Volltext Seite (XML)
Der abgebaute frühere Bankrnspektor Kersten, der in derselben Abteilung tätig war, soll Blodow dabei geholfen haben. Er ist bereits vor einigen Tagen verhaftet worden. ........ Weitere Verhaftungen Außer diesen drei Beamten der Staatsbank sind noch drei weitere Personen verhaftet worden, näm lich der angebliche Dr. jur. Michael Feld, ein An gestellter Kutiskers, der in der aus der Vermögens- Verwaltungsstelle für Offiziere hervorgegangenen Kre dit- und Handelsbank eine führende Stellung inne hatte, ferner der Direktor der Mechanischen Treibriemen-We berei, Krieger und der jüngste Sohn Kutiskers, Fritz Kutisker. Die genannten Unternehmungen gehören zum Ku- tisker-Konzern. Feld und Krieger wird fortgesetzter Betrug zur Last gelegt, Feld außerdem noch Bestechung. Max Kutisker, der, obwohl erst 19 Jahre alt, von seinem Vater zum Leiter der Automobil-Motoren A.-G. bestellt worden war, hat die Wechsel unterschrieben, die Kutisker dann mit seinem Giro versehen als Unterlagen der Seehandlung für seine Kredite gab. Für die Wech sel war auch keine Deckung vorhanden, als sie fällig wurden. Max Kutisker hat diese Papiere auf Wunsch seines Vaters ausgestellt und hat sich nicht weiter um die Beschaffung der Gelder bekümmert. Er wird be schuldigt, von der absoluten Wertlosigkeit seiner Un terschrift überzeugt gewesen zu sein. Das Vorgehen gegen die Beamten der Staats bank erfolgte auf Grund der Angaben Kutiskers, der nach seiner Verhaftung seine anfängliche Taktik, seine Hintermänner zu schonen, aufgegeben hat. Die Unter suchung in der Staatsbank selbst ist zu einem gewissen Abschluß gelangt, doch sollen noch einmal Oberfinanz rat Dr. Hellwig und der frühere Präsident der Staats bank v. Dombois, vernommen werden; letzterer soll sich über seine Wahrnehmungen bei der Geschäftsverbin dung Kutisker-Seehandlun.? und über tie Geschäfte des Bankhauses von Stein mit der Staatsbank äußern. Eine gewisse Mitschuld der Leitung der Staatsbank scheint jetzt schon erwiesen zu sein. Tatsache ist, daß dir an sich herzlich unbedeutende Kredit- unt Handelsbanl dank ihrer Beziehungen zur Staatsbank über ungeheure Summen verfügen konnte. Es ist auch erwiesen, daß sie dem recht zweifelhaften Geschäftemacher, Hans Col- tontus, einem der Vorbesitzer des Hanauer Lagers, der um die Kuttskerschen Beziehungen zu der Seehandlung genau Bescheid wußte, einen Brief schrieb, in dem sie ihm hohe Kredite gegen einfache Effektendeckung an bot, während Bankinstitute von Rang mit Schwierig keitsn zu kämpfen hatten, Kredite bei der gleichen Staatsbank gegen doppelte und dreifache Effektendeckunc zu erhalten. Daß Collonius von diesem Angebot keinen Gebrauch machte, war noch ein Glück für die Staats bank. IS Millionen Schade,» bei 1Z Millionen Kapital- bc stand. Die Preußische Seehandlung wurde im Jahre 177L gegründet und hatte zunächst nur einen engbegrenzten Gefchäftskreis. Später dehnte sie ihre Tätigkeit immer mehr aus und verstärkte im Zusammenhang damit auch ihre Betriebsmittel. Nach der im Juli d. I. vor gelegten Goldbtlanz beträgt das augenblickliche Grund kapital der Seehandlung 10 Millionen Goldmark bei 3 Millionen Mark offenen Reserven. Maust! Roman von Anny v. Panhuys. LopyrigNt 1924 bv Karl Köhler L Co., Berlin kV IS. 16) (Nachdruck verboten). „Verehrte Frau Baumeister, Sie werden sicher allgemein beneidet werden, denn ein fürstlicher Schwiegersohn ist etwas sehr seltenes." „Fürstlicher Schwiegersohn?" echote Frau Lina fragend. Mausi aber stand mit großen Augen. Was sollte denn der Unsinn nun wieder, was für ein Geklatsch hatte sich denn nur um sie zu- fammengesponnen. ' Fra» Iustizrat sagte: „Nun, wenn Ihnen Mausi heute Mend beichtet, Frau Baumeister, dann werden Sie ja Näheres Äber den Grafen von Wildhausen hören, der nach dem Tod seines Vaters den Titel eines Fürsten von Weyden erhält." - Sie merkte an der grenzenlosen Verblüffung Mausis, daß diese gar keine Ahnung davon gehabt, wer der einfache Herr von Wildhaufen in Wirklichkeit war. Ganz, wie sie erwartet hatte. , Graf von Wildhausen dachte sicher auch an keine ernste Ver bindung mit der kleinen Maria Reinhard. Der Graf wohnte bei einer alten Geheimratswitwe, deren Schneiderin seit kurzem auch die ihre war und die hatte erzählt, der Graf studiere aus Liebhaberei Medizin und sei verlobt mit einer wunderschönen Kusine, einer richtigen Prinzessin. Also war Mausi für ihn nichts als eine Episode. Frau Lina sah ihre Tochter an. „Stimmt das Kind, ist der Herr von Wildhausen ein Graf und ist sein Vater ein Fürst?" Maust war totenblaß geworden. Nur mühsam gab sie Ant wort. „Das weiß ich nicht, Mutter, aber ich will ihn fragen —" Ihre Stimme zitterte. „Wenn es so ist, dann steht er ja viel zu jhbch für mich, viel, viel zu hoch." Klara hatte sich inzwischen von ihrem Schreck, den ihr Mausis Fäuste vorhin verursacht, erholt. „Natürlich steht er hoch über dir an Rang und Stand, aber heutzutage ist man ja in dergleichen Dingen sehr tolerant." Mausi Hötte kaum zu. Die Frage quälte sie, weshalb Franz- FerdinaNd iht nicht die Wahrheit gesagt hatte. Und jetzt fiel es ihr mit erdrückender Schwere auf die Brust, wie wenig sie von !hm wußte. Die Jnslationsjahre haben naturgemäß auch der Seehandlung übel mitgespielt, denn nach dem Prüfungs bericht hat sie beinahe neun Zehntel des Goldmarkbctra- ges, den die ihr durch den preußischen Staat über wiesenen Kapitalbeträge darstellten, verloren. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Reichskanzler Marx, der in Sigmaringen die Feiertage »erbrachte, fährt morgen Mittwoch nach Berlin zurück, um an dem Neujahrsempfong beim Reichspräsidenten Ebert teilzunehmen. In der.Zeit" werden eine Reihe grober Übergriffe festgestellt, deren sich die interalliierte Militärkontrollk»m- mission schuldig gemacht hat und die höchstwahrscheinlich Foch in seinem Gutachten oder Herriot in seinem Memo randum vergessen haben. Im deutschen Saargebiet werden am 1. Januar weitere 18 französische Privatschulen eröffnet. Tie Berhanviungen wegen der Regierungsum- biwung. Reichskanzler Marx wird von seinem Weih- nach.tsurlaub, den er in Sigmaringen verlebte, am Mitt woch in Berlin eintreffen, um an dem offiziellen Neu jahrsbesuch teilzunehmen. Wie die Telegraphen-Union erfährt, werden wegen der Dringlichkeit der bevorstehen den außenpolitischen Entscheidungen die Verhandlun gen zur Bildung einer tragfähigen Regierung voraus sichtlich sofort «ach Neujahr ausgenommen werden. Man erwartet, daß auch die Fraktionen frühzeitig ge nug in Berlin versammelt sein werden. Kronprinz Rupprecht und Ludeudorff. Aus ein- gsweihten völkischen Kreisen verlautet, daß der Konflikt zwischen Kronprinz Rupprecht von Bayern und General Ludendorff in Kürze beigelegt werden dürfte, und zwar habe sich Ludendorff „aus politischen Erwägungen her aus" veranlaßt gesehen, den ehemaligen Kronprinzen schriftlich um Entschuldigung zu bitten. Rupprecht soll sich bereit erklärt haben, die ihm im Wortlaut bereits mitgeteilte Entschuldigung anzunehmen. Nmwaudlung der Strafanstalt Niederschönenfeld. Wie von «tMtlicher Seite mitgeteilt wird, hört die seit 1919 für Festungshaft eingerichtete Strafanstalt Niederschönenfeld, in der bis in die jüngste Zeit die Verurteilten der Räte-Bewegung verwahrt wurden, mit dem 1. Januar auf, dieser Bestimmung zu dienen und wird in eine Jugendstrafanstalt umgewandelt. Die Strafe der Festungshaft wird künftighin in der Fe stungshaftanstalt Landsberg a. Lech verbüßt. Tie Stellung der ausländischen Landarbeiter. Wie der Amtliche Preußische Pressedienst einer Ver fügung des Preußischen Ministers des Innern ent nimmt, bleibt es bei der bisherigen Praxis, daß aus ländische Landarbeiter grundsätzlich nach Beendigung der Saisonarbeit, d. h. nach dem 15. Dezember eines Jahres, dem Nückkehrzwange unterliegen, daß dieser Zwang jedoch auch jetzt noch nicht wieder durchgefüyrt werden soll. Um die freiwillige Abwanderung nach wie vor zu fördern, sollen sich überall, wo sich ihr Schwierigkeiten entgegenstellen, die Arbeitgeber oder die örtlichen Polizeiverwaltungen an die Deutsche Arbei terzentrale in Berlin SM 11, Hafenplatz 4, unmittel bar wenden. Oesterreich. Die „Deutsch-Oesterreichische Tagesztg." schreibt: Der gestrige Beschluß der Votschafterkonferenz beweist, daß er stens Frankreich niemals gutwillig die besetzten Ge- Frau Iustizrat Rohmer machte ein beleidigtes Gesicht. „Mausi hat sich zwar vorhin geäußert, wir seien nur ge kommen, sie beide aufzuregen, sie aus dem Frieden Ihrer Trauer zu reißen und deshalb hätten wir ein Recht zu zürnen, doch ich nehme Rücksicht auf Mausis Nerven, die durch den Todesfall sehr in Mitleidenschaft gezogen wurden. Seien Sie beide versichert, niemand freut sich aufrichtiger über Mausis Glück als wir beide." Die Glattgefcheitelten verabschiedeten sich, an der Tür wandte sich die Aeltere noch einmal nachlässig zurück. „Es heißt, Graf Wildhausen sei schon seit Jahren mit einer wunderschönen Verwandten verlobt, ich glaube, es soll eine Prin zessin sein —. Aber das ist natürlich nur Geschwätz! Meine Schneiderin, die bei Frau Geheimrat Gerstler arbeitet, wo der Graf wohnt, behauptet, das Bild auf feinem Schreibtisch gesehen zu haben und schwärmt, eine Schönheit wie die Prinzessin existiere nicht zum zweiten Male." Giftschlange, neidische Giftschlange, das ist ja alles nicht wahr! wollte Maria Reinhard rufen, aber die Zunge gehorchte ihr nicht, in ihren Schläfen Hämmetten Dutzende von harten un barmherzigen Hämmerchen, und die Stube begann sich um sie zu drehen. Erst ganz langsam und feierlich, dann schneller, immer schneller, und alles drehte sich mit, die Möbel, die Mutter in ihrem starren kreppbesetzten Trauerkleid, und die beiden Glattge scheitelten mit den schmalen Grauaugen, in denen zuweilen das Phosphorleuchten war wie in Katzenaugen. Mit einem kleinen matten Schrei sank Mausi ohnmächtig zu Boden und lag nun auf dem Teppich, starr und unheimlich blaß, bläuliche Schatten unter den geschlossenen Augen. Frau Rohmer rief laut. „Klara besorge Wasser aus der Küche, telefoniere nach dem Arzt ." Frau Lina blickte finster und käst. „Gehen Sie, meine Da men, und betreten Sie meine Schwelle nie mehr, um Klatsch, Verleumdung und den Ausfluß eklen Neides in mein Haus zu tragen. Ob Mausi die Frau des Grasen von Wildhausen wird oder nicht, mag Sie beide wenig beunruhigen, denn eine Einla dung zur Hochzeit dürften Sie keineswegs erwarten." Sie sah auf ihr Kind, das regungslos auf dem Teppich lag. Sie wollte Mausi aufheben, sie weich betten, aber erst mußte sie hier reine Lust schaffen. Ihr Arm streckte sich gebieterisch aus. „Hinaus! so schnell wie möglich hinaus!" Die hohe massige Frauengestalt reckte sich straff auf. „Hinaus! sonst mache ich von meinem Hausrecht Gebrauch!" Wie beaollene Pudel drückten sich Frau und Fräulein Rob biete zurück geben wird und zweitens, daß der Ver sailler Vertrag nicht mehr als gültiges Dokument, sondern als ein Fetzen Papier zu bewerten ist. Frankreich. Der Marineminister hat die Hafenbehörden benachrich- tigt, daß die Arbeiter in den Arsenalen ohne besondere Ermächtigung den 1. Mai feiern können. Italien. Die gesamte faschistische Presse Roms stellte am Sonn tag früh die Unmöglichkeit einer Räumung Kölns am 10. Januar fest. Der in den Matteotti-Skandal verwickelte ehe malige Pressechef Rossi behauptet in einem Memoran dum, alle rechtswidrigen Gewalttaten der letzten Zeit wären durch den Willen Mussolinis, seine Genehmi gung oder Mitschuld erfolgt, so die Verprügelung Amendolas und der abtrünnigen faschistischen Abge ordneten Missuri und Formi, die Kundgebung gegen die Villa Nittis und andere Gewalttaten. Der ehema lige Pressechef des Ministerpräsidenten behauptet, auch mit gefälschten Pässen, die der Generaldirektor des Sicherheitsdienstes de Boni geliefert habe, und 10 000 Lire, die der Unterstaatssekretär Finzi zur Verfügung gestellt habe, seien seinerzeit die drei Hauptangeklag ten im Prozeß Matteotti nach Frankreich geschafft worden, nm den in Paris ermordeten Faschisten Geri zu rächen. Spanien. Der deutsche Botschafter in Madrid überreichte dem Präsidenten des Direktoriums 17,OM Pesetas als Beitrag der deutschen Kolonie für Weihnachtsspenden an die Soldaten in Marokko. Serbien. Auf der letzten Konferenz zwischen Zankoff, Pasitsch und Nintschitsch wurde beschlossen, die ehemalige Wrangel armee zu reorganisieren und kampffähig zu machen. Zu diesem Zwecke wurde die Mobilisierung der in Bulgarien und Südslawien befindlichen Kosaken und monarchistischen Russen angeordnet. Amerika. Präsident Coolidge soll die Hoffnung haben, daß eine freundschaftliche Regelung zwischen den Alliierten und Deutschland zustande kommen werde. Die amerika nische Regierung soll der Ansicht sein, daß ein Kompro miß für Frankreich, Deutschland und England vorteilhaft wäre und daß das wohlverstandene Interesse der drei Mächte eine Einigung zwischen ihnen herbeisühren werde. Aus dem Muldentote. 'Waldenburg, den 30. Dezember 1924. LH Nach dem Christfest. Der Kerzenschimmer von tzunderttauscnden von Christbäumen, der unser Weih nachtsfest wieder verklärte, ist vorüber, aber vielfach werden diese Lichter noch einmal erglänzen in der Silvesternacht, wenn es gilt, das neue Jahr zu begrü ßen. Und dann wird die Erinnerung an die Feiertage mit ihrem Freudenjubel, Glockenklang und Kindersang, den vielen schönen Ueberraschungen und den guten Sachen für die Zunge und den Gaumen fortleben. Das bißchen Kritisieren, ohne das die Menschen auch zu Weihnachten nicht leben zu können meinen, fehlte wohl diesmal. An Verlobungen und an geselliger Unter haltung und an liebem Besuch hat es nicht gefehlt, viel zu schnell waren die schönen Tage vorüber. Nur wenige Tage trennen uns noch vom Jahresschluß, für den es nun wieder allerlei vorzubereiten gilt. Weiße mer zur Tür hinaus, sie wagten sich mit keiner Silbe gegen den Befehl aufzulehnen. * * si * Es war nur eine leichte Ohnmacht, dir Maria Reinhard umfangen hielt, ein wenig Master und Riechsalz belebten sie schneller, als Frau Lina zu hoffen gewagt. Mit förmlicher Inbrunst hatte sie sich aber auch um ihr Kind bemüht, und Mausi tat das mütterliche Schalten und Wal ten wohl. Sie lag in ihrem kleinen Zimmer mit den von buntem Kat tun überzogenen Möbeln, in dem schmalen weißlackierten Bett, und verfolgte mit halbgeschlossenen Augen die Bewegungen der Mutter. Wie verwandelt ihr die Mutter erschien. Ganz, ganz on^ ders als vordem. Sie trat so leise und behutsam aus, als schwebe sie über dem Boden, und alles, was sie tat, hatte etwas Weiches, Sanftes. Was war das nur mit der Mutter? Sie erinnerte sich des Besuchs der Rhomerfchen Damen und eine Zittern überlief sie. Ganz deutlich stand wieder alle« vor ihr, alles. Ganz deutlich hörte sie die hämische Bemerkung der Iustizrätin von der schönen Braut des Grafen Wildhausen, die eine Prinzessin war. Wie weh ihr das getan, wie weh es ihr noch jetzt tat. Das war, als stieße man ihr ein scharfes dünnes Messer mitten durchs Herz. Sie wimmerte leise, halb unbewußt. Frau Lina, die ihr den Rücken wendend, eben e'"" er frischende Limonade gemischt hatte, eilte ans Bett, legte ihr leise und zärtlich die Hand auf die Stirn. „Was ist dir, Mausi, hast du Schmerzen?" Mausi hörte deutlich die Angst aus der Stimme der Fra genden, und ihr ward etwas leichter. Noch kein Wort des Vor wurfs hatte die Mutter geäußert, feil die Ohnmacht vorüber, nur für ihre Bequemlichkeit gesorgt. Sie nahm die Hand der Mutter von ihrer Stirn, preßte einen Augenblick die Lippen darauf. „Mutter es war nicht recht von mir, hinter deinem Rük- ken Die Frau ließ sich auf dem Stuhl neben dem Bett nieder. „Nichts davon. Kind, das wollen wir jetzt lasten. Ruhe dich erst aus und denk an nichts. Am besten wäre es, du könn test schlasen." . —. (Fortsetzung folgt.)