Volltext Seite (XML)
Lobanow, hat sich mit kurzem Urlaub nach Peters burg begeben. Der Ausschuß der ungarischen Delegationen berieth den Militärkredit, nachdem der Kriegsminister seine Vorlagen begründet und Graf Kalnoky über die poli tische Lage Aufklärungen gegeben hatte. Die Beschluß fassung wurde auf Freitag vertagt. Italien. Das Cardinalscollegium überreichte am 2. d. dem Papste eine Adresse. Der Papst erwiderte, zuerst Jacobini's rühmend gedenkend, er sei bei dem Beginne des Pontificates erschrocken gewesen über die Schwierigkeiten der Lage des Papstthums im Allge meinen und die noch schwierigere Position des Papstes in Rom. Heute fühle er sich gestärkt, wenn er an die Lebensfähigkeit des Papstthums denke, das, obgleich ge haßt und bekämpft, seine unablässigen Eroberungen auf dem Missionsgebiete fortsetze. England. Ein in London aus Bombay eingetroffenes Tele gramm vom 3. d. meldet: Eingegangenen Nachrichtm zufolge erließ der Emir von Afghanistan einen Auf ruf an seine Unterthanen, um sie auf einen heiligen Krieg vorzubereiten. Knaben zwischen 10 und 18 Jahren haben täglich zu Uebungen anzutreten, Männer über 18 in die Armee einzutreten. Bulgarien. Aus Bulgarien fehlen directe Nachrichten wegm Verkehrsstörung. Die Revolten scheinen zuzuneh men. Seitens der rumänischen Regierung ist ange ordnet wordm, daß die über die Grenze kommenden Insurgenten entwaffnet werden; auch türkischerseits werden Truppen an der bulgarischen Grenze zusam mengezogen. Nach weiteren Nachrichten nahm die Garnison von Silistria Stellung vor der Stadt, um den gegen sie herbeigerufenen Truppen aus Rustschuk und Schumla den Weg zu verlegen. Die Truppen und die Garnison von Silistria stießen bisher noch nicht zusammen. Gerüchtweise verlautet von einer auf ständischen Bewegung in der Gegend von Patarba- zadschik. Amerika. Die in Chicago zum Tode verurtheilten Anar chisten haben eine Eingabe beim obersten Gerichtshöfe in Illinois um Einleitung eines neuen Proceffes ein gereicht. Aus dem Muldenthale. ^Waldenburg, 4. März. Das gestrige zweite Abonnementsconcert des hiesigen Stadtmusikchores nahm unter den gegebenen Verhältnissen im Ganzen einen recht befriedigenden Verlauf. Das Orchester war auf 30 Musiker verstärkt. Der Streicherchor war den Bläsern gegenüber in ein günstiges Verhältniß gestellt. In den Leistungen hielt sich ersterer meist über den letzteren, namentlich bezüglich der Reinheit des Spiels. Früheren Concerten des Stadtmusikchores gegenüber muß dem gestrigen eine fortgeschrittene Reg samkeit bei der Ausführung der Tonstücke zuerkannt Feuilleton. Unter einem Dache. Roman von Karl Hartmann-Plön. (Fortsetzung) Sie wandte sich an Fräulein Ätzer und sagte: „Wollen Sie einmal nach Melanie sehen, Amanda?" Die Gesellschafterin stand sofort auf und entfernte sich, wohl wissend, daß Gabriele mit Hans allein sein wollte. „Ein angenehmer Besuch steht Ihnen jedenfalls be vor, gnädige Frau," sagte Hans. Frau v. Sonns sah den Sprecher überrascht an und fragte: „Gnädige Frau? Bin ich Ihre Base nicht mehr?" „Verzeihung, meine verehrte Cousine," erwiderte er lächelnd, „ich schätze mich glücklich, eine so schöne Base zu haben." Hans hatte es ohne Ironie gesagt und wieder be ruhigt durch den Ton und die Schmeichelei, fragte sie jetzt: „Und wer ist Derjenige, dessen angenehmen Besuch Sie mir in Aussicht stellten?" „Herr v. Flamming; er sagte mir selbst vorhin, daß er Ihnen noch heute Mittag seine Aufwartung machen würde. Sie finden also, verehrte Cousine," fügte Hans mit einem wirklich ironischen Beiklang hinzu, „für meine geringe Person einen so voügiltigen Ersatz, daß Sie unzweifelhaft einen höchst interessanten Tag verleben werden." Nichts verführt mehr zu irgend einer Annahme, als der Wunsch, sie möge sich bestätigen. Frau v. Sonns wünschte, Hans möge eifersüchtig sein, was immerhin als Beweis seiner Liebe aufzufassen sein würde, und die Erfüllung dieses Wunsches erblickte sie nun in den soeben gehörten, mit besonderer Betonung gesprochenen Worten, die ihr eine weitere Bestätigung für seine muthmaßliche Eifersucht gaben. Blitzartig fuhren ihr werden. Wir wissen es wohl, gerade in dieser Be ziehung kommt das meiste auf den Dirigenten an. Wollen wir auch nicht Harlequinaden, wie wir sie hier am Dirigentenpulte einmal gesehen haben, das Wort reden, so möchten wir doch bei dieser Gelegenheit darauf Hinweisen, wie außerordentlich anregend die Haltung eines Dirigenten wirkt, den das Musikstück, welches er vorführt, selbst innerlich erwärmt und geistig be lebt hat. Das in diesem Blatte bekannt gegebene Programm anlangend, so dürfte die Wahl der soge nannten Ouvertüren von Lößer und Kerlein nicht als eine vom Glück besonders begünstigte zu bezeichnen sein. Die erste: „Deutschlands Erwachen" hätte ihrem Titel nach den ersten Platz des Programms verdient; ihrem Gehalte nach dürfte sie jedoch weder Raum noch Zeit beanspruchen können. Als die letztere Ouvertüre (zu „Wallensteins Lager") gespielt wurde, hörten wir in unserer Nähe den Wunsch äußern, an dieser Stelle lieber einen schmucken Concerttanz hören zu können. Das war berechtigt: Der Tanz ist ja auch eine Kunst form, und ist er fein gewählt und gewandt ausgeführt, so muß ihn selbst der ernste Mann höher schätzen, als eine mäßige Ouvertüre. Eine Concertsängerin, auf welche die Abonnenten gehofft haben mochten, trat gestern nicht auf. Dafür wurden zwei Jnstrumental- soli dargeboten, welchen wir unsere freudigste Anerken nung zollen. Herr Musikdirector Steinbach legte in den Trompeten-Variationen eine Technik an den Tag, wie sie eben nur sehr tüchtigen Bläsern eigen ist. Ebenso erschien Herr Schulz in seinem Concert für Flöte auf einer wohl beachtenswerthen Stufe technischer Förderung. Das Concert war gut besucht. Das ge hört freilich dazu, denn „die Kunst braucht Sonnen schein!" Auch in dieser Beziehung konnte der gestrige Saisonschluß den Herrn Musikdirector aufmuntern zu einem freudigen Vorwärts. *— Die Feier des neunzigsten Geburtstages unseres Kaisers am 22. d. verspricht in unserem Orte über aus großartig zu werden. Wie wir bereits kürzlich meldeten, beabsichtigen sämmtliche größeren hiesigen Ver eine zusammenzutreten, um im Saale des Schönburger Hofes am Vorabende einen allgemeinen Commers zu veranstalten. Wie wir weiter hören, liegt es ferner in der Absicht unserer städtischen Behörde, die Bewohner schaft Waldenburgs zu einer allgemeinen Jlluminirung der Stadt anzuregen. Wir sind überzeugt, daß diese Idee in allen Kreisen unserer Bevölkerung begeisterte Aufnahme finden wird. Seit dem Jahre 1880 hat eine Illumination in unserer Stadt nicht wieder statt gefunden, und welche schönere Gelegenheit zu einer aber maligen Illumination könnte es je wieder geben, als der neunzigste Geburtstag unseres greisen Heldenkaisers? *— Rudolph Falb, dessen Berechnungen über den Einfluß des Blondes und der Sonne auf die Erde durch die jüngsten beklagenswerthen Ereignisse in Ita lien und Griechenland wieder eine neue Bestätigung erfahren, hat für das heurige Jahr außer den bis jetzt eingetroffenen 6 Tagen noch weitere 27 Tage vorausgesagt, an welchen größere atmosphärische Stö- in diesem Augenblick zwei Fragen durch den Kopf: Sollte sie dieselbe durch ein Wort, welche für Flam ming ungünstig lautete, verscheuchen, oder sie, und mit ihr zugleich die Liebe, noch etwas zu steigern suchen? — ein Manöver, welches nach ihrer bisherigen Erfahrung sich noch immer als sehr klug herausgestellt hatte. Sie wählte das letztere und sagte leichthin: „Herr v. Flamming ist allerdings ein sehr interes santer Gesellschafter." „Das muß ihm der Neid lassen." „Den sie doch nicht spüren?" „Warum ich nicht? Von ihm könnte ich lernen, mir die Gunst der Frauen zu verschaffen." „Und Sie glauben sich baar dieser Kunst?" „Ich spreche aus Erfahrung." „ Bedauernswerther Mann!" „Doch ich bitte, mich zu entschuldigen, ich muß fort!" „Jetzt schon? Noch eine Frage Cousin — ich weiß, Sie lieben Flamming nicht —, lehnen Sie meine Ein ladung ab, weil Sie auch ihn hier zu treffen glaubten?" „Bestimmt nicht. Ich versichere Ihnen, daß ich mich von der Tour nicht ausschließen kann." „Sehe ich Sie denn morgen?" „Auch morgen bin ich verhindert." „Nun, wann denn endlich habe ich einmal wieder das Glück?" fragte Frau v. Sonns hierauf ihren Cousin. „Ich kann es nicht im Voraus sagen," gab Herr v. Bela ausweichend zur Antwort, „da meine nächste Zeit sehr in Anspruch genommen ist. Ich habe näm lich heute einen Brief von meinem Vetter Wesselbach bekommen, worin er mir schreibt, daß er die Absicht habe, in den nächsten Tagen nach Kiel zu kommen, um hier Seeluft zu genießen. Auf seine Bitte habe ich vorhin schon eine Wohnung für ihn gemiethet. Ich werde ihm vielleicht bis nach Hamburg entgegenreisen. Da er hier ganz zurückgezogen leben und sich nur auf meine Gesellschaft beschränken will, so muß ich natür lich jede freie Stunde ihm widmen." rungm, unruhiges Wetter mit vielfachen Niederschlägen und Gewittererscheinungen, sowie auch Erdbeben voraus sichtlich sind. Diese Tage sind: 22. und 23. März, 7. und 8. April, 5., 6. und 7. Mai, 3., 4., 5., 21. und 28. Juni, 20., 24. und 25. Juli, 3., 19. und 20. August, 17. und 18.^September, 16. October, 6., 14. und 15. November und 12., 13. und 14. December, wovon namentlich die Tage im September und October sehr zu beachten sein werden, da der Einfluß der fluthbildenden Factoren auf die Erde um diese Zeit beinahe wieder so groß wie im Februar ist. — Am Montag nachmittags von 3 Uhr an wurde im Verhandlungssaale der Königlichen Amtshauptmann schaft Glauchau unter dem Vorsitze des Herrn AmtS- hauptmann vr. Waentig der 17. öffentliche Bezirkstag des Bezirksverbandes Glauchau, welchen auch Herr Kreishauptmann Freiherr von Hausen, Komthur rc. aus Zwickau mit seinem Besuch beehrte, abgehalten. Nach Eröffnung der Bezirksversammlung begrüßte der Herr Vorsitzende die Herren Anwesenden, insbesondere die neueingetretenen Herren Bezirkstagsabgeordneten und leitete zunächst vor Eintritt in die Tagesordnung die Neuwahl des stellvertretenden Vorsitzenden der Bezirks versammlung ein, zu welchem Amte Herr Bürger meister Martini wiedergewählt wurde. Sodann wurde zur Tagesordnung übergegangen und zu Punkt 1 die Wahl von 4 Mitgliedern zum Bezirksausschuß, zu Punkt 2 die Festsetzung der Reihenfolge des Ausschei dens der infolge der Erhöhung der Mitgliederzahl der Bezirksversammlung auf 45 neuerwählten 3 Mitglie der, zu Punkt 3 die Ersatzwahl eines landwirthschaft- lichen Sachverständigen zur Abschätzung etwa auszu schreibender Militär-Landlieferungen und zu Punkt 4 die Ersatzwahl je eines Vorstandes und eines Mit gliedes für die Pferdemusterungs-Commissionen vorge nommen, worauf der Bezirkstag '/«5 Uhr nachmittags geschloffen wurde. — Am Sonntag wurde der 40 Jahre alte unver- heirathete Zimmergeselle Hermann Händel aus Hirsch feld bei Kirchberg im oberen Mühlgraben in Zwickau ertränkt aufgefunden. Händel wurde schon seit zehn Tagen vermißt, und dürften Nahrungssorgen das Mo tiv zur That gewesen sein. — In Wurzen wurde am Montag Abend der Fleischermeister Hermann Epperlein aus der Albert straße so schwer verletzt aufgefunden, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. Epperlein hat wenige Minuten vor 7 Uhr abends das Gasthaus „Stadt Berlin" verlassen, um nach Hause zu gehen. In der Albertstraße, bei einem unvollendeten Neubau ist er von seinen Angreifern meuchlings überfallen worden, ist mit einem stumpfen Instrument, Beil oder Hammer, auf den Kopf geschlagen und sind ihm darauf 5 bis 6 Messerstiche beigebracht worden. Ein tiefer Stich sitzt im Halse, in unmittelbarster Nähe der rechten Halsschlagader, das Messer ist aus dieser Wunde rich tig herausgedreht worden, ein Beweis, daß man ihn mit Vorsatz hat morden wollen. Epperlein ist ein ungewöhnlich starker Mann und würde sich seiner „Sie werden mir den Vetter doch vorstellen?" „Ich glaube kaum, daß ich ihn dazu werde bewegen können, der alte Herr ist etwas eigen und fürchtet sich namentlich vor neuen Bekanntschaften." „Und in der ganzen Zeit seines Hierseins werden Sie Bellevue nicht betreten?" „Oh, ganz gewiß, schon in den nächsten Tagen, aber nur flüchtig, vielleicht auch einmal länger, je nachdem. Leben Sie wohl!" Er ergriff ihre Hand, führte sie an seine Lippen und war aus dem Zimmer verschwunden, ehe Gabriele noch einen neuen Gedanken fassen konnte. Sie legte die Hand auf das Herz und starrte lange Zeit sprachlos auf die Thür, aus der er sich entfernt. Fräulein Ätzer trat ins Zimmer und fragte: „Nun, wie steht es, fiel Ihr Gespräch unter vier Augen zu Ihrer Befriedigung aus?" „Ich bin um keinen Schritt einer Gewißheit näher gekommen, und wenn es auch noch möglich ist, daß er mich liebt, so halten Stolz, beleidigte Eitelkeit, Acrger über meine Freundlichkeit gegen Flamming, oder was es sonst sein mag, ihn ab, seine Gefühle klar zu zeigen." „Es ist Eifersucht, Gabriele." „Wäre es wirklich Eifersucht, so hätte sie sich schon längst deutlicher offenbaren müssen; erst heute zeigten sich die ersten Spuren." „Es waren mehr als Spuren." „Scheut Flamming sich doch nicht, seine Eifersucht offen darzulegen." „Das ist auch eine ganz andere Natur, der geht keck und unverfroren, ja man möchte sagen, im Sturm schritt auf sein Ziel los, und zeigt dabei alle Waffen, die er besitzt. Wird der Angriff zurückgeschlagen, so versucht er am andern Tage mit derselben Verwegen heit einen zweiten. Herr v. Bela dagegen scheint mir zu jenen Menschen zu gehören, die ebenso sehr erwor ben sein, wie sie selbst erwerben wollen." (Fortsetzung folgt.)