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Lalance und Comp., Constant Borel, gewesener Präsi dent des aufgelösten elsässischen Turnverbandes. Wie verschiedentlich gemeldet wird, wird die Com mission des preußischen Herrenhauses beschließen, den Abg. von Schorlemer wegen Beleidigung in den Anklagezustand zu versetzen. Das preußische Abgeordnetenhaus berieth am Donnerstag den Antrag des Abg. von Minnigerode (cons.), die Regierung zu ersuchen, im Interesse der Landwirthschaft auf die Erhöhung der landwirthschaft- lichen Schutzzölle im Reiche hinzuwirken. JmLause derDe- batte erklärte der Landwirthschaftsminister Or. Lucius, die Regierung erkenne die Nothlage der Landwirth schaft an und sei zur Erhöhung der Zölle bereit, wenn sich eine Mehrheit dafür finde. Mit Rücksicht auf diese Erklärung zog Abg. v. Minnigerode schließ lich seinen Antrag zurück und hoffte baldige Verwirk lichung seiner Wünsche. Nächste Sitzung: Freitag 11 Uhr. (Nachtragsetat.) Der preußische Landtagsabgeordnete I)r. Heinrich S zum an (Pole), Vertreter für den Kreis Adelnau- Schildberg, hat sein Mandat niedergelegt. Die zweite Kammer des Großherzogthums Hessen lehnte am Mittwoch das neue hessische Weinsteuer gesetz mit 24 gegen 22 Stimmen ab. Die hessische Regierung will ihrem Landtage ein Kirchengesetz vorlegen, durch welches auch dort der Kulturkampf beendet werden soll. Schweiz. Der schwedische Reichstag ist am Donnerstag vom König Oskar mit einer Thronrede eröffnet. In der letzteren wird besonders hervorgehoben, daß in der Zollpolitik keine Aenderung eintreten wird. Frankreich. Der Vatikan hat an die französische Regierung eine Note gesandt, in welcher darauf hingewiesen wird, daß nach dem Boulanger'schen Militärgesetz junge Geist liche von dem Dienst mit der Waffe nicht befreit seien, was den Bestimmungen des Concordates zu widerlaufe. Der Vatikan fordere also die Beseitigung dieses Mißstandes. In Paris traf ein Telegramm aus Konstantinopel ein, Rußland schlage die Ernennung eines Regenten für Sofia vor, der ein ganz neues Ministerium bilden solle. In Paris hat es am Mittwoch Abend wieder Skandal gegeben. Darauf hin hat der Director des Edentheaters und mit Rücksicht auf die Vorkommnisse bei den ersten Aufführungen des „Lohengrin" die Wiederholung der Vorstellung bis auf Weiteres einge stellt. Die „Revanche" brachte einen Artikel: „Nieder mit Deutschland;" das Blatt soll deshalb strafrecht lich verfolgt werden. Ruhland. Die russisch-englische Commission für die afgha nische Grenzfrage trat am Mittwoch zu einer Sitzung zusammen. Sie vertagte sich aber ohne Beschlüsse zu fassen, bis nächsten Dienstag, wo wahr scheinlich die Verhandlungen geschlossen werden. In Petersburg eingetroffene Telegramme melden, daß die afghanischen Truppen von dem Shiwaristamme eine große Niederlage erlitten. Khelat soll gefallen, Kandahar bedroht sein. Der Gouverneur von Herat meldet ein Vorschieben der russischen Vorposten. Türkei. Die türkische Regierung giebt bekannt: Der Zwi schenfall, welcher zu den Gerüchten über Unruhen auf Kreta Anlaß gegeben hat, ist auf folgende Vor kommnisse zurückzuführen. Ein Muselmann aus Alikan, einem Dorfe bei Canea, war durch einen Flintenschuß getödtet worden. Einige seiner Glaubensgenossen schos- sen^während des Transportes der Leiche auf zwei ChjMen und verwundeten dieselben. Drei der Ermor dung des Muselmannes angeklagten Christen, und die Muhamedaner, von welchen die beiden Christen ver wundet waren, wurden verhaftet. Während der Nacht entstand eine gewisse Aufregung in Daratzu, gleichfalls ein Dorf bei Canea. Bei einem dort entstandenen j Streit wurde eine Person getödtet, drei verwundet, s Die Behörden schritten sofort ein und haben die Ord- ! nung völlig wieder hergestellt. Rumänien. In Jassy ist unter großen Feierlichkeiten in Gegen wart des Königs von Rumänien die Eröffnung der Kathedrale vollzogen. Der König fand einen enthu siastischen Empfang. Bulgarien. Die bulgarische Regierung will in ihrer Armee das Mauser-Repetirgewehr einführen. Serbien. Der König von Serbien hat dem deutschen Gesandt schaftsverweser von Tschirsky, der eine Zeit lang den Grafen Bray-Steinburg vertrat, das Offizierkreuz des Weißen Adlerordens verliehen. Aus Belgrad heißt es, Königin Natalie wolle deshalb abreisen, weil der König sich zu sehr für die hübsche Frau eines Gesandten in Belgrad interessirt. Die Russen haben diesen Familienzwist ausgenützt. Die Königin will den jungen Kronprinzen mit nach der Krim nehmen, doch wollen das der König und die Minister nicht dulden. Mus dem MuLdeuLhaLe. *Waldenburg, 6. Mai. Ueber die antispiritistischen Vorstellungen des Herrn Albrecht liest man nur Lo- benswerthes. Sch berichtet z. B. das „Rochl. Wchbl." über sein dortiges Auftreten: In knappgehaltener, unwi derstehlich vordringender Gedankenfolge beleuchtete er zunächst das Wesen und die Verderblichkeit des Spi ritismus. Nach ihm zerfallen die Spiritisten in Be trüger und Betrogene. Erstere Klasse bilden die so genannten Medien, welche theils als Sprach- oder Tchreibmedien den Verkehr mit den Geistern der jen seitigen Welt zu vermitteln, theils als extatische Medien die sogenannten Materialisationen und Manifestationen der Geister herbeiführen zu können vorgeben. Zur zweiten Klasse zählen nicht nur solche, „welche nie alle werden", sondern leider auch sonst hochgebildete Leute, ja sogar Männer der Wissenschaft, wie z. B. der große i exakte Forscher Zöllner, welcher dem Humbug Slades : zum Opfer fiel und die Erscheinungen mit der An nahme einer vierten Dimension wissenschaftlich zu er klären versuchte. Von den scheinbar durch Geisterhand bewirkten Vorgängen und Geistererscheinungen, denen Herr Albrecht stets die Erklärungen folgen ließ, mag hier Folgendes Erklärung finden: Zunächst las Herr Albrecht sechs, auf sein Verlangen von beliebigen Zu schauern auf dargereichtes Papier geschriebene und mit Umschlag verschlossene Briefe, ohne dieselben zu öffnen, indem er mit denselben einfach seine Stirn berührte. Sodann wurde Herr Albrecht in einen zuvor vom Publikum genau untersuchten und unverdächtig befundenen Sack gesteckt. Die ser wurde von zwei Herreit aus dem Publikuin vor aller Augen fest zugebunden und verbunden. Trotzdem befreite sich der Antispiritist hinter einem vvrgezogenen Vorhang sofort aus dieser Hülle und schlüpfte ebenso rasch wieder in dieselbe, worauf sich Strick und Sie gel unverletzt erwiesen. Noch größere Verwunderung erregte es, als Herr Albrecht, von vier Herren an Händen und Füßen, Armen und Beinen gefesselt, auf einen Stuhl gebunden und in das Hintere Gemach der Bühne gebracht, sich auch hier sofort befreite, nachdem zuvor der Frack desselben, wie aus der „vierten Dimen sion" kommend, imVordergrunde niedergefallen war. Hieran schlossen sich bei halbverdunkeltem Raume einige höchst gruselige Geistererscheinungen, sowie einige Experimente, die das sogenannte Durchdringen des Stoffes veran schaulichten. Verschiedene Gegenstände nämlich, u. a. ein Säbel, an einen straff gespannten Vorhang gehal ten, wurden von Geisterhand durch diesen hindurchge zogen und verschwanden ohne den Stoff zu verletzen. *— Die kgl. Amtshauptmannschaft zu Glauchau giebt denjenigen Gemeinden, welche zur Begründung oder Erweiterung einer Volksbibliothek für das lau fende Jahr eine Beihilfe aus Staatsmitteln wünschen, anheim, ihre Gesuche, in denen ausdrücklich anzugeben ist, wer Eigenthümer der Volksbibliothek ist, wer die selbe verwaltet, wieviel Bände dieselbe umfaßt, wann dieselbe gegründet worden ist, wie dieselbe benutzt wurde, welche Beiträge derselben feiten der Gemeinde u. s. w. bisher zugeslossen sind und wieviel dieselbe Staatsbeihilfen erhalten hat, spätestens bis zum 1. Juni d. I. bei genannter Behörde einzureichen. Altstüdtwaldenburg, 6. Mai. Nächsten Sonntag hält Herr Naturheillehrer Schumann aus Chemnitz im Saale des Gasthofs zum Hirsch hierselbst einen Vortrag über den Verdauungsapparat des Menschen, dessen Erkrankung und naturgeinäße Behandlung. Freunde dieser Heilmethode werden hierauf besonders aufmerksam gemacht. — Se. Erlaucht Graf Clemens von Schönburg- Glauchau wird morgen Sonnabend, den 7. d., nach mittags 2 Uhr mit seiner Gemahlin Ihrer Erlaucht der Gräfin Frida von Schönburg-Glauchau in Feuilleton. Unter einem Dache. Roman von Karl Hartmann-Plön. (Fortsetzung.) „Nur so lange?" „Wir werden Ihrer in Freundschaft gedenken." „Und mir gestatten, wenn ich zum Winter nach Leipzig gehe, Ihr Haus zu betreten?" „Sie sind uns willkommen." „Oh, Dank, tausend Dank!" kam es so freudig über Hans' Lippen, daß Anna und Georga zu gleicher Zeit aufblickten. Sein Auge traf ganz wie vorhin das der Ersteren, aber diesmal senkte sie nicht den Blick, sondern hielt den seinen aus und als darauf die Lider sich schlossen, umspielte ein glücklicher Zug für einen Augenblick ihre Lippen. In dem Herzen des jungen Mannes rief es laut: „Sie liebt mich!" Das Herz Anna's aber fragte nur noch schüchtern: Sollte er mich wohl lieben können?" Auch Frau Johannes, die dies Mienenspiel gesehen, fragte sich: „Sollte Orga Recht haben?" Einen Augenblick ging Hans mit sich zu Rathe, ob er noch einmal das Gespräch auf den Herrn v. Ranken dorf lenken und Frau Johannes leise ausforschen solle über ihre möglichen Kenntnisse der in Rom geschehenen Vorfälle. Waren ihr dieselben nicht bekannt, was an zunehmen war, da nicht einmal Frau v. Sonns da von unterrichtet zu sein schien, so mußte seine Erzäh lung, zumal der Umstand, daß die Tochter ihres Haus genossen, des Herrn v. Wesselbach, die zweite Gemah lin ihres Vaters gewesen, die arme Frau Johannes, auf deren Gemüth heute schon so Vieles, so Schweres eingestürmt war, nur noch mehr aufregen, was er nicht verantworten zu können glaubte. Daher beschloß er, so lange damit zu warten, bis er gesehen, daß der erste heftige Schmerz um den dahingeschiedenen Vater sich ein wenig gelegt. Er wäre gern noch geblieben, aber der Anstand er forderte es, jetzt die Damen zu verlassen, nicht allein, weil es schon spät geworden, sondern weil er nun nicht länger der Zeuge ihres Kummers sein durfte. Er erhob sich und verabschiedete sich, nachdem er beim Abschied einen sprechenden Blick mit Anna gewechselt. Wonnetrunken, wie im Taumel ging er in der windstillen, sternenhellen Nacht nach Hause. Es war ihm nicht möglich, einzuschlafen, immer und immer wieder stieg das liebliche Bild vor ihm auf, wie die beiden Schwestern neben der Mutter auf den Knien gelegen und deren Hand gefaßt hatten, immer und immer wieder sah er den großen Blick Anna's, mit dem sie ihn angeschaut, sah er das glückliche Lächeln um ihre Lippen. Und immer und immer wieder rief es in ihm: „Sie liebt mich!" In der Müller'schen Villa wachte in gleicher Weise ein junges Mädchen und rief in gleicher Weise sich den Blick zurück, mit dem sie angeschaut worden war, bei dem sie gefühlt hatte, daß er bis in das Innerste ihrer Seele gedrungen. — Frau v. Sonns konnte auf Hellcnborn gar nicht so recht zu dem Vollgenuß des lang ersehnten Glückes gelangen, sich als unumschränkte Herrin des Gutes und des übrigen Vermögens zu fühlen. Durfte auch nach einer Bestimmung des Barons das in Schleswig in Verwahrsam gegebene Testament erst vier Wochen nach dem Tode des Erblassers eröffnet und nach der Eröffnung die Erbin rechtlich in den Be sitz Angeführt werden, so war das nebensächlich, man kannte ja genau den Inhalt. Sie machte sich kein Gewissen daraus, die Erbschaft anzutreten, obgleich sie wußte, daß ihr dieselbe nicht mehr gebührte, da ihr Oheim ein zweites Testament gemacht hatte, in wel chem zu der naturgemäßen Erbfolge vom Vater auf das Kind zurückgegrisfen war. Der Kammerdiener hatte sie davor bewahrt, daß dies zur Giltigkeit ge langte. Ja, sie würde selbst die Hand danach ausge ¬ streckt haben, wenn sie es ungeschehen vermocht hätte, sie hätte sich muthig in Gefahren gestürzt, um den Schatz, den sie schon so sicher zu fassen gewähnt hatte, wieder zu ergreifen. Es wäre ihr die Vorstellung unmöglich gewesen, denselben einer Andern zu überlassen. Sie sagte sich, daß höchst wahrscheinlich der Müller für die Tochter des Barons einen Prozeß gegen sie anstrcngen werde, aber sie war vollkommen überzeugt, daß ein verlorenes Testament ihr nie mehr gefährlich werden könne. Was würde es ihm nützen, wenn er auch die vorhanden gewesene Existenz beschwören könnte? Die Gerichte verlangen ein gesetzmäßig abge faßtes, mit den Unterschriften der Zeugen versehenes Document, — sie konnte einem Prozeß mit Ruhe ent gegensehen. Aber die Freude wollte nicht zum Durchbruch kom men. Sah sie auch einmal durch die Fenster des Schlosses auf die Wälder und Fenster hinaus und ' dachte dabei: „Das Alles ist mein," so bestürmten doch gleich hinterher andere Gedanken ihren erregten Geist, Gedanken, die sie fast ausschließlich beschäftigten. Und dem Gegenstand aller dieser Gedanken war sie jetzt so fern, und gerade die Ferne bewirkte es, daß dieselben mit jedem Tag düsterer und schwärzer wur den. Was sie auf Bellevue nothdürftig zur Ruhe ge bracht, was Herr v. Flamming dort in ihre Seele gesäet, das wuchs hier und sproßte, und überwucherte ihre ganze Lebensfreudigkeit. Es wollte ihr nicht ge lingen, den Sturm des Zweifels in ihrem Herzen zu beschwichtigen. Der eine Gedanke: „Er liebt eine Andere," drängte sich immer mehr in den Vordergrund, und hinter ihm standen zwei andere, schattenhaft noch, aber mit schon erkennbaren Umrissen, es waren Eifer sucht und Haß, die bereits ihr Dasein verkündeten. Sie konnte den Tag nicht erwarten, an welchem das Begräbniß stattfinden sollte. Dieses war ursprünglich auf den nächsten Sonntag festgesetzt. (Fortsetzung folgt.)