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ZslMümm Tllgelcklt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. «nd Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Kolporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Donnerstag, den 7. December 1882. "Waldenburg, 6. December 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser ist mit dem Kronprinzen, dem Prinzen Wilhelm und den fürstlichen Gästen am 5. d. nach mittags 3 Uhr zur Hofjagd nach Göhrde abgersist. Den Antrag aus Einführung einer procentualen Börsen st euer wird wie vor 2 Jahren für die conservative Fraction Abg. v. Wedell-Malchow ein bringen. Vor 2 Jahren wurde derselbe Antrag v. Wedell mit Stimmengleichheit deshalb abgelehnt, weil die Neichspartei mit wenigen Ausnahmen ge schlossen gegen die procentuale Börsensteuer stimmte. In conservativen Kreisen wird nun versichert, daß die Neichspartei jetzt in ihrer Majorität für den Antrag Wedell sich erklären werde. Die Gewcrbecommission des Reichstages berielh am Sonnabend Abend den § 57a der Gewerbe novelle. Ziffer 4, nach welcher der Wanderge werbeschein nur dann versagt werden darf, wenn der Nachsuchende im Inlands einen festen Wohnsitz nicht hat, murdeangenommen. Ziffer^ wurde dahrn ab geändert, daß der Wandergewerbeschein nur dann zu versagen ist, wenn der Nachsuchende mit einer Zucht haus- oder Gefängnißstrafe von mindestens 6 Wochen bestraft ist und seit Verbüßung der Strafe 3 Jahre noch nicht verflossen sind. Was Stöckers christlich-sociale Partei hinsicht lich der Handwerkerfrage erstrebt, ist von ihr kürzlich dahin präzisirt worden: „Unsere ganze Ge- werbeenlwickelung muß den veränderten Verhält nissen angepaßt werden: in der Gesetzgebung müssen folgende Grundsätze durchgeführt werden: 1) Wer etwas lehren will, muß etwas gelernt haben. 2) Daß Jemand etwas gelernt hat, muß er durch Prüfung nachweiseu, wie dies ja in unzähligen an deren Ständen der Fall ist. 3) Niemand darf sich Meister nennen, welcher nicht die Meisterprüfung bestanden. Derselbe Schutz muß dem Ehrentitel „Meister" werden, welchen die Aerzte sich errungen. Das Publikum muß schon am Schilde sehen, ob es einen Pfuscher oder gelernten Meister vor sich hat. 4) Alle Meister bilden obligatorisch die Innung. Nur Meister dürfen Lehrlinge hallen. 5) Der Staat muß den Innungen nicht blos gewisse obrig keitliche Rechte, z. B. das Recht der Strafe über die Lehrlinge rc. geben, sondern muß auch seiner seits alle seine Aufträge den Innungen, resp. deren Gliedernzuwenden. 6) Die Innungen müssen durch Einrichtung von Banken credilfähig gemacht werden. Um diese Grundsätze durchzuführen, müssen in den kleineren Städten alle Gewerbetreibende zu einer Gesammtinnung verbunden werden. Die Gesammt- innung setzt die Prüfungscommission für die ein zelnen Gewerbebetriebe ein. Im übrigen operiren alle Handwerker nach einem Ziele. Denn es geht immer schwer, sich die Interessen der einzelnen Ge werbebetriebe gesondert zu denken und in der Gesetz gebung zum Ausdruck zu bringen. Das geht nur in großen Städten, wo einzelne Handwerke so stark sind, daß sie für sich bestehen können. In vielen Theilen von Mannheim wurden Abends Flugblätter socialistischen Inhalts heim lich und offen vertheilt. Dieselben trugen die Ueber- schrift: „Ein Wort zur Aufklärung", als Druck ort: „Schweizerische Genoffenschafts-Buchdruckerei Hottingen-Zürich" und beschäftigen sich mit dem Socialismus, der in letzter Zeit „von oben herunter" gemacht wird, wobei weidlich gegen die Kraut- und Schlotjunker, die Wirthschaftsreform des Reichskanz lers und die Commerzienrälhe L la Baare losge zogen wird. Beim Vercheilen dieser Blätter in der Schwetzinger Vorstadt wurden die der socialistischen Partei angehörenden Schuhmacher Botsch und Heck durch die Polizei erwischt und in Haft genommen, sowie die bei denselben noch gefundenen 150 Exem plare beschlagnahmt. Oesterreich. Der Unterrichtsminister richtete im Sinne der Beschlüsse dec Gymnasial-Enquete an die Landes- schulräthe einen Erlaß, um die Ueberbürdung der Schüler an den Gymnasien und Realschulen hintanzuhalten. Der Erlaß ordnet das Aussteigen der Lehrer mit den Schülern von der ersten bis zur vierten Klaffe an, eventuell das Aufsteigen der Schüler in diesen Klassen, ohne daß sich ein Lehrer wechsel in den Sprachfächern vollziehe. An keinem Tage soll mehr als eine schriftliche Hausarbeit ab zuliefern sein. Die häusliche Thätigkeil der Schüler soll in den unteren Klaffen höchstens zwei bis drei, in den oberen Klaffen drei bis vier Stunden bean spruchen. Bei Klagen über allzugroße Ansprüche an die jugendliche Kraft sollen die Schuldirectoren das Entsprechende veranlassen. Im Abgeordnetenhaus legte der Finanzminister den Voranschlag pro 1883 vor. Das Gesammt- erforderniß beträgt 491,881,215 fl., die Deckung 460,218,810 fl., das Deficit daher 31,662,405 fl., das sich indessen durch weitere rechnungsmäßige An gaben aus 19,061,413 fl. vermindert, sodaß das Deficit pro 1883 um 13,743,294 günstiger ist, als das des laufenden Jahres. Frankreich. Die englische Thronrede ist in Paris ziemlich ungünstig ausgenommen worden, weil dieselbe sich in so absichtlicher Unbestimmtheit und Unklarheit über Egypten ausspricht und über die Schwierig keiten zwischen Frankreich und England wegen Ord nung der Controlfrage mit einem Stillschweigen hinweggeht, welches zu den schlimmsten Schlußfol gerungen berechtige. Die Kammerverhandlungen in Paris sind recht erbaulich. So constatirte der Deputirte Chevaudier, daß 70-80 Abiturienten von 100 durchschnitt lich die Prüfung nicht bestanden haben. Das fei „eine große Enttäuschung für die Familie und beeinträchtige zugleich die Ehre der Nation." Heat- jens eifert gegen die liberale Behandlung der Volks- Schule, für die 500 Millionen zu viel verausgabt würden; die Jesuiten seien die besten Erzieher der Jugend; sie solle man machen lassen. Italien. Der Papst empfing den russischen Kanzler Giers in Audienz. Egypten. Wie der „N. Z." aus Paris gemeldet wird, will der „National" wissen, daß die Ernennung eines englischen „Residenten" in Kairo beschlossene Sache sei. Das Protectorat Englands über Egyp ten würde dadurch formell constatirt werden. Nach einer Meldung ves „Standard" aus Kairo wurde der Khedive davon benachrichtigt, daß die britische Regierung den General Sir Evelyn Wood als Befehlshaber der neuen egyptischen Ar mee vorschlage. Amerika. Die Botschaft des Präsidenten der Vereinigten Staaten bei Eröffnung des Congresses am 4. d. beglückwünscht das Land zu der Entwicklung seiner Prosperität, empfiehlt strenge Sparsamkeit in den öffentlichen Ausgaben und die Reduction der Inland-Taxen. Ferner wird in der Botschaft die Refundirung der 4'/rprocentigen United States Bonds in 3'/rprocentige, sowie die Zurückziehung der Silbercertificate begünstigt und endlich die Noth wendigkeit der Verminderung der ungeheuren Aus gaben für öffentliche Arbeiten vertheidigt. Aus dem Muldenthale. -Waldenburg, 6. December. In der gestern Abend 6 Uhr abgehaltenen Stadtverordnetenfitzung wurden nachstehende Beschlüsse gefaßt, beziehungs weise von mehreren Vorlagen Kenntniß genom men: 1. Auf ein Gesuch des Seilers Krause um Ausbesserung des auf feinem Feldgrundstücke durch die Wasserleitung entstandenen Grabens hin hatte der Bauausschuß die fragliche Ausbesserung an geordnet. Der Stadtrath hatte hierzu nachträglich seine Genehmigung ertheilt. Das Collegium schloß sich dcm Beschlusse des Stadtrathes an. 2. Auf ein Gesuch der Nachtwächter Schönfeld und Klemm um Entbindung vom Laternendienste wegen überhäufter Arbeit hatte der Stadtrath nach längerer Verhand lung mit dem Wirthschaslsausschusse beschlossen, den Todtengräberdientz vom Nachlwächterdienste zu tren nen und letzteren mit dem Laternendienste verbun den zu lassen, sowie das Gehalt der beiden Nacht wächter auf je 360 Mark festzusetzen. Das Colle gium erklärte sich mit diesem Beschlusse ebenfalls einverstanden. 3. Der Bauausschuß hatte in einem Berichte betr. Anbringung von Glockenzügen in den Zimmern des Bürgermeisters, Standesamtes und dem Sladtoerordnetensitzungszimmer vorgeschlagen, statt der Glockenzüge elektrische Haustelegraphen, wie sie bei den Stadträthen in Glauchru, Meerane, .Löß nitz rc. in Gebrauch seien, anlegen zu lassen, und zwar wurde die Anichaffung der letzteren um so mehr empfohlen, als eine Firma sich erboten hatte, die ganze Anlage für den Preis von 125 Mk. her zustellen. Der Stadtrath hatte diese Vorschläge zum Beschlusse erhoben und das Sladtverordnetencollegium trat diesem Beschlusse mit dem Anträge bei, noch anderweit« Concurrenz hinzuzuziehen. 4. Von der vor Kurzem stattgefundenen alljährlichen Flurbesich tigung wurde Kenntniß genommen. Nach dem dar über aufgenommenen Protokoll wurden im ver gangenen Jahre an neuen Gebäuden, wie an bau lichen Veränderungen aufgeführt: ein Niederlags gebäude des Hrn. Hausbesitzers Herziger, ein Getreide speicher des Hrn. Getreidehändlers Stolp, ein Ver- größerungsbau am sog. Archidiaconat, ein Neubau, beziehungsweise theilweiser Neubau auf den Par zellen 37 und 38, Besitzer Hr. Kaufmann Härtel, ein neues Fabrikgebäude des Hrn. Kaufmann Pätz mann, ein Anbau am Rathhause, ein Schuppen gebäude am geistlichen Gebäude, eine Malzdarre in der Brauerei des Herrn A. Zieger, auf dem noch nicht dismembrirten Grundstück zwischen Kranken haus und Seminar 3 neue Wohnhäuser und schließ lich ein Vergrößerungsbau am Wohn- und Fabrik gebäude des Herrn Kaufmann Emil Abt. Das Colle gium gab hierbei dem Wunsche nach einer baldigen Revision der städtischen Flurgrenzen, bez. der Grenz steine Ausdruck. 5. Auf ein Gesuch des Wacht meisters Seidel um einen Beitrag zu seinen Um zugskosten hatte der Stadtrath beschlossen, hierfür 36 Mk. zu bewilligen. Das Collegium erklärte sich mit dem Beschlusse einverstanden. 6. Die Schulkaffen- und die Krankenunterstützungskassenrechnung pro 1879 wurde dem Rechnungsausschuffe überwiesen. 7. Be züglich eines nothwendig gewordenen bereits ausge führten Schleusenbaues am rothen Graben wurde nachträgliche Genehmigung ertheilt. 8. Bezüglich der Ausstattung des Stadlverordnetensitzungszimmers wie des Standesamtszimmers beschloß das Collegium, sich mit der Anbringung von Rouleaux in beiden Zimmern, sowie mit der Anschaffung eines Spiegels und einer Hängelampe für das Stadtverordneten sitzungszimmer einverstanden zu erklären, die An schaffung einer Uhr für dasselbe Zimmer dagegen abzulehnen.