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WnlniiM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten sür die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5« Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und dis Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 PÜ Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. LI Donnerstag, den 2. März 1882. "Waldenburg, 1. März 1882. Jndendebatte im preußischen Abgeord netenhause. In der Sonnabendsitzung des preußischen Abge ordnetenhauses kam es wieder einmal zu einer Judendebatte. Der Abg. vr. Stöcker führte bei dieser Gelegenheit folgendes aus: Derjenige Theil der antijüdischen Bewegung, dem ich vorstand, hat sicherlich der Regierung keinen Grund zum Einschreiten gegeben. Sie mußte sich vielmehr über eine Bewegung freuen, die die So- cialdemokratie von innen heraus zu überwinden trachtete. Wie kann Herr Richter irgend einem Menschen den Vorwurf machen, daß er Hetze, er, der mit Ausnahme der Juden so ziemlich gegen alles hetzt, was zu den Fundamenten unseres deutsch christlichen Volkslebens gehört. (Sehr wahr! rechis.) Er, der beständig mit „Junker und Pfaffen" um sich wirft, hat wirklich keinen Grund dazu gegen über Männern, die in das Berliner Leben sich hineingestsllt haben, um der gefährlichen Uebermacht des modernen Judenthums, das mit dem Fortschritt, zum Theil auch mit der Socialdemokratie und den schlechtesten Bestrebungen unseres Volkslebens ver quickt ist, entgegenzutreten. Wenn seine Hetzreden gegen Junker und Pfaffen nicht zünden, so liegt das nur daran, daß ans den Gebieten, wo er die Feinde des deutschen Volkes suchen will, kein Zünd stoff vorhanden ist. Funken wirft er genug. Das „Berliner Tageblatt" sprach bezüglich der evangeli schen Kreissynode von „Raubgesindel", „Gewürm". Der Fortschritt in seiner engen Verbindung mit dem Judenthum geräth bei der Beurtheilung dieser Dinge in eine völlig blinde Wuth. Ich will auf den verhängnißvollen Ausspruch des jüdischen Stadt verordnetenvorstands von Berlin, vr. Slraßmann, welcher die Geistlichen mit Vipern verglichen hatte, nicht noch einmal zurückkommen, sondern nur con- statiren, daß kein Israelit denselben vertheidigt hat. Nur Herr Richter hat den Muth gehabt, ihn nicht nur zu vertheidigen, sondern sogar noch zu über trumpfen. Sie sind ja sonst so genau, so kritisch gegenüber allen Maßnahmen der Regierung, daß ich es mit der Stellung eines Politikers nicht ver einbar finden kann, daß Sie gegen die Fehler des Judenthums in solcher Weise blind sein können. Es wird Ihnen nicht gelingen, durch Inschutznahme der Interessen des Volks gegen die Regierung in den Ruf zu kommen, daß Sie ein Freund des Volkes seien, wenn Sie in dieser Weise jede jüdische Anmaßung vertheidigen und in diesem Punkte zum Schutze der bedrängten Interessen des Volkes keine Worte haben. (Sehr richtig! rechts.) Nun könnten Sie sagen: die Judenhetze sei Thatsache geworden. Hier in Berlin nicht! Hier haben wir durch beson nene Führung der Bewegung alle Ausschreitungen verhindert. Was an Gewaltthätigkeiten vorgekom men ist, hat viel mehr auf Seiten des Judenthums begonnen, als aut unserer Seite. Uns ist die Bewegung kein leichtes Spiel gewesen, sondern ein ernster Kampf, bei dem es sich um die besten und höchsten Güter unseres Volkes handelte. Ich glaube nicht, daß derMoment eintreten kann, wo dieser Kampf anfhört, es sei denn, daß der Theil des modernen Judenthums, den wir bekämpfen, seine Position aufgegeben und seine Anmaßungen verloren hat. Als wir vor 2 Jahren diese Bewegung begannen, da war es vielen Männern so zu Muthe: So kann es nicht weiter gehen! Entweder sie oder wir! Und wenn die Reichshauptstadt, die seit 1870 eine so große, vornehme und stolze Stellung in der Welt genommen hat, nicht verjuden sollte, so war es nöthig, diesem jüdischen Einflüsse ein Hall zuzurufen. Selbst vorurtheilsfreie Juden wünschen uns zu unserem Vorgehen Glück. Die „Zeitung des Juden thums" sprach sich in scharfen Worten über die „scham lose, pikante Aera Dividsohn im Berliner Börsencou- rier" aus. Wir müßten aber keine Augen haben, wenn wir auch auf andereren Gebieten das gefährliche Ueberwuchern des Judenthums in unserem deutschen Leben nicht erkennen wollten. In unsere höheren Bildungsverhältniffe ist das Judenthum in einer Weise eingedrungen, daß es schwer sein wird, unser Schulleben auf der Höhe christlich-nationaler Cultur zu erhalten. Ein Gymnasium entließ zu Ostern 5 jüdische Abiturienten und nur 1 christlichen. Ebenso erschreckend ist das Hineindringen des Judenthums in die Justiz. Alles dies drängt uns dazu, auf der Hut zu sein und sowohl unserem Volksgeist zuzu rufen: „Sei auf dem Posten!" als der Regierung die Bitte nahe zu legen: viäoaiit eonsulas! Das Judenthum, mit seinem zügellosen Geltendmachen jüdischer Anschauungen, will nicht blos ruhig seines Lebens genießen: es will herrschen. Es will den christlichen öffentlichen Geist verdrängen und seine Anschauungen, seinen abstrakten Monotheismus, feine bis in den Himmel erhobene jüdische Cultur, die übrigens gar nicht vorhanden ist, an die Stelle setzen. Sie, dis Sie so viel über Reaction klagen, sollten sich doch klar machen, was es bedeutet, wenn man die ganze geistige Entwicklung der Welt'um 2 Jahrtausende zurückdrängen will. Die Unruhen in der Provinz sind gerade durch Ihre Uebertreibungen epidemisch geworden, wie denn überhaupt diese In schutznahme der jüdischen Ausschreitungen Seitens der Fortschrittspresse das Uebelste ist, was bei dieser ganzen Angelegenheit zum Unheil unseres Volkes l geschehen ist. Ich brauche nicht zu erklären, daß ich die Ausschreitungen in der Provinz von Herzen bedauere. Wir sind gewiß unschuldig daran. Wo ich hinge kommen bin, ist überall Friede geblieben, weil die Besprechung dieser Dinge als ein Ventil wirkte (Widerspruch links). Sie (links) wollen Alles unter Ihr Secirmesser nehmen, was im Himmel und auf Erden ist. Nur die lieben Juden sollen unange fochten bleiben. (Große Heiterkeit.) Mit welchem Recht verlangen sie das im 19. Jahrhundert? Jahrzehntelang haben Sie an uns herumgeschnitten. Jahrzehnte lang haben wir still gehalten. Nun sagen wir: wir wollen uns doch auch einmal um Euch bekümmern — und sofort schreit die ganze Gegenseite, als ob das der äußerste Act der Intole ranz und Inhumanität wäre. (Lebhafte Zustim mung rechts.) Hat nicht fast die ganze liberale Presse den Brand der Neustettiner Synagoge Hen rici, mir, ja sogar Treitschke in die Schuhe gescho ben? Hat man uns nicht vorgsworfen, wir warte ten nur auf den Moment, wo das Militär aus den pommerschen Städten herausgezogen sein werde? Das sind die Feuerbrände, welche in die Provinz hinausgeschleudert wurden und hier die Funken zu Flammen anfachten. Und an Zündstoff hat es in der Provinz nicht gefehlt. Die schamloseste wuche rische Uebervortheilung machte sich dort in derselben Weise breit wie hier; nur daß dort Niemand war, der die Sache zügelte, bevor die Volksmuth aus brach, während wir hier im Stande waren in unse ren ruhigen, besonnenen Versammlungen die Dinge einzuschränken. (Lachen links, sehr richtig! rechts.) Redner geht auf einzelne Fälle ein, in denen bäuer liche Einwohner der von den Unruhen heimgesuch ten Ortschaften von Juden maßlos bewuchert seien und ein Bauer von seinem jüdischen Gläubiger kurz vor Weihnachten bei strengem Frostwetter von Haus und Hof gejagt worden. Sogar sür die russischen Krawalle hat man uns verantwortlich ge macht. (Sehr richtig! links.) Wir waren ja nicht in Rußland, nur Herr Virchow war da. (Große Heiterkeit.) Demgegenüber lesen Sie doch das s. Z. in der „Kölnischen Zeitung" abgedruckte Geständniß eines russischen Judenblattes, welches uns selbst von jeder Schuld freispricht! Sie sind wirklich jüdischer, als die Juden (Heiterkeit). Ich meine, daß das Judenthum aus unserer christlichen Volks schule heraus muß. Juden können christliche Kin der nicht eiziehen. (Sehr richtig! rechis und im Centrum.) Die gleiche Vorsicht ist beim höheren Schulwesen und im Universitätsleben geboten. Be sonders ist auch die Verwaltung vor dem jüdischen Einflüsse zu wahren. Gefährlich ist es, wenn an kleinen Orten der Richter und der Advokat Juden sind. Wo soll da der christliche Bürger bei Testa mentsaufnahmen und dergleichen eine Vertrauens person herbekommen? Wir wollen nicht Hetzen, son dern nur die äußersten Gefahren von unserem Volksleben abwenden; im öffentlichen Leben und in der Presse das Judenthum in die Stellung zurück werfen, die ihm gebührt; unser Volksleben von die ser Jnfection zu reinigen. Wenn die wirthschaft- lichen Reformen mit den socialen Neuerungen durch geführt sind, dann wird den Ausschreitungen auch nach der wirthschastlichen Seite ein Damm ent gegengesetzt sein. Schon jetzt zeigen sichdiesegensreichen Wirkungen des Wuchergesetzes. Das zeigt uns, was wir durch gesetzliche Maßnahmen erreichen kön nen. Mit Freude vernehme ich, daß man auch den Ausschreitungen der Börse zu Leibe gehen will. Hüten Sie sich, daß nicht Haß an die Stelle der Besonnenheit trete. Sorgen Sie dafür durch Ihre Mitwirku ig, daß der Kampf friedlich verlaufe und nicht ähnliche Ausschreitungen, wie wir sie gehabt haben, wiederkehren. (Lebhafter Beifall rechts, Zischen links). "Waldenburg, 1. März 1882. Politische Amrdschau. Deutsches Reich. Ueber die Frühjahrspläne des kaiserlichen Hofes verlautet bis jetzt nur so viel, daß Se. Majestät der Kaiser auch in diesem Jahre wieder einen Früh jahrsaufenthalt von etwa vierzehn Tagen in Wies baden nehmen wird, während Ihre Majestät die Kaiserin bereits Ende April ihre Cur in Baden- Baden beginnen will. Der milde Winter hat der hohen Frau besonders wohl gethan. Wie aus Berlin berichtet wird, hat Deutschland nunmehr den Vorschlag der niederländischen Negie rung angenommen, eine internationale Conferenz abzuhalten zwecks Besprechung von Maßregeln zur Unterdrückung des unsittlichen Mädchen handels. Im Laufe des Sommers dürfte die Ccn- ferenz statlfinden. Als zunächst betheiligte Mächte werden Frankreich, England, Belgien, die Nieder lande und Deutschland genannt. Der „Reichs-Anzeiger" veröffentlicht die Ansprache des Fürsten Radzywill an den Sultan bei der Ueberreichung des Schwarzen Adlerordens und die Antwort des Sultans darauf. In ersterer heißt es, er (Fürst Radzywill) sei beauftragt, dem Sultan die Gefühle beständiger Freundschaft des Kaisers aus zudrücken. Der Sultan sprach das aufrichtigste Verlangen aus, die zwischen beiden Reichen bereits bestehen den Freu n dscha ft sbezieh ungen zu erhalten und zu befestigen. Er werde nicht ermangeln, Alles aufzusuchen und auszuführen, was dieses Ziel im höchsten Maße verwirklichen könnte. Wie Berliner Blätter mittbeilen, hätte Fürst Bismarck zwei Majorate errichtet, daß euie m:t dem Fürstentitel und dem Lauenburger Bentz ;ür