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« ^ueste Nachrichte«. chönburger LaiMall «nd Amtsblatt für de« Mdtrith j« W«lde«dms Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenftein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Filialen: in Altstadtwaldenbnrg bei Herrn Kaufmann Max Liebezeit; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. HL»<ig, Mandelgaffe; in Ruchsburg bei Herrn Buchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für dis nächster- fcheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenham, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. M 121. Sonnabend, den 28. Mai 1887. Witterungsaussichtell für den 28. Mai: Bei nördlicher bis östlicher Windrichtung veränderliche Bewölkung mit leichten Regenfälleu. Temperatur steigend. «Waldenburg, 27. Mai 1887. Die Arbeiter-Unruhen in Belgien haben noch nichts von ihrem bedrohlichen Charakter eingebüßt. Die Strikes scheinen immer allgemeiner zu werden. Am Donnerstag sollten in Brüssel alle belgischen Arbeiter vereine zu einer gemeinsamen Conferenz zusammen treten, auf welcher die Organisirung eines allgemeinen Strikes in ganz Belgien besprochen werden sollte. Wie verlautet, wollen die Arbeiter in Brüssel, Löwen, Gent, Antwerpen und Lüttich gleichzeitig die Arbeit einstellen. In Seraing, wo sich die großartigen Etablis sements von Cockerill befinden, ist der lange befürchtete Strike nun wirklich ausgebrochen, und die Regierung hat sich beeilt, Truppen dorthin zu senden. 2000 dortige Arbeiter beschlossen, einen Aufruf an alle bel gischen Arbeiter zu richten, worin diese aufgefordert wer den, nicht früher die Arbeit wieder aufzunehmen, bis die Regierung die Forderung der Arbeiter bewilligt. Sollte' auf gütlichem Wege nichts zu erreichen sein, so erklären die Arbeiter, zur Gewalt greifen zu wollen. Auch in Brüssel selbst haben die Strikes begonnen, indem 1800 Eisenbahnarbciter beschlossen, die Arbeit einzustellen. Ueberdies will man hier allabendlich Straßenkundgebungen veranstalten, und die Arbeiter geben unausgesetzt ihre Absicht kund, vor das königliche Palais zu ziehen. Fast noch schlimmer sieht es in der Gegend von Charleroi aus. Die Zahl der feiernden Arbeiter hat sich dort rapid vermehrt. Die Gendarmerie und die Truppen mußten in verschiedenen Gemeinden, wo sich starke Banden gebildet hattten, von der Feuerwaffe Ge brauch machen. Die Soldaten, und es liegen deren zur Stunde wohl 20 Bataillone im Hennegau aus allen Garnisonen des Landes, sollen ihre Pflicht ge wissenhaft thun. Da es im vergangenen Jahre vor kam, daß Soldaten mit den Aufständischen allzu enge Beziehungen unterhielten, werden diesmal die Truppen zusammengehalten. Aber die große Gefahr liegt darin, daß beim Ausbruch von Aufständen an allen Ecken die Truppen schließlich nicht hinreichen werden, um überall die Unruhen zu dämpfen. So kann leicht die ganze Bewegung einen regel rechten revolutionären Charakter annehmen. In der That hat der bekannte Agitator Desuisseaux eine Pro- clamation an die Arbeiter erlassen, die in mehreren hunderttausend Exemplaren verbreitet sein soll, und in welcher die Arbeiter aufgefordert werden, nach Brüssel zu ziehen und daselbst die bestehende Verfassung ge waltsam umzustoßen, wenn nicht innerhalb acht Tagen nach Dekretiruug des allgemeinen Streiks die Auflö sung der Kammern, Aufhebung der Verfassung und Einberufung des Volkes zu einer neuen Constituante erfolgt. Inzwischen ist Desuisseaux von den franzö sischen Behörden in Maubruge, wo er zuletzt sein Wesen trieb, verhaftet und aus dem Norddepartement ausgewiesen, nach einer anderen Meldung nach Paris geschafft worden, wo er internirt wurde. Die belgische Regierung begehrt, wie es heißt, von der französischen die Auslieferung des gefährlichen Agitators. Ob durch die Unschädlichmachung desselben der aufständischen Be wegung eine Lebensader unterbunden würde, wie die belgische Regierung vielleicht hofft, muß dahin gestellt bleiben. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser hält bisher noch an dem Plane fest, der Nordostseecanalfeier am 3. Juni in Person betzu wohnen. Gegentheilige Bestimmungen sind bisher nicht getroffen worden. Donnerstag Mittag hielt der Kaiser auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin die große Früh jahrsparade in Gegenwart der fürstlichen Gäste und der königlichen Prinzen und Prinzessinnen ab. Der Kroitprinz war durch sein Halsleiden ferngehalten wor den. Nach dem Schluß der Parade kehrte der Kaiser, von der zahlreich versammelten Menschenmenge enthu siastisch begrüßt, nach der Stadt zurück. Im Laufe des Nachmittags nahm der Monarch dann noch einige Vorträge entgegen und arbeitete allein. Um 5 Uhr war im Schlosse großes Paradediner, abends wurde die Oper besucht. Heute Freitag findet in Potsdam die Parade der dortigen Garnison statt. Bekanntlich sollen der Kronprinz und die Kron prinzessin den Kaiser bei dem im Juni stattfindenden Regierungsjubiläum der Königin von England vertreten. Es ist aber fraglich, ob der Kronprinz, seines Hals übels wegen, die Reise unternehmen wird. Der eng lische Spezialarzt Or. Mackenzie ist von Berlin nach ! London zurückgereist, nachdem er sich vorher wiederholt ! in günstiger Weise über das Befinden des Kronprinzen ausgesprochen hat. Or. Mackenzie wird in einiger Zeit nach Berlin zurückkehren. Der „Reichsanzeiger" schreibt amtlich: Se. Kaiser liche und Königliche Hoheit der Kronprinz erkrankte im Januar d. I. an einer Halsentzündung, welche in i ihren äußeren Erscheinungen, einem geringen Husten und einer intensiven Heiserkeit, durch die bisher in ' ähnlichen Fällen bei Sr. Kaiserlichen Hoheit mit Er- ' folg angewendeten Mittel sich nicht beseitigen ließ. : Auch eine mehrwöchentliche Kur in Ems, welche im Uebrigen auf das Allgemeinbefinden Sr. Kaiserlichen ! Hoheit von bester Wirkung war, vermochte doch das örtliche Leiden nicht zu heben, so daß die im Laufe ' der Erkrankung neben dem behandelnden Leibarzt zu- ! gezogenen ärztlichen Autoritäten sich einverstanden da- ! mit erklärten, daß ein englischer Spezialist für Hals- ' krankheiten, Or. Morell Mackenzie aus London, mit i seinem Urtheil gehört werde. Derselbe ist vor einigen ! Tagen hier eingetroffen und hat nach wiederholter Untersuchung Sr. Kaiserlichen Hoheit den Zustand Höchstdeffelben nicht so Besorgniß erregend gefunden, daß er nicht hoffte, durch eine zweckentsprechende Be handlung das Uebel in nicht zu langer Zeit beseitigen zu können. Der Staatssekretär Graf Herbert Bismarck ist aus England nach Berlin zurückgekehrt. Morgen oder übermorgen wird wohl Fürst Bismarck nach Friedrichs ruhe reisen. Der Bundesrath hat am Donerstag das ihm zu gegangene Gesetz betr. die Einführung der Gewerbe ordnung in Elsaß-Lothringen den zuständigen Ausschüs sen überwiesen und dem Entwurf des Vertrages zur Unterdrückung des Branntweinverkaufes an Nordsee fischer auf hoher See genehmigt. Das erstere Gesetz trifft namentlich bezüglich der Frauen- und Kinderar beit und des Preßgewerbes Bestimmungen, welche sich an das jetzt noch bestehende französische Gewerberecht anlehnen. Unter neuen Zollprojecten ist auch der Gedanke eines Eingangszolles für frische Fische gegenwärtig wieder aufgetaucht. Dem Reichstage sind mehrere Pe titionen von Fischerei-Innungen in Schleswig-Holstein zugegangen, in denen ein solcher Fischzoll in Höhe von 10 Mark pro 100 Kilo gefordert wird. Dagegen haben sich die durch eine Zollmaßregel bedrohten Fisch räuchereien und Fischversandtgeschäfte in Kiel mit einer Eingabe an den Reichstag gewendet, in welcher sie um Zurückweisung des neuen Zollvorschlags bitten. „Der Fang frischer Häringe an unseren Küsten", heißt es in dieser Eingabe, „vermag nur wenige Prozente un seres Bedarfes zu decken und führen wir daher den weitaus größten Theil desselben vom Auslande, be sonders von Dänemark, Schweden und Norwegen ein. Die in unseren Räuchereien fertiggestellte Waare findet ihren Absatz zum größten Theile im deutschen Reichs gebiet, und zwar wird sie in allen Theilen desselben consumirt und kommt vermöge ihrer Billigkeit auch der ärmeren Klasse unserer Bevölkerung als tägliches Nahrungsmittel zu Gute. Der in der Petition ge forderte Eingangszoll würde deshalb weit mehr den Charakter eines drückenden und ungerechtfertigten Kon sumzolles, als den eines im Interesse der inländischen Fischerei etwa zu billigenden Schutzzoll's haben. Die einheimischen Fischereien sind auch ohne einen solchen Zoll in der Lage, ihren Erwerb bei der großen Nach frage jederzeit zu einem werthentsprechenden Preise ab zusetzen. Was uns anbelangt, so müssen wir uns überzeugt halten, daß schon ein nur theilweises Ein gehen auf jene Anträge eine solche Verminderung des Verbrauches zur Folge haben muß, daß ein großer Theil unserer Räuchereien nicht mehr existenzfähig blei ben würde." Es ist schon wieder einmal ein russischer Prahl hans auferstanden. General Tschernajew, serbischer Generalissimus im ersten serbisch-türkischen Kriege, der von Abdul Kerim Pascha fürchterliche Hiebe erhielt, veröffentlicht in der „Nowoje Wremja" einen Hetz artikel gegen Deutschland, in welchem er das Nieder- z werfen des deutschen Reiches als Hauptziel aller russi- - schen Politik bezeichnet und zu diesem Zwecke eine französisch-russische Allianz fordert. Na, zunächst kommt diese Allianz nicht, darüber brauchen wir uns keine grauen Haare wachsen zu lassen, und dann könnte Tschernajew eigentlich an den einmaligen Hieben genug haben. Der badische Landtag ist auf den 7. Juni zu einer außerordentlichen Session nach Karlsruhe berufen worden. Es handelt sich um Bewilligung des badi schen Kostenbeitrages zum Bau der strategischen Bahn linien. Das würtembergische Abgeordnetenhaus ge nehmigte Donnerstag mit 64 gegen 24 Stimmen die Regierungsvorlage, welche die landwirthschaftlichen Steuern um 1 Million erleichtert, die Gewerbe- und Gebäudesteuer dagegen entsprechend erhöht. Die elsaß-lothringische Regierung hat sich zu einer Maßregel veranlaßt gesehen, welche für die Betroffenen sehr nachtheilig ist. Die große Anzahl der Vogesen bäder und Sommerfrischen im Elsaß waren bisher fast durchweg von wohlhabenden französischen Fa milien besucht, die sich dabei im Gefühle baldiger Revanche und Rückeroberung des Landes als Herren geberdeten, während die deutschen Gäste klagten, daß sie theuer und nicht gerade zuvorkommend behandelt würden. Der Wirth wollte kein Deutsch verstehen, die Bedienung war meist französisch, bei Tafel hörte man blos französisch, die Wirthe inserirten ihre Luft kurorte und Pensionen fast nur in den französischen Zeitungen, und die Fluth der französischen Gäste hielt, wie behauptet wird, in der Bevölkerung die alten Sympathieen, sowie die Beunruhigung immer wieder aufrecht. Die Regierung hat nun derartigen franzö sischen Gästen den Aufenthalt im Reichslande verboten und jeder Fremde muß eine besondere Erlaubniß hierzu