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Tradition beruhenden Geschäftsministeriums anstreben. Die deutsch-österreichische Partei ihrerseits müsse poli tische Allianzen zu erwerben suchen. Dieser letzte Passus wird so gedeutet, daß die deutsch-österreichische Partei zu einer Annäherung an die deutsch-conservati- ven Clemente des Reichsrathes und wohl auch an die Polen und Italiener geneigt sei. Holland. Das holländische Kriegsministerium hat eine mili tärische Commission eingesetzt, welche die Frage prüfen soll, ob das holländische Festungssystem den heu tigen militärischen Anordnungen entspricht. Man glaubt, die Regierung werde den Kammern eine Vorlage, betreffend die Befestigung der holländischen Maaßlinie unterbreiten. Frankreich. Der Pariser „Gaulois" erklärt die Nachricht von der bevorstehenden Abdankung des Kaisers von Bra silien für unbegründet. Rustland. Der russische Finanzminister hat den Plan, in Paris eine Anleihe aufzunehmen, definitiv aufgegeben. Das Geld soll in Rußland selbst beschafft werden. (Wenn's gelingt!) Bulgarien. In Plewna und Rahowitza wurden die Wahl bureaux von den Zankovisten angegriffen, weshalb militärische Hilfe requirirt wurde. Als die Ruhestörer versuchten, den Soldaten die Waffen zu entreißen, mach ten letztere von der Schußwaffe Gebrauch, wodurch mehrere Personen getödtet und verwundet wurden. Der Unterpräfect von Rahowitza, dem Hauptheerde der Agitation gegen die bulgarische Regierung, wo sich kein Militär befand, stürmten die Wähler unter Füh rung eines Popen nach der Präfectur, wo sie den Unterpräfecten und die Gendarmen belagerten und Fenster und Thüren zertrümmerten. Um sich den Aus weg zu erzwingen, ließ der Präfect scharf feuern, wo durch eine Anzahl der Angreifer getödtet und verwundet wurde. Eine herbeigerusene Militär-Abtheilung stellte die Ordnung wieder her. Aus den Sobranjewahlen ist die Regierungspar tei mit ungefähr 250 Mandaten hervorgegangen, die Opposition erlangte etwa 40 Sitze. Die Hoffnungen der Oppositionellen, bei Gelegenheit der Wahlen eine Revolution zu veranstalten, sind vollständig gescheitert. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 12. October. Wie bereits von uns gemeldet wurde, feierte am vergangenen Freitag Se. Durchlaucht Prinz Georg von Schönburg-Waldenburg und Ihre Durchlaucht Prinzessin Louise von Schön burg, geb. Prinzessin von Bentheim-Tecklenburg-Rheda, in Hermsdorf bei Dresden das Fest der silbernen Hochzeit. Das idyllische Dörfchen prangte im Fest- gewande. Ehrenpforten zierten die Straßen, Kränze und Guirlanden die Häuser und Fahnen wehten aus den Fenstern. Die Schulkinder begrüßten am Morgen das Jubelpaar mit Gesang. Um 10 Uhr war kirch- Feuilleton. Dunkle Tage. Roman von Valeska von Gallwitz. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. „Glauben Sie nicht," fuhr er erregt fort, „daß es mich tief betrübt, die Ereignisse, die sich in Krakau vollzogen, erlebt zu haben? Doch wehe denen, die durch ihr revolutionäres Gebühren die Schuld daran trugen, daß die letzte Pflanzstätte polnischer Nationalität, Sprache und Bildung verloren gegangen ist." „Wenn Sie den Verlust fühlen, gebe ich Sie noch nicht auf. Ueber Mittel und Wege läßt sich streiten. Also für heute — Waffenstillstand." Die junge Frau begleitete diese Worte mit einem so reizenden Lächeln, daß über das Antlitz Lubinskis ein dunkles Erröthen flog. Agnes Dembirska entging dies nicht, sie war daher mit dem Erfolge ihres beginnenden Feldzuges zufrie den. Sie sagte sich, daß ein zu hestiger Angriff sei ner politischen Ansichten ihn erst zu ernsterem Wider spruch reizen könnte, und da sie dies vor der Hand vermeiden wollte, leitete sie die Unterhaltung auf ein harmloseres Thema und zwar auf seine Erlebnisse in Paris. Lubinski gab bereitwillig Auskunft. „Haben Sie nicht," fragte sie noch, meinen Vetter, den Grafen Zalewski, in der Gesellschaft getroffen?" „Gewiß," antwortete Lubinski, „ich traf ihn in einer der glänzenden Reunions der Marquise von Boulin. Er hat mir dort die angelegentlichsten Grüße für Va ter und Schwester aufgetragen." Frau von Dembirska erhob sich. „So bestellen Sie dieselben nur sogleich. Mein blondes Cousinchen wird sie sicherlich schon erwarten. Sie werden sich übrigens wundern, aus dem Pensions kinde ist eine vollendete Dame geworden." Mit einem vertraulichen Kopfnicken verließ die schöne Frau den jungen Offizier und verlor sich in der Menge. licht Feier in der Kapelle. Daran schloß sich die Gratulationscour, nachmittags Diner, abends Theater und Ball. Gegen 8 Uhr abends sand ein glänzender Fackelzug statt, dem 5 Herolde in altdeutscher Ritter tracht voran ritten. Vor dem Schlosse brachten die Theilnehmer ihre Ovationen dar, worauf Se. Durch laucht mit bewegten herzlichen Worten Allen dankte, die diesen Tag verschönten. Insbesondere sprach er seinen Dank dem Militärvereine, seinen einstigen Kriegsgefährten, aus (der Prinz war bekanntlich 1866 und 1870—71 Generaladjutant des Königs), dabei erwähnend, daß das erste Glückwunschtele gramm am Morgen des Jubeltages aus den fernen Alpen von Se. Majestät dem Könige Albert ge kommen sei. Begeistert stimmte die Menge in das von Se. Durchlaucht auf Se. Majestät ausgebrachte Hoch ein und brausend erklang es darauf: „Den König segne Gott!" Unter den Klängen der „Wacht am Rhein" bewegte sich der Zug aus dem Schloßhofe wieder durch das reich illuminirte Dorf nach dem Gasthofe, wo Jung und Alt bei Bier und Tanz den festlichen Tag bis zum andern Morgen feierte. Von den Königlichen Majestäten waren dem prinzlichen Paare aus Anlaß dieses Jubiläums zwei große kostbare Va- j sen von Meißner Porzellan geschenkt worden. Diesel ben sind plastisch reich ausgestattet, außerdem sind auf denselben die Schlösser rc. bildlich dargestellt, welche im Kriege 1870/71 dem hohen Kriegsherm und zugleich dem hohen Jubilar in Frankreich als Quartier ge dient hatten. Außerdem waren auch von den hohen Anverwandten und nahestehenden Herrschaften außer ordentlich werthvolle Geschenke dargebracht worden. * — Im Wagner'schen Gasthofe zu Langenchursdorf fand am vorigen Sonntag unter Vorsitz des Herrn Oberlehrer Zenner eine Versammlung von Wählern des 38. ländlichen Wahlkreises statt, in welcher der bisherige Abgeordnete dieses Kreises, Herr Gutsbe sitzer und Rittmeister Emst Gelbke aus Gesau Bericht über seine Thätigkeit im letzten Landtage erstattete. Auch hier erklärte sich die anwesende Wählerschaft, un ter welcher auch die Orte Callenberg, Bräunsdorf und Falken vertreten waren, einstimmig für die Kandida tur des Herrn Gelbke. Unter dreifachem Hoch auf Se. Majestät den König schloß der Vorsitzende die Versammlung. * — Die von Limbach ausgegangene Notiz, Herr Or. msä. Rubin in Hohenstein habe sich in Rußdorf niedergelassen, ist unrichtig. Herr Rubin wohnt nach wie vor in Hohenstein. * — Die nächste Conferenz des Bezirkslehrervereins Glauchau I wird Sonnabend, den 15. d., von nach mittags 4 Uhr an in Stadt Hamburg in Glauchau ! tagen. Herr Kantor Kühnert aus Oberlungwitz wird l im Namen der Delegirten ein Referat über die Ge- § neralversammlung des Allgemeinen sächsischen Lehrer- > Vereins in Freiberg erstatten, außerdem stehen die Neu- - wählen der Vorstandsmitglieder auf der Tagesordnung. ! Die Mitglieder von Waldenburg und Umgegend sind hierzu freundlichst eingeladen worden. Einige Augenblicke später trat dieser auf die Com- tesse Ladowika zu und sagte, sich ehrfurchtsvoll ver beugend: „Gestern von Paris zurückgekehrt, ist es mein erstes, Ihnen, meine gnädigste Comtesse, die Grüße Ihres Herm Bruders zu überbringen." Ladowika reichte erröthend dem jungen Manne ihre Hand. „Von meinem Bruder: Oh, da seien Sie mir dop pelt willkommen. Boguslav läßt so selten etwas von sich hören, daß es von großem Interesse ist, jemanden zu sprechen, der mir von ihm erzählen kann. Ist er doch mein einziger Bruder!" „Der Bruder einer solchen Schwester!" warf Lu binski leise ein. „Ich würde eine solche Theilnahme zu schätzen wissen." Ladowika schüttelte das blonde Köpfchen. „O, schelten Sie mir Boguslav nicht. Ich habe so schon immer Kummer seinetwegen, weil ich fürchte, sein sanguinisches Temperament könnte ihn einmal zu irgend einer unbesonnenen poltischen Handlung Hinrei ßen. Darum bitte ich ihn in jedem Briefe, Paris zu verlassen, denn er ist dort solchen Gefahren ausgesetzt." Obgleich Lubinski sich Mühe! gab, die Befürchtun gen des jungen Mädchens zu verscheuchen, so gelang es doch nicht ganz vollständig. Das Mißlingen lag wohl daran, daß er gegen seine Ueberzeugung sprach. Er wußte genau, daß das Thun und Treiben des Grafen Boguslav von Zalewski zu ernsten Befürch tungen Veranlassung gab. Er war gutmüthig bis zum Leichtsinn, jeder Ueberredung zugänglich und wurde deshalb von Mitgliedern des Polen-Comitees, jener Central-Behörde der in Paris wohnenden Ver bannten, welche für die politische Agitation in den ehe mals polnischen Landestheilen sorgten, oft besucht. Ladowika davon zu unterrichten hielt sich Lubinski nicht für verpflichtet, vielleicht hielt sie sogar das Treiben der Agitatoren für verdienstvoll, er kannte — Auf dem Bahnhofe Glauchau wurde am Dienstag Abend vom Zugführer des ChemnitzerZuges der Polizei ein junger Mensch übergeben, der von Chemnitz bis Glauchau als blinder Passagier gereist war. Der Verhaftete ist ein am 5. d. aus der Besserungsanstalt Bräunsdorf entwichener Zögling, der bereits wieder einen Kleider- diebstahl verübt hat. — In Wilkau ist ein großes Depot von Braun kohle errichtet worden, welches der Steinkohle Con- currenz machen und gegen die fernere Erhöhung der Kohlenpreise einwirken soll. Ans dem EWchse»lG«de. — Die Rückkehr Sr. Majestät des Königs wird Freitag früh nach Dresden erfolgen und werden gegen Mittag die Vorträge der Herren Staatsminister -c. vom König entgegengenommen werden. — Sicherem Vernehmen nach wird in kurzer Zeit der Besuch Ihrer k. k. Hoheit der Erzherzogin Maria Josepha am sächsischen Hofe erwartet. — Pachtfrei werden die Bahnhofsrestaurationen zu Falkenstein am 31. Januar 1888, Hainichen am 29. Februar 1888, Oberoderwitz am 15. März 1888 und Großröhrsdorf, sowie Nöbdenitz am 31. März j 1888. Die Verpachtung erfolgt auf 6 Jahre unter dm bei allen Stationsverwaltungen einzusehenden all gemeinen Verpachtungsbedingungen. Pachtgebote sind bis zum 22. d. an die Königliche Generaldirection der sächsischen Staatseisenbahnen zu Dresden einzusenden. — Mit dem 15. October beginnt und dauert bis 14. December im Königreich Sachsen die Schonzeit für Lachsforelle, auch Meerforelle, Silberlachs, Strand lachs oder Trump genannt, Schnepel und Lachs, für I letzteren allerdings nur innerhalb der kleineren Wasser- ' läufe, also mit Ausnahme der Elbe. Die Bestimmung über den Lachs ist von höchster Bedeutung für die Hebung der Lachsfischerei. Der Lachs sucht nämlich, nachdem er vom Frühjahr an aus dem Meere in die Elbe aufgestiegen ist, in den Herbstmonaten die klei neren Gewässer auf, um in diesen auf kiesigen Stel len zu laichen. Hier wird er nun verhältnißmäßig leicht das Opfer einer ungesetzlichen Fischerei und die Frevler suchen sich häufig dahin auszureden, daß sie nicht gewußt hätten, daß es ein Lacks sei; da der ge fangene Fisch mit rothen Punkten bedeckt gewesen wäre, hätten sie ihn für eine große Forelle gehalten. Diese Ausrede ist schon aus dem Grunde nicht stichhaltig, weil sowohl Lachs- als Bachforelle zur selben Zeit Schonung genießen. Andererseits ist es aber völ lig richtig, daß sowohl der männliche wie der weib liche Lachs während der Laichzeit ein ganz anderes Kleid trägt als außerhalb derselben. Der sonst auf dem Rücken bläuliche, an dem Bauche silberfarbene Fisch wird während der Laichzeit auf dem Rücken olivengrün, an den Seiten messingfarben und ist mit rothen Punkten besäet. Der männliche Lachs erhält außerdem noch einen später wieder verschwindenden ha kigen Fortsatz am Unterkiefer, der ihn hindert, das Maul völlig zu schließen. Auch machen wir darauf ! ja ihre Ansicht in diesem Punkte nicht. Das junge Mädchen wurde bald von einem ande ren Tänzer entführt und somit hatte er Zeit, über die Erneuerung dieser Bekanntschaft nachzudenken. Er verglich die schöne, verführerische Wittwe mit Ladowika und fast schien es, als neige sich die Wag- schale bedeutend zu Gunsten des blonden, liebreizenden Mädchens. In einer Tanzpause näherte er sich nochmals Lado wika. „Seit wann," fragte er, „besuchen Sie die Ge sellschaft? Als ich abreiste, verließ ich Sie als Pen sionärin Tourville." Sie lachte. „Freilich wohl. Aber aus dem Mädchen wurde eine Dame, die seit einem Jahre ihre Belehrung aus dem Verkehr der großen Welt, statt aus der Schule schöpft." „Und Sie fühlen sich durch diesen Wechsel natürlich sehr befriedigt und ergötzt?" Ladowika seufzte. „Die Stellung meines Vaters legt mir gesellschaftliche Pflichten auf; großes Behagen, muß ich offen gestehen, habe ich bis jetzt nicht an diesem Trubel gefunden. Ein Abend in meinem stillen Stübchen würde mir oft mehr Genuß bereiten." Lubinski entnahm aus diesen Worten, daß das junge Mädchen bis heute noch niemand in der Gesellschaft fesselte. Er wollte wissen, ob ihr Herz noch völlig frei sei, und so drängte es ihn als tapferen Kriegsmann, das Feld sogleich zu recognosciren. Er fuhr daher fort: „Sie fanden bis jetzt nichts, was Sie mit Vor liebe die Gesellschaft zu besuchen drängte. Gewiß würden Sie auch heute mit Freuden den Ballsaal mit Ihrem Stübchen vertauschen?" Ladowika's Wangen färbten sich mit dunklem Purpur. (Fortsetzung folgt.)