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Hottentotten abwehren können. Die Herero's hatten gehofft, Deutschland werde ihnen militärischen Beistand leisten. Da das nicht geschehen war, wurden die Hot tentotten, namentlich der Nama - Häuptling Hendrik Witbni, immer übermüthiger; dem Reichscommissar wurde sogar sein Pferd gestohlen. Das war sicher ein für Deutschland unwürdiger Zustand. Demselben soll ein Ende gemacht werden. Das Auswärtige Amt hat 500 Gewehre mit dem nöthigen Schießbedarf da hingesandt. Man wird damit voraussichtlich die an stelligen Herero's einüben, und die Hottentotten ohne Schwierigkeiten strafen und zurücktreiben können. Auch bei den nördlicher wohnenden Ovambo und Damara würde ein kräftiges Einschreiten von Nutzen sein. Dem Reichstage wird in kommender Session ein Gesetz zugehen, durch das die Unfallversicherung auf alle Handwerksbetriebe ausgedehnt wird. Der „Reichsanzeiger" publizirt eine kaiserliche Ver ordnung betr. das Inkrafttreten des Branntwein steuergesetzes in Würtemberg zum 1. October. Am 1. October tritt auch das Kunstbuttergesetz für ganz Deutschland in Kraft. Es ist Anordnung getroffen, daß das Gesetz auf dem platten Lande ge hörig bekannt wird. Auch sollen die mit Kunstbulter handelnden Geschäfte von Zeit zu Zeit controlirt wer den, nm festzustellen, ob sie dem Gesetze nachkommen. Schon wieder hat sich ein Zwischenfall an der deutsch-französischen Grenze ereignet. Nach einem Telegramm des französischen Generalprocurators von Nancy ist auf der Grenze bei Verincourt ein Franzose erschossen, ein Anderer verwundet. Deutscherseits ist eine genaue Untersuchung des Vorfalls angeordnet wor den. Die Sache verhält sich folgendermaßen: Ein auf der Jagd unmittelbar an der Grenze befindlicher Fran zose wurde von deutschen Forstbeamlen, welche Wild diebe vermutheten, angerufeu. Da keine Antwort er folgte, gaben sie Feuer. Ein französischer Piqueur wurde erschossen, ein Jäger am Bein verletzt. Fran zösische Quellen sagen: Am Sonnabend Mittag war ein zur Jagd eingeladener Dragonerlieutenant aus Luneville mit einem Piqueur am Saum der Grenze beim Dorfe Raon für Plaine aufgestellt und die Jagd sollte eben beginnen, als Plötzlich drei Schüsse ertönten. Der Eigenthümer der Jagd eilte hinzu und fand den Piqueur todt, den Lieutenant mit zerschmettertem Schen kel. Die Schüsse waren von deutschem Gebiet abge geben. Zu sehen war Niemand. Die Amputation des Beines des Offiziers erscheint unvermeidlich. An der Grenze herrscht große Aufregung. Ein Pariser Telegramm vom Montag Mittag sagt: Die offiziöse Agentur Havas bestätigt den Tod des Piqueurs und die Verwundung des Lieutenants. Aus den Nachfor schungen der Behörden erhelle, daß die Schüsse von Forstbeamten abgegeben wurden, welche behaupteten, sie hätten geglaubt, mit Wilddieben, die auf deutschem Gebiete jagten, zu thun zu haben. Auch hätten diese vermeintlichen Wilddiebe ihren Anforderungen nicht ge horcht. Die Agence Havas fügt hinzu, daß die fran zösische Regierung sofort eine diplomatische Action ein geleitet hab?. Anderen Informationen zufolge heißt Feuilleton. Im Hause der Wittwe. Erzählung von Moritz Lilis. Auf einer der großen Eisenbahnlinien, welche die deutschen Tannen- und Buchenwälder mit den Oliven hainen Italiens verbinden, brauste geräuschlos der Eil zug dahin. Die einförmige, wenig Abwechselung bie tende Ebene lag hinter ihm, an den grünen Bergen, üppigen Saatfeldern und blühenden Ortschaften Mit teldeutschlands war er vorübergeeilt und immer mehr näherte er sich dem wunderreichen Bergaltar, dessen silberglänzende Felsenhäupter wie gigantische Wächter die Pforten Germaniens beschirmen. Im Fluge jag ten Dörfer, Städte und Wälder vor den Augen der Reisenden vorüber, denen sich immer neue, reizvolle Landschaftsbilder darboten. Hinter den Höhen im We sten sank das leuchtende Tagesgestirn herab, und leise, mit unsichtbarer Hand, begann die Dämmerung ihren duftigen, durchsichtigen Schleier über dieNatur zu breiten. In einem Coups am Fenster saßen zwei junge Männer in Reisekleidern, blühende, kräftige Gestalten, die Rosen der Jugend und Gesundheit auf den Wan gen. An der Art ihrer Unterhaltung konnte man er kennen, daß sie innig befreundet waren, und die Auf merksamkeit, mit welcher die Schönheit der Gegend, die sanftgeschwungeneu Höhenlinien am Horizonte, die in saftiges Grün gebetteten Dörfer oder einzelne ma lerische Baumgruppcn anffanden und bewunderten, ließ in ihnen die Künstler vermuthen. „Es ist eigenthümlich," nahm der Eine von ihnen das Wort, „ist es Einhildung oder Thatsache, aber mir scheint es, daß mit jeder Meile, um die wir dem Sü den näher rücken, die Formen der Pflanzen üppiger, die Farben gesättigter erscheinen." „Zwischen den nordischen Sandebenen und den fruchtbareren Gegenden unseres Vaterlandes mag in der verwundete Offizier von Wangen, der getödtete Piqueur ist ein Brauerknecht, Namens Baignon. Die That wäre von einem abcommandirten Soldaten des rheinischen Jägerbataillons, Namens Richard Kaufmann, verübt worden. Der Vorfall hat natürlich eine gewisse Aufregung hervorgerufen, welche die Hetzpreffe benützt. Die gesammte anständige Presse ermahnt zur Ruhe, zumal der Vorfall noch nicht aufgeklärt und die Be strafung der Schuldigen eventuell zweifellos sei. (Selbst verständlich!) Das bayerische Herrenhaus nahm die Brannt weinsteuer einstimmig an. Das „Franks. Journal" theilt mit, Herr Miquel habe keine Neigung, seinen Oberbürgermeisterposten mit dem Ministerportefeuille zu vertauschen. Alle bezügli chen Nachrichten seien falsch. Oesterreich-Ungarn. Erzherzog Albrecht von Oesterreich, welcher im Auftrage des Kaisers Franz Joseph dem König von Rumänien einen Besuch abgestattet hatte, und in Bu karest mit vieler Auszeichnung behandelt worden war, ist von dort wieder am kaiserlichen Hoflager in Un garn eingetroffen. Besondere Bedeutung hat die Reise nicht weiter. In Oesterreich besteht bekanntlich der Befähigungs nachweis. Wohin der führen kann, zeigen folgende Zeilen Wiener Blätter: „Den ganzen heißen Som mer über stand das Gefrorene fest in dec Form eines Zankapfels da; jetzt, wo es herbstlich zu werden be ginnt, löst es sich als solcher aus: Die Zuckerbäcker wollten das Eismachen als ein Monopol ihres Ge werbes angesehen wissen, was wieder den Kaffeesiedern nicht recht war, die an dem „Eis" hübsch verdienen. Lange tobte der Kampf, bis nun endlich die nieder österreichische Handels- und Gewerbekammer die Ent scheidung gefällt hat. Diese Behörde erklärt nämlich: Gefrorenes könne jede Köchin und überhaupt Jeder mann Herstellen, dazu brauche es keines Befähigungs nachweises. Erst recht also brauchten ihn die Kaffee sieder nicht. Frankreich. Der Generalbericht über die Probemobilmachung enthält einen scharfen amtlichen Tadel der Inten danz des 17. Armeecorps. Die schuldigen Beamten sollen zur Rechenschaft gezogen und streng bestraft werden. Die französischen Zollbeamten sind angewiesen, jeden Schmuggelversuch vom Reisenden unnachsichtlich zur gerichtlichen Anzeige zu bringen. Pariser Blätter melden übereinstimmend, Graf Mün ster, der deutsche Botschafter, habe sich gegenüber dem Minister Flourens sehr zuversichtlich über die Erhal tung des Friedens geäußert. Laut dem „Temps" hat der deutsche Botschafter in seiner Unterredung mit dem Minister des Auswärtigen seine Ueberzeugung ausgesprochen, daß alle Mächte gegenwärtig über die Erhaltung des Friedens einverstanden seien. Er habe hinzugefügt, die Gesundheit des deutschen Kaisers sei jetzt sehr gut. England. Der wegen Aufreizung angeklagte irische Abgeordnete O' Brien erhielt vom Gericht in Mitchelstown drei Monate Gefängniß, der Mitangeklagte Pächter Man deville zwei Monate. Beide Angeklagte wurden bis zur Entscheidung über die Berufung gegen Kaution außer Haft gelassen. Bei der Gerichtsverhandlung kam es zu sehr stürmischen Scenen. Der Vertheidiger Harrington nannte den Staatsanwalt einen Lügner und mußte deshalb den Saal verlassen. Die von nah und fern zusammengeströmte Menschenmenge verhielt sich ruhig. In Fermoy in der Grafschaft Cork kam es Sonn abend Abend zu einem ernsten Zusammenstöße zwi schen der Polizei und einer Volksmenge, vor welcher der Abg. Tammer eine Rede hielt. Die Polizei schritt mit Stöcken ein, die Menge warf mit Steinen. 14 Civilisten und 6 Polizisten wurden verletzt. Sonntag Abend wiederholten sich die Ruhestörungen. Die wie der zahlreich versammelte Volksmenge machte einen Angriff auf die Polizei und schlug die Fenster des Hotels ein, in welchem der Richter wohnte, der den Abg. O'Brien verurtheilt hat. Die Polizei unternahm darauf eine Attacke, wobei es von Neuem zu Blut vergießen kam. Der Abg. O'Brien setzt trotz seiner Verurtheilung seine agitatorische Thätigkeit fort. Er sprach vor einer, in einem verbarrikadirten Hause abgehaltenen Versamm lung, rieth von Ausschreitungen ab, befürwortete aber die weitere Abhaltung von Versammlungen trotz aller behördlichen Verbote. Mit Hilfe Gladstone's würden die Irländer doch endlich siegen! Die englische Regierung hat die Errichtung eines monatlichen Postdampferdienstes zwischen Vancouver, China und Japan beschlossen. Die angebotene englische Vermittlung zwischen Italien und dem König von Abessynien ist in Rom halb und halb abgelehnt. Man will die Sache allein ausmachen. Rnffland. Die Zahl der in diesem Jahre einzustellenden Re kruten ist wie 1886: 250,000. Bulgarien. Die bulgarische Regierung richtete an die auswärti gen Consuln in Philippopel das Ersuchen um Ueber- lassung der Listen der in Ostrumelien wohnenden Frem den behufs Erhebung der Einkommensteuer. Die Consuln erwiderten, es sei ihnen nichts davon bekannt, daß eine solche Steuer im osmanischen Reiche einge führt sei; sie bedauerten deshalb, das Ersuchen der bul garischen Regierung abschlagen zu müssen. Zwei aus Sofia in Wien eingetroffene deutsche Be amte bestätigen, daß die Raub an fälle in Bulgarien häufiger werden; sie selber seien bei Petroschan ihres ganzen Gepäckes von 5000 Franken beraubt worden, und sie beschuldigten den Gastwirth in Kimischina der Mithilfe; derselbe habe nämlich ihrem Kutscher einen betäubenden Trank gegeben. Türkei. Ein unbedeutender Zwischenfall in Salonichi hätte bald zu einer Streitfrage zwischen Griechenland und der Türkei geführt. In mehreren griechischen Kaffee- dieser Beziehung wohl ein Unterschied sein," erwiderte der Andere, „wenn er auch schwerlich von Meile zu j Meile sich steigert. Es ist mir immer, als präge sich i der Charakter des Volkes in der Vegetation, die es ; umgiebt, aus: die ernsten, prunklosen und doch so nutz- i baren Nadelhölzer, die kräftigen, wetterfesten Eichen und ! vollsaftigen, lebensfähigen Buchen, sind sie nicht Re präsentanten des denkenden, aufstrebenden Germanen thums, während die stolz sich spreizende Pinie, der schläfrige Olivenbaum und die mit duftenden Blüthen und saftigen Früchten behangene, aber wenig wider standsfähige Orange, das Wesen der lateinischen Race wieder',»spiegeln scheinen." „Es liegt etwas Wahres in Deinem Vergleiche," stimmte jener bei, „und er ließe sich unschwer von den Bäumen auch auf Sträucher und Blumen übertragen. : Aber auch im Reiche der Töne, in den Weisen ihrer ; Lieder zeigt sich ein Unterschied zwischen den beiden ! großen Völkerfamilien; die durchgeistigten, gemüthvollen Compositionen eines Beethoven, Händel, Mozart, Gluck, Weber, Mendelssohn und wie die Meister der tönen den Künste alle heißen, sie stimmenlicherlich ebenso zu den Nationaleigenschaften unseres Mlkes, wie die wei chen, verführerischen, bunten Melodien zu dem Charak ter unserer Nachbarn im Süden und Westen." „Daran erkenne ich den Musiker," lachte sein Ge fährte, „den ernsten, von allen Oberflächlichkeiten freien Künstler, der sich mit Eifer und deutscher Gründlich keit dem Studium seines Faches hingegeben hat." — „Dessen Wissen aber trotzdem so lückenhaft ist, daß er dasselbe gleich seinem Freunde und Reisegesellschafter, dem Maler Georg Walter, in Italien zu ergänzen sich genöthigt sieht!" unterbrach der Musiker seinen Beglei ter. „Dem Maler und Bildhauer ist ein Besuch im Eldorado der bildenden Künste fast unerläßlich, hier findet er die höchsten Leistungen, die mit Meißel und Pinsel zu erreichen sind, hier empfängt er die wahre Weihe der Kunst, die ihn zum Streben nach dem Höchsten zu begeistern vermag. Die Schöpfungen der Antike und einzelne Werke neuerer Meister, sie sind noch nicht übertroffen, Italien ist das gelobte Land der Kunst, und die Blicke ihrer Jünger wenden sich demselben mit der gleichen Sehnsucht zu, wie das Auge des Mohamedaners dem Grabe des Propheten." „Du willst damit sagen, daß wir Musiker den Be such dieses Wunderlandes der Künste füglich unterlassen können, weil es dort für uns weniger zu lernen giebt?" „Deutschland besitzt keinen Michel Angelo und kei nen Raphael, Italien aber hat keinen Beethoven und keinen Mozart aufzuweisen! Wir Maler gehen über die Alpen, um Jene zu studiren, der Musiker aber findet dort Nichts, was an Tiefe und Gehalt unsere deutschen Meister erreicht." „Halt!" rief da der Musiker und die Röthe edler Begeisterung trat in sein schönes Gesicht, „das ist zu weit gegangen, Georg! Die Italiener haben in Kir chenmusik und Oper Ausgezeichnetes geliefert, und welch' hohen Rang dieses Volk im Reiche der Töne einnimmt, davon giebt der Umstand Zeugniß, daß noch heute alle in der Musik vorkommenden Bezeichnungen auf dem Notenblatt der klangreichen Sprache Italiens ent nommen sind." Der Maler schwieg; gedankenvoll schaute er hinaus in die Landschaft, auf welche sich inzwischen tiefe Nacht herabgesenkt hatte. Nur hin und wieder tauchte drau ßen in weiter Ferne ein Licht auf, um eben so schnell wieder zu verschwinden, kein Sternchen schimmerte durch das Dunkel, drüben am Horizonte aber erhellte fahles Wetterleuchten auf Augenblicke das Firmament, das gleich darauf in um so tiefere Finsterniß zu ver sinken schien. Kein Laut regte sich in der Natur, auf welcher eine gewisse Bangigkeit lagerte, — die Stille und Ruhe vor dem Gewitter. (Fortsetzung folgt.)