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ZchoMilM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tag« nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Ler Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Inserats pro Zeile 10 Pf., Linges. 20 Pi. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. und aldenburger Anzeiger. Amtsblatt ftir den Aadtmth ja WalLenburg. Filialen: in Altstadlwaidenburg bei Herrn Kaufmann Beruh. Schuppe; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgasse; in Rochsburg bei Herrn Buchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn. Buchh. I. Wehrmann. —. — Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrellhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obsrgräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. Sonnabend, den 22. October 1887. Witterungsausfichten für den 22. October: Veränderliches, vorherrschend trübes Wetter mit Regen oder Schnee. Temperatur kühler. Barometerstand am 21. October, nachmittags 3 Uhr: 765 ww. Bekanntmachung. Im Namen des Königs! In der Strafsache gegen den Oeconom und Agent Ernst Wilhelm Pohlers in Altstadtwaldenburg wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, Beamtenbeleidigung und Erregung ruhestörenden Lärms in ungebührlicher Weise, hat das Königliche Schöffengericht zu Waldenburg in der Sitzung vom 12. Octo ber 1887, an welcher Theil genommen haben: Amtsrichter Bamberg als Vorsitzen der, Gutsbesitzer Julius Franz Pröhl aus Harthau, Kaufmann Edmund Hermstedt aus Waldenburg als Schöffen, Referendar Or. zur. Küstner als Beamter der Staatsanwaltschaft, Fiedler als Gerichtsschreiber, für Recht erkannt: Der Ange klagte Ernst Wilhelm Pohlers wird wegeu öffentlicher Beleidigung des Orts- Polizeiers Carl Eduard Tirschmann in Altstadtwaldeubnrg zu Vier Tagen Gefängnis; verurtheilt. Dem Beleidigten wird die Befugniß zugesprochen, die Verurteilung des An geklagten, soweit dieselbe wegen Beleidigung erfolgt ist, innerhalb zwei Wochen nach Rechtskraft des Urtheils durch einmalige Insertion im hiesigen Schönburger Tage blatte auf Kosten des Angeklagten Pohlers öffentlich bekannt zu machen. Der Angeklagte Pohlers hat die gesammten Kosten des Verfahrens zu tragen. Waldenburg, den 20. October 1887. Königliches Amtsgericht. Bamberg, A.-R. "Waldenburg, 21. October 1887. Bei unserem Bundesfreunde Oesterreich herrscht am Regierungssitze arge Noth. Nicht als ob diese durch das ziemlich bedeutende Finanzdeficit hervorgerufen wäre. Daran ist man an der Donau schon viel zu sehr gewöhnt. Aber Graf Taaffe, der Ministerpräsi dent, wird die Geister, die er zum Kampfe gegen die Deutschliberalen aufgerufen, nun nicht mehr los. Er hat den Czechen einen Finger gegeben, und nun ver langen sie die ganze Hand, und die herzugeben, hat der Graf denn doch keine Lust. Die Sache liegt so: Die Czechen sind dem Unterrichtsminister Or. von Gautsch spinnefeind wegen verschiedener Schulerlasse und verlangen stürmisch seinen Rücktritt. Dabei fin den sie wackere Unterstützung bei den Polen, Dalma- tiern, Slowenen und wie die edlen Herren alle heißen mögen, und der einstimmige Kampfruf ist: Fort mit Gautsch! Graf Taaffe will aber partout nicht darauf cingehen, denn thäte er's, so würde er nicht mehr selbstständig handelnder Premierminister, sondern ein gehorsamer Beamter der buntscheckigen Mehrheit des österreichischen Reichsrathes. Jetzt versucht er es noch im Guten, mit den rabiaten Czechen zu unterhandeln, aber viel herauskommen wird dabei schwerlich und im ' Wiener Abgeordnetenhaus wird es die heftigsten Kämpfe geben. Freilich an turbulente Szenen ist man dort genau ebenso gewöhnt, als in Paris. Als vor einigen Wochen verschiedene russische Blät- i ter die Franzosen aus Anlaß des Vorfalles von Raon- - sur-Plaine auf das Maßloseste gegen Deutschland auf- f hetzten, machten verschiedene deutsche Publizisten die Be merkung, es wäre sehr lehrreich, wenn die deutsche Presse als einfache Antwort eine statistische Nachwei sung der amtlich festgestellten, von russischen Grenzsol daten und Zollwächtern veranlaßten Grenzconflicte, die oft mit Gewaltthätigkeiten verbunden waren und von denen man besonders in Schlesien zu berichten weiß, veröffentlichen wollte. Dieser Aufgabe hat sich die „Köln. Ztg." unterzogen, und in einer Liste die haupt sächlichsten Fälle zusammengestellt, um zu berichten, welche außerordentliche Langmuth, Friedfertigkeit und Ruhe Deutschland stets in allen solchen Fällen bewahrt hat. Wir brachten daraus vor einigen Tagen schon einen Auszug und wollen wir hier nur auf denselben verweisen. Leider hat diese Liste in den allerjüngsten Tagen wieder eine Ergänzung erfahren. Am Freitag wurde ein Besitzer aus dem preußischen Orte Adonischken (Kreis Ragnit) unweit Augsgirren im Grenzgebiet von einem russischen Soldaten erschossen. Die Section der Leiche hat bereits stattgefunden und die deutschen Be hörden haben eine eingehende Untersuchung über den Vorfall eingeleitet. Es wird sich daraus ergeben, ob der Schuß auf deutschem oder russischem Gebiet er folgte. Ueber die Gründe, die den russischen Sol daten veranlaßten, von seiner Waffe Gebrauch zu ma chen, fehlen bisher zuverlässige Meldungen. Der er schossene Bauer wollte sein Vieh, das auf russisches Gebiet gelaufen war, einfangen, und auf russischem Boden ist er wahrscheinlich erschossen worden. Wenn die russischen Zeitungen bei der Wahrheit bleiben und sich aus den zahllosen Beschwerden der preußischen Be hörden und den Acten der russischen Grenzbehörden den Sachverhalt unparteiisch vergegenwärtigen wollten, so würden sie ohne Weiteres eingestehen müssen, "daß die russischen Grenzsoldaten und Grenzbeamten bisher geradezu Erstaunliches geleistet haben in rechtswidrigen Angriffen gegen Leben und Eigenthum deutscher Unter- thanen und in der Nichtachtung freundschaftlicher grenz nachbarlicher Beziehungen, daß aber auch anderseits Deutschland einen großartigen Beweis seiner außer ordentlichen Friedensliebe und seiner bisherigen freund schaftlichen Beziehungen zum Nachbarreiche dadurch ge- gegeben hat, daß es nicht bei seinen Beschwerden und Bemühungen, die Verletzungen zu sühnen und auszu gleichen, aus seiner Ruhe und aus der Sachlichkeit der Verhandlungen sich hat herausdrängen lassen. Wie wür den sich die Beziehungen zwischen Deutschland und Ruß land gestaltet haben, wenn die deutsche Presse bei jedem dieser Hunderte von Einzelfällen schreiender Verletzungen des Völkerrechts ein solch wüstes Geschrei erhoben hätte, wie es aus Anlaß des letzten deutsch-französischen Grenzfalles die russischen Blätter zur Unterstützung ihrer französischen Freunde gethan haben. Wir kön nen doch nicht annehmen, daß die Russen den Anspruch erheben, bei Grenzverletzungen milder beurtheilt zu werden, als andere civilisirte Nationen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm wird, wenn diese Zeilen in die Hände unserer Leser gelangen, aus Baden-Baden be reits wieder in Berlin zum Winteraufenthalt ange kommen sein. Der Aufenthalt in Baden-Baden ist mit Rücksicht auf den Witterungswechsel etwas abgekürzt worden. Das Befinden des Kaisers ist recht gut und der greise Monarch gedenkt auch in diesem Jahre noch verschiedenen Jagden, zuerst bei Wernigerode, beizuwoh nen. Ob der Entschluß zur That wird, steht freilich noch dahin, denn die Octoberwitterung, wie sie jetzt herrscht, ist für neunzigjährige Männer gerade nicht die vortheilhafteste. Das Kaiserpaar in Baden-Baden empfing Don nerstag Vormittag den aus Baveno eingetroffenen Prinzen Wilhelm, welcher über das Befinden des Kron prinzen durchaus befriedigende Nachrichten brachte. Nach dem Diner verabschiedete sich der Kaiser von der Kai serin und reiste mit dem Prinzen Wilhelm direct nach Berlin zurück, wo heute Freitag Vormittag die An kunft erfolgt. Donnerstag Vormittag hatte der Kaiser in Baden-Baden noch mehrere Audienzen ertheilt. Zur Feier des Geburtstages des deutschen Kronprinzen hatte die Frau Prinzessin Wilhelm im Marmor-Palais in Potsdam diejenigen Herren der Umgebung des Kronprinzen, welche in Potsdam zurück geblieben sind, sowie mehrere Herren, welche zu dem Kronprinzen in persönlicher naher Beziehung stehen, zu einem Festmahl um sich versammelt. Bei demselben erschien zum ersten Mal an öffentlicher Tafel der kleine Prinz Wilhelm. Er saß an der Seite seiner Mutter und übte zum ersten Male einen Act der Repräsenta tion aus, indem er das Glas erhob und auf das Wohl seines geliebten Großvaters trank. Die Eröffnung der nächsten Session des deutschen Reichstages wird in den Tagen vom 22.—24. November durch den Staatssekretär von Bötticher er folgen. Den „Hamb. Nachr." zufolge besteht die Absicht, einige der Ausführungsbestimmungen zum Brannt- weinsteuergesetz im Interesse der Producenten ab zuändern. Nach den bestehenden Bestimmungen ha ben die Producenten anzumelden, was für Spiritus sie brennen wollen, und die darüber ausgefertigten Meldescheine sind unabänderlich. Da dies mrt man chen Unzuträglichkeiten verknüpft ist, so soll es in der Absicht liegen, diese Bestimmung dahin abzuändern, daß eine nachträgliche Abänderung der Anmeldungen gestat tet wird. Wie aus Madrid gemeldet wird, ist das Decret, welches den Hamburger Sprit aus Spanien ausschließt, am 15. Öctober in Kraft getreten. So mit ist eine schwere Schädigung des Hamburger Han dels zunächst perfect geworden. Voraussichtlich wer den aber deutscherseits darüber Vorstellungen erhoben werden. Der „Reichsanzeiger" theilt mit, daß Herrn vr. Kopp die landesherrliche Anerkennung als Fürstbischof von Breslau überreicht worden ist. Im Dome zu Breslau hat die feierliche Inthronisation des neuen Kirchenfürsten in Anwesenheit der Spitzen der Behör den und einer zahlreichen Geistlichkeit stattgefunden. Alle Berliner Blätter brachten Begrüßungsartikel. Nach der Inthronisation hielt der Fürstbischof eine Rede, in welcher er alle Diözesanen zum Gehorsam und zum Danke gegen den Kaiser aufforderte. Der Bundesrath in Berlin hielt am Donners tag eine Sitzung ab. Auf der Tagesordnung standen nur Verwaltungssachen. Der Generalbericht über die Erhebungen betr. die Sonntagsarbeit wurde einer Com mission zur Prüfung überwiesen. Ueber deutschen und englischen Handel hat der frühere britische Minister des Auswärtigen Lord Rose bery eine sehr interessante Rede gehalten. Der Lord sagte darin: „Deutschland ist unser größter Rivale. Deutschland erhob sich zum Wohlstände nach einem