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und Amtsblatt M de« Aadtrath M Waldendarg Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Filialen: in Altsiadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Max Liebezelt; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgasse; in Rochsburg bei Herrn Suchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn, Buchhdlr. E. Dietz«, in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn« und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster-- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SS Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. Sonntag, den 4. September 1887. Witterungsausfichten für den 4. September: Windrichtung um Siidwest. Vorwiegend heiteres, trockenes und warmes Wetter. Barometerstand am 3. September, nachmittags 3 Uhr: 763 ww. Spiritusgesellschaft gescheitert. *Waldcnburg, 3. September 1887. Die Kaiserbegegnung zwischen dem Czaren und dem Kaiser Wilhelm gewinnt immer festere Gestalt. Wie mitgethcilt wird, will Alexander III. einen Ausflug von Kopenhagen nach Stettin machen, dort eine Nacht der Gast des Kaisers Wilhelm sein, am nächsten Vor mittag einer großen Parade beiwohnen und Abends nach Kopenhagen zurückkehren. In Schloß Fredens- borg bei Kopenhagen, wo der Czar verweilt, geht es übrigens recht unbehaglich zu. Der Kaiser ist in hohem Grade nervös und es müssen auf sein Drängen Si cherheitsmaßregeln getroffen und Untersuchungen ange stellt werden, an die sonst kein Mensch denkt. Das Gespenst eines möglichen nihilistischen Attentates lähmt alle laute Freude und Lebenslust. Die definitiven Dispositionen zur Kaiserbegegnung sind allerdings noch nickt getroffen, auch ist es mög lich, ja sogar wahrscheinlich, das für die Zusammen kunft in letzter Stunde noch ein anderer Schauplatz und anderer Tag gewählt wird. Bei der Attentats furcht am russischen Hofe könnte es jedenfalls nicht verwundern, wenn man Scheu trüge, die richtigen Da ten über die kaiserliche Reiseroute in die Oeffentlichkeit gingen zu lassen. Aber die Reise selbst scheint be schlossen zu sein, und wenn sich auch über die voraus sichtlichen Resultate unmöglich schon heute ein Urtheil fallen laßt, so bj^et doch die Thatsache an sich, daß die beiden Kaiser auf deutschem Boden wieder zusam- mentreffen jollen, einen großen Triumph der auswär tigen deutschen Politik. In den ersten Monaten die ses Jahres hatte sich das Verhältniß zwischen Deutsch land und Rußland recht unleidlich gestaltet, und das Programm der „Freiheit der Action", welches in Mos kau ausgegeben wurde, und das kurz und bündig dem Freundschaftsverhältniß zum deutschen Nachbar ein Ende machen sollte, war an der Newa thatsächlich zur Wahrheit geworden. Und heute stehen wir bereits vor der Rückkehr von dieser verhängnißvollen Politik, die Monarchenbegegnung in Stettin, mag sie auch zum guten Theile auf das Conto der persönlichen Beziehun gen der beiden Kaiser zu einander geschrieben werden, wird jedenfalls eine wichtige Etappe derselben bilden. Wer Aehnliches noch vor wenigen Monaten zu prophe zeien gewagt hätte, wäre vielleicht der Lächerlichkeit verfallen. Das Unwahrscheinliche hat sich aber erfüllt. Fürst Bismarck ist unermüdlich thätig gewesen, die Freundschaft mit Deutschlands östlichem Nachbar wie derherzustellen. Vielleicht wird es in nächster Zukunft noch nicht gelingen, alles Mißtrauen zu bannen, wel ches sich an der Newa gegen Deutschland angesammelt hat, schließlich dürfte aber die ehrliche deutsche Politik nicht verfehlen, den Czaren und seine Rathgeber zu Überzeugen, daß die abenteuerlichen Bahnen, in welche der Panslawismus den russischen Staatswagen lenken will, zu einem Abgrunde führen, aus dem kein Heil erblühen kann. Zur Förderung dieser Einsicht müssen die persönliche Begegnung und der persönliche Gedan kenaustausch der beiden Monarchen in jedem Falle er heblich beitragen. Ein leichtes Stück Arbeit hat da die deutsche Poli tik allerdings nicht zu leisten. Sie hat es dennoch unternommen und das Glück stand ihr dabei bisher zur Seite. Die Hetzer im Osten und Westen, welche so viel zur Erbitterung zwischen Rußland und Deutsch land beigetragen haben, sind vom Schauplatze ver schwunden. Der große Katkow hat für immer die Allarm-Posaune aus der Hand gelegt, und Boulanger, der Revanche-General der Franzosen, ist in das idyllisch stille Clermont-Ferrand verbannt, wo nur die Fabri kation der Seidenstrümpfe blüht und das Rasseln des Säbels nicht hoch im Curswerthe steht. In Frank reich haben maßvolle Elemente das Staatsruder in die Hand genommen, und so zahlreich auch die Jün ger sein mögen, welche der verstorbene Moskauer Pan slawistenführer hinterlassen hat, Keinem wird es so bald gelingen, den Einfluß im Volke und die Gunst des Czaren in dem Maße zu gewinnen, wie sie Kat kow besaß. Noch sind die Lehren im frischen Gedächt- niß, welche die sogenannten Volkstribunen hüben und drüben gepredigt und die so viel Anziehungskraft aus geübt haben, aber ihr Schimmer wird mit der Zeit verblassen und ruhigere Erwägungen aufkommen lassen. Die größte Schwierigkeit, welche Fürst Bismarck zur Wiederherstellung der guten Beziehungen zwischen Ber lin und Petersburg zu bezwingen hat, liegt indessen in dem bekannten Programme der russischen Orient politik, welches im steten Vordringen besteht, das dem Stillstände keinen Raum gewährt. Fürst Bismarck hat die Erhaltung des Friedens zum Ziel seiner Po litik gemacht, welche deshalb streng auf dem Boden des Berliner Vertrages steht. Rußland will die Aufrecht erhaltung des Berliner Vertrages nur dem Namen nach; für das Czarenreich ist die Hauptsache die Ent faltung des unbegrenzten russischen Einflusses im Bal kan und hier stößt es auf Oesterreich, das Deutsch land eng verbündet ist. Oesterreich-Ungarn will eben falls die Aufrechterhaltung des Berliner Vertrages, aber kein unter russischem Commando stehendes Bul garien. Die bestehenden Gegensätze zu versöhnen, ist ein recht schwieriges Problem. Um dasselbe erfolgreich zu lösen, hat Deutschland die Rolle des „ehrlichen Mak lers" übernommen, in der es bereits so große Erfolge errungen hat. Man zeigte sich in Petersburg damit unzufrieden, man verlangte eine offene Parteinahme Deutschlands für Rußland und gegen Oesterreich, dem nach ein Ding der Unmöglichkeit, so lange das deutsch österreichische Bündniß besteht. Man wird sich daher an der Newa mit Geringerem begnügen müssen, und daß man es will, zeigt die Kaiserzusammenkunft in 8po, wenn diese auch sonst nicht zu viel bringen wird. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm ist am Donnerstag Nachmittag im Schlosse beim Einnehmen des Kaffee's ausgeglitten, ohne sich jedoch irgend welchen größeren Schaden zu zuziehen. Die Reisedispositionen bleiben unverändert. Am Freitag Vormittag nahm der Kaiser mehrere Vor träge entgegen. Mittags erschien der Kaiser wiederholt am Fenster seines Arbeitszimmers und wurde von unendlichem Jubel begrüßt. Trotz der Anstrengungen des Paradetages sah der Kaiser recht wohl aus. Zum Diner war Niemand geladen, auch bei der Kaiserin nicht. Der „Reichsanzeiger" vom Freitag Abend meldet amtlich: Se. Majestät der Kaiser und König fielen gestern während des Umganges nach dem Paradediner in Folge einer Unebenheit des Fußbodens auf die linke Hüfte und den linken Ellbogen und zogen sich hierdurch eine mäßige Quetschung der genannten Theile zu, setzten aber hierauf die Unterhaltung mit verschiedenen Gästen im Umhergehen noch längere Zeit fort. Der Schlaf in der Nacht war im Ganzen befriedigend. Das : Allgemeinbefinden ist ungestört. Se. Majestät sind > kurz nach 9 Uhr aufgestanden. : Aus London wird vom Freitag telegraphirt: Die königliche Dacht „Victoria and Albert", welche in Folge stürmischer Witterung bei der Insel Wight zu rückgehalten wurde, kam gestern mit der deutschen Kronprinzessin und ihren Töchtern an Bord in Sheerneß an. Am Freitag nahm der Dampfer in Port Victoria den Kronprinzen auf, worauf die Weiter reise nach Vlissingen fortgesetzt wurde. Der deutsche Geschäftsträger in Madrid theilte der spanischen Regierung eine Depesche mit, in welcher ; Fürst Bismarck im Auftrage Kaiser Wilhelms die j spanische Regierung wegen des erfolgreichen Auftretens auf dem Zulu-Archipel beglückwünscht und den Be hörden auf den Philippinen den Dank für den den Deutschen gewährten Schutz ausspricht. Bei der Hoftafel in Brünn aus Anlaß der Kaiser manöver saß der deutsche Generalquartiermeister Graf Waldersee zur Rechten des Kaisers Franz Joseph, eine ganz besondere Auszeichnung. Der Kaiser und die Kaiserin von Brasilien werden ihren Aufenthalt in Baden-Baden bis October verlängern, um eine Begegnung mit Kaiser Wilhelm zu ermöglichen, welcher auch in diesem Jahre nach den Manöver« dorthin kommen wird. Ueber die Feier des Sedantages im deutschen Reiche und in deutschen Colonien des Auslandes liegen auch in diesem Jahre zahlreiche Meldungen von nah und fern vor. In der Regel bildeten den Mittelpunkt der Feier Gottesdienste, Schulfestlichkeiten und Umzüge; doch fehlte es auch an größeren Veranstaltungen nicht. Im Ganzen hat sich auch in diesem Jahre gezeigt, daß die Erinnerung an den zweiten September des großen Jahres 1870 im deutschen Volke kräftig fort lebt. Und so mag und wird es bleiben. Laut kaiserlicher Ordre ist bei jeder der beiden deutschen Marinestationen vom 1. October ab eine Torpedo-Abtheilung zu bilden, welche das für die Bedienung der Torpedowaffe bestimmte Personal aus zubilden hat. Wie die „Nordd. Allg. Ztg." mittheilt, beabsichtigen einige russische Eisenbahngesellschaften, die durch den Rückgang des Rubelcurses besonders hart betroffen wurden, die Hilfe der russischen Regierung zur Ordnung ihrer Verhältnisse anzurufen. Die Ansiedlungs-Commission in Posen wird sich in der nächsten Zeit mit der Vertheilung des von ihr im vorigen Frühjahr angekauften Rittergutes Bobrowo beschäftigen. Auf demselben sollen 17 deutsche Familien angesiedelt werden, die aus Rußland verwie- : sen sind. Die Bedingungen für diese Colonisten sind recht günstig gestellt. Die geplante große Spiritusgesellschaft ist nun mehr definitiv gescheitert. Die „Zeitschrift für Spi ritusindustrie" enthält folgende Erklärung: „Mit dem heutigen Tage ist durch die Erklärung des Bankcon- sortiums die Gründung der Gesellschaft für Spiritus- verwerthung als gescheitert zu erachten. Die in unge nügender Zahl eingesandten und mit den verschieden artigsten erschwerenden Bedingungen belasteten Verträge gaben dem Consortium nicht die genügende Sicherheit, um das Geschäft abschließen zu können. Berlin, den 1. September 1887. Der Vorstand des Vereins der Spiritusfabrikanten in Deutschland." In dem von den preußischen Bischöfen in Fulda ' beschlossenen Hirtenbrief heißt es, wie jetzt bekannt