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chm Gedanken trägt. Rußland soll in seinem Proteste gegen die Wahl des Fürsten erklärt haben, wenn eine Großmacht die Wahl anerkenne, betrachte «s den Berliner Vertrag als gebrochen. Die französischen Konsuln in Bulgarien erhielten bereits Anweisung, jede Verbindung mit der neuen Regierung zu unterlassen. Die russische Regierung hat mit ihrer jüngsten Auf forderung an die Türkei, gegen die Thronbesteigung des Fürsten Ferdinand laut zu protestiren, kein Glück gehabt. Die Türkei erkennt zwar den Fürsten nicht an, will auch keine officiellen Beziehungen zu ihm er- öffnen, aber zu einem scharfen Protest versteigt sie sich noch lange nicht. Sie sragt nun wieder bei den ein zelnen Großmächten an, was die meinen und damit ist die diplomatische Notenschreiberei glücklich in Gang gekommen. Federkiele sind aber sehr harmlose Waffen, das weiß auch der Fürst Ferdinand. Cgypten. Die französische Regierung hat sich mit der engli schen dahin verständigt, daß künftig jährlich eine viertel Million Pfund Sterling von den egyptischen Ein künften für die theilweise Abschaffung der Frohn arbeiten verwendet werden soll. Die egyptische Re gierung wird dies Arrangement den anderen Mächten zur Genehmigung unterbreiten. Aus -ein MulveuthaLe. ''Waldenburg, 17. August. Se. Erlaucht der Graf zu Solms-Wildenfels nebst Gemahlin, sowie Ihre Erlaucht Gräfin Elisabeth zu Solms-Wildenfels, haben sich am fürstlichen Hofe verabschiedet und von hier nach Schloß Wildenfels begeben. — In Zwickau tagten am Sonntag im Hotel „Deutscher Kaiser" unter Vorsitz des Herrn Möhler- Glauchau Delegirte des Verbandes erzgebirgischer Ge werbevereine. Die Gegenstände der Tagesordnung: Petition bezüglich besseren Eisenbahnanschlusses, Wan derredner rc. betreffend, fand rasche und glatte Er ledigung. Aus dem Suchfenlanve. — Die Aufnahme, welche die Sachsen in Straßburg gefunden haben, war überaus herzlich und begeistert. Sonntag Nachmittag begaben sich dieselben auf aus drückliche Einladung mit'mehreren Zügen der Straßen bahn über den Rhein nach Kehl, wo die Bürger der Stadt ein großartiges Volksfest auf dem Marktplatz der Stadt bereiteten. Am Montag Nachmittag fand die Feier des Stiftungsfestes des Kriegervereins zu Straßburg statt. — Nach den statistischen Erhebungen kamen im Jahre 1885 auf je 1000 Einwohner in Reuß ä. L. -46, Sachsen 43, Reuß j. 8. -43, Altenburg 42 und Mecklenburg-Schwerin nur 31 Geburten. — Das socialistische Centralwohlcomitü der Land tagswahl in Sachsen fordert schon jetzt zur sofortigen Gründung von öffentlichen Wahlcomittzs auf. — Die Beitritts-Erklärungen zum „Sächsischen Jnnungs-Verbande" haben sich in den letzten Wochen in recht erfreulicher Weise vermehrt. Im Ganzen ge hören dem Verbände jetzt 101 Innungen an, und zwar: 14 in Dresden, 7 in Chemnitz, je 4 in Leipzig, Plauen i/V. und Zwickau, je 3 in Auerbach i/B., Bautzen und Treuen i/V., je 2 in Brambach, Dippoldiswalde, Frauenstein, Löbau, Oschatz und Stollberg, je 1 in Adorf, Altchemnitz, Annaberg, Borna, Brand, Brandis, Buchholz, Carlsfeld, Dahlen, Döbeln, Elterlein, Fran kenberg, Grimma, Groitzsch, Großenhain, Großröhrs dorf, Hainichen, Hartenstein, Hirschfelde, Klingenthal, Königstein, Kötzschenbroda, Leisnig, Lindenau-Plagwitz, Löbau, Löbtau, Lohmen, Meißen, Mittweida, Mülsen St. Jakob, Neustädtel, Oederan, Oelsnitz i/V., Ostrau, Pausa, Rabenau, Radeburg, Schneeberg, Schwarzen berg, Strehla a/E., Waldenburg, Waldheim, Werdau, Wermsdorf, Wildenfels, Wilsdruff und Wurzen. Diese Innungen haben zusammen ca. 4500 Mitglieder. Außerdem liegt dem geschäftsführenden Vorstande eine Anzahl Beitritts-Erklärungen vor, welche bis jetzt nicht als solche mit gezählt werden können, weil denselben die nöthigen Beilagen fehlen. Der Beitritts-Erklärung ist bekanntlich eine Abschrift des Protokolls über die jenige Innungs-Versammlung, welche den Beitritt zum „Jnnungs-Verbande" beschloß — soweit sich das Pro- tokoll hierauf bezieht —, sowie ein Mitglieder-Verzeich- Ntß beizufügen. Hat Jemand einem Anderen Werthgegenstände übergeben, damit dieser dieselben durch Verpfändung für seine Verbindlichkeiten zu seinen geschäftlichen Zwecken verwende, so liegt nach einem Urtheil des Reichsgerichts III. Civilsenat, vom 14. Juni d. I. darin noch keine Eigenthums-Uebertragung der Werthgegenstände. Der jenige Gläubiger, welchem diese Gegenstände für seine Forderung verpfändet worden sind, kann demnach nach Eröffnung des Concurses über das Vermögen des Schuldners seine ganze Forderung im Concurse geltend machen und seinen Ausfall aus den Pfand gegenständen decken. — Von der internationalen Ausstellung von Er zeugnissen und Bedarfsartikeln der Bäckerei, Condito rei und verwandter Gewerbe in Dresden. Alle die großen Chocoladenfabriken, welche in den letzten Jah ren ihres Betriebs in Folge der technisch vollendeten Maschinen und des gesteigerten Absatzes sich hoch em porarbeiteten, sind in den Firmen Petzold u. Aul horn, Rich. Selbmann, Lobeck u. Co., Jordan u. Timäus vertreten. Die bekannte Cacaofabrik van Hau ten u. Zoon in Wesp in Holland, welche alljährlich großartige Cacao-Auctionen veranstaltet, hat sich einen eigenen Pavillon eingerichtet, in welchem das wahr hafte braune Getränk, das heut zu Tage nicht mehr ein Vorrecht der Reichen ist, ausgeschänkt wird. An Marcipan, dem edelsten Zuckerwerk, ist die Ausstellung reich. Die Kunst der Herstellung desselben >ist hier mit der Kunst der Verwendung zu den mannigfal tigsten Ausstellungsstücken verbunden. Carl Brünn- Dresden fertigte mehrere Thierstücke von Marcipan und Zucker aus freier Hand, ferner Marcipanfrüchte und Gemüse, Otto Nettlich-Berlin Blumen und Früchte, von Zucker und Marcipan, um mit ihnen die reich besetzten Tafeln zu schmücken und zu zieren. Königs berg i. Pr. ist seines Marcipans wegen berühmt, wie es des Pfefferkuchens wegen Pulsnitz und Halle sind. Daher sind auch einige Firmen aus jener Stadt ver treten. In den weiten Ausstellungsräumen erblicken wir ferner feine Fruchtsyrupe zum Füllen des Ge bäcks, Belegfrüchte für dasselbe, Marmeladen, ätherische Oele zur Verfeinerung des Geruchs und des Wohl geschmacks der Kuchen, Gewürzextracte und die conser- virten Gewürze in flüssiger Form der Or. Nau- mann'schen Fabrik in Plauen-Dresden. Die Schnäpse und Liköre fehlen nicht. Wir finden die deutschen Cognacs aus deutschen Weinen von der Firma Gruner u. Co. in Siegmar i. Sachs, und freuen uns, daß es der deutschen Industrie von Jahr zu Jahr mehr gelingt, sich von den Fesseln des Auslandes frei zu machen. Außer den verschiedenen Carola-, Rosen-, Vanillen- und andern Likören sind von den Speciali- täten der Annaberger Kräuter-Likör, Erzgebirger und Jägerndorfer Altvater Kräuter-Likör, den Steinhage ner Magenbitter nicht zu vergessen, vorhanden; neben Traubenweinen sind Aepfel- und Wermuth- und Frucht weinsorten ausgestellt. Wenn wir die Meierei- und Hefenfabrikationserzeugnisse durchmustern, so sehen wir, daß Dresden und Nordhausen die Hauptfabrikations orte der Preßhefe sind. Einen ebenso lehrreichen wie interessanten Einblick in das Molkereiwesen gewährt die Dresdner Molkerei von Gebrüder Pfund. Die Molkerei, welche einen täglichen Umsatz von 13,000 Liter Milch hat, errichtete auf dem Ausstellungsplatze ein eigenes Gebäude, in welchem die Trennung der Sahne von der Milch, überhaupt alle die Manipula tionen mittelst Maschine vorgenommen werden, welche im Großbetriebe nöthig sind. Der interessanteste Theil der Ausstellung ist wohl derjenige, welcher die Maschinen im Bäckerei- und Conditoreigewerbe um faßt. Es ist nun einmal heut zu Tage so; der Ma schinenbetrieb hat sich auch in diese Gewerbe einge drängt und das gewiß zu ihrem Vortheil. Nehmen wir nur die Teigtheilmaschinen an. Man legt den gut gekneteten Teig auf die Theilmaschine, drückt den Hebel und in mehrfache Stücke getrennt, liegt derselbe vor. Und wie anders ohne Hilfe der Maschine. Das Abkneipen mit der Hand dauert gewiß länger und sehr appetitlich ist es gewiß auch nicht. Aber auch das Kne ten besorgen Maschinen. Die Cannstätter Knet- und Mischmaschinenfabrik von Werner u. Pfleiderer hat eine Maschine aufgestellt, welche Teig für 250 Com- mißbrode von je 3,5 Kgr. Gewicht, also im Ganzen 825 Kgr. Teig aufnimmt. Diese Massenbäckereien sind in erster Linie für Militär bestimmt. Es würde aber wohl wenig nützen, wenn solche Mengen Teig auf ein mal hergestellt, nicht aber im Gleichen oder wenigstens entsprechender Schnelligkeit zu Brod verbacken werden könnten. Da ist die Backofenbäckerei wieder so voll endet, daß es hierbei Schwierigkeiten nicht im Ent ferntesten mehr giebt. Man sehe sich nur das für die Ausstellungszwecke besonders aufgeführte Backofenhaus an! Dort sind sie in Betrieb und mit Leichtigkeit führen die weißgekleideten Bäcker die Hantirungen an den verschiedenartig construirten Backöfen aus. Max Kefferer-Reudnitz-Leipzig hat zwei Oefen in Betrieb, von denen der eine ein Unterzugsofen mit Feuerung von hinten auf 2 Seiten unter dem Heerd mit sämmt- lichen Armaturen ausgestattet ist, der andere ein Ofen mit directer tiefliegender Feuerung von vorn mit Rauchverbrennung ist. Eine neue Construction ist das Modell eines Etagen-Wasserheizungs-Backofens mit continuirlichem Betrieb und herausziehbarem Brod für großen und kleinen Betrieb, ausgestellt von der Bor- becker Maschinenfabrik in Berga-Borbeck. Eine Reihe von Maschinen bezwecken das Sieben des Mehls und andere Hantirungen, welche bisher von der Hand vor genommen werden mußten. Alles im Allem gewährt die Ausstellung ein lebendiges Bild von der schaffen den Thätigkeit jener weißbestäubten Männer, welche, wenn wir noch schlafen, für uns schon arbeiten, um uns früh das erste Frühstücksgebäck zu liefern. — Die Jahresversammlung des Vereins deutscher Ingenieure in Leipzig beschloß, ihre nächste Versamm lung in Breslau abzuhalten. — Vom kgl. Abtheilungs-Jngenieur-Büreau Chem nitz werden die zur Herstellung eines 217 Meter lan gen Tunnels unter dem Bahnhofe Chemnitz nöthigen Erd-, Mauer- und Nebenarbeiten ausgeschrieben. Es sind 17,350 ebw. Massen zu bewegen, 5200 edm. Bruchsteinmauerwerk und 1130 odw. Ziegelmauerwerk herzustellen. — In Plauen hat sich am 25. vorigen Monats ein Archrtect im Alter von 57 Jahren entfernt und ist nicht wieder zum Vorschein gekommen. Er war Lei ter eines größeren Baues und hatte geäußert, daß er sich so krank fühle, daß er die Leitung des Baues nicht weiterführen könne. Der bedauernswerthe Mann ist am Sonntag im Stadtwalde auf der Reißiger Flur erhängt aufgefunden worden, und zwar in sehr ver westem Zustande. Seine Angehörigen haben den Leich nam nach Plauen überführen lassen. — In Neuhauseu ward am 14. d. das Haus des Tagelöhners Karl Gottlieb Strauß durch Blitz schlag eingeäschert. — Am Sonnabend Nachmittag gegen 1 Uhr, kurz vor seiner Ablösung erschoß sich auf seinem Posten im Hofe des Schlosses Ortenburg in Bautzen ein Soldat der 1. Comp. des 4. Jnf.-Rgt. Nr. 103, Namens Jäckel. I. hat sich mit seinem Dienstge wehr, welches er jedenfalls mit Wasser geladen, er schossen. Die Gründe des Selbstmordes sind unbekannt. — Die Natur gefällt sich in Extravaganzen. In der Gegend von Zittau hat es in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend gereift, das Thermometer sank bis '/r Grad unter Null. Verschiedenen Gärt nern sollen sogar die Gurken erfroren sein. Für die Hundstage gewiß alles Mögliche. — In Apolda wurde am Dienstag ein Fahrgast der Thüringer Bahn von der Weiterfahrt ausge schlossen, da er sich gegen eine Dame ungebührlich l benommen hatte. Vermischtes. Allerlei. Auf der Bahn Odessa-Lemberg stieß ein Courierzug mit einem Güterzug zusammen. Beide Maschinen explodirten, sechs Personen getödtet. — Bei Biebrich sind neue Reblausheerde entdeckt. Umfas sende Zerstörungsarbeiten sind angeordnet. — Die am Sonntag bei Falkniß abgestürzten Personen waren 2 junge Männer und 1 Mädchen. Letzteres fiel beim Edelweißpflücken zuerst, die Männer bei Rettungsver- sucheu. — Der neuste Unfall in den Schweizer Alpen, der Absturz des Züricher Fabrikbesitzers Ernst Sulzer vom Sanetsch-Paß in Wallis, passirte an einer ganz ungefährlichen Stelle. Wahrscheinlich ist Sulzer an einer Baumwurzel gestrauchelt und hat dabei das Gleichgewicht verloren. — Nach einer Meldung aus Simla wird die Zahl der in den Monaten Juli und Juni d. I. an der Cholera in Hinterindien Gestor benen auf 70,000 geschätzt. — Am Nationaldenkmal am Niederwald hatte am vorigen Freitag Nachmittag ein Dame, Frau van Bütten aus Rotterdam, das Un glück, daß ihre Kleider, wahrscheinlich durch eine weg geworfene brennende Cigarre, Feuer fingen und trotz sofortiger Hilfe ihr Körper solche Brandwunden davon trug, daß man an dem Aufkommen der Dame zweifelt. — Auf der Bahnstrecke Gerresheim (Rheinpr.) passirte am vorigen Mittwoch Abend dadurch ein gräßliches Unglück, daß ein Heizer mit noch zwei anderen Per sonen das Gleis als Weg benutzten und von einem Personenzug überfahren wurden. Der Heizer war sofort todt, die zwei anderen aber wurden schwer ver letzt in das Düsseldorfer Krankenhaus gebracht. — In Berlin wird die Errichtung eines großartigen russi schen Tattersalls beabsichtigt, wozu die russische Krone 100,000 Rubel beigesteuert haben soll. Die überschüssigen edlen Pferde aus den besten russischen Privat- und Krone-Gestüten sollen hier zum Verkauf gestellt werden. Neueste Nachrichten. Sofia, 16. August. Eine hiesige diplomatische Agen tur bekam heute (16.) aus Konstantinopel die folgende telegraphische Mittheilung: Der erste Dragoman der österreichischen Botschaft erklärte gestern der Pforte, Oesterreich werde die diplomatischen Agenten in Bul garien anweisen, die bisherigen Beziehungen zu der bulgarischen Regierung fortzusetzen. Sobald die Er klärung bekannt wurde, beeilten sich der englische und italienische Vertreter, ähnliche Mittheilungen zu machen. Dagegen bleiben Frankreich, Deutschland und Rußland negativ. Das letzte ist bemüht, die Entsendung Artin Effendis als Vertreter der Pforte in Sofia zu hinter treiben. Börse«' und Marktberichte. Leipzig, 16 August. Sorten. K. Russ, wicht. Iw», ü 5 Rbl. per St. 00,00G. 20 FrancS-Stücke per St. 16,19G.