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nuugSjahre 1909 bis 1913 ermittelte ErtrazSwert dieses Anlagekapital übersteigt. In Anrechnung auf die Abfindung übernimmt das Reich die schwebenden Schulden der Länder zum Nennwert nach dem Stande vom 31. März 1920. AuS dem Abkommen ist noch zu erwähnen, daß in Zukunft die vierte Wagenklaffe ganz mit Sitzplätzen^ ausgestatlct werden soll: die Kleinbahnen werden vom Reiche wie bisher weiter ausgebaut. Die Beamten werden vom Reiche ohne Ausnahme übernommen, desgleichen gehen alle Berpflich tungen der Länder auf das Reich über. Für die Ueber gangSzeit verbleiben die bisherigen Behörden vorläufig als Zweigstellen des ReichsverkehrsministeriumS, um jede Er schütterung zu vermeiden. Die Parlamente werden die Vorlage noch vor dem 1. April verabschieden. Die interalliierte Regierungskommisfion hat eine Anord nung erlassen, worin sie für die oberschlesischen Eisenbahn- Werkstätten das frühere Akkordlohnsystem wieder einsührt, mir der Begründung, daß die Versorgung der oberschlesischen Bevöl'erung mit Lebensmitteln vor allem von der Besserung des Eisenbahnverkehrs im Abstimmungsgebiet, diese Besserung aber wieder von der Anzahl der verfügbaren Lokomotiven und Eisenbahnwagen abhängt. Der Geschäftsführer der Reichsfischversorgung, Georg Nathan, ist aus der Untersuchungshaft entlassen worden U"d wieder nach Berlin zurückgekehrt, nachdem die eingehend geführte Voruntersuchung ergeben hat, daß Nathan keinerlei persönliche Vorteile erstrebt hat, und nachdem die vorgesetzte Stelle für die seitens der Reichsfischversorgung betriebene Preispolitik die persönliche Verantwortung übernommen hat. Das Verfahren wird seinen Fortgang nehmen, da der die Untersuchung führende Richter nach wie vor den Standpunkt vertritt., daß auch die KriegSgesellschafien bei Feststellung der Preise, trotzdem ein etwaiger Gewinn ausschließlich der Reichskaffe zufließt, an dir allgemeinen gesetzlichen Bestim mungen über die Preisbemeffung bei Lebensmitteln und Gegenständen del täglichen Bedarfs gebunden seien. Die Bielefelder Vereinbarungen drohen zu schei tern. Die Kampfleitung der Roten Armee will sich den Abmachungen nicht fügen. Die Kämpfe bei Wesel dauern in unverminderter Stärke fort Die Meldung von der Einnahme der Festung durch die Roten Truppen bestätigt sich nicht. Kleinere Abteilungen waren bis kurz vor die Stadt vorgedrungen, konnten sich aber aus die Dauer nicht harten. Ueberhaupt sind die Reichswehrlruppen den Roten Soldaten trotz ihrer numerischen Ueberlegenheit — es stehen etwa 5000 Reichswehrtruppen 80,000 Mann Roten Truppen gegenüber — infolge ihrer straffen Führung und Disziplin bedeutend überlegen Die Festung liegt unter schwerem ArtiÜeriefluer. Eine große Anzahl Häuser find zerstört und mehrere Einwohner, darunter Frauen und Kinder, ge tötet. und verwundet. Nicht weniger a>S 65 Mark täglichen Sold sowie Ver pflegung und Ersatz für Kleidungsstücke erhalten in Duis- bgrg nach einer Anordnung des Roten Bollzugsrats die Ä »yipftruppen der roten Armee vom Tage ihrer An Werbung an. Die Mitglieder der Arbeiterwehr für den Sicherheitsdienst und die übrigen im Dienst des Vollzugs ratö arbeitenden Personen erhalten 40 Mark täglich und freie Verpflegung, weibliche Personen 30 Mk. Der Betrag ist von der Staatskaffe an den Vollzugsrat unverzüglich anzuweisen. Die Stadt ist, wie der BollzugSrat gleichzeitig be'chloffen hat, ermächtigt, die Kosten für die Löhne und Verpflegung von den Unternehmern anzufordern. Auch die Streiktage find von den Unternehmern zu bezahlen. Der parlamentarische Aktionsausschuß der vereinigten bayerischen Bauernschaft wandte sich auf di» Nachricht, daß im Reiche die Bildung einer reinen Arbeiterregierung geplant sei, telegraphisch an den Reichskanzler und erklärte, daß der Ausschuß den Plan einer solchen Regierung ab- lehne und dagegen den Lieferftreik in schärfster Form plane. Daß Frankreich die Unruhen in Deutschland wieder zum Anlaß nehmen würde, die Kohlenversorgung auf das Tapet za bringen, ließ sich voraussehen um so mehr da es jetzt einen Schein von Recht vorweisen kann. Es ist aber nur ein Schein von Recht, denn es ist kein Beweis dafür er bracht, daß die deutsche Kohlenabgabe an Frankreich dauernd beeinträchtigt ist; er besteht bei uns der volle Will?, den unZ obliegenden Verpflichtungen nachzukou men. Es ist daher nicht anzunehmen, daß England ohne weiteres einer fran zösischen Forderung aus Besetzung des Ruhrgebietes zum Zwecke der Sicherung der Kohlenabgabe an Frankreich Altstimmen wird. Von Italien ist eine Billigung solcher Forderungen aus Paris überhaupt nicht zu erwarten. Der Achtstundentag ist auch in England und in Frank- xeich. gesetzlich ein geführt worden, steht aber in beiden Ländern tatsächlich nur auf dem Papier. Man richtet sich nicht nach den Paragraphen, sondern nach den Aufträgen u?.d nach den vorhandenen Rohmaterialien, während in Rußland die Arbeitszeit verschiedentlich, z. B. in Leder, auf 10 bis 12 Stunden erhöht worden ist. In englischen und französischen Zeitungen werden bereits zahlreiche Stimmen laut, die Dauer der Arbeitszeit wieder der freien Verein barung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sür alle Sjaaten anheim zu geben, besonders in der Erzeugung von wichtigen Rohmaterialien. ES ist affo mit dieser Neu regelung zu rechnen, an der auch Deutschland richt ohne weiteres vorübergehen können wird, wenn wir nicht teurer produzieren wollen, als jede Konkurrenz. Und das können Wir nicht, weil wir dann keine Lebensmittel und Roh waterialien kaufen können. Durch die letzten politischen Zwischenfälle ist naturgemäß die Debatte über die Revision des FriedenSvertrages von Versailles, die von dem früheren englischen Premier- Minister Asquith im Unterhause in London angeregt worden war, ins Stocken geraten, aber der Hauptpunkt der Ab änderung der nur Deutschlands sofortige Aufnahme als gleichberechtigtes Mitglied in den Völkerbund bedeuten kann, ist wenigstens llargestcllt. Von der Anregung bis zur Ver wirklichung ist freilich noch ein weiter Schritt, aber man sollte meinen, daß hiermit nicht gezögert werden kann, wenn die internationale Anleihe für Deutschland im Prinzip zu gestanden ist. Die wichtigste Folge der Aufnahme in den Völkerbund soll eben die sofortige und gleichberechtigte Ver sorgung Deutschlands mit Lebensmitteln und Rohmaterialien sein, natürlich gegen Bezahlung! Zum deutschen Bevollmächtigten für das Abstimmungs gebiet in Oberschlefien ist der frühere Oberpräsident von Schlesien Fürst von Hatzfeld, Herzog zu Trachenberg, er nannt worden Hauptmann Cleinow, eine der für Radek von der russi schen Sowjctregierung fcstgehaltenen Geiseln, ist in Deutsch land eingetroffen. Die Rückkehr der vier übrigen Geiseln steht unmittelbar bevor. Der braunschweigische Landtag hat beschlossen, daß spätestens in der ersten Hälfte des Mai die Neuwahl des Landtages zu erfolgen hat. Die Ruhrrepublik breitet sich aus. Die Städte Glad beck und Recklinghausen sind von der roten Armee besetzt worden. Letztere rückt gegen Lüdinghausen vor. In Neuß, Kaiserswerth und Krefeld haben die Arbeiterorganisationen den Anschluß an die Ruhrrepublik ausgerufen. Englische Truppenabteilungen haben die genannten Städte besetzt. Holland. Im Zusammenhang mit den Ereignissen an der hollän dischen Grenze werden wahrscheinlich drei Jahrgänge der 2 Division unter die Fahnen gerufen werden. Der Grenzkorrespondent des Amsterdamer „Handelsblad" berichtet, man befürchte, daß die Truppen, die Wesel bedrohen und jetzt auch Emmerich besetzen wollen, in der Nähe der hol ländischen Grenze Kampfhandlungen unternehmen könnten. Von einem niederländischen Torpedoboot ist der deutsche Minensucher „U. Z. 18" nach Amsterdam eingebracht und vorläufig interniert worden. Die holländische Regierung hat dem vormaligen deutschen Kronprinzen die Insel Wieringen als amtlichen Aufent haltSorl in den Niederlanden zugewiesen. Dänemark. Wie die Zeitungen aus Flensburg melden, hat die inter alliierte Kommission dem Ansuchen des dänischen Ministers sür Schleswig, Hansen, zugeftimmt, daß Dänemark die erste schleswigsche Zone bis zur sogenannten Clausenschen Linie mit Militär und Zivilbehörden besetzt. Polen. Die polnische Antwort auf das russische Friedens angebot wurde durch Minister Patek den Gesandten der Ententemächte in Warschau überreicht. Die Antwort ent hält die folgenden wichtigsten Punkte: 1. Wiedergutmachung des geschichtlichen Teilungsunrechts und Desannektion aller, von Rußland seinerzeit besetzten polnischen Länder; 2. Ruß land entsagt allen Ansprüchen auf die ehemals polnischen Gebietsteile; 3. Rußland anerkennt die Unabhängigkeit der auf dem Boden Rußlands begründeten Nationalstaaten; 4. Pvlen wird einen Anteil an den russischen Goldbeständen Haden, und zwar noch dem Stande der russischen National bank vom 1. Juli 1914; 5 Rückgabe oller polnischen Archive und Bibliotheken, v. Entschädigung für die in den Kriegs- jahrcn 1914—1916, sowie im Revolutionsjahre 1917 durch den Krieg in Polen verursachten Schäden; 7. Verzicht auf die bolschewistische Propaganda in Polen; 8. Ratifizierung des FriedenSvertrages durch die höchste russische Körperschaft, welche den Willen des russischen Volkes repräsentiert. Im Falle der Annahme dieser Bedingungen werden sofort detail lierte mündliche Verhandlungen ausgenommen werden. Diese Antwort soll aber erst abgesandt werden nach Abschluß der Verhandlungen mit der lettischen und rumänischen Regie rungsabordnung. Breslauer Meldungen zufolge ist es in Lodz zu schweren bolschewistischen Unruhen gekommen. Die Arbeiter bewaffneten sich und plünderten zahlreiche Geschäfte. Erst ein großes Truppenaufgebot vermochte die Ruhe wiederher zustellen. Die Lage ist nach wie vor außerordentlich ernst. Nrantreich. Der Textilarbeiterstreik in Roubaix, an dem mehr als "60,000 Arbeiter teilnahmen, trägt revolutionären Cha rakter. Es finden große Demonstrationen statt mit Hoch rufen aus das revolutionäre Deutschland und Rußland. Aus dem Seine-Departement find Dienstag und Mittwoch eine Anzahl Truppentransportzüge in das besetzte Rhein- land abgegangen Man schätzt die abgegangenen Verftär kungcn auf 11,000 Mann. Sie führen Artillerie mit sich. Wie die Abendblätter melden, wird demnächst eine deutsch französische Kommission zusammentreten, um über ein Wirt schaftsabkommen zwischen Frankreich und Deutschland zu verhandeln. Deutschland werde durch Ministerialdirektor Goeppert, den Vorsitzenden der deutschen Friedensdelegation, und durch Geheimrat b. Lesövre vom Reichswirtschastsmini- sterium vertreten sein. In der Kammer hielt der Minister des Aeußeren Bar- thou eine große Rede über das französisch-englische Verhältnis. Er sagte hierbei, England habe die Vernich tung der deutschen Flotte durchgesetzt, während man zu Lande nicht die Entwaffnung Deutschlands erlangt habe. In Ruß land dürfe Frankreich nicht zu spät kommen. Die Lasten, die Frankreich auferlegt seien, geben ihm Rechte, die es geltend machen müsse. Die Rede wurde mit gewaltigem Beifall ausgenommen. England. In Dublin fanden Zusammenstöße zwischen britischem Militär und Zivilisten statt. Zwei Personen wurden durch Revolverschüfsc getötet und fünf verwundet. England hat mit der livländischen Regierung ein Ab- kommen geschloffen, das sür England ein Monopol für die Ausfuhr von Holz und Hanf aus Livland vorsieht. Die Londoner Konferenz der Minister und Botschafter behandelte am Donnerstag die Paragraphen des türkischen Friedensabkommens bezüglich Arabiens. 200,000 Arbeiter der englischen Baumwollindustrie ver langen eine Lohnerhöhung von 60 v.H. Das würde eine Steigerung von insgesamt 300 v. H. seit Kriegsausbruch bedeuten. Rutzland. Ein Funkspruch vom letzten Sonnabend lautet: Der große Sowjet in Moskau hat mit allen gegen 7 Stimmen 48 Millionen Rubel bewilligt zur Unterstützung der deut schen Sowjetregierung. In Moskau ist eine tschechoslowakische Mission eingetroffen, welche mit der russischen Sowjctregierung Ver handlungen über die Rückkehr der Gefangenen und Inter nierten sowie Anknüpfung von Handelsbeziehungen auf nehmen will. In Perm hat dieser Tage der Prozeß gegen die Mör der des Zaren stattgefunden. Die sozialistisch-revolutionäre Partei wurde der Verantwortlichkeit geziehen. Unter den Beschuldigten, 28 an der Zahl, befanden sich drei Führer des Sowjets in Jekaterinenburg, zwei Frauen und verschie dene Gendarmen aus dem ehemaligen kaiserlichen Gefolge. Der Prozeß dauerte zwei Tage. Die Anklage lautete auf Mord an dem ehemaligen Zaren, der Zarin, den Großfür st« nen Olga, Maria, Anastasia und deren Gefolge Von einem Morde an dem Kronprinzen und an der jüngsten Großfürstin Tatjana war nicht die Rede. Der Hauptan geklagte, Jachuloff, berief sich darauf, daß er lediglich den Befehl der revolutionären Partei auSgesührt habe, als das Heer der Tschecho-Slowaken sich der Stadt genähert haben. Er gab zu, an dem Morde teilgenommen zu haben. Ja chuloff, vier Sozialrevolutionäre und neun Gendarmen wur den zum Tode verurteilt. Amerika. Die Ueberparität des amerikanischen Dollars scheint für Amerika wenig erfreuliche Folgen zu zeigen. Der ameri kanische Export zeigt einen starken Rückgang, während der Import sehr bedeutend zugenommen hat. Aus dem Muldentale. "Waldenburg, 27. März. Der seit dem Jahre 1914 hier bestehende KriegShilfrauSschuß hat gestern Nachmittag seine 80. Sitzung abgehalten. Mit dieser Sitzung hat er zugleich seine Tätigkeit eingestellt, da derartige Unterstützungen nicht mehr zu gewähren find. Der Schriftführer des Aus schusses, Herr Stadtsteuereinnehmer Peukert, und der Ge schäftsführer des Heimatdankes, Herr Assistent Rüder, erhielten für ihre Betätigung in der KricgSwohlfahrtSpflege seitens der Kreishauptmannschaft Chemnitz je eine Anerkennungs urkunde. *— Gestern Freitag haben die Schulen unserer Stadt ihre Pforten geschloffen. Die Osterferien haben damit be gonnen. Das neue Schuljahr wird Montag, den 12. April anfangen. Morgen zum Palmsonntag treten wieder zahl reiche junge Christen vor den Altar des Herrn, um den Segen zum Eintritt in die Reihe der erwachsenen Christen zu empfangen. Mögen sie, in schwerer Zeit ausgewachsen, unser Vaterland einer glücklicheren Zukunft entgegenführen, als eS uns die Jetztzeit mit ihrer verderblichen Moral und ihren verwilderten Sitten zeigt. Eine straffere Erziehung und die geistige Ertüchtigung unserer Jugend sind die Vor bedingungen zum Wiederaufbau eines neuen Deutschlands. Auf dieses Ziel muß unsere ZukunstSarbeit gerichtet sein. *— Wie aus Dresden gemeldet wird, besteht sür unsere Ernährung keine unmittelbare Gefahr. Im Gegenteil die Lage soll sich in den letzten Tagen durch Zufuhren gebessert haben. *— Die seit Wochen zwischen den ZeitungS Papierfabrikanten, den zuständigen Reichsstellen und den ZeitungS Verleger Or ganisalionen gepflogenen Verhandlungen haben dazu geführt, daß der Zuschlag zum Zeitungspapierpreis eine weitere Er höhung um 117,50 Mk. für 100 Kilogramm erfährt, so daß nunmehr 100 Kilogramm ZeitvngSpapier über 340 Mk. kosten, während der Friedenspreis gegen 20 Mk. betrug. Rechnet man zu dem heutigen Preis das Rollgeld, den Ab riß (das ist der Verlust, der beim Druck entsteht), so kostet das Papier für eine einzige Nummer einer 4scitigen Zei tung dem Verleger selbst etwa 6—7 Pfg. Berücksichtigt man die erst vor kurzem an dieser Stelle milgeteilten anderweitigen gewaltigen Preissteigerungen, so kann man sich ein Bild von der Lage der Zeitungsdrucker machen. *— Das Sächsische Finanzministerium teilt mit: DaS KapilalertragSsteuergesetz ist von der Nationalversammlung angenommen worden. Die am 31. März 1920 fällig wer denden Zinsen und sonstigen Kapitalerträge unterliegen der KapitalertragSsteuer auch dann, wenn sie vor Inkrafttreten des KapilalertragSsteuergesetzes ausbezahlt werden Die Schuldner der Zinsen und Kapitalerträge hasten für die Zahlung der Kapitalertragssteuer. *— Die Chemnitzer Handelskammer erklärte sich damit einverstanden, daß an zuständiger Stelle Maßnahmen gegen das lleberhandnehmen der Ankaufsangebole von Fellen, Häuten und Mctallabfällen angeregt werden.