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geber des Hetzblattes „Revanche", der den ganzen j Scandal angezettelt, abgehalten. Die meisten Pariser l Blätter drücken ihre tiefe Beschämung darüber aus, daß in Folge anfänglicher Schwäche der Regierung einige hundert Strolche der Weltstadt ihren Willen aufzwingen konnten. Freitag war Alles still. Sehr interesfante Nachklänge zum Lohengrin- scandal kommen aus Paris. Theaterdirector La moureux hat in einem offenen Briefe mitgetheilt, er werde aus höheren Gründen die Vorstellungen einstel len. Diese höheren Gründe sind aber nicht etwa in dem Lärm des wackeren Pariser Janhagels zu suchen, sondern in dem von der Regierung erlaßenen Verbot der Weiteraufführung des Lohengrin. Eine ganz selt same Rolle während des Lärmes zur Zeit der Vor stellung hat auch die Pariser Polizei gespielt. Von einer Beseitigung der Schreier, die unter Anderem auch „nieder mit Deutschland" riefen, ist gar keine Rede gewesen. Man hat die Leute schreien lassen, soviel sie wollten, und erst dann, als die Tumultuanten den Verkehr zu stören drohten, wurde freie Bahn gemacht. Von den eigentlichen Rädelsführern ist auch nicht ein einziger verhaftet worden. Italien. Mehrere römische Blätter äußern sich verwundert und ungehalten über die Anlegung einer spanischen Schiffsstation und Faktorei zwischen Massauah und Assab, weil doch die ganze Küste unter italienischem Protektorat stehe. „Diritto" verdächtigt komischer Weise Deutschland, daß dies seine Finger mit im Spiel habe, und warnt die italienische Regierung vor den Berliner Ränken und spanischen Uebergriffen. England. Die Meldungen aus Afghanistan lauten immer bedrohlicher und die Nachrichten von neuen Nieder lagen der Truppen des Emirs treten immer bestimm ter auf. Nur die englische Regierung weiß wieder einmal von nichts. Die Verhandlungen mit Rußland wegen der Regulirung der afghanischen Grenze gelten allgemein als total aussichtslos. Schweden. Aus Stockholm wird gemeldet, daß die schon lange kranke Königin von Schweden häufig an Krampf anfällen zu leiden hat, so daß ihr Befinden viel zu wünschen übrig läßt. Amerika. Wie die Daily News von Chicago melden, haben sich die Anarchisten-Gruppen des internationalen Arbeitervereins, welche Chicago im vorigen Jahre so viel zu schaffen machten, aufgelöst. Aus dem Muldenthale. ^Waldenburg, 7. Mai. Am gestrigen Tage wurde die irdische Hülle eines unserer geachtetsten Mitbürger, welcher sich um das Wohl und Gedeihen der Gemeinde Waldenburg in uneigennützigster Weise die mannichfach- sten Verdienste erworben hat, unter großer Theilnahme der städtischen Behörden und Kollegien, sowie der hie sigen Bevölkerung dem Schooße der Erde übergeben; es war dies der am 3. Mai d. I. in einem Alter von 55 Jahren 6 Monaten und 2 Tagen an einem langwierigen Leiden verstorbene Herr Kaufmann und Stadtrath Bernhard Opitz. Ende der sechziger Jahre durch das Vertrauen seiner Mitbürger in das hiesige Stadtverordnetencollegium gewählt, gehörte der Ver blichene später einem langen Zeitraum hindurch dem Stadtrathe an und führte er als solcher im Armen ausschuß lange Jahre den Vorsitz; hauptsächlich in die ser letzteren Stellung nahm er vielfach Gelegenheit, im Stillen manche Thräne zu trocknen und dort, wo Noth und Elend eingezogen, durch Rath und That lindernd und helfend einzugreifen. Als Mitglied des Kirchenvorstandes hatte er ebenfalls längere Zeit dem Wohle unserer Kirchgemeinde seine Thätigkeit gewidmet. Erst in letzter Zeit erging wiederum die Aufforde- rum an ihn, dem hiesigen Stadtrathe erneut als Mitglied beizutreten und in selbstloser und auf opferndster Weife nahm er abermals dieses verant wortungsreiche Amt an, von welchem er leider vor zeitig und damit zugleich von diesem Leben voll Mühe und Arbeit durch den unerbittlichen Schnitter abgeru fen wurde. Möge er den nachfolgenden Geschlechtern ein Bild der Nacheiferung sein. Wir aber rufen ihm an dieser Stelle ein „Ruhe sanft! und „Friede seiner Asche!" in die Ewigkeit nach. * — Den hiesigen Fröbel'schen Kindergarten über nahm an Stelle der demnächst in den Ehestand treten den Fräulein Doberrentz, welche acht Jahre lang den selben mit viel Geschick geleitet und in Blüthe erhalten hat, heute Fräulein Weickert, als Fröbel'sche Kinder gärtnerin in dem Kmdergartenseminare zu Kassel aus gebildet. Während die Mobilien Privateigenthum der jeweiligen Kindergärtnerin sind, hat bekanntlich Se. Durchlaucht Fürst Otto Friedrich Haus und Garten seinerzeit diesem Zwecke gestiftet, und wurden die Räumlichkeiten heute Vormittag durch die die Ange legenheit vertretenden Herren, Hauptkassen-Verwalter Müller, Kammerasfessor Dost und Schuldirector Hansch mann, der Nachfolgerin übergeben. Möge es derselben beschieden sein, auch fernerhin den Kindergarten auf der Höhe zu erhalten, damit der große Segen des selben reichlich den Familien zu Gute koMme. Hoffent lich führt der neu erwachende Frühling recht viele der Kleinen dem Kindergarten zu, dessen hübscher Garten ganz geeignet zu lustigen Spielen und sonstigen körper lich, Gesundheit fördernder Bewegung ist. * — An der Straße nach Wickersdorf wurde der in den 60er Jahren stehende frühere Hausmann Opfer, welcher sich in letzter Zeit durch Hausirhandel ernährte, heute früh im Sterben liegend aufgefunden und starb der selbe noch auf dem Transporte in die Stadt. Ein Schaganfall war die Ursache des Todes. — In Glauchau verunglückte am Freitag in der Leipzigerstraße der Maler Lehmann dadurch, daß er infolge Bruchs einer Leiter, auf welcher er stand, auf das Straßenpflaster stürzte und sich derartige Ver letztungen zuzog, daß er mittels Siechkorbes ins Kran kenhaus geschafft werden mußte. — Der in der Braunschen Papierfabrik in Rvchs- burg beschäftigte Arbeiter Mende war damit beschäf tigt, Pappe, welche zum Trocknen aufgehängt war, herunterzunehmen, wozu er sich, wider das bestehende Verbot, einer Leiter bediente. Diese gerieth durch einen Zufall ins Schwanken, stürzte um und Mende erhielt dadurch eine schwere Verletzung am Hinterkopf, deren Folgen sich vorläufig noch nicht absehen lassen. — In Dehnilz bei Wurzen schlug der Blitz am Mittwoch früh nach 2 Uhr in die holländische Wind mühle des Besitzers Horn und hat diese mit Maschi nen rc. vernichtet. Aus dem Suchseulande. — Im Auftrage Sr. Maj. des Königs hatte sich Generallieutenant v. Holleben nach Hof begeben, um daselbst den Prinzregenten Luitpold von Bayern im Namen Sr. Majestät zu begrüßen. — Das in Metz garnisonirende 12. Kgl. Sächs. Fuß-Artillerie-Regiment rückte am 3. Mai zur Schieß übung nach der Wahner Haide ab und an seiner Stelle das in Mainz garnisonirende 3. Brandend. Fuß.-Art.- Reg. (Generalfeldzeugmeister) ein. Diese Thatsache ver dient Erwähnung, weil es das erste Mal ist, daß für ein zur Schießübung von Metz weggehendes Regiment Ersatz dort eintrifft. — Dem Reichstage ist eine Berechnung der von den Einzelstaaten im neuen Etatsjahre zu entrichtenden Matrikularbeiträge zugegangen. Darnach entfallen auf das Königreich Sachsen 11,263,341 Mk., d. i. 3,481,487 Mk. mehr als im Etatsjahre 1887/88. — Im Jahre 1886 sind aus den Sächsischen Staatswaldungen an Privatwaldbesitzer 79,446 Stück Laubholz- und 2,182,436 Stück Nadelholzpflanzen verkauft worden, gegen 1885 32,936 Stück Laubholz- und 1,057,522 Stück Nadelholzpflanzen weniger. — In Dresden haben fast sämmtliche Steinmetz gehilfen die Arbeit niedergelegt. -— Die Generalversammlung des deutschen Kolonial vereins wurde am Freitag in Dresden vom Fürsten Hohenlohe im Beisein des Königs und des Prinzen Georg eröffnet. Nach einer Begrüßung durch Bürger meister Bämisch hielt Professor Philippovich einen Vor trag über den Stand der kolonialen Bewegung, Pro fessor Stengal sprach über die mit kolonialen Fragen zusammenhängenden Rechtsverhältnisse. Man faßte eine Resolution, daß die Vorschriften des Reichsgesetzes vom 17. April 1886, durch welches in Beschränkung des kaiserlichen Verordnungsrechtes, das bürgerliche und Strafrecht in den Schutzgebieten nach Maßgabe des Konsulargesetzes von 1879 zu regeln sind, der wirth- schaftlichen Entwickelung des deutschen Schutzgebietes hinderlich seien und daher eine Aufhebung oder Ab änderung dieser Vorschriften erforderlich erscheine. — Das Siegesdenkmal in Leipzig soll nunmehr auf dem Augustusplatz vor dem neuen Theater aufge stellt werden. — Der Vorstand des Sächsischen Handwerkerbun des, dessen Vorsitzender der Landtagsabgeordnete Wetz lich in Dresden ist, hat aus Anlaß des am 5., 6. und 7. Juni in Chemnitz stattfindenden 2. sächsischen Handwerkertages an alle Innungen und selbstständigen Handwerker Sachsens einen Aufruf versendet. — Ein vor einiger Zeit in der Nähe von Chemnitz verstorbener Gutsbesitzer soll sein erhebliches Vermögen einer extravaganten religiösen Secte vermacht haben, die in der dortigen Gegend ihr Unwesen treibt. Die Verwandten wollen die Schenkung anfechten, da dieselbe angeblich im religiösen Wahnsinn gemacht sei. — Der Stadtgemeinderath von Plauen i. B. beschloß in seiner vorgestrigen Sitzung den Neubau einer Krankenhausanstalt, deren Kosten auf 516,000 Mk. veranschlagt sind. — Dem Weber Päßnack in Hohnstein wurde auf Grund des Socialistengesetzes die Befugniß zum Handel mit Druckschriften entzogen. — Vom Hagel wurden in der Döbelner Gegend die Orte Töpeln, Klasten, Schweta, Technitz, Möckwitz rc. berührt und wurde daselbst theilweise recht empfind licher Schaden verursacht. Hauptsächlich sind sehr viele Fenster zerschlagen worden. — In Medingen bei Radeberg ist ain Dienstag nachmittag 5 Uhr ein im Bau begriffener Tanzsaal von der Giebelseite her gänzlich zusammengestürzt, 8 Maurer sind dabei zum Theil sehr schwer verunglückt. — Durch die Gewitter vom 3. d. wurde namentlich die Stadt Leisnig und die dortige Umgebung sehr schwer getroffen. Der mit dem Unwetter verbundene Hagelschlag war so arg, daß in der Stadt die zer trümmerten Fensterscheiben nach tausenden zu zählen sind und die Baumblüthe in jener Gegend schwer .ge litten haben dürfte. — Die Wittwe des bei dem im März in Taura stattgehabten Brandes tödtlich verunglückten Feuerwehr mannes Hofmann ist aus der Staatskasse eine dauernde Unterstützung von jährlich 180 Mark gewährt worden. Deutscher Reichstag. 24. Sitzung vom 6. Mai. 1 Uhr. Am Bundesrathstische: Bronsart von Schellendorf. Die zweite Berathung des Nachtrags etats wird fortgesetzt. Abg. v. Hüne berichtet Namens der Budgetcommission über die einmaligen Ausgaben. Abg. Schrader (freis.) erklärt, daß seine Partei gegen die geforderten Ausgaben im Wesentlichen keine Einwendun gen erheben werde, weil sie dieselben als Consequenzen der vom Hause beschloßenen Heeresverstärkung betrachte. Abg. Richter-Hagen spricht sich gegen den Neubau und die Ausstattung einer Kaserne für eine früher in Soest garnisonirende Abtheilung der Feldartillerie in Münster aus. Nach kurzer Debatte werden die hierfür als erste Rate eingestellten 47,000 Mk. abgelehnt. Zur Steige rung der Operations- und Schlagfertigkeit der Armee sind 45,713,709 Mk. eingestellt. Abg. Frhr. von Hüne deutet speciell auf die vertrau lichen Mittheilungen hin, welche der Subcommission der Budgetcommission darüber gemacht sind. Weshalb dieselben der Oesfentlichkeit entzogen werden, liegt auf der Hand. Die Mitglieder der Subcommission konnten die Verant wortung für die Ablehnung der Forderung nicht übernehmen, und die Budgetcommission hat sich gleichfalls für die Sum men erklärt. Sie bittet das Haus um seine Zustimmung. Abg. Richter-Hagen erklärt, daß er, ohne auf das Recht, die Forderung zu kritisiren, zu verzichten, und ohne ein be sonderes Vertrauensvotum zu geben, für die Forderung stimmen werde. Die Position wird fast einstimmig angenonimen. Im Extraordinarium werden 6,943,065 Mk. für Garnisonbauten rc. in Elsaß-Lothringen, 29,500,000 Mk. zur Ergänzung und Verstärkung der Festungen bezw. der Vertheidigungseinrichtungen in denselben und 36,314,000 Mk. für die Vervollständigung des deut schen Eisenbahnnetzes im Interesse der Landesverthei- digung gefordert. Abg. Richter (freis.) beantragt, den Reichskanzler zu er suchen, zu erwägen, ob der.Stand der militärischen Fort schritte nicht Entfestigungen im bürgerlichen Interesse gestatte. Kriegsminister Bronsart von Schellendorf wendet sich gegen diesen Antrag und bemerkt gegenüber einer Aeuße- rnng des Vorredners über den Schaden, welcher dem Privat publikum aus den Befestigungsarbeiten erwachse, daß die ausgeworsenen Summen die erforderlichen Entschädigungen in sich schließen. Abg. von Maltzahn-Gültz (cons.) empfiehlt gleichfalls die Ablehnung des Antrages Richter. Abg. Miquel (natlib.) legt dar, daß die jetzigen Forde rungen nur den ersten Theil eines großen Tanzen bildeten und als solche betrachtet werden müßten. Damit sei aber nicht gesagt, daß er sich nicht für jede einzelne Forderung das Recht der Prüfung vorbehalten wolle. Abg. Bamberger (freis.) vertheidigt den Antrag Richter. Abg. von Bennigsen (natlib.) ist dagegen. Die Reso lution würde nur dann einen praktischen Werth haben, wenn bestimmte Werks zur Entfestigung vorgeschlagen würden. Der Antrag Richter wird gegen die freisinnigen Stimmen abgelehnt. Die Forderungen für die Garnison bauten und für die Festungen werden genehmigt. Gegen die Forderung für die strategischen Bahnen bringt Abg. Schrader (freis.) nochmals die Bedenken seiner Freunde zur Sprache. Es handelt sich dabei nicht nur um sehr große, sondern auch um in ihrer Art noch niegeleistete Ausgaben. Preußen hat seine strategischen Bahnen selbst bauen müssen, und wenn mit dem bisher festgehaltenen Princip gebrochen wird, so werden bald unabsehbare Forde rungen an das Reich herantreten. Diesen Bedenken stehen allerdings die Interessen der Landesvertheidigung gegenüber. Staatsjecretär Jacobi empfiehlt eben wegen dieser all gemeinen Interessen dis Bewilligung der Forderung. Abg. Richter-Hagen erklärt, daß er es nicht verantworten könne, das Reich zu Gunsten einiger Einzelstaaten so schwer zu belasten. Die Summe wird gegen die Stimme des Abg. Richter und der Socialdemokraten (letztere allein stim men gegen alle Forderungen) bewilligt. Damit ist der Nachtragsetat erledigt. Das Etatsgesetz wird debatte los genehmigt. Der Gesetzentwurf betr. die Rechts verhältnisse der kaiserlichen Beamten in den Schutz gebieten wird in erster Lesung erledigt. Die zweite Berathung soll direct im Plenum stattfinden. Nächste Sitzung: Montag. (Nachtrag zum rumänischen Handelsvertrag, Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen, Nachtragsetat, JnnungsgHetz.) Vermischtes. Allerlei. Die Vermählung des bayerischen Mini sterpräsidenten v. Lutz mit Frau Riedinger wird kurz