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Amtsblatt für den Ztadtrath zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtensteiu-Calluberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Kaufungen, Langenchurs >ors, Langen- Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Max Liebezeit; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. HLrtiq, Mandelqasse; in Rochsburg bei Herrn Üuchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietz«; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. und Waldenburger Anzeiger «»scheint tüglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- tchetnende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr- , , lich 1 Mt. SS Pf. Znserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. Mittwoch, den 16. Februar 1887. Wittcrungsaussichten für den 16. Februar: Bei südöstlicher Windrichtung vorwiegend heiteres und trockenes Wetter. Temperatur wenig verändert. "Waldenburg, 15. Februar 1887.^ Der Wahlkampf neigt sich seinem Ende entgegen; wenig Tage noch, und die Hauptschlacht wird geschla gen sein. Bei den letzten Reichstagswahlen gab es unverhältnißmäßig viele Stichwahlen; in dieser Wahl wird das kaum der Fall sein. Auf beiden Seiten haben sich die Parteien massirt und stimmen sofort geschlossen für bestimmte Candidaten, wenigstens ist das doch in der großen Mehrzahl der Wahlkreise der Fall, und auf übermäßig viele Stichwahlen ist deshalb nicht zu rechnen. Eintreten werden die Stichwahlen besonders da, wo die Socialdemokraten ins Spiel kommen, und die Letzteren den Candidaten der Sep tennats- und Antiseptennatsparteien noch einen dritten Bewerber um das Reichstagsmandat hinzugesellen. Die Aussicht auf eine nur kleinere Zahl von Stich wahlen muß ein neuer Sporn für die Wähler sein, geschlossen zur Wahlurne zu eilen. Die einmal nicht abgegebenen Stimmen können hinterher nichts mehr nützen. Nicht nachher reden, sondern aup 21. Februar wählen, darauf kommt es allein an. Die Socialde mokraten haben in der eigentlichen Wahlperiode von sich weniger reden gemacht, als die übrigen Parteien. Das ist kein Grund, sich in Sicherheit zu wiegen. Zwei Dutzend Abgeordnete zählt die socialistische Partei im Reichstage bereits; mag nicht das dritte Dutzend noch hinzu kommen, welches die socialdemokratische Partei leicht als ein zweites Zünglein an der Waage, neben der Centrumspartei, hinstellen könnte. Der Charakter der socialdemokratischen Lehre ist kein re formatorischer, sondern ein solcher des Umsturzes. Es ist dort, wie es bei allen extremen Parteien stets ge wesen: auf der schiefen Ebene der politischen Grundsätze giebt es kein Halten. Die Wähler haben diesmal mehr in der Hand, als je zuvor. Nicht allein über Militär-Septennat oder Triennat, Verfassungskampf und Wirtschaftspolitik Wird die Entscheidung aufgerufen; der Ausspruch der Wähler wird auch von schwerwiegendster Bedeutung für unser ganzes deutsches Parteileben sein. Wenn eine Welle nie dieselbe bleibt, so auch keine Partei im Politischen Leben. Einmal erfolgen doch Ereionisse, welche Aenderungen Hervorrufen, wenn auch vielleicht der Name vleibt. In Frankreich, in England, in Oesterreich haben sich Parteiverschiebungen vollzogen, Prozesse, die sich theilweise > on langer Hand her voll zogen, theilweise ganz plötzlich fertig waren. Auch bei uns bereiten sich Aenderungen vor. Der Reichstag hat viele Parteien, zu viele, im deutschen Reiche gab es stets „viele Sinne", und der Wahlausfall wird die bestehenden Parteigruppirungen nicht unberührt lassen. Dazu haben sich die Dinge zu weit zugespitzt. Das Militär-Scptennat hat Parteien, die sich ziemlich nahe gestanden, völlig getrennt, andere, die entfernter von einander waren, zusammengeführt. Was wird, wenn die Militärfrage geregelt? Dann wird auch die große Regelung der Parteiverhältnisse folgen müssen, und der Wähler ist es, der durch sein Votum dieselbe dictirt. Das Militär-Septennat ist die Frage, um die sich zunächst Alles dreht; aber mit ihrer Lösung, welche die Reichstagswahlen ja voraussichtlich bringen werden, wird der innere Streit keineswegs zu Ende sein. Alle die großen politischen Fragen der letzten Jahre stehen noch ungelöst da, werden aber nicht immer so bleiben können. Die Militärfrage hat das Uebrige verdrängt, aber nicht für immer,, und wer weiß, ob wir nicht binnen Jahresfrist eine zweite Reichstagsauflösung haben? Niemand kann heute voraussehen, wie die Dinge sich gestalten werden. Wir brauchen tiefen Frieden, denn bei uns ist im Innern noch so viel zus rathen und zu thaten, daß manches Jahr noch damit ausgefüllt werden kann. Und das hoffen wir wenig stens, wir werden Frieden haben. Mögen die Dinge im Reichstage im folgenden Monat sich stellen, wie sie wollen, das ist sicher, zum Beginn des April-Quartales kommen ca. 18,000 Mann weitere deutsche Truppen nach unserer Westgrenze. Die Franzosen werden dann zweifellos ebenfalls neue Regimenter heranziehen, aber wir stehen dann fest und brauchen keinen plötzlichen Angriff mehr zu fürchten, weil wir ihm hinlänglich gewachsen sind. Das ist die einzige bestimmte Aussicht, die den Wähler auf dem Gange zur Wahlurne beglei tet; mag er nicht fernbleiben und seine Saumseligkeit mit allerlei Worten ohne Werth vor sich selbst und Anderen zu entschuldigen versuchen. Diesmal giebt es keine Entschuldigung gewöhnlicher Art und wo das allgemeine Beste so auf dem Spiele steht, wie gegen wärtig, sollte überhaupt nur ein Ausnahmefall hin dernd sein. Wer nicht wählt, der schweige auch später mit seinen Klagen; er hat kein Recht, sie vorzubringen, weil er sie selbst mit hervorrief. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Am Montag ließ sich der Kaiser vom Grafen Perponcher Vortrag halten, arbeitete mit dem Geh. Rath von Wilmowski, empfing den Corvettenkapitän Frhrn. von Seckendorf und unternahm vor dem Diner j eine Ausfahrt. Eine kaiserliche Proclamation zu den Reichstags- ' Wahlen wird, wie der „Nat.-Ztg." jetzt geschrieben ' wird, nicht erfolgen. Aus Paris meldet man der „Straßb. Post": Auf i eine Anfrage des Ministers des Auswärtigen Flourens, bezüglich der Worte des Feldmarschalls Grafen Moltke s über den Ernst der Lage, antwortete der französische Botschafter Herbette in 'Berlin, Graf Bismarck habe ihm bemerkt, diese Worte bezögen sich nicht auf die ' auswärtige Politik, sondern auf die Entzweiung Deutsch - ! lands in inneren Fragen. Der Graf Bismarck habe ; nochmals versichert, Deutschland werde den Frieden nicht stören! Folgende Allarmnachrichten bringt die „Berliner Post": Nach den Ausführungen unseres Straßburger Correspondenten scheint die Möglichkeit der Verhän gung des Kriegszustandes über Elsaß-Lothringen näher gerückt zu sein. (Elsaß-Lothringen steht ja unter dem Dictaturparagraphen, der volle Kriegsrechte verleiht.) Herr von Eynern hat in einer Rede zu Volmarstein an der Ruhr folgende Mittheilung über eine Unter redung mit dem Fürsten Bismarck gemacht: „Noch vor 8 Tagen habe ich mit dem Fürsten Bismarck ge sprochen und ihn gefragt, wie es mit Krieg und Frie den stehe. „Das wissen Sie gerade so gut wie ich", habe der Reichskanzler geantwortet, „wir leben im Frieden, aber sehen Sie auf die Vorbereitungen Frank reich's, auf die Barackenbauten, auf Boulanger, auf das seit 16 Jahren ertönende Geschrei der Palrioten- liga und dann werden Sie wissen, ob und was wir von Frankreich zu fürchten haben!" Der Bundesrath hielt am Montag wieder eine Sitzung ab; außer kleineren Angelegenheiten wurde die Verhängung des Ausnahmezustandes über Stettin erwartet. Ueber Offenbach ist thatsächlich der kleine Belagerungszustand verhängt und Liebknecht von dort ausgewiesen. Einem englischen Berichte aus Marokko zufolge haben dort die Deutschen ihren britischen Milbewer bern den gesummten Handel in Webstoffen ent zogen, der sich bis jetzt in englischen Händen befand und einen Jahreswerth von 600,000 Mark darstellte. Indessen müssen die Briten zu Ehren unserer Lands leute zugestehen, daß diese sich dabei durchaus ehrlicher Mittel bedienen, denn daß sie das Tuch billiger liefern, ist keine Sünde. Außerdem geben die deutschen Firmen größeren Credit. Wie es heißt, wird dem neuen Reichstage bereits eine Vorlage über die Erneuerung des Handels vertrages mit Oesterreich zugehen. Dringend soll die Reichsregierung die baldige Erledigung des Ge richtskostengesetzes wünschen. In Magdeburg sind 8 weitere Socialdemokraten verhaftet worden, so daß in Summa dort 32 im Gefängniß sind. In Metz wurden bei mehreren, den besseren Stän den angehörenden Bewohnern Haussuchungen vorge nommen. Die Betreffenden sollen im Verdacht des Landesverrathes stehen. Ebenso haben in Straß burg bei einem Mitgliede von Kablö's Wahlcomitee Haussuchungen auf Requisition des Oberreichsanwaltes stattgefunden. Es handelt sich um die Verbindungen, welche die französische Patriotenliga in Elsaß-Lothrin- geu hat und die jüngst zur Kenntnißnahme der Reichs anwaltschaft gelangten. Bischoff I)r. Haffnex von Mainz veröffentlicht eine Erklärung, in derer sagt, er habe allerdings den Wunsch ausgesprochen, die herrschende Aufregung möge durch Annahme des Septennates beseitigt werden, aber er habe damit weder ein Urtheil über die Centrums partei abgeben, noch der künftigen Stellung derselben vorgreifen wollen. Der Bischof von Limburg hat den Geistlichen seiner Diözese die beiden vatikanischen No ten zur Militärvorlage amtlich zugestellt. Der brannte Centrumsabgeordnete Or. Reichen sperger erklärt seinen Wählern, die bisherige Abstim mung über die Militärvorlage binde ihn für die Zu kunft nicht definitiv, er werde im Gegentheil alle Gründe für und wider nochmals genau prüfen. Der päpstliche „Osservatore Romano" schreibt, die Veröffentlichung der beiden vatikanischen Noten habe als Mittel dienen sollen, dem Centrum den Rückzug aus seiner früheren Stellung zu erleichtern. Die Münchener „Neuesten Nachrichten" enthalten eine Zuschrift von competenter Seite, wonach die Ver öffentlichung der Jacobini'schen Note im direclen Befehl des Papstes geschah. Es seien jetzt beide Aktenstücke sämmtlichen deutschen Erzbischöfen und Bischö fen mitgetheilt. Sollte das Centrum in Opposition verharren, so stehe ein neuer entscheidender Schritt des Papstes bevor, wodurch mindestens das imperative Mandat gegen das Septennat beseitigt werde. Das preußische Herrenhaus nahm am Mon tag seine Sitzungen nach längerer Pause wieder auf. Das Präsidium wurde ermächtigt, dm kaiserlichen Majestäten die Glückwünsche des Hauses zur Geburt des jüngsten Sohnes des Prinzen Wilhelm darzubrin gen. Dann wurde die Kreis- und Provinzialordnung für die Rheinprovinz ohne wesentliche Debatte ange nommen. Dienstag 12 Uhr: Kleine Vorlagen. U E Frankreich. Die französische Regierung hat von der griechi schen die Genehmigung erhalten, an der Stelle, wo Delphi früher gestanden, Ausgrabungen vornehmen zu lassen.