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Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage . Filialen: in Altftadtmaldenburg bei Herrn nach Sonn- und Festlagen. Utto Kaufmann Max Liebszsit; in Penig bei Annahme von Inseraten für die nächster. V HerrnKaufmannRob. Härtia, Mandelgafle; scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. z M SA 48» »4 m Nochsburg bei Herrn Buchhalter Fauth; Der Abonnementspreis beträgt visrteljähr- FH? S S S N» SN s 8 s R in Lunzenau bei Hrn. üuchhdtr. E. Dietze; lich 1 Ml. 25 Pf. ch-H HG Hit V AH v - in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. in Lichtenstein b. Hrn. Buchh. I. Wehrmann. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. Amtsblatt sm dm Ktadtrath su Waldenburg. Zugleich iveit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchurs aorf, Langen leuba-Niederham, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheims «2. Donnerstag, de» 17. März 1887 Wittcrnngsaussichten für den 17. März: Wind um Ost bis Süd. Vorwiegend bewölkt, Neigung zu Niederschlägen, kühle Temperatur. Zu dem Sonntag, den 20. März, abends '/-8 Uhr im Rathskeller stattfindenden letzten parochialen Familienabende werden hierdurch die er wachsene« Glieder der Gemeinde eingeladen. Der Kirchenvorstand zu Waldenburg. Oberpf. Thomas, Bors. *Waldenbnrg, 16. März 1887. Aus Petersburg war die Nachricht gekommen, auf j den Czaren sei am Sonntag, dem Todestag seines Vaters, gleichfalls ein Attentat verübt worden, das aber erfolglos geblieben. Diese Mittheilung ist für unwahr nicht nur erklärt worden, sondern sie ist es ; auch thatsächlich. Wahr ist hingegen, daß für diesen - Tag von den Nihilisten wirklich ein Attentat geplant - gewesen ist: Alexander III. sollte wie sein Vater durch ! Sprengbomben den Tod erleiden. Die Ausführung des Verbrechens ist durch ein kleines Ungefähr verhin dert worden, nämlich dadurch, daß Alexander III. auf dem Heimwege von der Kirche einen anderen Weg einschlug. Die Verbrecher sind verhaftet. Es mögen über die Gewalt der Sprengmittel übertriebene Nach richten vorliegen; darüber, daß ein neues Attentat ge plant war, ist kein Zweifel mehr, und wenn russische Duellen es noch so oft in Abrede zu stellen versuchen. Sechs Jahre sitzt Alexander III. gegenwärtig auf dem russischen Kaiserthron. Mindestens ein Attentat im Jahre ist gegen ihn versucht worden; immer aber ist er den Mörderhänden glücklich entgangen und wir wollen wünschen, daß es auch in Zukunft so sein möge. Denn daß der gegenwärtige Attentatsvcrsuch der letzte gewesen sein möge, das kann man wohl hoffen, mit ' der Erfüllung dieser Hoffnung ist es indessen eine i andere Sache. Der vorletzte Attentatsplan wurde vor 's einem Jahre in Südrußland entdeckt; es war eine i umfassende nihilistische Verschwörung, welche das Leben des Kaisers bedrohte. Der mächtige Czar, der nach ; dem Süden gekommen war, um die Bevölkerung neu s und fester an den Thron zu ketten, wurde dadurch ; hinter die von einem dreifachen Soldaten-Ringe um- i gebenen Parkmauern von Livadia gebannt. Jetzt ist der Kaiser »ach dem festungsartig bewachten und ver- ' schanzten Schlosse Gatschina gereist! Wirklich, man s kann sagen, armer Czar! Wie viele Nihilisten sind nicht schon in den sechs : Jahren der Regierung des dritten Alexander hinge- richtet, deportirt oder für alle Zeiten hinter Kerker mauern begraben? Und es hilft Alles nichts! Ein grelles, furchtbares Licht wirft die vor Kurzem erfolgte Entdeckung einer nihilistischen Verschwörung in der Petersburger Marine-Akademie auf die russischen Zu stände. Der Leiter derselben war ein höherer Offizier, wie denn überhaupt der Nihilismus aus den höheren Gesellschaftskreisen sich am stärksten rekrutirt. Aber es würde doch nicht so weit gekommen sein, wie es . jetzt ist, wenn nicht die breite Menge des Volkes so I theilnahmslos dem Nihilismus gegenüberstände. Wieder- I holt schon schienen die Nihilisten vollständig ausgerottet, bis dann plötzlich ein sensationelles Ereigniß bewies, daß sie immer noch am Platze waren. Man sollte doch meinen, wenn ein ganzes Volk den Kampf gegen diese verruchte Mörderbande anfnähme, müßte ihre Unterdrückung gelingen, müßten den Behörden die lange gesuchten Verbrecher in die Hände kommen. Aber da liegt es gerade! Im russischen Volke, nicht nur in den unteren Schichten, sondern erst recht in den wohl habenden Kreisen, herrscht eine tiefgehende Unzufrieden heit und Verdrießlichkeit über die gegenwärtigen russischen Zustände, die den Nihilisten allerlei Helfershelfer zu treibt. Und auch das ist kein Wunder. Die fort währenden Kriegshetzereien und Allarmmeldungen, die von Petersburg und Moskau ausgehen, und in denen der dritte Mann in Rußland, der Moskauer Geheim- rath und Redacteur Katkow so groß ist, haben Ruß lands Credit im Auslande gefährdet, seinen Wohlstand im Innern tief geschädigt. Mit aller Energie pro- testiren die besonnenen Blätter gegen das tolle Treiben, sie verweisen auf die Millionen, welche dadurch verlo ren, aber Alles bleibt beim Alten. Die Mißstimmung in Rußland ist somit begreiflich, und sie erklärt wieder die Existenzfähigkeit des Nihilismus. Polizei und Soldaten hat Alexander III. in den verflossenen 6 Jahren gegen die heimlichen Mörder in Menge auf geboten, aber der Erfolg hat den Erwartungen in keinem Falle entsprochen, und damit wird bewiesen, daß Polizeimaßregeln allein nichts ausrichten. Die russische Regierung ist in alten Formen erstarrt; die Reformen, die zeitweise unternommen sind, genügen der modernen Zeit nicht, man wird eben weiter gehen müssen. Czar Alexander glaubte in dem Neuanfachen des russischen Nationalgedankens ein Mittel gegen die Nihilisten gefunden zu haben, aber auch darunter leiden nur die Deutschen in Rußland, aber nicht die Nihilisten. Gegen die giebts nur Eins: Reformen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Kaiser Wilhem empfing am Dienstag Vormittag die Besuche nachstehender zu den Geburtstagsfeierlich keiten in Berlin eingetroffensr Fürstlichkeiten: Des Großherzogs und der Großherzogin von Baden und des Prinzen Ludwig von Baden, des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz. Der Kaiser nahm darauf die Vorträge des Grafen Perponcher, des Grafen Eulenburg und des Polizeipräsidenten entgegen, arbeitete Mittags längere Zeit mit den Generalen von Caprivi und Albedyll und unternahm darauf eine Spazierfahrt. Die Heiserkeit des Kronprinzen hat sich soweit gelegt, daß derselbe eine größere Zahl von Audienzen ertheilen konnte. Nach einem Telegramm aus Hamburg hat der Reichskanzler Fürst Bismarck dem Senat anläßlich des Ablebens des ersten Bürgermeisters Or. Kirchen- pauer ein Beileidschreiben übersandt, in welchemderselbe in anerkennenden Worten seiner persönlichen Beziehungen zu dem Verstorbenen gedenkt. Wie der Staatsanzeiger für Württemberg meldet, hat der Kaiser einen Tag nach der Annahme der Militärvorlage im Reichstage ein Telegramm an den König Karl in Nizza gerichtet, in welchem er der so gut ausgefallenen Wahlen in Württemberg gedachte, welche die Annahme der Militär-Vorlage herbeiführen halfen. An seinem 90. Geburtstage wird Kaiser Wilhelm von nicht weniger als fünfundachtzig Mitgliedern souveräner Häuser umgeben sein. Eine derartige Fürstenversammlung ist wohl ebenso einzig, wie der Anlaß, aus welchem sie stattfindet. Im Petersburger „Herold", also einem russischen Blatte, lesen wir folgende Zeilen: „Schon vielfach ist über grobe Grenzverletzungen Seitens russischer Grenzsoldaten und damit zusammenhängende Mißhand lungen und Chikanen deutscher Unterthanen berichtet worden. Ein ganz eklatanter Fall hat sich dieser Tage wiederum an der Grenze des Kreises Wreschen abge- - spielt: Der Wirthschaftsinspector von Bloniszewski - auf Preußisch-Szamorzewo ging den neutralen Weg ! an der Grenze des Gutes entlang und bog dann auf ! preußisches Gebiet ein, als er drei russische Grenz- - soldaten auf sich zukommen sah. Etwa 15 Meter auf ; preußischem Territorium holten diese ihn ein und Herr ; von B. glaubte, sie beabsichtigten, sich von ihm Ciga- ! retten auszubitten, wie das schon früher wiederholt ge- i schehen. Indem er in die Tasche griff, um die Ciga- ; retten herauszunehmen, packte der eine Soldat ihn bei i der Brust, ein zweiter gab ihm einen Säbelhieb über : den Kopf, daß er zusammenbrach und nun hieben alle ! drei gemeinschaftlich auf ihn ein. Vollständig von ! Blut überströmt schleppten die Soldaten Herrn von B. ! über die Grenze in das Wachtlokal, woselbst sie auf ; Befehl des Wachthabenden den Gefangenen nochmals i mißhandelten und ihn dann gebunden nach der drei Meilen entfernten Station zum Kapitän führten. Durch Wunden und Blutverlust war der Gemißhan- delte außer Stande, zu Fuß zu gehen, es wurde ihm aber trotzdem auf vieles Bitten gestattet, sich ein Fuhr werk zu miethen. Am anderen Tage wurde der Ge fangene dem Director der russischen Kammer in Slupce übergeben, der ihn nach Erlegung von 4'/a Rubeln Strafe für unbefugte Grenzüberschreitung entließ. Laut ärztlichem Zeugniß sind dem Gemißhandelten 40 Wunden zugefügt; die Kleider sind ihm vollständig zer rissen worden. Nachträglich sollen Herrn von B. 2000 Rubel geboten sein, wenn derselbe von einer Anzeige des Vorfalles Abstand nehmen würde. Ange sichts solcher aller Civilisation Hohn sprechender Vor kommnisse wäre es doch endlich an der Zeit, durch energische Maßregeln denselben vorzubeugen und Gut "und Leben der deutschen Staatsbürger nicht derartiger Willkür preiszugeben." Wir haben den Darlegungen des russischen Blattes nichts weiter hinzuzufügen. Zugleich mit der Kabinetsordre über die Ausfüh rung des neuen Militärgesetzes ist auch die über die Ein führung des leichteren Jnfanteriegepäckes pub- lizirt worden. Damit ist ein bedeutsamer Moment im deutschen Militärleben gekommen, der eine Ergän zung zu der bereits früher bewirkten Einführung des neuen Repetirgewehres ist. Das Repetirgewehr gab der deutschen Armee die beste Feuerwaffe der Neuzeit und in dieser Beziehung einen Vorsprung vor anderen Militärstaaten, der erst in einer Reihe von Jahren wieder einzuholen ist, die Errichtung der neuen Kadres , erhöht die Kraft und Stärke der deutschen Armee, die Einführung des neuen Gepäcks ihre Beweglichkeit > und Frische und darum ihre Schlagfertigkeit. Alle drei Punkte zusammengenommen halten das alte Ur theil, daß die deutsche Reichsarmee die erste Europa's sei, auch für die Zukunft aufrecht. Das deutsche Reich hat viel, sehr viel für die Wehrhaftigkeit seiner Armee gethan; mögen nun aber auch die daran geknüpften Erwartungen in vollem Umfange eintreten, nämlich uns der Frieden dauernd erhalten bleiben, damit fried liche Arbeit einen Ersatz der schweren Militärlasten bieten kann. Wenn der Reichstag im bisherigen Tempo die Etatsberathung fortsetzt, so kann er dieselbe mit aller Bequemlichkeit bis zum 1. April beenden. Viel geän dert werden wird auf keinen Fall. Beim Postetat sind die Abstriche gering, beim Marineetat wird auch