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nthalte, die seinen Verkauf als unthunlich erscheinen ^lassen. Herr Reimann verweigerte die Herausgabe der Briefes, ließ ihn aber von den Beamten lesen. Am 10. October erschienen die Beamten wieder mit einer Ver fügung des Staatsanwalts, um den Brief mit Beschlag zu belegen. Herr Reimann erklärte nun, er habe den Brief verkauft, woraus sich die Beamten entfernten. R. beschwerte sich wegen dieser Sache beim Justizminister, erhielt jedoch keine Antwort. Eine Richtigstellung dieser Angaben wird jedenfalls nicht auSbleiben. f Die Privatpostanstalten im deutschen Reiche wählten am 6. d. M. einen Arbeitsausschuß, den sie mit den weitgehendsten Vollmachten versahen, behufs Vc» tretung ihrer Interessen, gegenüber dem vom Staats sekretär v. Podbielski verfolgten Plane, Privatanstalten die Beförderung von geschlossenen Briefen gänzlich zu entziehen. Oesterreich-Ungarn. In der jüngsten Wiener ReichSrathssitzung kam rS zu einer Erörterung über da« Duell Wolff-GnicwoSz, wobei dir fürchterlichsten Schimpfworte hageldicht hinüber und herüber flogen. Mraukreich. Von der „Affaire", so bezeichnet man in Paris kurz die DreyfuSangelegenheit mit allen ihren Anhängseln, ist eS jetzt wesentlich stiller geworden, nachdem der oberste Gerichtshof die ergänzende Untersuchung in die Hand genommen hat. Die ehemaligen Kriegsminister, von Mercier bis Chanoinc, sind von dem Cassationshofe nun sämmtlich in eingehender Weise vernommen worden, ohne daß allerdings auch nur ein Wort über das Ergebniß der Verhandlungen in die Oeffentlichkeit gedrungen wäre. Von manchen Leuten wird dies Schweigen in einem Dreyfus ungünstigen Sinne gedeutet, da man sich sagt, daß die vernommenen Militärs, falls sie bei dem obersten Gerichtshof mit ihrer Meinung keinen Anklang gefunden hätten, wohl schon auf indirectem Wege für eine Beein flussung der Menge zu Gunsten ihrer Auffassung Sorge getragen hätten. Das Schweigen der Generalstabspresse gefällt den Dreyfusleuten daher nicht recht. Der Zwi schenfall, betreffend die Beschlagnahme eines von Ester hazy geschriebenen Briefes, der auf dem nämlichen Papiere geschrieben sein soll wie das Bordereau, beschäftigt die Pariser Presse noch immer außerordentlich. Es heißt jetzt, das Papier stamme aus dem militärisch-geographischen Institute, und es seien neuerdings noch 2 Schriftstücke von Esterhazys Hand beschlagnahmt worden, dre gleich falls das verdächtige Papier aufwiesen. Nach einer Pariser Meldung der „Times" soll der Caffationshof beabsichtigen, bei den Regierungen Deutschlands und Italiens die Erlaubniß zur Vernehmung von Schwartz- koppen und Panizzardi darüber nachzusuchen, ob diese beiden Militärattaches Beziehungen zu Dreyfus unter halten haben. Nachdem der deutsche Staatssekretär des Auswärtigen s. Z. in der Budgetcommission auf Anfrage des Abg. Richter erklärt hatte: „Ich beschränke mich darauf, auf das allerbestimmteste zu erklären, daß zwischen dem gegenwärtig aus der Teufelsinsel befindlichen Kapitän Dreyfus und irgend welchen deutschen Organen Be ziehungen oder Verbindungen irgendwelcher Art niemals bestanden haben," bedarf es einer Vernehmung Schwartz- koppens im Grunde genommen nicht mehr. Sollte sie dessen ungeachtet von dem französischen Gerichte gewünscht werden, so würde die deutsche Regierung diesem Wunsche jedenfalls entsprechen. WugLa»v. Die viel erörterte Guildhall-Rede des englischen Premierministers Salisbury wird neuerdings auch dahin gedeutet, daß England ein Bündniß mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika anstrebc. Vorläufig scheint man in Washington jedoch noch wenig Neigung zu ver spüren, dem englischen Liebcswerben Gehör zu schenken und es scheint, als gebe die Newyorker „World" die Stimmung der leitenden Kreise Nordamerikas wieder, wenn sie schreibt, Lord Salisbury sei voreilig in der Annahme, Amerika werde Englands asiatische Kastanien aus dem continentalen Feuer holen. Rußland. Ueber das Befinden des Zaren soll in Petersburger Hofkreisen Besorgniß herrschen. Seine Constitution ist stets eine zarte, schonungsbedürftige gewesen, und noch im Frühling d. I. wurde der Zar bei Truppenmusterungen in Zarskoje-Sselo mehrmals von Ohnmachtsfällen heim gesucht. Die Schwere der Regierungssorgen, mit denen es Nicolaus II. überaus gewissenhaft nimmt, hat sein Nervensystem recht ungünstig beeinflußt und eine solche vom Zaren selbst bemerkte Uebermündung herbeigeführt, daß er wiederholt die Minister in ihren Vorträgen eine längere Pause hat machen lasten. Diese Mittheilungen werden der „Dtsch. Tgsztg." gemacht. Ferner wird dem Blatte über scharfe Gegensätze berichtet, die zwischen allen rus sischen Ministern bestehen. Es laste sich zur Zeit gar nicht absehen, welche Wendung die innere und äußere Politik nehmen werde. Murawjew gerathe immer mehr in den Ruf, nicht zu wissen, was er eigentlich wolle. Die russische Presse schöpft aus der Salisburyschen Rede den Verdacht, England sei entschlossen, in Egyplen und Asien eine Politik fortzusetzen, die den Inter essen des europäischen Continents widerspreche. Die Blätter fordern die europäischen Mächte deshalb auf, in der Ueberzeugung von ihrer Kraft und ihrem Recht, den Engländern zu beweisen, daß sie nicht geneigt seien, britische Prätentionen zu dulden. Die Pforte ist entschlossen, gegen dir Ernennung des Prinzen Georg von Griechenland zum Gouverneur von Kreta bei der deutschen, wie bei der österreichisch ungarischen Regierung Protest cinzulegen. Da diese beiden Regierungen aber nicht gewillt sind, auS ihrer strengen Neutralität bezüglich Kretas herauSzutreten, so wird der Protest ergebnißlos bleiben. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 12. November. Bei hiesigem Post amt ist eine öffentliche Fernsprechstelle eingerichtet und in Betrieb genommen worden. Dieselbe ist zum Sprech- verkchr zugelaffen mit den Theilnehmern in Altenburg, Borna, Chemnitz, Crimmitschau, Glauchau, Hohenstein- Ernstthal, Leipzig, Meerane, Meuselwitz, Ronneburg und Zwenkau. Die Sprechgebühr beträgt durchweg 25 Pf. für die Gesprächsdauer von 3 Minuten, für dringende Gespräche die dreifache Gebühr. Daß die anzusprechende Person nicht an die öffentliche Fernsprechstelle angeschlosten und das Herbeiholen derselben erforderlich, so wird von dem verlangenden Theile außerdem 25 Pf. erhoben. * — Ein seltener Genuß wird morgen Sonntag Abend im Saale des Schönburger HofeS dem hiesigen Publikum geboten durch die in Aussicht stehende phantastische Soriee des Herrn Director Gaßner, welche sehr viel des Inter essanten, hier noch nie Gesehenen verspricht. Die „Münch. N. N." berichten hierüber Folgendes: „In Kils Collosseum erregten allabendlich die Vorführungen deS Herrn Director Gaßner großes Aufsehen und verdienten Beifall. Der berühmte Künstler hat die halbe civilisirte Welt bereist und überall Bewunderung hervorgcrufen. Er schnitt sich m einem Friseurladen in Hamburg den Kopf ab — stirbt — wird wieder lebendig! ! und geht vergnügt zur Thür hinaus. In einem Hotel in Wien wird der Kellner fast geistesverwirrt, als Herr Gaßner den eben ausgetragenen Fisch in einen lebendigen Hasen, und den Blumenstrauß an der Tafel in einen eleganten Vogel- käsig umwandelt. Auf dem Markte in St. Petersburg kauft er einen Korb voll Eier, schlägt dieselben auf und in jedem befindet sich ein blankes Goldstück, sodaß die Verkäuferin außer sich geräth. Er schleudert in einem Casö in Zürich einen Billardball nach einem kostbaren Spiegel, daß die Scherben klirrend zu Boden fallen, wischt mit dem Taschentuch darüber, und der Spiegel ist wieder ganz usw. usw." Herr Gaßner wird auch hier so viel Ungewöhnliches und Geheimnißoolles bieten, daß ein Besuch der Vorstellung zu den angenehmsten Erinnerungen zählen wird. * — Das Meteor in der Nacht zum Mittwoch ist be sonders schön in Greiz beobachtet worden. Auch dort hörte man kurz darauf rollenden Donner. In Zittau hatte ein Beobachter das Gefühl, als sei das Meteor in nicht allzu großer Entfernung, vielleicht im Gebirge bei Oybin, niedergegangen. * — Seine Durchlaucht Fürst Herbert Bismarck hat auf die vom Vorstande des Sächsischen Gemeindetages an ihn gerichtete Anfrage betreffs der Theilnahme des Vorstandes als Vertreter der sächsischen Gemeinden an der Beisetzung seines Vaters unter dem Ausdruck des Dankes für den das Andenken sein 8 Vaters ehrenden Wunsch erwidert, daß er in Rücksicht auf die Jahreszeit und den Mangel an Gelegenheit, die eintreffenden Depu tationen empfangen zu können, zu seinem Bedauern An stand nehmen müsse, Einladungen zur Beisetzung ergehen zu lasten. * — Ein früher strenger Winter soll uns nach bäuer lichen Wetterregeln bevorstehen. Wesentlich unterstützt werden diese Regeln durch die Thatsache, daß die Zug vögel aus hohem Norden, wie wilde Gänse und Enten, nicht allein sehr früh, sondern auch in großer Zahl er schienen sind. Die Erfahrung hat diese Wetterregel indessen nicht bestätigt. — In Glauchau kam um Freitag früh Herr Gen- darmerie-Oberinspector Oberstleutnant a. D. August Bern hard von Heygendorf aus Dresden an, um die Gendarmen der Amtshauptmannschaft Glauchau zu inspiciren. — Die Gerüchte wegen eines Verbrechens an dem am 30. October in Zwickau todt aufgefundencn Arbeiter Thümmler haben durch die Sektion desselben keine Be stätigung gefunden. — Die Stadt Rochlitz wird demnächst ein neues industrielles Unternehmen von Bedeutung erhalten. Es soll eine Eisengießerei errichtet werden und deren Bau, wenn es die Witterung erlaubt, schon im Januar be gonnen werden. — Mit Ende dieses Jahres scheiden die letzten So zialdemokraten aus dem Stadtverordneten-Collegium zu Wurzeu, wo sie noch dis vor wenig Jahren die Ma jorität hatten. Durch das feste Zusammenhalten der gutgesinnten Bürgerschaft wurden die Umsturzelemente und die Freisinnigen aus dem Stadtverordneten-Collegium verdrängt. Aus dem Sachsenlande. — Die Gesammtstrecke, welche bei den neun vom König in Sibyllenort veranstalteten Jagden erlegt worden ist, beträgt 3424 Stück, und zwar 1041 Fasancnhähne, 1067 Fasanenhennen, 41 Rehe, 1031 Hasen, 53 Reb hühner, 1 Schnepfe, 183 Kaninchen und 7 Stück Raub wild. — Die Baronin v. Bischoffshausen, eine in Friedrich stadt zu Dresden wohnhafte 4S Jahre alt Dame, gab sich am Montag Abend durch Genuß von Opium de« Tod. — Ihre Majestät di» Königin Karola ist am Freitag mit dem fahrplanmäßigen Schnellzuge nach 12 Uhr in Leipzig eingetroffen. In ihrer Begleitung befinden sich Oberhofmeister v. Malortie, Fräulein v. Nauendorff und Gräfin Einsiedel. Ein Empfang sand nicht statt. Die Königin fuhr direct nach der Wohnung des General« lieutenants v. Treitschke, um dort das Mittagsmahl ein« zunchmen. — Die in Leipzig tagende Versammlung des Ver bands Deutscher Fahrradsabrikanten hat beschlossen, an den preußischen Landtag eine Eingabe zu richten, worin auf die durch das Verbot de« Mitsührens von Fahr rädern in Expreß- und Schnellzügen herbcigesührte außer ordentlich schwere Schädigung der Fahrindustrie hinge wiesen wird. Im Juli nächsten Jahres soll in Berlin eine außerordentliche Generalversammlung des Verbands abgehalten werden, in der weitere Beschlüsse, unter an deren über die Beschickung von Ausstellungen, gesaßt werden sollen. — Der „Simplicissimus"-Zeichner Heine ist in Leipzig gegen 30,000 Mk. Sautron auf freien Fuß gesetzt worden. — Auf dem weiten Plane der vorjährigen Sächsisch- Thüringischen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung in Leipzig herrscht regstes Treiben; über hundert Arbeiter sind mit den Planirungsarbeite«, mit der Herstellung von Wegen rc. beschäftigt; schon gewinnt das Terrain das Ansehen öffentlicher Anlagen. In verhältnißmäßig kurzer Zeit wird nach den Plänen der städtischen Garten verwaltung der Albertpark aus dem Ausstellungsareale erstehen, zur Zierde der Stadt Leipzig und zur Freude ihrer Bewohner. — Einen sehr erfreulichen Beschluß faßten die Königl. sächs. Bezrrksschulinspectoren aui ihrer letzten Consereoz in Chemnitz dahingehend, daß in Zukunft in ihrem Dienstbereiche alle Titulaturphrasen, wie Hochwohlgeboren rc., in Wegfall zu kommen haben. — Eine Umwälzung in der Porzellanindustrie steht bevor, so wird aus MeitztU geschrieben, wenn sich ein Verfahren, das jetzt noch rm Versuchsstadium steht, als für die Praxis verwendbar herausstellen sollte. Es handelt sich um Versuche, die zur Herstellung von Por zellan dienende Masse tropfbar flüssig zu machen und den Guß zu ermöglichen. Es ist nämlich englischen Porzellanfabrikanten gelungen, im elektrischen Schmelz ofen den Thon in flüssigen Zustand zu überführen und durch Zusätze von Chemikalien zum Guß geeignet zu machen, doch liegen genauere Angaben über das Ver fahren noch nicht vor. — Einer Hochzeitsgesellschaft in Plaue« ist es vor einigen Tagen recht übel ergangen. Als der Hochzeits schmaus beginnen sollte, verlangte der Gastwirth erst Bezahlung. Da er Geld nicht bekommen konnte, sich auch nicht darauf einließ, sich vom Besteller den Rock oder dessen ganze Wirthschaft, wie ihm vorgeschlagen worden, verpfänden zu lassen, mußten die Hochzeitsgäste mit langen Gesichtern und leerem Magen wieher abziehen. An Verwünschungen der Hochzeitsgäste gegenüber dem Hochzeitsgebcr hat es, wie sich denken läßt, nicht gefehlt. — Die gesprungene, dann elektrisch gelöthete große Kirchenglocke in Wildtllftls ist wiederum gesprungen. — Bei den Stadtverordnctenwahlen in Reichenbach haben von 1366 in der Wahlliste verzeichneten Bürgern 734, etwas über 50 Prozent, von ihrem Wahlrecht Ge brauch gemacht. Es siegten diejenigen Candidatcn, welche der städtische Verein und der Beamtenverein in vereinter Liste ausgestellt hatten. Altenburg, 11. November. Im herzoglichen Hof« theater wird am Sonntage aus höchsten Befehl Lortzing» romantische Zauberoper „Undine" zur Aufführung ge langen. Diese Oper ist gewählt zu Ehren der russischen Abordnung, welche morgen hier intrifft, um Sonntag Sr. Hoheit unserm Herzog zu seinem 25jährigen russischen Militärjubiläum die Glückwünsche des Bialistocker Regi ments zu überbringen. Die Abgesandten, welche seiner Zeit bereits dem 50jährigen Dienstjubiläum Sr. Hoheit des Herzogs mit beiwohnten, werden bei der Vorstellung im Hofiheater voraussichtlich anwesend sein. Um die Abordnung empfangen zu lönnen, ist Herzog Ernst wieder von Gmunden auf das hiesige Residenzschloß zurückkehlt. — Das am Reformationstage bei Untermolbitz verübte Verbrechen dürfte nun bald völlig aufgeklärt werden. Denn von authentischer Seite wird den hiesigen Zeitun gen folgendes mittgetheilt: Der verhaftete Arbeiter Pin kowitz hat gestanden, daß er die Olga Vogel am Re formationsfeste bei dem Gehölz am Molbitz-Altenburger Wege getroffen uno sich mit ihr unterhalten hat, worauf