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chimbuM TagMM Amtsblatt für be» Stadtnah za Waldeadarz. Filialen: in Altstadtwaldenbnrg bei Herrn Kaufmann Max Liebezelt; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgaffe; in Rochsburg bei Herrn Buchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn, und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster, scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgaffe 255. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenftein-Callnberg Md in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursüorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. und Waldenburger Anzeiger Sonntag, den 8. Mai 105. 1887. Witterungsansfichten für den 8. Mai: Bei wechselnder Windrichtung meist mittlere Bewölkung ohne erhebliche Niederschläge nud wenig veränderte Temperatur. Auctionsbetanntmachung. Montag, den IS. Mai d. I., von Vormittags 9 Uhr ab gelangen nachbenannte zur Konkursmasse des Handschuhfabrikanten Ernst Gräfe hier gehörigen Objecte und zwar: 2 Kettenstühle, eine Anzahl Zwickel-, Stepp-und Tuchnähmaschinen, 2 Handbordürmaschinen, 1 Handschuhpresse mit Streifenschneide maschine, 35 Stück div. Handschuhmesser, ca. 25 Dtzd. Handschuhformen, mehrere Scheerrahmen mit Zubehör u. dergl. m. im früheren in der Mittelstadt hier gelegenen Geschäftslocale des pp. Gräfe gegen sofortige Baarzahlung zur Versteigerung. Waldenburg, am 2. Mai 1887. Der Konkursverwalter. Rechtsanwalt Or. Heins. Der Nachtragsetat für Militärzwecke im Reichstage genehmigt. «Waldenburg, 7. Mai 1887. Die Reichstagsarbeiten können möglicher Weise erst mit dem Beginne der Hundstage ihr Ende erreichen. Die Aussichten dafür sind sehr stark, denn es ist ein mal wieder die alte Thatsache wahr geworden, daß Ueberraschungen im deutschen Reichstage ungemein wohl feil sind, und daß man von einem Reichstagsschlusse nie eher reden darf, als bis wirklich die Thür zuge macht ist. Die neuste Ueberraschung ist diesmal, wie bekannt, auf dem Umwege über das preußische Abge ordnetenhaus gekommen. Woran kaum Jemand wirk lich gedacht hat, das soll in Erfüllung gehen: der preußische Landwirthschaftsminister I)r. Lucius hat die Einbringung eines Gesetzentwurfes auf Erhöhung der landwirthschaftlichen Zölle im Reichstage versprochen! Er hat allerdings nicht gesagt, daß der Antrag ganz sicher schon in dieser Reichstagsscssion gestellt werden wird, aber daß es dahin kommt, daran ist nicht groß zu zweifeln; denn — auch das haben die preußischen Abgeordnetenhausreden ergeben, im Reichstage ist eine feste Mehrheit für die Kornzollerhöhung vorhanden. Ein Anlaß zum Aufschub der Gesetzvorlage ist also nicht vorhanden. Für die Zollerhöhungen werden die Conservativen, das ganze Centrum und einige Natio nalliberale stimmen, während das Gros der National liberalen und die Freisinnigen in der Minderheit blei ben. Im Prinzip ist mit der Donnerstagssitzung des preusischen Abgeordnetenhauses die neue Kornzollschlacht bereits ausgekämpft, es handelt sich nur noch darum, die künftige Höbe der neuen Zollsätze zu bestimmen. Dreißig Mark Zoll trägt jetzt der Mispel; bis auf vierzig Mark wird man wohl hinaufgehen. Und mit dem Kornzoll werden dann noch eine ganze Reihe anderer landwirthschaftlicher Tarifpositionen abgeändert werden, so daß immerhin eine Arbeit von zweieinhalb bis drei Wochen erwachsen würde. Sicher für den Rest seiner Session hat der Reichs tag bereits zwei Steuervorlagen, Branntweinsteuer und Znckersteuer. Die landwirthschaftliche Zollvorlage würde also dann eventuell Nummer drei sein. Was die neue Branntweinsteuer anbetrisft, die rund hundert Millionen pro Jahr mehr ergeben soll, so ist ja auch im Prinzip für sie eine Mehrheit im Reichstage vor handen. Nationalliberale und Conservative waren von vornherein zur Bewilligung bereit, auch die Centrums- Partei will neue Abgaben vom Branntwein bewilligen. Die neue Vorlage wird aber doch geraume Arbeitszeit beanspruchen, denn sie löst die Frage der Kartoffel brennerei, die bei allen früheren Steuerdebatten den Kernpunkt bildete, noch nicht. Die Kartoffelbrennerei besitzer kommen in der Vorlage am besten fort, und es tritt bereits sehr deutlich zu Tage, daß es an Wi derspruch nicht nur bei Freisinnigen und Centrum, sondern auch bei den Nationalliberalen nicht fehlen wird. Eine Steuervorlage muß nun einmal den Hauptzweck haben, Geld zu schaffen; alles Andere kommt erst in zweiter Reihe. Es wird, daran ist nicht groß zu zweifeln, diesmal eine Verständigung über die neue Steuer erzielt werden, aber ohne Abänderungen geht es. in keinem Falle ab; sowohl die Reichsregierung, wie die conservative Partei wird Cvnzessionen machen müssen. Die verschiedenen Steuersätze, welche die Vor lage in Aussicht nimmt, rufen ferner eine große Complicirtheit hervor. Es wäre doch sehr angebracht, zu erörtern, ob diese verschiedenen Ansätze nicht besser beseitigt und dafür ein Einheitssatz gewählt würde. Die Verkeilung und Controlle des mit dem geringe ren Steuersätze velasteten Woholquantums ist nicht nur mühselig und zeitraubend, sondern sie kostet auch viel Geld, das anderweitig besser verwendet werden kann. Natürlich soll der billigere Steuersatz den Hauptbedarf an Branntwein vor allzu großer Ver- lheuerung schützen; aber es ist doch sehr fraglich, ob dies Ziel damit erreicht wird. Im Hintergründe steht der höhere Steuersatz, und der wird stets als Preissteigerung für das minder hoch besteuerte Brannt weinquantum dienen. Verdenken kann man es ja auch den intereffirten Kreisen nicht, wenn sie jede Gelegen heit benutzen, den Preis ihrer Products zu erhöhen. Außer diesen Hauptpunkten bietet die neue Vorlage noch manches Andere, was reiflich überlegt sein will und eingehende Besprechung erfordern wird; dem Reichs tag erwächst damit eine wichtige und folgenschwere Arbeit, die nicht über's Knie gebrochen werden kann. Das Ende läßt sich freilich absehen: die Branntwein steuervorlage ist da und sie wird auch zum Gesetz er hoben werden. Fürst Bismarck hat eben s,doppelte Mehrheiten: Nationalliberale und Conservative für die Branntweinsteuer, Centrum und Conservative für die Erhöhung der Kornzölle. Politische Rundschau. Deutsches Reich. KaiserWilhelmhatte Donnerstag Nachmittag nach der Rückkehr von einer Spazierfahrt eine längere Conferenz mit dem Minister von Puttkamer. Freitag Vormittag nahm der Kaiser den Vortrag des Grafen Perponcher entgegen und erledigte Regierungsangelegen heiten. Mittags empfing der Kaiser den Feldmarschall Grafen Moltke und den neu ernannten Vice-Präsidenten des Reichsbank-Directoriums vr. Koch. Vor dem Diner unternahm der Kaiser eine Spazierfahrt im Thiergarten. Aus Schleswig wird gemeldet, der Kaiser werde der Eröffnung der Arbeiten für den Nordostsee canal persönlich beiwohnen. Die Feierlichkeit soll am 6. Juni bei Kiel stattfinden. Der „Germania" wird mitgetheilt, daß der Herzog von Ratibor, Präsident des preußischen Herrenhauses, Graf Frankenberg und andere Herren eine Dank adresse an den Papst in Umlauf setzen. Aus Paris wird der „Voss. Ztg." gemeldet, daß der deutsche Botschafter Graf Münster eine sehr herzliche Unterhaltung mit dem Minister Flou- rens hatte, dem er seine Frmde ausdrückte, daß die durch den Schnebele-Fall hervorgerufene Erregung be seitigt sei. Flourens versicherte ihn der friedlichsten Gesinnungen der französischen Regierung. Nach einer Meldung der „Pol. Corr." aus War schau wurde die Erweiterung der dortigen Militär-Proviantmagazine und die Errichtung eines zweiten solchen Magazins erster Klasse beschlossen. Der Bundesrath hat Donnerstag den Gesetzent wurf betr. die Verwendung gesundheitsschädlicher Far ben rc. und die Novelle zu dem Gesetzentwurf über den Verkehr mit Nahrungs- Md Genußmitteln angenommen. In Würzburg schlossen Freisinnige und National liberale ein Landtagswahlbündniß gegen die So- cialisten. Die „Nordd. Allg. Ztg." betheuert von Neuem russischen Blättern gegenüber, daß Deutschland bis zum Berliner Congresse sich absolut nicht Rußland gegen übergestellt habe. Erst als nach dem Congresse Ruß land eine feindliche Miene gegen Deutschland annahm, wurde das Bündniß mit Oesterreich nöthig. In Königsberg i. Pr. sind von der Polizei sechs Handwerker wegen socialdemokratischer Verbindung und wegen Verbreitung socialdemokratischer Schriften ver haftet worden. Aus Hamburg und Umgebung sind auf Grund des Socialistengesetzes ein Journalist und ein Cigarren arbeiter ausgewiesen worden. Die Aenderung der elsässischen Gemeinde ordnung, wonach Gemeinden Berufsbürgermeister er halten sollen, wird auf Städte mit 10,000 Einwohnern beschränkt werden. Darnach würde die Aenderung Bedeutung haben für die Städte: Straßburg, Mül hausen, Metz, Colmar, Gebweiler, Markirch, Hagenau, Schlettstadt und Saargemünd. Das preußische Abgeordnetenhaus^ genehmigte am Freitag ohne besondere Debatte den Staatsvertrag mit Waldeck Md den Nachtragsetat in 2. Lesung. Die zweite Berathung des Kreistheilungsgesetzes für Posen und Westpreußen wurden von der Tagesordnung ab gesetzt. Nächste Sitzung: Sonnabend 11 Uhr. Frankreich. 12 Millionen Ersparnisse hat die französische Regierung berm neuen Budget herausgerechnet. Das genügt aber der Kammercommission noch nicht, die Regierung soll mehr schaffen. Da kann man auch sagen: „Woher nehmen und nicht stehlen?" Ueber die letzten Pariser Krawalle wird der „Voss. Ztg." telegraphirt: Am Donnerstag Abend strömte der Pöbel wieder beim Eden-Theater zusammen und begann zu brüllen: „Nach Berlin, zur deutschen Botschaft!" Die Polizei jagte die Menge aber kräf tig auseinander. Von den Festgenommenen ist der jüngste 15, der älteste 28 Jahre; es sind Tagelöhner, Zuckerbäcker, Lehrlinge, Hausirer. Die Umgebung der deutschen Botschaft war polizeilich stark besetzt, doch blieb dort Alles ruhig. Theaterdirector Lamoureux erhielt zahlreiche Drohbriefe. 400 Personen sind durch das Verbot der Lohengrinaufführungen brodlos gewor den, sie wurden mühsam von Excessm gegen den Heraus-