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Händeklatschen zum Fürsten von Bulgarien möglichst viel Soldaten zu ermöglichen. Kriegsmini ster Ferron erklärte diese Bestimmung für überflüssig, weil er einen dreijährigen Dienst für nöthig, und bei erhöhtem Kostenaufwand es für möglich erachtet, alle Leute drei Jahre dienen zu lassen. Darauf wurde Bulgarien. In der Donnerstagssitzung der großen Sobranje in Tirnowa wurde auf Vorschlag des Präsidenten Tantschew einstimmig Prinz Ferdinand von Ko- burg durch Erheben der Versammlung von den Sitzen und unter langanhaltendem Bravo und trotz heftigen Widerspruchs der Radikalen die Ausnahme bestimmung mit Unterstützung der Monarchisten abge lehnt. Die Wuth der Radikalen ist hauptsächlich des halb so groß, weil das Ministerium abermals von den Monarchisten unterstützt ist. Die Radikalen erklären, ohne die Ausnahmebestimmung würden sie gegen das ganze Gesetz stimmen, und da auch die Conservativen schließlich gegen die ganze Vorlage stimmen werden, ist diese also stark bedroht. Es ist leicht möglich, daß die ' ganze, seit Jahr und Tag angepriesene Militärreform total ins Wasser fällt. General Boulanger reist heute Freitag zur Ueber- nahme seines Commando's nach Clermont ab, wo ihm ein festlicher Empfang bereitet wird. Bei der Abreise von Paris wird die Regierung keine Kundgebung ge statten. Der Graf von Paris soll sich in Jersey zu seinen Anhängern dahin ausgesprochen haben, daß die Wie dererrichtung der Monarchie in Frankreich nahe bevorstehe. Etwas wird sich der Herr Graf wohl doch noch gedulden müssen. Der Lyoner Zweigverein der Patriotenliga er klärte seinen Austritt aus dieser. Es unterliegt, wie aus Paris gemeldet wird, keinem Zweifel, daß Frankreich zum Danke für die russische ! Unterstützung in der egyptischen Angelegenheit in Sofia sich vollständig auf Rußland's Seite stellen wird. Das wird der bulgarischen Regierung ziemlich „Wurst" sein. Ob nun einer grollt oder zwei, ist egal! Die französische Regierung erklärte Donnerstag dem Militärausschuß, sie halte den Mobilisirungsver- such aufrecht. Ob aber für dies Jahr? Der Plan, die in Frankreich lebenden Ausländer einer besonderen Steuer zu unterwerfen, weil sie nicht Soldat zu spielen brauchen, wird wohl nicht so schnell ausgeführt werden. Dagegen sollen aber die Aus länder strenger überwacht werden. Der Minister des Innern wird sofort die nöthigen Ordres erlassen. Italien. - Die italienische Deputirtenkammer hat am Mittwoch nach Beendigung ihrer Arbeiten sich vertagt. Mini- ' sterpräsident Depretis reist nach seiner Vaterstadt Stradella. Leute zu entlassen, wenn deren militärische Ausbildung , g«.» ou-n«-« für hinreichend erachtet wird. Natürlich hat diese , gewählt. Ein anderer Kandidat kam nicht in Be- Maßuahme vor Allem den Zweck, die Ausbildung von ; tracht. Eine Deputation wird s. Z. zu dem Prinzen menthal werden das Commando des 10. bezw. 4. Armeecorps niederlegen, Graf Blumerthal wegen seines Alters, der Prinz, um eine Armee-Jnspection zu über nehmen." Statthalter Fürst Hohenlohe hat die Einführung der deutschen Sprache als Amtssprache bei einer Anzahl von Friedensgerichten in Elsaß-Lothringen an geordnet, in welchen der Gebrauch der französischen Sprache noch zulässig war. Der bisherige Verwalter vom Versuchsfelde des landwirthschaftlichen Instituts der Universität Halle, Oi. Hindorf, ist von der Neu-Guinea-Compagnie zum Leiter einer Versuchsstation für Plantagenbetrieb berufen worden und bereits nach Kaiser-Wilhelmsland abgereist. Die Ansiedlungscommission in Posen arbeitet jetzt gewaltig schnell. Fast Tag für Tag sind Land erwerbungen zu verzeichnen, dagegen ist von einer Thätigkeit der polnischen Landliga nicht viel zu ver spüren. Angekauft sind das 475 Hektar große Ritter gut Zurawiniec im Kreise Mogilno und die 30,000 Morgen große Herrschaft Boguniewo im Kreise Obor- nik, beide bisher im polnischen Besitz. Mehr als sechsmal ist die 3'/sprocentige Hundert- Mi l l i o n e n - R e i ch s a n l e i h e überzeichnet worden. Der i Gesammtbetrag wird auf 640,600,000 Mark angege- i ben. Bisher war es ein französisches Privilegium, ! die nationalen Anleihen so bedeutend überzeichnet zu ' sehen, nun ist das deutsche Kapital dem gewiß lobens- : werthen Beispiel gefolgt. Alle Zeichnungen bis zu 2000 Mark sollen voll berücksichtigt werden, die übri gen werden entsprechend gekürzt. Nun sage man aber vor allen Dingen nicht mehr, daß kein Geld in Deutschland ist. , Oestorreich-Ungarn. . Kaiser Franz Joseph hat am Mittwoch Abend Pola verlassen und ist nach Ischl gereist, nachdem er i den Behörden seinen Dank für den herzlichen Empfang - und die patriotischen Kundgebungen ansgedrückt hatte. ! Der Kronprinz Rudolph kehrt Ende dieser Woche aus z Galizien nach Wien zurück. Frankreich. Ganz Paris ist wieder einmal in Heller Aufre gung! Das neue Militärgesetz setzt bekanntlich die Militärdienstzeit auf 3 Jahre fest. Da nun aber die modernen französischen Strategiker vor Allem eine s kolossale Masse Soldaten wollen, so war in dem Mi- i litärgesetz eine Bestimmung eingeschoben, nach welcher s es gestattet sein sollte, nach zweijährigem Dienst junge s gehen. Die Stadt ist festlich geschmückt. Irgend welche Aeußerungen der Mächte liegen nicht vor. Aus dem Muldertthale. *Wüldenburg, 8. Juli. Die Königin der Blume, Feuilleton. Unter einem Dache. Roman von Karl Hartmann-Plön. (Fortsetzung.) Sie beugte sich zu ihm nieder, legte die Hand auf seine Schulter und im Flüsterton fuhr sie fort: „Wenn Sie es vollbringen, meinen Feinden den schwarzen Kasten zu entreißen, wenn Sie statt meiner die Rache in die Hand nehmen und zu meiner Zufriedenheit aus führen, daß ich triumphirend aufjauchzen kann, einerlei wie, und wenn Sie den Elenden in's Meer stürzen müßten, so werde ich — Ihre Gattin!" „Himmlisches Weib!" rief Waldemar leidenschaftlich begeistert aus, schloß Gabriele in seine Arme, und ohne daß sie es hindern konnte, drückte er einen heißen Kuß auf ihre Lippen. Sie hatte sich nur wenig gesträubt, jetzt machte sie sich aber los und sagte: „Das war nicht Recht von Ihnen, Herr v. Flamming, da ich mich in Ihre Hand gegeben und Sie das Uebergewicht über mich besitzen. Sie müssen mir versprechen, auf jeden Lohn zu ver zichten, bis Sie Ihre Aufgabe voll und ganz gelöst haben, dann halte auch ich mein Versprechen. — Nun lassen Sie uns vorerst überlegen. Soll ich Ihnen den Kammerdiener schicken? Er ist schlau und erfinderisch und schreckt — vor nichts zurück." „Das wäre zu überlegen; ja eine solche Hülfe könnte ich gebrauchen. Vortrefflich, ich lege die Mine, er zündet sie an, dann sind wir zugleich den Zeugen los! Was geschehen soll, muß noch in dieser Nacht geschehen, denn morgen wird Ihre Cousine nicht zögern, das Testament dahin bringen zu lassen, wohin es gehört und wo es sicher verwahrt ist: auf das Gericht zu Schleswig. Daß es bereits in ihrem Besitz, ist wahr scheinlich, denn wie mir die Magd erzählt hat, die alle Neuigkeiten von einem Gast zum andern trägt, hat Barlandt schon vor ein paar Stunden mit seiner Mut ter die letzten Zimmer links vom Corridor bezogen." „Hat er denn noch eine Mutter? Ich meine, von ihm selbst gehört zu haben, daß beide Eltern gestorben?" „Das wird wohl ein Jrrthum sein, — genug, die Hauptsache ist vorerst, zu erfahren, wo in den Zim mern der Frau Professor während dieser Nacht der Kasten untergebracht ist. Da fällt mir plötzlich etwas ein. Alle Zimmer für die Badegäste sind nach einer Schablone eingerichtet, in jedem stehen fast die gleichen Möbel und in jedem befindet sich ein verschließbarer Sekretär. Diese sümmtlichen Sekretäre sind entschie den von demselben Möbelfabrikanten verfertigt, denn in ihrer Bauart sehen sie sich ähnlich, wie ein Ei dem andern. Da liegt der Gedanke auch nicht fern, daß auch die sämmtlichen Schlösser daran von demselben Fabrikanten sind und ein Schlüssel zu allen Schlössern paßt. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß Frau Jo hannes ihren Sekretär für vollkommen sicher hält, sie wird arglos genug sein, ihren Schatz nicht mit in ihr Schlafgemach zu nehmen. Oder ob sie die Vorsicht gebrauchen wird, den Kasten in ihrem Koffer zu ber gen? Sie wird sich vielleicht damit begnügen, wenn sie ihn neben sich auf dem Nachttische weiß. Das wäre so ungünstig nicht!" „Es sind aber auch noch andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen; kann sie Hans v. Bela nicht den Kasten übergeben haben zu besserer Beschützung?" „Möglich — aber, gerührt wie sie sein wird über den letzten Act väterlicher Liebe und Güte, trennt sie sich doch vielleicht nicht gleich von ihm. Es würde selbstverständlich die Ausführung ungemein erleichtern, wenn wir vorher bestimmt erführen, wo sie ihn für diese Nacht untergebracht. Wenn man das noch irgend wo erspähen, erlauschen könnte? Ich wage es, die Abende sind dunkel, der Himmel hat sich mit Wolken bezogen, ich schleiche mich auf die Veranda, es müßte ja höchst auffällig sein, wenn nicht die Rede auf das Testament käme, und da wird denn auch die Bemerkung fallen, wo sie es verborgen!" Es war inzwischen sehr dunkel geworden. Frau v. die Rose, steht jetzt in ihrer schönsten Blüthe. Tau sende von Rosenknospen öffnen sich in jeder warmen Nacht und eine zarte Knospe im Knopfloch wird jetzt zum alltäglichen Schmuck und der Rosenstrauß zur holden Liebesspende. Sie ist schön die Zeit der Rosen, in welcher der berauschende Duft Herz und Sinn zu allerlei süßen Thorheiten verführt. Und als Geleits mann der Rose ist in Flur und Feld in Tausenden von Exemplaren die Kaiserblume, die Kornblume, er schienen, das schlichte einfache Kind des Feldes, die doch poetisch verklärt ist durch die Thatsache, daß sie des Kaisers Lieblingsblume ist. Aber nicht zu gering auch von ihr gesprochen, ein voller Kornblumkranz ist eine Zier für einen schmucken Lockenkopf. Soviel für poe tische Gemüther. Praktische Leute denken jetzt, so weit sie in Flur und Feld zu thun haben, viel an Rosen und Rosentändeleien. Die haben ihre Gedanken auf die Heuernte gerichtet, deren reicher Ertrag ihr Alles ausmacht. Und sie ist auch nöthig, denn wenig Heu und es geht die Noth an; das merkt auch das große Publikum bald bei den Butterpreisen. *— Ueber die Verhandlungen im Giftmordprozeß gegen den früheren Gutsbesitzer und Amtsschulzen Jo hann Gottfried Friedemann, 29 Jahre alt, aus Wiese bach, die 23jährige Dienstmagd Pauline Dietrich aus Thiergarten und die 20jährige Dienstmagd Minna Ida Arzig aus Friedrichsgrün können wir heute fol gendes Nähere berichten: Die beiden angeklagten Mädchen standen bis zu ihrer Verhaftung bei dem Mitangeklagten Friedemann in Dienst. Zu den einzelnen Persönlichkeiten ist noch Folgendes anzu führen. Die Angeklagte Dietrich ist in Ziegelheim geboren und erzogen und war vom 2. Januar 1884 bis zuletzt bei dem Gutsbesitzer Friedemann, dem heutigen Mitangeklag ten, bedienstet. Sie ist ohne Eltern und hat sich während ihrer Dienstjahre ein kleines Kapital auf der Sparkasse zu Altenburg angesammelt. Als sie in das Gut kam, war Friedemann noch unverheirathet. Zwischen der Dietrich und ihm entspann sich eine engere Vertraulichkeit, die zu unlieb samen Folgen sührte. Ihr am 10. November 1885 gebo rener Knabe wurde bei einer Familie in Uhlmannsdorf in Pflege gegeben. — Ueber Friedemann ist speciell zu er wähnen, daß er in seinem Heimaths- und Wohnorte sich von Anfang an befunden, daß er nach der Confirmation in der Landwirthschaft des väterlichen Gutes gearbeitet und dieses, nach des Vaters Tode im Jahre 1881, selbstständig übernommen hat. Das Gut war, ohne Inventar, auf 48,^00 Mk. geschätzt. Vor zwei Jahren heirathete Friede mann und am 19. September vorigen Jahres wurde ihm ein Kind geboren. — Die Arzig ist nach den Schuljahren ebenfalls sofort in Dienste getreten und befand sich zuletzt anderthalb Jahre lang bis zu ihrer Verhaftung bei Friede mann als Hausmädchen. Im Frisdemann'schsn Hause hatte sich seit der Verhei- rathung des Dienstherrn Manches geändert. Die junge Frau mochte von dem früher» Verhältniß zwischen Friede mann und der Dietrich Kenntniß erhalten haben; auch hatte die Frau durch ihren Vormund von der Existenz des Kin des erfahren, und hierdurch entstand großer Unfrieden im Hause. Ob jene frühere Intimität noch fortgewährt, auch nach dem Einzuge der jungen Frau, steht nicht fest; Friede mann stellt es in Abrede, die Dietrich giebt es zu. Der Unfrieden im Hause wurde immer unerträglicher für den Angeklagten und er äußerte wiederholt gegen die beiden Sonns hatte ganz vergessen, daß ihre kleine Tochter im Nebenzimmer sich befand. Alle ihre Gedanken hatten sich ausschließlich auf den wichtigen Gegenstand ver einigt, den sie mit Flamming zu berathen hatte. In diesem Augenblick dachte sie an das Kind und bat Waldemar, ob er nicht einmal nach Melanie sehen möge. Letzterer ging in sein Schlafzimmer und kam gleich darauf mit der Meldung zurück, daß Melanie sich auf sein Bett gelegt habe und eingeschlafen sei. „Sie müssen dem Kinde verzeihen," sagte Gabriele. „Freuen wir uns doch," erwiderte Flamming, „daß sie schläft, da wird ihre Geduld nicht auf eine so lange Probe gestellt. Horch," fuhr er gleich darauf fort, „was ist das für ein Stimmengewirr? Das ist hier in der Etage und scheint in den Barlandt'schen Zimmern zu sein. „Verzeihen Sie!" Er öffnete leise die Thür, die nach dem Corridor führte, und horchte hinaus. Es waren Männerstim men und auch eine weibliche deutlich zu unterscheiden. Ein Heller Lichtstrahl aus einer offenen Thür kommend, fiel auf den Corridor. Er betrat ebenso leise den letzteren, und jetzt schon Barlandt's Stimme erkennend, schritt er weiter und blieb in der Nähe der geöffneten Thür lauschend stehen. Als er hier eine geraume Zeit regungslos verharrt, war der gewandte und verschla gene Horcher mit den Verhältnissen aller Personen, die mit ihm unter einem Dache wohnten, so ziemlich vertraut, und erst, als er aus ihren Reden vernahm, daß sie sich anschickten, das Zimmer zu verlassen, um sich zur Frau Professor v. Becker zu verfügen, schlich er auf den Fußspitzen zurück. Hatte er auch mit einem gewissen Triumphgefühl ver nommen, daß, wie die Sachen lagen, sein Feind, Hans v. Bela, als nächster Erbe des Wesselbach'schen Majorats von der Liste gestrichen werden mußte und Roderich Barlandt dafür an die Stelle trat, so erschreckte ihn doch diese That sache in hohem Maße, weil er selbst dadurch um ein Glied weiter zurückgedrängt wurde. War es überhaupt mög lich, Beide zu beseitigen? (Fortsetzung folgt.)