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chönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tag« nach Donn» und Festlagen. Annahme von Inseraten sür die nächster scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Avonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mi. SS Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. und aldenbmM Anzeiger. Amtsblatt für den Aadtrath zu Waldenburg. Filialen: in Altstadtwaldenburg bet Herrn Kaufmann Max Liebe,e:t; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgafse; in Rochsburg bei Herrn Suchhalter Fauth-, in Lunzenau bei hrn. Buchhdlr. E. Diepe; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Zugleich iveit verbreitet in den Städtm Penig, Lunzenau, Lichtenftein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursoorf, Langen- leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. Dienstag, den 18. Januar 13. 1387. Witterungsaussichten sür den 18. Januar: Windrichtung um Vst bei ziemlich heilerem und ruhigem Frostwetter. Versteigerung. Mittwoch, den IS. Januar dieses Jahres, Vorm. IS Uhr sollen in der Schlimper'schen Restauration hier 1 Pianoforte, 1 Regulator, : 1 Speiseschrank, 1 Tisch, 1 Schreibpult, 2 Schreibtische, verschiedene Bücher, so- j wie 2 Schweine gegen sofortige Bezahlung öffentlich versteigert werden. Waldenburg, am 15. Januar 1887. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. Löschner, Rend. *Waldenbnrg, 17. Januar 1887. Der Auflösung des Reichstages durch den Reichs kanzler Fürsten Bismarck ist auch der Beginn des Wahlkampfes auf dem Fuße gefolgt. Nur fünf Wo chen Frist gewährt der Termin der Neuwahlen, und die Zeit muß deshalb auSgemitzt werden. Heftig war schon der Zusammenprall zwischen dem Reichskanzler ! und der Reichstagsmehrheit und den einzelnen Par- ! teien unter einander im Parlament. Es ist nicht zu erwarten, daß in den kommenden fünf Wochen eine ! Mäßigung eintritt, vielmehr anzunehmm, daß die - Gegensätze sich immer mehr verschärfen werden. An - der Spitze des Wahlkampfes wird selbstverständlich die Militärfrage stehen. Fürst Bismarck und seine Gegner haben sich hierüber bereits im Reichstage so gründlich gegenseitig ausgesprochen, daß etwas Neues darüber nicht mehr gesagt werden kann, und auf jenen merkwürdigen Reden wird deshalb auch die ganze Wahlagitation beruhen, sie bilden das leitende Programm derselben. Es handelt sich nicht allein um die direcle Ursache der Reichstagsauslösung: Soll die Friedensstärke auf drei oder sieben Jahre bewilligt werden? bei den Wahlen, der Riß geht tiefer. Für den ganzen Kampf, welchen Reichskanzler und Reichs tagsmehrheit eine ganze Reihe von Jahren schon ge- i führt, wird die Entscheidung gestellt; es handelt sich deshalb, von der Militärsrage abgesehen, auch noch um ! Fortschrciten oder Lisliruug der vollen Politik Fürst Bismarcks. Hätte nicht schon längst ein heftiger Streit . im Reichsparlament geherrscht, sicher wäre es, was so recht sehr ZU wünschen gewesen wäre, jetzt auch bei der Militärfrage nicht zum Conflilt gekommen. Aber die Zustände waren schon lang: so iveit gediehen, daß der Ruf: Biegen oder Brechen zu erwarten stand, und so ist es denn zum Bruch gekommen. Das deutsche Volk in seiner Gesammtheit wird jetzt sein Volum abgeben müssen, welches das höchste im Reiche ist, und dies- mal wird jeder Wähler genöthigt sein, an der Urne zu erscheinen. Die Krisis ist zu schwer, als daß ein Drittel oder gar die Hälfte der Wühler zu Hause bleiben könnte. lieber die Militärvorlage ist keine Einigung zu Stande gekommen. Was wird nun werden? Der Kriegsminister bezeichnete es als nothwendig, sofort im neuen Jahre mit den Vorbereitungen zu beginnen, ! wenn die Armeeverstärkung selbst am 1. April in Kraft treten sollte. Und daß die verbündeten Regierungen an der Vermehrung der Friedenspräsenzstärke fest halten, darüber kann nach den Erklärungen im Reichs tage kein Zweifel sein; Fürst Bismarck wies auf die Verfassung hin und folgerte aus derselben für den Kaiser das Recht, im Verordnungswege die Friedens stärke zu bestimmen, wenn kein Gesetz darüber zu Stande käme. Von Seiten der Freisinnigen und der Centrumspartei wurde gegen diese Auslegung pro- teslirt, während der Reichskanzler entschieden daran festhielt. Wir fragen nochmals, was wird nun ge schehen? Die verbündeten Regierungen wollen auf jeden Fall, vom 1- April ab, die Friedenspräsenzstärke der Reichsarmee um 41,000 Mann erhöhen, die Vor bereitungen dazu werden also wohl trotz der Reichs tagsauflösung jetzt getroffen werden. Abwarten werden wir müssen, ob eine kaiserliche Verordnung sofort die nöthigen Neuaushebungen und Cadresbildungen an ordnet, oder ob das Resultat der Neuwahlen abgewar tet werden wird. Weist der neue Reichstag eine nationalliberal-conservative Mehrheit auf, so würde die Vorlage ja im Laufe einer Woche höchstens unverändert genehmigt sein, und die Reichsregie rung brauchte dann keine Indemnität beim Reichs tage nachzusuchen. Bleiben aber die Verhältnisse im Wesentlichen unverändert, dann ist Alles beim Alten, und es bleibt nichts übrig, als den letzten Schritt zu thun, und ohne den Reichstag die Erhöhung der Friedensstärke durchzuführen, sofern eben die ver bündeten Regierungen unverändert bei ihrer heutigen Ansicht stehen bleiben. Damit wird der Conflict, der ; jetzt ausgebrochen, noch mehr verlieft. Es kann Nie- ! mand in die Zukunft sehen; wer weiß es also, ob nicht die jetzigen Kämpfe der Anfang erst von viel schlimmeren gewesen? Eins wollen wir nur wünschen: mag kein auswärtiger Conflict den inneren beseitigen, dieser vielmehr lediglich durch den Mund des Volkes beendet werden. Unser politischer Himmel zeigt also nicht gerade ein auch nur annähernd freundliches Gesicht, und mancher könnte kleiumüthig zu zagen beginnen. Aber das ist nicht nöthig. Unser deutsches Reich wird an diesem 18. Januar 16 Jahre alt. Es besitzt seine volle Jugendkraft, und die fordert gebieterisch; Durch! Und wir werden schließlich auch „durch" kommen. Politische NunSschau. Deutsches Reich. Am Sonntag empfing der Kaiser den Minister von Goßler, den Director der National Gallerie, Jordan, sowie das Präsidium des preußischen Herrenhauses. Zum Diner waren u. A. geladen: Herzog von Ujest, ll>r. von Mittnacht, von Goßler, von Bötticher, General von Kamecke, Bischof Ov. Klein, Oberpräsident von Schlieckmann. Bei der Freitag in der Nähe Berlins stattgefundenen Hofjagd wurden 507 Hasen geschossen, wovon der .Prinz Wilhelm 126 erlegte. Es ist ein eigenes Zusammentreffen, daß am gleichen Tage, von dem die kaiserliche Verordnung zur Auflö sung des Reichstages, datirt (14. Januar), vor 16 Jahren die Proclamation erschien, durch welche König Wilhelm die Annahme der deutschen Kaiserkrone erklärte. Der A dreßantrag im preußischen Herrenhause enthält folgende Begründung: „Se Mäjestät, unser er habener Kaiser und König, hat in Uebereinstimmung mit den verbündeten Regierungen eine Verstärkung der deutschen Heeresmacht für nothwendig erachtet, um unter gespannten Verhältnissen Deutschland und Europa die Wohlthaten der Friedens zu erhalten, dessen Wahrung seit langer Zeit der erfolgreichen Sorge S. M. des Kaisers nnd Seiner Bundesgenossen zu danken ist. Der deutsche Reichstag hat aber die Bewilligung der ihm gemachten Vorlage an Bedingungen geknüpft, welche ihm neue, vom bisherigen Herkommen abweichende Befugnisse geben sollten. In dem verhängnißvollen Augenblick des Scheiterns der unentbehrlichen Heeres vorlage und nachdem hieraus die Nothwendigkeit der Auflösung des Reichstages sich ergeben hat, erfüllt das Herrenhaus seinen Beruf, wenn es Sr. Majestät die Versicherung unwandelbarer Treue und die Zuversicht, ausspricht, daß das preußische Volk zu jedem Opfer bereit sein werde, um seine Armee dauernd in dem zur Sicherung des Vaterlandes nothwendigen Stande zu halten. Als künftiger Erzbischof von Breslau wird der Benediktiner-Abt Wolter in Sackau in Steiermark, ein geborener Rheinländer und versöhnlicher Mann, genannt. Bisher unwidersprochen ist behauptet, die Finanz- Minister der deutschen Bundesstaaten würden in dieser Woche in Berlin eine Conferenz abhallen und sich mit Finanzplänen beschäftigen. Einer Meldung des „D. T." zufolge ist derRechts- consulent Sparr, welcher gleich nach Erlaß des So- cialistengesetzes aus Berlin ausgewiesen wurde, später aber die widerrufliche Erlaubniß erhielt, sich in Berlin aufzuhalten, wegen vorbereitender Handlungen zum Hoch'verrath und auf Grund des Dynamitgesetzes verhaftet worden. Die zweite Session der 16. Legislaturperiode des preußischen Landtages ist Sonnabend Mittag 12 Uhr im Weißen Saale des Königlichen Schlosses in Berlin eröffnet worden, nachdem vorher Gottesdienst für die Mitglieder im Dom resp. in der katholischen Hedwigskirche stattgefunden hatte. Etwa 200 Herren waren anwesend, die im weiten Halbkreise um den verhüllten Thronsessel Aufstellung nahmen. An der Spitze der Staatsminister (nur Fürst Bismarck und der erkrankte Fiuauzminister von Scholz fehlten) er schien dann der Vizepräsident des Slaatsministeriums, Herr von Puttkamer, und verlas die nachstehend er wähnte Thronrede, die schweigend angehört wurde. Mit einem vom Herzog von Ratibor ausgebrach'en dreifachen Hoch auf den Kaiser trennte sich die Ver sammlung. Die Thronrede war mit einiger Span nung erwartet worden, denn am Freitag hatte sich das Gerücht verbreitet, es werde darin die Militär frage berührt werden. Diese Erwartung hat sich als eine trügerisch: erwiesen, die Thronrede enthält kein Wort über diesen Gegenstand; sie ist überhaupt fast durchaus geschäftsmäßig gehalten. Die Hälfte des Schriftstückes beansprucht die Erörterung der Fi nanzlage; die preußischen Finanzen leiden arg in Folge der Finanznoth im Reiche, doch soll dem Landtage kein Steuergesetz zugehen, vielmehr wird Alles vom Reiche erwartet. Hier hängt wiederum Alles vom Ausspruch der Wähler ab. Im neuen Staatshaushalt bleiben die Einnahmen um 2'/r Millionen hinter denen des laufenden Jahres zurück, und es wird eine Anleihe von 28'r Millionen zur Deckung des Defizit's nöthig sein. Noch nicht berücksichtigt bei dieser Anleihe 'ft die Militärverstärkung, um die noch der Kampf sich dreht. Die übrigen Gesetzentwürfe, welche die Thron rede ankündigt, sind sämmtlich bekannt. Eine neue Sekundärbahnvorlage, Ausdehnung der Verwaltungs reform auf die Rheinprovinz, Theilung einer Anzahl Kreise in Posen und Westpreußen, die Ausführung des landwirthschaftlichen Unfalloersicherungsgesetzes für