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Partei angehören! — Das scheint doch demnach nicht ganz zu stimmen!!" Herr Schulze-Delitzsch veröffentlicht eine längere Erklärung zur „Richtigstellung verschiedener seiner älteren Aeußerungen, welche entstellt, auch jetzt wieder von konservativer Seite gegen den Liberalismus ausgebeutet worden" seien. Er constatirt auf Grund der stenographischen Berichte, daß er in der Be merkung aus dem Jahre 1848 über die „bankerotte Firma," welche von Gegnern immer wieder auf das Königthum bezogen wird, ausdrücklich vom Ab solutismus sprach, und daß er Anfang der sechziger Jahre nicht gesagt hat, es solle „der Großmachtkitzel Preußen ausgetrieben werden," sondern: „Ich glaube, wir haben an einer Großmacht genug, deren Schwerpunkt außerhalb Deutschlands liegt. Ich glaube, wir haben alles Interesse daran, Preußens außerdeutschen Großmachtskitzel zu vertreiben und Preußen zu einer rein deutschen Macht zu machen." Ueberdies deutet Herr Schulze-Delitzsch auf den Ab schluß seiner parlamentarischen Laufbahn. Ungarn, Die jüdischen „Großschneider" in Preßburg, die Herren Löwy und Todesko haben den mit so viel Emphase verkündigten Entschluß, Preßburg zu ver- lasien, nicht ausgeführt. Ueber den wahrscheinlichen Grund dieser Handlungsweise wird Folgendes mit- getheilt: „Die Arbeiter sind zwar alle noch immer beschäftigt, müssen sich aber — zur Strafe für den Judenkrawall — seit einer Woche einen neuen Ab zug von ihrem ohnedies, wie man weiß, auf's kärgste berechneten Arbeitslohn gefallen lassen. Die Herren haben also von den Excessen, die sie so sehr ver dammten, bisher nur profitirt. Ja noch mehr! Sie wollen sich-bitten lassen, hier zu bleiben. Seit einigen Tagen ergeht von einigen Zuschneidern an verschiedene Schneidermeister, die für eine oder die andere Firma arbeiten, die Aufforderung, sie sollen zum Bürgermeister gehen, damit die Herren ersucht werden, in Preßburg zu bleiben. Dieser von Ver sprechungen und theilweise sogar von Geldgeschenken unterstützten Aufforderung sind auch bereits manche nachgekommen, nicht bedenkend, daß, wenn in der Thai der Wunsch jener Herren in Erfüllung geht, die Arbeiter sich der Gefahr aussetzen, daß ihnen bei einer weiteren Herabdrückung des Lohnes vorge halten wird: „Nun, Sie haben ja selbst darum gebeten, daß wir hier bleiben sollen!" Frankreich. Die gegenwärtig in Frankreich ausliegenden Listen der als Opfer des Staatsstreiches mit Leib renten bedachten Personen sind ein öffentlicher Skandal. Auf den bis jetzt bekannt gegebenen Listen finden sich etliche zwanzig Senatoren und Deputirte, eine lange Reihe von Präfecten und Unterp'.äfecten, höheren und niederen Beamten aller Art, die fast sämmtlich mit dem höchsten Pensionssatz von 1200 Frcs. per Jahr bedacht sind. Es ist doch gar zu stark, daß Leute noch Leibrenten erhalten, obgleich sie schon längst weit über Verdienst und Fähigkeit auf Staatskosten versorgt worden sind; man hat sogar für sie vielfach eigene Sinekuren geschaffen. So erhält z. B. Seinguerlet (Herr Zängerle!) früher Correspondent des „Temps" in Deutschland, 1000 Frcs. Ende 1881 hatte er schon, ausdrücklich als Opfer des Staatsstreiches, die Einnehmerstelle in Ivry erhalten. Da dieselbe ihm nicht gefiel, lehnte er sie ab, und der damalige Finanzminister, Allain- Targä, beeilte sich für ihn eine Stelle als Verwal ter eines Tabakoerkaufes neu zu schaffen, welche 12,000 Frs. und 3000 Frs. einbringt. Außerdem sind eine Anzahl Mitglieder der Commune, Vssinier, Cournet, Miot, Gois, sowie sonstige ähnliche politische Persönlichkeiten, eine größere Anzahl Mitarbeiter socialistischer Organe mit Leibrenten ausgestattet, welche gar nicht übel als Bestechung wirken. Rumänien. In Rumänien beginnt die antisemitische Be wegung von Neuem. Die Bukarester Blätter versuchen diesmal den Nachweis, daß die einheimische Bevölkerung durch die Fallimente der aus Polen und Rußland eingewandertsn Juden um ungezählte Millionen gebracht worden sei. Die rufsensreundliche „Jndep. Rum." bringt einen vom Handelsgerichte in Jassy amtlich bestätigten Nachweis, wonach in dieser Stadt während der letzten acht Jahre 192 jüdische und nur 8 christliche Kaufleute Bankerott gemacht hätten. Die Passiva der ersteren sollen eine Gesammlsumme von mehr als 50 Millionen Francs repräsentiren. Ein anderes Blatt meldet von einem ähnlichen, vom Handelsgerichte in Jlfow bestätigten Ausweis. Cgypten. Die meisten der in Egypten während der letzten Jahre erschienenen arabischen Blätter haben ihr Erscheinen einstellen müssen, weil ihre Redacteure als Anhänger Arabi Paschas sich in Haft befinden. So der „Tatf," der „Müsiv" und „El-Festath." Weiter erscheinen dürfen nur „El-Jttidal" und „El-Jhram" („Die Pyramiden"). Amerika. Bekanntlich hat der Congreß in Washinton vor einigen Wochen ein Gesetz angenommen, durch welches die Einwanderung von chinesischen Ar beitern in den Vereinigten Staaten während der folgenden 10 Jahre untersagt ist. Dagegen ge stattete der Congreß die fernere Einwanderung von chinesischen Schauspielern, da dieselben nicht zur arbeitenden Klasse gehören. Infolge dessen wandern jetzt die schlauen Chinesen alle als „Schauspieler" nach der Union ein, wo sie sich späterhin als Arbei ter entpuppen. Vor einigen Tagen ist sogar ein Schiff mit 300 angeblichen Schauspielern von Can- ton nach San Francisco abgegangen. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 19. October. Als Gegenstück zu unserer neulichen Meldung aus Callenberg, woselbst ein Einwohner aus 10 Vierteln gelegten Kartoffeln nur 9 Vierteln gute Kartoffeln erbaut hatte, können wir heute berichten, daß Herr Gutsbesitzer St. in Langenchursdorf von 2 Scheffeln Samenkartoffeln 40 Scheffeln Kartoffeln erbaut hat. — In Glauchau fand am 18. d. die 14. Diöcesan- Versammlung der Ephorie Glauchau statt. Nach Eröffnung derselben mit Gesang und Gebet und einer einleitenden Ansprache des Herrn Superinten denten vr. Weidauer erfolgte der Bericht über die jenigen Zweige christlicher Vereinsthätigkeit, in Bezug auf welche die Kirchenvorstände der Ephorie sich solidarisch verbunden haben, und zwar einestheils über dis Thätigkeit des Zweigvereins der Gustav- Adolf-Stiftung, anderntheils über die Thätigkeit des Vereins zur Fürsorge für Entlassene. Herr Kirchen baumeister Architect G. L. Möckel aus Dresden hatte versprochen, über praktische Gesichtspunkte für äußeren Aufbau und inneren Ausbau unserer Kirchen zu sprechen, er war aber nicht erschienen. Die von Herrn Pfarrer Kaiser in Langenchursdorf über Sonntagsheiligung aufgestellten Thesen, sowie des gleichen über die Mafsenspaziergänge der Confirman- den am Palmsonntag und Gründonnerstag von Herrn Pfarrer Gehring in Callenberg, welche wir nachstehend wiedergeben, gelangten mit einigen Ab änderungen zur Annahme. I. Thesen über Sonn tagsheiligung. 1. Nicht blos der Kirche oder den Pastoren darf an der rechten Feier des Sonntages gelegen sein, sondern dem ganzen Christenvolk, wel ches ebenso eines Ruhe-, wie eines Feiertages bedarf. 2. Ein Staat, der das wahre Wohl des Volkes bedenkt, hat daher die heilige Pflicht, christliche Sonn- tagsfeier mit den ihm zu Gebote stehenden gesetz lichen Mitteln zu schützen und zu fördern. 3. Daß in allen Ländern Sonnlagsgesetze gegeben worden sind, beweist, daß der Staat die Bedeutung des Sonntags und seine daraus sich ergebende Pflicht im Allgemeinen anerkennt. 4. Das Sächsische Sonntagsgesetz vom 10. September 1870 ist das Kind einer Zeit, welche Gottes Ordnung und christ liche Sitte hinter die Privatvortheile des Einzelnen zurückzustellen geneigt war. Seine Handhabung in der Praxis hat zugestandener Maßen bedenkliche Mängel und Lücken übrig gelassen. 5. Gleichwohl hat der Staal Befugniß und Mittel, auf dem Wege des Gesetzes unbeirrt durch augenblickliche Schwan kungen der Zeitmeinung die Bildung und Erhaltung der christlichen Volkssitte, wie allenthalben, so nament lich im Punkt der Sonntagsfeier zu fördern. 6. Man darf nicht warten, bis die religiöse Erneuerung die Einzelnen von selbst zur Sonntagsheiligung führt. Gar Vieles, was diese Erneuerung eben verhindert, muß erst vom Staal durch Verbot hinweggeräumt werden. 7. Mit Dank ist daher die neueste Ver ordnung des Hohen König!. Ministeriums des In nern zu begrüßen, welche der hohen Bedeutung des Sonntags wieder mehr gerecht wird und einen guten Anlauf nimmt, allzulaxer Anwendung der sonntags gesetzlichen Bestimmungen entgegenzutreten. 8. Die Kirchenvorstände sind von Amtswegen berufen, über die rechte Sonntagsheiligung innerhalb ihrer Ge meinden mit zu wachen. Es wäre zu wünschen, daß sie nicht blos das Recht hätten, bei der Polizei zu denunciren, sondern selbst vor Gericht in Fällen offenkundiger Sonntagsentheiligung Klage zu führen. 9. Jeder Einzelne hat es als Gewissenssache anzu sehen, seinerseits den Sonntag zu heiligen, der Ge meinde mit gutem Beispiel darin voranzugehen, und denjenigen Personen, die durch Dienst- oder Arbeits- verhältniß von ihm abhängig sind, Möglichkeit und Segen christlicher Sonntagsfeier zu schaffen, nicht aber zu nehmen. II. Thesen über die Massen spaziergänge der Confirmanden am Palmsonntag und Gründonnerstag. 1. Die Sitte der Neucoufir- mirten, am Palmsonntag und Gründonnerstag nach der kirchlichen Feier sich weiter in geselliger Weise zusammenzufinden, ist erklärlich und an sich nicht unberechtigt, jedoch nicht geradezu unabweisbares Bedürfniß. 2. Die Form der Mafsenspaziergänge, in welche sich z. Z. diese Sitte gekleidet hat, ist au- sanitären, socialen, sittlichen und oben an kirchlichen Gründen verwerflich. 3. Eine Begleitung und Be aufsichtigung der Neuconfirmirten durch Geistliche oder Lehrer ist, namentlich den Ersteren, zumeist ganz unmöglich; auch sind trotz geübter Aufsicht die Uebelstände nicht ganz zu vermeiden. 4. Die Pflicht der Vertreter der Kirchengemeinden, für Aufrechter haltung kirchlicher Zucht und Ordnung zu sorgen (Kirchenvorstands- u. Syn.-Ordnung tz 18,1), er heischt, daß dieselben an ihrem Theile dazu helfen, dem Unwesen der Massenspaziergänge Einhalt zu thun. 5. Da die wirksamsten Maßnahmen zu diesem Zwecke immerhin in der Hand der zuständi gen Verwaltungsbehörde resp. der Ortsobrigkeiten liegen, so vereinigen sich die Vertreter der Kir chengemeinden der Ephorie Glauchau zu dem Beschluß, die Königliche Amtshauptmannschaft zu Glauchau, sowie die Stadträthe von Glauchau, Meerane, Hohenstein, Lichtenstein und Waldenburg bittweise anzugehen, genannte geehrte Behörden wollen durch Verbote resp. andere geeignete Vorkeh rungen dahin wirken, daß die üblichen Massenspazier gänge der Confirmanden am Palmsonntage und Gründonnerstage fernerhin ganz unterbleiben und, wenn dies unerreichbar sein sollte, doch vor bedenk lichen Ausschreitungen bewahrt bleiben. — Wegen Wintereinrichtung und Reinigung der Expeditons-Localitäten ist die Canzlei der Königlichen Amtshauptmannschaft Glauchau Montag und Diens tag, den 23. und 24. October a. e. für alle nicht ganz dringlichen Sachen geschlossen. — Am 17. d. früh brach in Zwickau ein gegen 7 Meter hohes Baugerüst am Jholirgebäude der kgl. Strafanstalt, auf welchem sich vier Arbeiter befanden, plötzlich zusammen und stürzten die Maurer Trum, Junghanns, Böttcher und Menge mit dem selben herab. Dieselben trugen mehrfache äußere und innere Verletzungen davon. Wie verlautet, ist der Unfall durch den Bruch des äußeren Schluß riegels herbeigeführt worden, indem bei dem Auf heben einer Streichstange höchstwahrscheinlich eine Ueberlastung eingetreten ist. — Der Rechtsanwalt Schraps in Zwickau wurde am 17. d. vom Schöffengerichte in Plauen wegen Beleidigung des Finanzprokurators Stimmel zu 400 Mk. Strafe evenl. 40 Tagen Haft verurlheilt. — Ueber das Resultat der Fischerei im Schwanen teich in Zwickau läßt sich jetzt noch kein bestimmtes Urtheil fällen. Das Erlrägniß der Fischerei beider Teiche ist jedoch mit 8000 Mark im Haushaltplane pro 1882 veranschlagt und die Fische des kleinen Teiches sind kürzlich in den großen Teich gebracht worden, gelangen also jetzt mit zum Verkaufe. Die letzte Fischerei des Schwanenteiches erfolgte 1879 und ergab einen Gewinn von rund 4800 Mk., wie denn auch 20 Ctr. Satzkarpfen zurückbehalten wur den. Weiter zurück wurde der Schwanenteich im Jahre 1875 gefischt und resultirte diese Fischerei mit 8090 Mk. brutto. Aus dem SachMLunde. — Ein Verehrer der Orgelbau- und der Orgel spielkunst schreibt in der „Sachs. Schulzeitung": Zum 14. Januar 1883 fällt der 200jährige Geburtstag des berühmten und verdienstvollen Meisters Gottfried Silbermann, dessen Kunst und Geschicklichkeit überall, auch in jedem ConoersationL- Lexikon anerkannt ist, obwohl zugegeben werden muß, daß auch die Kunst des Orgelbaues seit jener längst vergangenen Zeit in mancher Beziehung ver vollkommnet worden ist. — Daß aber die Werke des genannten Altmeisters, der zu seiner Zeit der berühmteste seines Gewerbes war, in einzelnen Hauptpunkten noch immer unübertroffen dastehen — man denke beispielsweise nur an seine Schöpfungen in dem Hauptkirchen zu Dresden oder Freiberg — wird kaum Jemand leugnen. Von einer weiteren Auseinandersetzung abgesehen, möge hier nur der nächste 14. Januar, welcher Sonntags fällt, seitens derjenigen Herren Organisten, in deren Kirche sich eine Silbermann'sche Orgel befindet (darunter die Kirche zu Mylau mit der Orgel vom Jahre 1731) und das sind noch über 40, auf irgend eine Art im Gotteshause selbst ausgezeichnet werden mögen, sei es nun durch einen längeren Orgelvortrag, selbst dann, wenn das betreffende kleinere Orgelwerk an Wankelmuth und Altersschwäche leiden sollte, oder durch einen besonderen Gesang oder auch durch einen Schmuck an der Orgel u. s. w. Leider fällt jener 200jährige Geburtstag mitten im Winter. Ob die betreffenden amtirenden Herren Geistlichen an dergleichen Orten unseres um Kunst und Kirche verdienten und dabei so anspruchslosen Landmannes