Besprechungen mit den Parteien angeregt, bei einer solchen Massenkundgebung keinerlei Fahnen und Enzbleme mit» Zufuhren, um von vornherein alles Trennende auszuschalten. Die Regierung hat für Sonntag angeordnct, daß alle Behörden des Reiches Halbmast zu flaggen haben. Das gleiche wird für die Behörden der Länder gelten. Aufruf der badischen nnd bayrischen Regierung. Berlin, 12. Jan. Zu Beginn der gestrigen ReichSraißsitzung gab Staatssekretär Gehre folgende Erklärung ab, die die Mitglis- der des Hauses stehend anhörten: „Der Reicksrat, alS verfafiungSmäftig« Vertretung aller Länder, erklärt in ttebcreinstimmung mit der ReichSregiernng «instimmig scine« Protest gegen di« von der fra«zösifcken und belgisckeu Regierung durch di« D«s«tzuug «in«S Teiles dcS Nuhr- g«bict«S au dem deutscken Volk« unt«r Bruck d«S FriedenSver- trag«S vou DtrsailleS begangen« D«rg«waltigung. D«r NeickS- rat bezeugt vor der gauzen Wett, daß daS deutfck« Volk be- Mübt gewcfen ist, die ibm auferttateu, «ach dem Urteile d-w ersteu WirtschattSautoritäten der Welt untragbaren Lasten bis zur Grenze seiner LrlstungSfSbigkcit zu erfüllen, und daß eS daz« auck in Zukunft bereit gewesen wär,. Menn nnnmebr durch «inen derartigen Ueberfall auf das wehrlose deutsch« Volk die Wiedergutmachung unmöglich gemacht, der Fried« Eu ropas ern««t gefährdet und daS Zusammenleben dcr Nation-n abermals vergiftet wird, so trägt di« Schuld darau ausschließ lich di« Gewaltpolitik Frankreichs. Gegen «Ine Politik mit so unheilvollen Folgen ruft der NeichSrat daS Urteil aller Recht lichen aller Länder an. Den bedrängten VolkSgenofien an Rhein und Ruhr aber versickert er seine tätige Mithilfe. Er ist gewiß, daß fi« in Besonnenheit auSharre« werden bis zum Tag« d«r Befreiung." Ler Protest de- NelchSrateS. Karlsruhe, 12. Ian. Dis badische Regierung erläßt einen Aufruf an das badische Volk, in der Abwehr der Gewalt einmütig und geschlossen hinter der Reichsregierung zu stehen und in Ernst, Würde und hartem Willen zu trogen, was dos Schicksal bringt. Die bäurische Gesamtstaatsregicrung erlaßt einen Aufruf, in dem unter Protest gegen die unversöhnliche französische Gewalt- volitkk die Bevölkerung aufgefordert wird, in nationaler Ge schlossenheit dem Schicksale zu trotzen, was auch kommen möge. Je stärker der Druck, desto enger müßten die Reihen geschlossen werden. Das frevelhafte Unrecht, das dem deutschen Volke an getan wird, müsse an seinem Willen, sich zu behaupten, zuschanden werden. Die Tschechen dementieren. Prag, 12, Ja«. Die im Ausland« verbreitete Nachricht über Verhandlungen Frankreichs mit der Tschecho-Slowakei zwecks Teilnahme an den Sanktionen, werden von amtlicher Seite als erfunden bezeichnet. Die Berliner Meldung über angebliche militärische Vorberci- tungen der Tschecko-Slowakei an der deutschen Grenze werden als erfunden bezeichnet. Die Entscheidung der Grenzkommiffion, wonach von den drei noch strittigrn Dörfern des Hultschiner Länd chens eines an die Tschecho-Slowakei fällt, macht lediglich das Auf gebot einer Gendarmeriepatrouille notwendig. Der englische Kabinettsrat. London, 12. Ian. Der Kaüuiettsrat bat sich am Don nerstag eingehend mit der augenblicklichen Lage in Europa besaßt. Das Kabinett beschloß, seine gegenwärtige Politik fortzusetzen und jeden Bruck zwischen der englischen und französischen Negierung zu vermeiden. Darum wird die englische Negierung auck weiterhin in der Revaraiions- und der Rheinlandkommission vertreten bleiben, ebenso im Botschaftern»!. Die britischen Besatzungstruvpen bleiben am Rhein. Dieser Meldung wird ein halbamtlicher Kom mentar hinzugefügt, in dem es beißt: In Verbindung mit dem Kabinettsbeschlutz ist es viel leicht richtig, noch einmal darauf hinzuweisen, daß Eng land ebenso wie Frankreich auf die ibm zusteh enden deut schen Reparationsleistungen angewiesen ist. England bat keine überflüssige Sympathie für Deutschland. Während es nach wie vor ablehnt, an nnge nnden wirtschaftlichen Methoden, wie der jetzigen fran. zösischen Operation im Ruhrgebiet, teilznnebmen, bat es doch auf der anderen Seite nickt den Wunsch, daß sich diese Operation als finanziell unfruchtbar erweisen werde. Eng land wtrd nicht betrübt, sondern angenebm überrascht sein, wenn die gegenwärtige französische Politik sich als richtig erweis«, würd«. Proteste geg?n Frankreichs Gewaltpolitik. Eine bewegte Sitzung des Sächsischen LandtageS DreSden, den 11. Januar 1922. Vor Eintritt in die Togesordnung der 7. Sitzung gab der Landtagspräsident Winkler eine Erklärung ab, in der er im Namen de? sächsischen Volke? und im Einvernehmen mit sämt lichen Fraktionen, mit Ausnahme der kommunistischen, feierlich-« und schärfsten Protest, gegen den «euen Akt «iner widerfinnige« Gewaltpolitik Frankreichs erhob, das seine Hände erneut nach deutschem Gebiete ausstreckc, von dem e? weiß, daß e» daS Herz unserer Wirtschaft und unserer Industrie ist. (Die Kommunisten unterbrechen die Erklärung de? Präsidenten durch fortwährende Zwischenrufe.) Frankreich wisse, daß eS einen wehrlosen Gegner vor sich habe. Frankreichs Gründe sür sein Vorgehen seien nur ein Vorwand. Mir sprechen unsern deutschen Brüdern, die in erster Linie die Drangsale dieser Politik zu erdulden haben, un ser tiefste? Mitgefühl aus. Die Stimmen, die au» dem Rhein lande herüberdringen, geben Zeugnis, daß unser« Brüder treu zum Reiche stehen. (Erneute Zwischenrufe der Kommunisten.) Hierauf gibt der stellv. Ministerpräsident Lipinski folgende Regiernngserklarttng zu dem Vertragsbruch Frankreichs ab: „Trotz der klaren Erkenntnis, daß da« Diktat oon Versailles in seinem vollen Ilmfange unerfüllbar und un durch» fechtbar ist, hat die sächsische Regierung die Politik der Reichs- rcgierung darin unterstützt, daß alles getan "werden müsse, um den Versailler Vertrag in den Grenzen der Leistungsfähigkeit deutscher Volkswirtschaft zu erfüllen. Sie hat aber insbesondere di« Herabsetzung der Reparationsleistungen zu ihrem Teile zu fördern versucht und die Stabilisierung der Mark durch Aufnahme innerer und äußerer Anleihen unterstützt und so dazu beigetragen, daß das deutsche Volk aus dem wirtschaftlichen Zusammenbruche infolge des Krieges sich wieder emporarbeite. Das schnelle Sinken des Wertes der deutschen Mark zeigt, daß da» Reich bei dcr Erfüllung des Versailler Diktates bi« zur äußersten Grenze der Leistungsfähigkeit Deutschland« gegangen ist. Die Verhandlungen in Paris find an dem imperialistischen Machtwillen der kapitalistischen Kreise Frankreich» gescheitert. Die Gewaltpolitik Poincarss triumphiert. Französische Truppen sind in deutsches Gebiet eingedrung«^, um das deutsche Volk unter den Willen der französischen Machthaber zu beugen und die wirtschaftliche Regelung des -Reparation«, Problems unmöglich zu macken. Die säckfische Regierung ist mit dem Herrn Reichspräsidenten der Auffassung, daß Frank- reich Gewalt unter Bruch des Versailler Frledensvertrages an- wendet. Sie appelliert mit ihm an das Gewissen der Welt und der internationalen werktätigen Bevölkerung, diesem Rechtsbruch und der Gewaltanwendung Einhalt zu gebieten und auf di« Er haltung des Friedens hinzuwirken. Das deutsche Volk muß in seiner tiefen Not zusowmenstehen. Es wird dies umso leichter tun können, je stärker der Wille van der Reichsregierung bekundet und betätigt wird, die Republik zu festigen und auszubauen und alle Teile de« Volke« nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu den Lasten de« Fried-nsvortraaes und dem Wiederaufbau der deutschen Volks, Wirtschaft heranzuziehen. Di« sächsische Negierung fühlt mit der Bevölkerung der besetzten Gebiete die schwere Nat und Bedrängni», in der sie steht. Und fordert die sächsische Bevölkerung auf, kühles Blut und Ruhe zu bewahren, sich auch nicht durch das Vorgehen einzelner, irregeleiteter oder aufgchetzter Gruppen zu Unbesonnenheiten Hinreißen zu lassen, sondern alle Kraft einzusetz,en, um neuen Kriegstreibcreien und einem neuen Kriegsbrände entgcgenzuwirken." Im Anschluß an diese Erklärung kommt es zu einer auch im sächsischen Parlamente unerhörten Radauszen«. di« von den Kommunisten herbeig«führt wird. Abg. Böttcher (Komm.) beantragt Besprechung der verlesenen Erklärungen. — Als er bemerkt, es gebe zählreiche sächsische Arbeiter, die diesen nationalen Rummel a la 1914 nicht duldeten, tritt auf allen Sei» ten des Hauses heftigster Widerspruch zutage, dann schallt er ein mütig zu den Kommunisten hinüber: Raus! Der Präsident pocht unaufhörlich mit dem Hammer auf den Tisch un- erklärt die Aus- führungen des Abg. Böttcher als nicht zur Geschäftsordnung gehö rig. — Abg. Böttcher spricht unter großem Lärm und fortwähren, den Hammerschlaaen des Präsidenten weiter. Ruse: Rausl Gchlußi Der Präsident erklärt, im ganzen Lande werde man die Erklä rungen Böttchers richtig einzuschätzen wissen. Der Vorstand und der Aeltestenrat stimmen überein, heute keine Aussprach« zuzulassen. Das Haus lehnt den Antrag Böttchers einmütig ab. (Abg. Böttcher ruft: Die nationale Einheitsfront von 1914! Bravo- rufe.) Als sich die Lärmwellen einigermaßen gelegt haben, ruft der Abg. Siewert (Komm ) neue Lärms z«nen hervor durch Ausführungen zur Geschäftsordnung, di« aber bei dem herrschen den Lärm absolut unverständlich bleiben. Der Präsident unterbricht die Sitzung für eine Viertelstunde. Die Kommunisten toben, während sich der Saal weiter leert, und wenden sich besonders gegen die Mi- nister Lipinski und Fleißner. Nach Wiederbeginn der Sitzung wixd in dir Tagesordnung eingetreten, auf der ausschließlich Anträge und Anfragen über Schul, und Religionsangelegenheiten stehen. Nach Begründung -er Anträge und Anfragen, die sich auf Schulfragen imd insbesondere auf die bekannten Fleißnersckcn Verordnungen beziehen, durch mehrere Redner, antwortet Kultusminister Fleiß ner. Den interessantesten Punkt seiner Rede bildet die Rechtferti gung seiner bekannten Neligionsverordnung- Man erfährt, daß Verhandlungen zwischen dem Reiche und den Ländern, Sachsen, Braunschweig und Thüringen, stattgefunden haben, deren wichtig stes Ergebnis Ist, daß neue Strafverfahren gegen diejeni- -en katholischen Eltern, die ihre Kinder am Feste Aller Heiligen nicht in die Schule schickten, nickteingeleitet werden, Ent lassungen von Schillern nickt stattfindcn sollen. Es findet dann -ine längere Besprechung der Anträge und Anfragen statt woraus diese an die Ausschüsse verwiesen werden. Nächste Sitzung Freitag, den 12. Januar vorm. 9 Uhr: An- lcihegesetz und Entwurf über die Erhöhung der Gewerbesteuer für I922, Kirchen- un- Schul'ragen. Ei« russischer Kreuz«« g«fu«k«n. Konstantinopel, 12. Jan. (Eig. Drahtbericht.) Der russisch« Kreuzer „Trotzki" ist im Schwarz«« M«er auf ei««« F«l. ,«« aufgelausen und sofort gesunken. Nach einrr ««» kontrollierbaren Mcldung soll d«r größt« Teil der Besatzung «m» Leben gekommen sein. König Konstantin gestorben. Rom, 1S. Jan. Agenzia Stefani meldet au- Palermo, daß Exkönig Konstantin am DonnrrStag plötzlich an Gehirnschlag g«- storban ist.
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