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verwickeln, während der andere Weg zum Frieden führt. Wenn es eine internationale Gewohnheit wird, vor das Gericht zu gehen, und erreicht wird, daß die kleinen Völker durch die Entwicklung des Schiedsgerichtsplanes eine Schutzmauer der Si cherheit haben, ist es das wirksamste Mittel zur Siche rung des Friedens. Der Garantiepakt würde den MilitarismuswiederzurEntwicklung brin gen und den Zustand vor 1914 wieder herbeiführen. Das Obligatorium des Schiedsgerichts ist im Völker bundspakt vorgesehen. Dieser Pakt müßte sorgfältig studiert werden. Er sieht gewisse Schritte vor. Würde der Völkerbund versuchen, weiter zu gehen, so würde er sich spalten. Wir müssen in der Sache die Me thode der Londoner Konferenz verfolgen. Die besten tAlchverständigen in Politik und Recht müssen die obli gatorischen Klauseln untersuchen und ein Praktisches Schema aufstellen." „Modernes Heilverfahren." Senator Mac Cormick über Europa. Der bekannte amerikanische Senator Mac Cormtö hat in den letzten beiden Monaten ausgedehnte Reisen durch Europa unternommen, namentlich durch Deutsch land, England, Frankreich und die Tschechoslowakei und ist soeben wieder nach Amerika abgereist, lieber das Ergebnis seiner Reisen hat er sich französischen Journalisten gegenüber folgendermaßen geäußert: „Ich konnte feststellen, daß im Geists der Regie rangen während der letzten 18 Monate ein große» Umschwung eingetrete« ist. Ein aufrichtiger Wunsct nach Frieden ist heute «nverkeimbar in die Erscheinung getreten. Die deutsche Regierung ist ohne Zwei fel auf dem Wege demokratischer Entwicklung weiter fortgeschritten als bisher, und Herriot hat mehr als ein anderer Staatsmann Europas zu diesem Um schwung beigetragen, die alte Welt auf dem Wege zuw Frieden weiterzuführen. Ohne die Leistungen der an dere»» Delegierten zu verkennen, muß mau eingestehe», daß, wenn die Londoner Beschlüsse unterzeichnet war der», das Verdienst in erster Linie Herriot gebührt Wen»» die im Sachverständigenbericht in Aussicht ge nommene Anleihe erfolgreich ausgebracht wird, so ist Herriot einer der Haupturheber der wirtschaftlichen Wiederanfrichtung Europas." Zum Schluß seiner Darlegungen sagte Cormick, man dürfe nicht ungeduldig werden, wenn der Heilungs- Prozeß langsam vor sich geht. Durch den Dawesplan habe man jetzt ein modernes und wissenschaftliches Heilverfahren, das seine Wirkung tun werde. Hoover «mV die dentsch-amerikanischcn Ha«delsve- ziehlmtge«. i'" Der amerikanische Staatssekretär Hoover hat nach einer Drahtung aus Washington in längeren Erklä rungen zu den Aussichten der nach Annahme des Dawesplanes wiederauflebenden deutsch-amerikanischen Handelsbeziehungen Stellung genommen. „Die Annahme des Gutachtens", so führte er aus, „schafft für die Handelsgeschäfte mit Deutschland voll kommene Sicherheit. Deutschland kann völlig aus reichende Garantten für die Kredite und ««leihen bie te«. Allerdings wird jeder Fall besonders geprüft werden müssen." Hoover fügte hinzu, „nachdem Deutsch land auf de« »eg des Wiederaufstiegs gebracht sei, müsse man nun daran denken, auch die Lage in Ruß land zu stabilisieren. Auch Rußland braucht einen DaweS-Plan." Die in Amerika aufgelegte belgische Regierungs anleihe ist schon am ersten Tag mehrfach überzeich net worden, worin man in New Mork ein günstiges Vorzeichen für die deutsche Anleihe erblickt. Macdonald spricht! Für Eintritt Deutschlands in den Völkerbund. Die große Debatte auf der Genfer Völkerbundta gung hat begonnen, und zwar eröffnete der eng lische Ministerpräsident Macdonald den Reigen der großen Redner. Macdonald betonte, daß man militärische Bünd nisse unter den Staaten nicht eingehen könne. Sie verbürge»» nicht die Sicherheit, und England könnte solch« Vereinbarungen nicht unterzeichnen, da sie zu einer Situation führen könnten, wie im Jahre 1914. Deutschland, die Vereinigten Staate»» und Rußland müßten in den Völkerbund eintreten, sonst würde die Arbeit des Völkerbundes vergeblich sei«. Macdonald verbreitete sich über die Sicherheitsfrage. Er trat für die Stärkung des Völkerbundes ein «nd verteidigte die Haltung Englands zum Sicherheitspatt. Mac donald sprach sehr nachdrücklich und mit einem in die ser Versammlung ungewohnten Temperament. Was die Kriegsschuldfrage angehe, meinte Mac donald, es sei erst nach einem halben Jahrhundert möglich, diese Frage zu beantworten. Tie gesamte Völkerbundversammlung spendete Macdonald gerade zu demonstrativen Beifall, nur Herriot saß während der ganzen Rede unbeweglich auf seinem Pla^e. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die Deutschnationale Volkspartei will die Partei vertretungen in einigen Wochen nach Berlin einberufen, um zur politischen Lage Stellung zu nehmen. Die Ab haltung eines Parteitages ist nicht vorgesehen. Admiral Behncke beabsichtigt nach Abschluß der gegen wärtigen Flottenmanöver von der Leitung der Reichs marine zurückzutreten. Die „L. N. N." beginnen mit der Veröffentlichung aus den Geheimakten von Versailles. Daraus geht her vor, daß wir es Lloyd George zu verdanken haben, wenn wir heute ein Soldheer und kein Volksheer haben, daß aber Foch und Clemenceau es gewesen sind, welche die Herabsetzung der ursprünglich geplanten Zahl von 200,000 Mann auf 100,000 durchgesetzt haben. Schwere Sanktionen gegen Remagen. Die Stadt Remagen am Rhein hat eine Besatzung von 400 französischen Soldaten und 360 Pferden erhalten, die in den Schulen untergebracht werden müssen, wes halb die Ferien verlängert werden. Diese Belegung Remagens mit französischer Besatzung erfolgt auf Be fehl des französischen Generals von Koblenz als Sank tion gegen die Verprügelung von Smeetsanhängern durch zurückgekehrte Ausgewiesene. Die Smeetsanhän ger hatten die Zurückgekehrtcn durch abfällige Bemer kungen provoziert. Im Verlaufe eines Wortwechsels kam es schließlich zu einer regelrechten Schlägerei, wo bei die Smeetsanhänger den kürzeren zogen. Der französische Kvetsdelegierte in Ahrweiler hatte darauf hin u. a. durch französische Gekeimvolizisten Nach forschungen nach' den Täter,» anst'ellen lassen, die zu verschiedenen Verhaftungen führten. Weiterhin war vorübergehend die Verkehrssperre verhängt und jetzt als ständige Repressalie die Belegung der Stadt mit 400 Mann Besatzungstruppen angeordnet worden. Und das nennt Herriot Abbau der Sanktionen. Katholikentag und Arbeitgeber. Auf dem Ka tholikentag in Hannover hatte Reichskanzler Dr. Marx einen Appell an die Arbeitgeber gerichtet, sie möchten ihre Macht nicht bis zum äußersten ausnutzen und Gerechtigkeit üben. Dazu teilt die Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände in einer Zuschrift u. a. mit: „Die Arbeitgeber müssen heute besonders ein dringlich vor einem Optimismus in der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage nach Inkraftsetzung der Dawes- Gesetze warnen. Was der deutschen Wirtschaft bei einer Besserung der Lage vor allem nottut, ist Stetig keit und Ruhe in der Frage der Arbeitsbedingun gen. Die soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit ist deshalb nicht nur gegen die Arbeitnehmer zu üben, sondern wird auch im gleichen Maße für die deutschen Arbeitgeber in Anspruch genommen werden können, die wiederholt in aller Oeffentlichkeit den Versuch gemacht haben, sich mit ihrer Arbeiterschaft grundsätzlich zu verständigen." Beilewstelegramm des Reichskanzlers an die Witwe Düringers. Der Reichskanzler hat an die Witwe des verstorbenen Reichstagsabgeordneten Ministers a. D. Dr. Düringer ein Schreiben gesandt, in dem er ihr zu dem schweren Verlust namens der Reichsregierung seine aufrichtige Teilnahme ausspricht. Zu den Reichstagswahlen in Oberschlesien. Der erweiterte Landesvorstand der Deutschnationalen Volks partei Westoberschlesiens beschloß, die für die Wahl am 4. Mai aufgestellte Reichstagswahlliste auch für die Sonderwahl in Oberschlesien am 21. September beizubehalten. Spitzenkandidat ist der Pfarrer Edgar Wolff. Vorläufige Veibehaltnng der französische»» Ka nalkontrolle. Nach Mitteilung der französischen Be satzungsbehörde ist mit der Aufhebung der französischen Kontrolle über die besetzten Kanalstrecken im Ruhr gebiet bis zum Abbau der Micum nicht zu rechnen. Es wird daher bis auf weiteres noch die übliche Ab gabe erhoben. Königin Sphinx. R'maa von Erich Ebenste:». 0op/nM 1924 o, Katt Köhl« L Co., Berlin W. 1S. j 3!) (Nachdruck verboten.) „Ich hatte am Morgen keine Ahnung, daß ich so lange fortdleiden würde," antwortete Marilene, etwas ungeduldig über den leisen Vorwurf in seinen Worten. „Mir war nicht wohl . . . übrigens galt persönliche Freiheit bisher als oberstes Gesetz in diesem Hause und ich dachte, sie wohl auch einmal für mich in Anspruch nehmen zu dürfen!" „Gewiß! Ich mache dir ja »uch keinen Vorwurf. Ich wollte dich bloß vordereiten auf — gespannte Gesichter. Frau v. Hollsten scheint die andern ein wenig aufgeheht zu haben." „Bah — was kümmert mich diese Frau? — Ihr schlei chendes Wesen ist mir seit langem verhaßt genug." „Trotzdem wirst du wohl einigermaßen Rücksicht auf sie nehmen müssen, so lange sie unser Gast ist!" wollte, sie wäre es nicht mehr! Diese gute Claire scheust ja'nichts anderes hier zu tun zu Haden, als mich auf Schritt und Tritt zu belauern, zu kritisieren und gegen mich zu üstrigieren. Misa Walter warnte mich erst neulich vor ihr!" Klemens schwieg. Marilene hatte hastig, in gereiztem Tone gesprochen. Jetzt Mg ein tiefes Rot in ihre Wangen, als ihre Gatte keine Ant- Nrt gab und es vermied, ihrem Blicke zu begegnen. Cs war das erste Mal, daß er nicht aus ihrer Seite stand. Das erste Mal, daß sie überhaupt in solchem Tone miteinander fachen. Dadei hatte sie noch das fatale Gefühl, als ob gleich fernem Wetterleuchten etwas Feindliches zwischen ihnen aufblitzte. Unruhig trat sie näher. „Klemens hast du etwas gegen mich? Bist du mir böse?" A Er subr auf. „Ich? — Nein. Ich wollte dich nur in deinem Interesse Mrauf aufmerksam machen, daß es vielleicht klüger gewesen wär«, beute — nicht den ganzen Tag fortzubleiben." „Das sehe ich ja ein, Ich will mich nachher auch ent schuldigen." ; > Plötzlich fiel ihr auf, daß er überhaupt anders war als so«st. Er sah blaß aus und eine nervöse Unruhe flackerte in seinem Blick. / Die verewigte Militärkontrolle. Die Pariser Blätter wollen wissen, daß nach der Auffassung der französischen Delegation die Vertreter des Völkerbun des, die mit der Ueberwachung der militärischen Rü stungen in Deutschland beauftragt sind, sich dauernd auf deutschem Gebiet niederlassen müßten. Ein be sonderer Vorkämpfer dieses Standpunktes ist Boncourt. Zur Ermäßigung der Gütertarife wird jetzt halbamtlich erklärt, daß eine Senkung um 10—15 Prozent, wie dieser Tage gemeldet worden war, noch keineswegs seststeht. Es sind vielmehr noch eingehende Verhandlungen darüber im Gange, die erst in einiger Zeit zum Abschluß kommen werden. Ter 32 jährige Finanzdiktator Deutschlands. Die Ernennung Gilberts zum Generalagentei» für die Reparationszahlungen ist von der Reparationskommis- sion einstimmig vollzogen worden. Gilbert ist erst 32 Jahre alt. Er hat den Ruf eines erfahrenen Volks- Wirtschaftlers, der dem amerikanischen Schatzamt wie derholt bei der Frage von Schuldenregelungen an die Hand gegangen ist. Zu seinen besonderen Freunden k soll der amerikanische Schatzkanzler zählen. Die ams- rikanischen Blätter äußern über die Ernennung Gil« - Bild!" flüsterte bis Jungfer bewundernd. er etwas ahnte - - .? > - > - / Aeußerlich stolz und kühl wie immer, innerlich befangen. LLortsMng folA^i besten sanfter, Rahmen aab, „Wie ein Marilene ' „Wozu?" erscheinen ließen? , Er machte sich doch sonst nichts ass solchen Dingen, Wenn twas ahnte - - .? > - . - 1 ich gefallen möchte . - ," Dann kreisten ihre Gedanken wieder unruhig Am Klemens. Waren es wirklich nur Geldgeschichten, die ihn so verändert bÄrat sie dann den Salon, gerade in dem Moment, als der Diener eben die Flügeltüren des Speisesaales öffnete und mel dete, daß serviert sei. ! l " - . Sofort siel ihr eine gewisse KAte Md ZurWasfung auf, inst der, MM sie .empfing, - - x starrte zerstreut kn den Spiegel. dachte sie. „Es ist ja doch niemand da, dem „Ja" antwortete er hastig. „Ich machte allerlei Aerger- iichkeite-r durch. Schulze L Cie. — du weißt, ich habe dort den größten Teil unseres Vermögen stehen — sollen nicht ganz test stehen. Die amerikanische Geldkrise beginnt nämlich auch der uns Wellen zu schlagen. Natürlich ging ich sofort hin. Aber bride Chefs waren nicht zu sprechen, so daß ich Montag wohl noch einmal werde hin müssen " „Ach so — Geldsachen," sagte Marilene unwillkürlich er leichtert. „Nun, das wird sich ja wohl wieder planieren las sen. Sonst gibt es nichts Neues?" „Toch — aber da sehe ich noch nicht klar. Es muß ein Mißverständnis von Rilke sein. Zu dumm, daß der Mann gerade jetzt auf Urlaub ist! Ich hätte ihn gerne um Aufklärung gebeten ehe ich Montag wieder in die Stadt fahre." Marilene sah auf die Uhr. „Verzeih, ich muß mich nun umkleiden, wenn ich nicht auch noch zu spät zum Esten kommen will." Sie ging. Ihre Jungfer wartete schon ungeduldig, denn es war wirklich höchste Zeit zur Toilette. .^.i. „Welches Kleid befehlen gnädige Frau?" ' ! „Ach, irgendeines — welches Sie wollen/ antwortete Marilene gleichgültig und ließ sich am Toilettentisch nieder. Die Jungfer sah ihre Herrin an. „Gnädige Frau sehen ein wenig blaß aus. Vielleicht wäre bas erdbeerfarbene Florkleid am besten? Dazu der Rubinschmuck?" , > , „Ja, ja — nur rasch!" " " ! Eine Viertelstunde später stand Marilene fertig vor dem Spiegel, Sie sah wunderschön aus in dem zarten Gewebe, gebrochener Farbenton einen stimmungsvollen Claire v. Hollsten hielt sich ost-ntatw sern und betrachtet sie nur zuweilen verstohlen durch '.hr Lorgnon, während e>» Lächeln schlecht verhehlten Spottes um ihre Lippen log. Niemand fragte, wo sie den Tag zugebracht hatte. Ihck Entschuldigung wurde mit ein paar recht reservierten Phrase» erwidert. Gleich nach Tisch schlug Claire den Damen vor, Bridge zu spielen, und aus der Eile, mit welcher sie sich nu» rasch an die Spieltische setzten, sah man, daß die Sache vor- > her abgekartet war. Marilene batte niemand aufgewrdert, mitzuspielen. St sand sich plötzlich allein mit ein paar Herren in der Kamineck, Sehr blaß geworden, suchte ihr Blick Klemens. Hatte er bemerkt, wie man ihr zu begegnen wagte? Fühlt er die Schmach, die man ihr antat, hier in ihrem eigene» Hause? Es schien nicht so. Denn er stand ganz ruhig mit ein paar Herren in der Fensternische und sprach laut von den denn nächst beginnenden Hühnerjagden. Und warum dies alles? Marilene grübelte vergebt darüber nach, während sie sich mechanisch niederließ und dt an sie gerichteten Bemerkungen kur- beantwortete^ Plötzlich wurde sie dunkelrot. Arved, der, dke> Situatio»! begreifend, angelegentlich von seinen Typhusforschungen sprach um keine Pausen eintreten zu lasten, sah sie mit einem so yev traulich intimen Blick an, daß ihr bas Blut vor Schreck uit Aerger ins Gesicht stieg. Was fiel ihm ein? Was mub§ man denken . . .? Sah das nicht aus, als wollte er die andern ringsus» glauben machen, es herrsche zwischen ihr und ihm irgend ei» geheimes Einverständnis? Unglücklicherweise mußte auch noch Claire gerade herüber' sehen und so nicht nur Arveds Blick, sondern auch ihr Erröte» bemerken! Marilene hatte sich nie Gedanken darüber genytzht, ' ihr Benehmen von den andern beurteilt werden könnte. gegen hätte sich schon ihr Stolz gewehrt. j Jetzt, zum ersten Male, verließ sie ihre weltgewamP Sicherheit, Wieder sah sie «» Klemens hinüber, und eia bitteres fühl wallte in ihr aH. Er war ihr Mann, er kannte sie do« warum kam er ihr jetzt nicht irgendwie zu Hilfe? - O, hätte sie ihn» doch alles lagen können, was sie brückte, offen, ehrlich, wie sie miteinander im Anfang chU