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Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgaffe 255. 1887. Mittwoch, den 25. Mai 118. Witterunflsanssichten für den 25. Mai: Windrichtung um West. Theils trübes, vorwiegend heiteres Wetter ohne erhebliche Niederschläge. Temperatur wenig verändert. "Waldenburg, 24. Mai 1887. Es ist eine Eigenthümlichkeit des sonst ungemein wortkargen officiellen russischen Telegraph, daß er über Hoffestlichkciten und dem Kaiserpaare in irgend einem Theile des russischen Riesenreiches dargebrachte Ova tionen mit einer ganz unendlichen Breite berichtet. Wenn bei uns der Kaiser reist, sind die officiellen Berichte kurz und knapp; der enthusiastische Empfang, die von Herzen kommende BegiMung ist bei uns selbstverständlich; darüber braucht es keiner langen Declamation weiter, die am allerwenigsten auch dem schlichten Sinn des Kaisers entsprechen. Natürlich und wahr, so heißt es bei uns/ ' Der russische Tele graph zählt hingegen mit nie ermüdender Emsigkeit jede, besonders für Nichtruffen höchst gleichgiltige Ein zelheit auf, erwähnt die officiellen Reden, in welchen Alexander III. ungemein gefeiert wird, wortgetreu, und was dergleichen Dinge mehr sind. Man könnte ja das schließlich auch Alles passiren lassen, wenn diese ganze officielle Berichterstattung nur nicht darauf hinaus liefe, den Leuten Sand in die Augen zu streuen. Europa soll der Glaube beigebracht werden, daß nur in Petersburg die Mörderbande der Nihilisten ihr Wesen treibt, während das ganze übrige Rußland den Czaren vergöttert. Wie ganz anders sind doch die Thatsacheu auch bei dieser Kosakenreise? Nicht weniger als fünfzigtausend Soldaten sind an die Bahnlinie zur Bewachung derselben commandirt worden, damit der allmächtige Czar ohne Furcht vor einem neuen Attentatsvcrsuch ruhig durch sein Land reisen kann. Eine ganze Polizeiarmee ist nach der Kosaken-Haupt- stadt Nowo-Tscherkask geschickt, und es ist den Poli zisten denn auch gelungen, eine neue nihilistische Ver schwörung im Keime zu ersticken und die Verschwörer festzunehmen. Noch immer aber traute der Czar, da auch im vorigen Jahre in Tscherkask eine weitver zweigte Verschwörung ermittelt wurde, dem Frieden nicht, und deshalb mußte der Großfürst Nikolaus voraus reisen, um das Terrain zu svndiren. Als dieser be friedigende Auskunft gab, da reiste der Czar endlich mit seiner Familie ab. Die Don'schen Kosaken genießen gewisse Vorrechte, die ihnen im vorigen Jahrhundert namentlich von der zweiten Katharina gewährt sind. Die Stockrusscn, die Alles gleich machen wollen, haben schon wiederholt auf die Beseitigung dieser kosakischen Sonderrechte gedrun gen, haben aber mit ihren Forderungen keinen Erfolg erzielt. Bei den baltischen Deutschen, deren Rechte ebenso heilig sind, haben sie freilich schnell einen vollen Erfolg gehabt. Wieso? Die Sache ist einfach. Den Deutschen, denen man ihre alten verbrieften Rechte ge kommen, dulden und schweigen. Das wissen die Herren in Petersburg sehr gut. Ebenso genau wissen sie aber mich, daß die Kosaken sich eine solche Rechtsverletzung nicht gutwillig gefallen, sondern sich zu ernstem Wider stande erheben würden, und so etwas kann die russische Regierung am allerwenigsten gebrauchen. Das ist der Grund, weshalb die Kosaken ihre Vorrechte behalten haben, die Deutschen aber nicht. Der äußerliche An laß zur Czarenreise war bekanntlich die Einführung des jungen Thronfolgers Nikolaus in sein Ehrenamt als Hetmann aller Kosaken. Die wahre Ursache aber war, daß unter den Kosaken bereits eine bedeutende Gährung herrschte, welche den Czaren zur Reise, die als Beruhigungsmittel dienen sollte, zwang. Eine Thcuerung im vorigen Jahre hatte die wilden Gesellen mißmuthig gemacht; verschiedene Verwaltungsmaßregeln faßten sie als Eingriff in ihre Gerechtsame auf, dazu kam das Ausbleiben der Bestätigung der Letzteren durch den Czaren; mit einem Wort, die Dinge stan den so, daß der Vice-Hetmann Fürst Swjatopolk- Mirski nach Petersburg telegraphirte: „Majestät müssen kommen, oder ich stehe für nichts!" Da ist denn der Kaiser gereist, hat aber den Aufenthalt bei den Kosa ken so kurz wie möglich, zu kurz eigentlich für eine so weite Reise, bemessen. Das ist der Sachverhalt, aus dem zur Genüge hervorgeht, daß der Ausflug alles Andere eher, als eine Triumphreise war. Alles steht noch so, wie vor 6 Jahren beim Regierungsantritt des Czaren: Alexander III. ist Selbstherrscher von Rußland, aber mächtiger, als der Czar, sind die Re volutionäre. Alexander III. ist ein Fatalist, und er mag die Dinge noch geraume Zeit gehen lassen, wie sie gehen. Eines Tages wird er aber doch daran den ken müssen, daß er einen Thronfolger besitzt, und die ser der Kosaken-Hetmann Nikolaus besitzt nicht die vielfach angestaunte Riesenkraft und robuste Natur seines Vaters. Der Czarewitsch ist ein zartgebauter junger Diann, und was Alexander III. aushielt, er trägt Nikolaus II. nicht. Politische Runoschau. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm erledigte am Montag Vormittag die laufenden Regierungsarbeiten. Gegen II Uhr be gab sich derselbe mit der Frau Großherzogin von Ba den nach Potsdam und besichtigte daselbst auf dem Bornstedter Felde die combinirte erste Garde-Jnfanterie- Brigade. Nach Beendigung der Besichtigung, der sich ein Gefechtsexercieren anschloß, nahm der Kaiser im Neuen Palais bei der kronprinzlichen Familie das Dejeuner ein und kehrte dann nach Berlin zurück. Der Prinz Wilhelm von Preußen verweilte am Sonn tag einige Zeit bei dem Reichskanzler. Kaiser Wilhelm wird, wie früher schon mitgetheilt, Wildbad Gastein dies Jahr wahrscheinlich nicht besuchen, weil die Luft dort für seine Jahre doch nicht mehr so ganz zuträglich ist, und natürlich käme dann auch die Entrevue mit Kaiser Franz Joseph in Fortfall. Der Pariser „Temps" baut sich daraus jetzt schon ein prächtiges Lügenmärchen auf und redet von zwischen Berlin und Wien in Folge der bekannten Berliner Enthüllungen eingetretenen Verstimmungen. Natürlich ist das Alles dummes Zeug. In ausländischen Blättern werden über das Be finden des deutschen Kronprinzen wieder einmal die tollsten Dinge berichtet. Alle diese Nachrichten sind aus der Thatsache entstanden, daß am Freitag wegen der auch nach der Emser Kur noch nicht gehobenen Heiserkeit des hohen Herrn eine ärztliche Consultation stattfand, zu welcher außer den Professoren Gerhardt und Bergmann und dem Leibarzt Or. Wagner ein englischer Spezialist Or. Mackenzie zugezogen war. Abgesehen von der Heiserkeit befindet sich der Kronprinz vortrefflich. Die Branntweinsteuercommission des Reichs tages hat am Montag die erste Lesung der Vorlage mit den Haft- und Strafbestimmungen beendet. Die W 4—35 und 37 wurden mit geringen Veränderun gen genehmigt, der 8 35 a über den denaturirten Spiritus im Kleinhandel wurde abgelehnt. Ueber die Nachbesteuerung wird nach dem Feste erst verhandelt. Heute Dienstag soll die zweite Lesung beginnen und auch noch vor dem Feste beendet werden. Die Ferien des Reichstages beginnen kommenden Donnerstag. Die erste Sitzung nach den Ferien ist am 7. Juni. Tags vorher treten die Commissionen zusammen. Die Gewerbekammer in Lübeck hat an das Stadt- und Landamt die Bitte gerichtet, dem Hausirhandel in dem Freistaate Lübeck so weit nur irgend möglich Einhalt zu thun, da sich sehr viele Geschäftsleute über die ihnen durch das Hausiren gemachte Concur- renz stark beklagten. Dem hessischen Landtage ist bereits das angekün digte Kirchengesetz zugegangen. Es betrifft im We sentlichen die Vorbildung der katholischen Geistlichen und umfaßt im Ganzen 15 Artikel. Einspruchsrecht und Aufsichtsrecht des Staates bleiben bestehen. Frankreich. Die offizielle „Agence Havas" bestätigt, daß auch Rouvier den Auftrag zur Bildung eines neuen Mi nisteriums abgelehnt hat. Er hat es aber auf Wunsch GrSvy's übernommen, die geeigneten Männer für das neue Kabinet zu suchen, und ist für den Prä sidentenposten abermals auf Freycinet gekommen. Am Sonntag Abend theilte er dem Präsidenten der Repub- ' lik in einer Unterredung mit, er hoffe, es werd: ein i neues Ministerium zu Stande kommen, welches Be- ! stand haben würde. Grövy versprach, die Lösung mög lichst zu beschleunigen. Als Ministercandidat gilt auch der radikale Kammerpräsident Floquet. Diesen be stürmen namentlich Boulanger's Freunde, weil Floquet Boulanger als Kriegsminister halten würde. Sonntag war eine Ersatzwahl in Paris, für welche die Revanchepartei, um Boulanger eine Ovation zu ! bereiten, diesen als Candidaten aufgestellt hatte, obwohl er als Offizier nicht wählbar ist. Trotz aller Reklame - kamen aber nur 38,000 Stimmen heraus. Seine ' Blätter bezeichnen das zwar als großes Resultat, es ! ist aber nicht so weit her damit. Gewählt wurde Mesureur (radical) mit 220,000 Stimmen. Kammerpräsident Floquet erklärte am Montag dem Präsidenten Grövy, daß Freycinet ihm allein in der Lage zu sein scheine, ein Kabinet der Versöhnung zu bilden und versprach, in diesem Sinne erneuerte ; Schritte bei Freycinet zu thun. Rochefort droht in ; seinem „Jntrausig'ant," ganz Paris werde nach der Kammer ziehen, um Boulanger's Bleiben zu fordern. Polizeiliche Maßnahmen zur Abwehr von Demonstra tionen werden getroffen. Das ist die „Freiheit" in der Republik! Das „souveräne Volk" will Liu 1789 wieder die erste Geige spielen. Belgien. Die Lage im Strikegebiet — 13000 Arbeiter striken jetzt — hat sich wieder verschlimmert. Die Ar beiter tragen eine immer größere Verwilderung zur Schau, die Dynamitverbrechen mehren sich. Am Sonntag wurde eine Dynamitpatrone in das Parterre eines Hotels in La Louviöre geschleudert. Ein Oberst lieutenant und ein Arzt wurden verwundet, großer Schade angerichtet. Drei Männer bedrohten die Schild wache beim Telephonbureau in Mons. Der Soldat gab Feuer und tödtete einen der Angreifer. Ein Ein schreiten des Militärs dürfte nahe sein. Italien. Römische Blätter melden: Das Kriegsministerium traf alle Dispositionen zur Mobilisirung eines Armeecorps während der bevorstehenden Manöver. Die Nachricht klingt nicht recht wahrscheinlich, denn die italienische Regierung braucht für Afrika zu viel Geld, als daß sie sich noch auf besondere Extravergnügnngen einlassen könnte. Das Journal „Riforma" erfährt, daß König Jo hannes von Abessynien seinen General Ras Alula