Volltext Seite (XML)
Zchönburger TngMM Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5« Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Kolporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pt., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Freitag, den 2. Zum 125. 1882. Bekanntmachung. Künftigen Montag, den S. Juni e., Wachmittags 5 Uhr soll das auf den communlichen Angergrundstücken anstehende Gras unter den im Termine bekannt zu machenden Bedingungen an Ort und Stelle meistbie- tend verkauft werden. Der Versammlungsort ist bei der Steinbrücks. Waldenburg, den 30. Mai 1882. Der städtische Forst- und Wirthschafts Ausschuß. Limmer, Stadtrath. "Waldenburg, 1. Juni 1882. Berufsstatistik und Landwirthschaft. Was soll mit der Berufsstatistik bezweckt werden? Diese Frage mag sich Mancher vorgelegt haben. Die Berufsstatistik soll ein möglichst vollständiges Bild schaffen von dem gesammten Erwerbsleben des Volks, um darin die Ausgangs- und Angriffspunkte für die socialen und politischen Umgestaltungen im deutschen Reiche erkennen zu können. Auch der Landwirthschaft soll die bevorstehende Erhebung zu Nutzen kommen; es soll ihr dadurch zu der rechten Anerkennung verhalfen werden. Es ist keineswegs von einem Nachtheil, etwa von einem Mittel zur Erhöhung der Steuern die Rede. Eine solche Besorgniß braucht Niemand zu hegen. Wer aber will, daß seine Lage verbessert werde, der muß auch die Möglichkeit dazu gewähren; er muß also vor allen Dingen seine Verhältnisse genau i und so ausführlich mittheilen, wie es die Tabellen, die ihm zum Aussüllen übergeben werden, verlangen. Im Dunkeln läßt sich bekanntlich nicht sehen und nicht mit Erfolg hantiren. Die Stualsregierung mutz mehr Licht über alle Berufsverhältnisse haben, auch über die Verhältnisse der Landwirthschaft; erst dann kann sie mit mehr Aussicht auf Erfolg der Volksvertretung neue Vorschläge zu Nutzen des Volkes, im besonderen zu Nutzen der Landwirthschaft ergehen lassen, erst dann kann sie helfend eingreifen da, wo es Noth lhut. Betreffs der Landwirthschaft will man vor Allem wissen, wie viele Personen von ihr leben; daher hat man gerade den Monat Juni zu der Berufs- erhebung gewählt. Denn viele haben im Winter einen Verdienst durch die Industrie, während sie im Sommer durch landwirthschaftlichen Betrieb sich nähren. Die bisher im December bewerkstelligten Erhebungen gaben daher ein falsches Bild von den Berufsclassen zu Gunsten der Industrie und zum Nachtheil der Landwirthschaft. Wie Oscar Siebers in einem Artikel der „Sächs. Landwirthschaftlichen Ztg." berichtet, hat sich bei Vergleichungen der Resultate der neuesten Volks zählung vom 1. December 1880 mit den Resulta ten der Viehzählung von 1873 nämlich ergeben, daß z. B. in der Stadt Elsterberg nach den Haus- haltungSlisten am 1. December 1880 im Ganzen nur 11 selbstständige Landwirthe gezählt wurden, während nach der Viehzählung von 1873 dort 95 Landwirthschaft treibende Viehbesitzer vorgefunden wurden. In der Stadt Pausa zählte man im Jahre 1880 nach den Haushaltungslisten nur 19 selbstständige Landwirthe und 1873 noch 128 Land wirthschaft treibende Viehbesitzer. In der Stadt Adorf weisen die Haushaltungslisten vom Jahre 1880 nur 63 Landwirthe auf, während nach der Viehzählung 1873 noch 229 Viehbesitzer die Land wirthschaft betrieben. Ganz unmöglich können diese 1873 noch vor handenen und 1880 nicht mehr zur Erscheinung kommenden Wirthschaslen ganz verschwunden oder in den noch vorgefundenen aufgegangen sein. Ein Blick aus die Scheunen und die zerstückelten Fluren dieser Städte müßte auch den Nichtlandwirth be lehren, daß auch bei der letzten Volkszählung im Jahre 1880 wieder sehr viele Landwirthe die Land wirthschaft als ihren Beruf nicht angegeben haben. Als Fleischer, Gastwirthe, Bäcker, Schmiede, Seifen sieder, Getreidehändler Sattler, Wagner, als Schuh macher und Schneider haben sich die ackerbautreiben den Bürger bezeichnet und die Landwirthschaft, von der sie gewiß in vielen Fällen hauptsächlich lebten, beim Eintrag in die Zähllisten gänzlich unberücksichtigt gelaffen. So tragen sehr viele Landwirthe die Schuld selbst mit, wenn die Bedeutung der Land wirthschaft nicht genügend gewürdigt wird. Solche Fehler kommen aber nicht nur in den Listen der ackerbautreibenden Städte, sondern häufig genug auch in den Listen der Landgemeinden vor. Die Wandlungen in den Verkehrsvsrhältnissen und einige der in neuerer Zeit erlassenen Gesetze, so namentlich die Gewerbefreiheit, haben dazu geführt, daß jetzt auch viele Personen in den Dörfern mehrere Gewerbe zugleich betreiben. Dieser häufig vorkom mende Doppelbetrieb und der ungünstige Zählungs termin mögen nicht selten die Veranlassung gewesen sein, daß die Berufsangaben auch in den Dörfern zu Ungunsten der Landwirthschaft ausgefallen sind. Ergeben die Volkszählungslisten vom Jahre 1880 schon sehr unzuverlässige Zahlen für die selbststän digen Landwirthe, so werden die darin niedsrge- legten Zahlen für die bei der Landwirthschaft be schäftigten Arbeiter noch weniger einen Anspruch auf Zuverlässigkeit erheben können; denn diese Er- werbsthäligkeiten haben noch weil mehr Veranlassung, verschiedene Berufsangaben zu machen, da sie die Erwerbsquelle noch häufiger wechseln. Geht aber bei der Berufszählung ein Selbstlhätiger — sei dies nun ein Gutsbesitzer oder ein Tagelöhner — für die Landwirthschaft verloren, so zählen natürlich auch alle seine Angehörigen welche er ernährt, nicht zu denen, die bei der Landwirthschaft ihr Brod finden. Auf die Ausfüllung der beiden zur Vertheilung kommenden Formulare, beziehentlich — in dem Falle, wenn außer der Landwirthschaft auch noch ein anderes Gewerbe betrieben wird — auf Ausfüllung der Gewerbekarte mögen daher die Landwirthe am 5. Juni d. I. die größte Sorgfalt verwenden. Es gilt, durch Aufstellung einer Berufsstatistik eine Lücke auszufüllen, welche jetzt noch in der deutschen Reichs- Statistik besteht; es gilt, namentlich der Landwirth- schafl unter den Erwerbszweigen die Stelle anzu weisen, welche ihr gebührt; es gilt, auf Grund der Berufsstatistik sociale und politische Uebel zu be kämpfen. Wer bei der bevorstehenden Berufser- mitlelung redlich mithilft, der hilft seinem Stande und — hilft sich selbst. "Waldenburg, 1. Juni 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Nach neueren Mittheilungen aus Friedrichsruhe soll der Arzt des Reichskanzlers Fürsten Bismarck eine baldige Luftveränderung und die Uebersiedelung nach Kissingen unter Enthaltung von jeder geistigen Anstrengung wünschen; der Kanzler ist jedoch vor aussichtlich in den nächsten Tagen noch nicht im Stande, eine längere Reise zu machen. Die rheu matischen Schmerzen dauern an und treten periodisch sogar heftig auf. Der Kanzler vermißt sehr die Bewegung in frischer Luft. Der Handelsvertrag zwischen Deutschland und Italien vom 31. December 1865 und die Schiffahrtsconvenlion vom 14. October 1867 bleiben zufolge Uebereinkommens beider Regierungen bis zum 30. Juni 1883 in Kraft. Oesterreich. Am 29. Mai ist es in Brody unter den emigrir- ten russischen Juden zu Excessen gekommen. Sie rotteten sich zusammen und verlangten stürmisch Geld zur Weiterreise oder genügende Nahrung. Schließlich blieb nichts übrig, als die Wache zu requiriren und einige Verhaftungen vorzunehmsn. Frankreich« Am Sonnabend hat im lateinischen Viertel in Paris ein Studentenkrawall stattgefunden. Unter den fünfzehn in dem Handgemenge mit der Polizei Verwundeten befinden sich zwei schwer verletzte Frauenzimmer. Von diesen versetzte die eine einem Polizei-Agenten einen gefährlichen Messerstich. Elf Polizei-Agenten wurden durch Flaschen, Gläser und Stühle verwundet. Ueber achtzig Personen erhielten minder schwere Verletzungen. Spanien. In Spanien regt sich der Großmachtskitzel: Das Journal „Epoea" schreibt, Spanien habe An sprüche auf den Rang einer Großmacht. Die Mächte würden hoffentlich begreifen, daß es unpolitisch wäre, zu warten, bis man Spaniens bedürfe. Man müsse schon jetzt auf seine Mitwirkung rechnen. Rußland. Die Stadt Gorki im Gouvernement Mohilaw ist am 29. Mai fast ganz niedergebrannt. Egypten. Am Montag sind 5 englische Kriegsschiffe mit versiegelten Instructionen aus der Sudabey ausgelaufen, welche am 1. Juni in Alexandrien eintreffen sollten. Der jetzt so vielgenannte Kriegsminister Aarabi Pascha ist im Jahre 1839 als der Sohn eines arabischen Gelehrten in Kairo geboren. Seine Studien machte er an der kairotischen Hochschule, der altberühmten El Azhar („die Glanzvolle"), welche nahezu 10,000 Studenten zählt. Auf Fürbitte seines Vaters erhielt Aarabi vom damaligen Vicekönige Said Pascha die Erlaubniß zum Eintritte in die Militärschule in Kairo, die er nach vier Jahren als Lieulenant verließ. Im abyssinischen Feldzuge wurde er zum Major und 1880 zum Obersten be fördert. Man rühmt seine Wohlthätigkeit und täg lich werden einige arme Familien aus seiner Küche gespeist. Dabei ist er streng religiös und unterläßt es nicht, täglich in seinem Bureau die vorgeschriebenen Gebete zu verrichten. Seine Vermögensverhältniffe sollen sich in einem prekären Zustande befinden. Zwei seiner Brüder dienen als Hauptleute in der egyptischen Armee. Amerika. Der Congreß der Vereinigten Staaten hat ein neues Gesetz zum Schutz der Auswanderer angenommen, das endlich diese Frage einer gründ lichen Lösung entgegenzusühren geeignet scheint. Es bestimmt, daß auf Dampfern die Passagiere nur im Deckhause, im 1. oder 2. Deck, auf Segelschiffen im Deckhause oder im 1. Deck untergebracht werden dürfen. Diese Räumlichkeiten dürfen keinerlei La dung enthalten und müssen bei entsprechender Höhe und Weite für jede Person über 8 Jahren 100 bis