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Schönburger Tageblatt «nd Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg Freitag, den 14. Juli 161 1882 Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich L Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Bekanntmachung. Der Fleischer Herr Johann Hermann Köhler hier beabsichtigt laut anher erstatteter Anzeige in dem sud Nr. 96 des Brandcatasters hiesiger Stadt verzeichneten Hausgrundstücke die Kleinvieh-Schlächterei zu betreiben. Gemäß § 17 der Reichsgewerbeordnung vom 21. Juni 1869 wird Solches hierdurch mit der Auheimgabe zur öffentlichen Kenntniß gebracht, etwaige Ein wendungen gegen die neue Anlage binnen einer vom Erscheinen dieser Bekannt machung an gerechneten vierzehntägigen Frist, welche für alle nicht auf privat rechtlichen Titeln beruhende Einwendungen präclusivisch ist, beizubringen. Waldenburg, den 10. Juli 1882. Der Stadtrath. Cunrady. ^Waldenburg, 13. Juli 1882. Noch einmal das Differenzgeschäft auf der Börse. Von den Anwälten der bestehenden Börsencin- ! richiung wird auch behauptet, der Differenzhandel auf der Börse sei gar keine so schlimme Sache, ! wie dies dargestellt wird, vielmehr eine wirthschaftlich wohlthätige Art der Speculation, insofern durch denselben der Papiermarkt von jähen Courssprüngen bewahrt wird, welche vom bloßen Kassengeschäfte unzertrennlich sind, wie die Erfahrung mit jenen Börsenpapieren beweist, in denen es kein Zeitgeschäft gießt. Allein sind es nicht gerade die sogenannten Spielpapiere, welche die größten, sprungweisen Coursschwankungen zu verzeichnen haben, und sind es nicht eben diese Spielpapiere, in denen auch das Differenzgeschäft vorzugsweise betrieben wird? Wenn zu Zeiten allerdings auch die Anlagepapiere große Coursstürze aufzuweisen haben, so ist daran zum Wenigsten der Umstand schuld, daß dieselben nur gegen Kasse gehandelt werden, sondern der wahre Grund ist eine in Folge übertriebener Speculation in den Spielpapieren eingelassene allgemeine Börsen- deroute, welche zum Losschlagen auch der Anlage papiere nölhigt, um Geld zu schaffen. Dem Differenzgeschäfte eine wohlthätige Wirkung auf die Coursschwankungen zuzuschreiben, ist eine zum Min desten sehr gewagte Anschauung, welche durch die Thatsachen des Börsengetriebes nicht bestätigt wird. Richtiger wird die Behauptung sein, daß ein Verbot des Börsendifferenzspieles dasselbe nicht auf hören machen wird. Auch wir bezweifeln nicht, daß es auf das Gros der Börsenspieler ohne Eindruck bleiben dürfte, wenn ihre Differenzgeschäfte für rechtsungültig und unklagbar erklärt werden. Denn die Spieler und auch die Spieler auf der Börse haben ihre» eigenen Ehrenkodex, welcher die aus dem Spiele erwachsenen Verbindlichkeiten viel wirk samer eintreibl, als alle Gerichte. Der Börsianer, der seine Differenzen nicht zahlt, ist in Verruf er klärt, von jedem weiteren Geschäfte ausgeschlossen und dadurch in seiner ganzen Existenz bedroht. Demnach wird im Differenzspiel fortgemacht werden trotz des Verbotes, umsomehr, als sich dasselbe nicht im Anscheine des legitimen Börsengeschäftes ver stecken kann. Allein daraus, daß die Verfolgung des Differenz spieles ihre Schwierigkeit hat, folgt noch nicht, daß man gar Nichts gegen diesen gemeinschädlichen Miß brauch der Börsenfreiheit thun darf. Es ist dies gerade so wie beim Wucher oder dem Hazardspiele. Wäre die Thalsache, daß ein gesetzliches Verbot umgangen und übertreten wird, ein hinreichender Grund, um die mit Verbot belegte Handlung frei zu lassen, dann dürften am Ende auch Mord und Diebstahl nicht verboten werden. Und wenn das Differenzspiel durch bloßes Verbot von der Börse nicht gebannt werden kann, so ist damit doch noch nicht erwiesen, daß demselben nicht auch auf andere Weise zu Leibe gegangen werden kann. Wir wenigstens glauben, daß, wenn das Recht des Börsenbesuches und Börsengeschäftes auf die ortsansässigen Bankfirmen und den Großhandel be schränkt würde, und wenn die auf der Börse ge machten Geschäfteschlüsse zu ihrer NechtSgiltigkeit an die Mitwirkung resp. Intervention der Börsensensale : gebunden sein würden, wohl auch das Differenzspiel § auf der Börse so ziemlich aushören würde. Daß aber der Börsenbesuch im Interesse von Handel und I Industrie Jedermann, wenn er nur die Kosten der > Eintrittskarte entrichten kann, sreistehen müsse, läßt I sich doch nicht behaupten. , Immerhin mögen sich bei einer solchen Beschrän- ! kung der Freiheit des Börsenbesuches sogenannte j Winkelbörsen bilden, auf denen die Börsenspieler ihrem Treiben erst recht unter sich nachgehen zu können hoffen. Allein füi's Erste sollte man glauben, daß die auf die Auffindung geheimer Gesellschaften heutzutage so sehr eingerichtete Polizei wohl auch den Winkel börsen das Handwerk zu legen im Stande sein dürfte, und für's Zweite können geheime Winkelbörsen, selbst wenn sie fortwuchern sollten, niemals denjeni gen Einfluß auf die Coursbewegung und Geldver- theilung im Lande nehmen, wie das auf der privile- girten Börse offen betriebene Differenzspiel. Gerade darin liegt aber das Gemeinschädliche des Letzteren und die Rechtfertigung eines Verbotes desselben, daß heutzutage eine Hand voll unwissender und leichtgläubiger Geldspeculanten nach ihren unreifen Anschauungen über den Werth und die Tragweite der politischen und wirthschaftlichen Tagesereignisse mittels ihres gewinnsüchtigen Courstreibens täglich über Vermögen und Besitz aller anderen Besitzer von Werthpapieren verfügen, sie heute zu reichen Leuten und morgen zu Bettlern machen kann, sowie daß von der Möglichkeit müheloser Bereicherung an gelockt, ein großer Theil des im Staate vorhandenen Geldkapitals im Börsenspiele fort und fort festgehalten, eben dadurch aber der productiven Arbeit zum Schaden der Gesammtheit entzogen wird. *Waldenburg, 13. Juli 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser hat sich am Mittwoch nach der Insel Mainau begeben, wo er abends eintras. Von da reist er am 17. d. nach Gastein. Fürst Bismarck scheint sich in Varzin diesmal mehr als sonst mit Staatsgeschäften zu beschäftigen. Darauf weisen die vielen Besuche hin, welche er in Varzin entgegennimmt, wo ihn Heuer viele Beamte und Staatsmänner aussuchen dürfen. Auch der bayerische Gesandte, Graf Lerchenfeld-Koefering, hat sich von Berlin nach Varzin zum Reichskanzler begeben. Nach den vom preußischen Landwirthschaftlichen Ministerium soeben veröffentlichten Berichten über den Stand der Feldfrüchte in der preuß. Monarchie steht in diesem Jahre gleichmäßig im ganzen Lande die reichste Ernte zu erwarten, die seit 20 Jahren gab. Möchte die Witterung dem Ein- heimsen des reichen Segens sich nicht im letzten Augenblick noch ungünstig erweisen. Sollen Handel und Gewerbe nachhaltig blühen, so ist die Grund bedingung die Gunst des Himmels über die Arbeit des Landmannes. Die Folgen der schlechten Ernte des Jahres 1880 werden sonach hoffentlich in diesem Jahre völlig wieder verwunden werden. Auch in Oesterreich-Ungarn ist die Ernte eine bessere, als bis jetzt erwartet worden war, ja, sie dürfte als eine überhaupt gute bezeichnet werden. Im vorigen Jahre hatte bekanntlich dieses Land eine gänzlich ungenügende Ernte, was dessen internationale Han- delsbilance in diesem Jahre ähnlich verschlechterte, wie es im Jahre vorher Deutschland gegenüber Amerika geschehen war. Die „Provinzial-Correspondenz" schließt einen die längeren Angriffe gegen die Handhabung des neuen Kirchengesetzes zurückweisenden Artikel mit nachfolgenden Sätzen: Die Regierung wird unbeirrt durch das Drängen von dieser und jener Seite an ihr durch das Gesetz gewordenen Richt schnur festhalten, und so viel an ihr ist, den Frie den zu fördern suchen, sie wird durch Fürsorge für die Befriedigung der kirchlichen Bedürfnisse der katho lischen Bevölkerung zur Wiederherstellung geordneter kirchlicher Zustände die ihr auferlegten Pflichten ge wissenhaft erwägen, ebenso gewissenhaft aber auch die Pflichten, welche ihr das Interesse des Staates auferlegen und darüber wachen, daß Einflüsse fern- gehalten werden, welche ein friedliches Zusammen leben zwischen Staat und Kirche hindern könnten. Zur Erreichung dieses Zieles bedarf die Regierung den durch das Gesetz gegebenen Spielraum. Wem der kirchliche Frieden wirklich am Herzen liegt, wird seinerseits durch sein Verhalten nicht dazu beitragen wollen, daß die Regierung in der Freiheit der Be wegung gehindert wird, die allein ermöglicht, daß sie auf dem Wege zum Frieden neue breitere und sicherere Stufen erreicht. Der Feldzug der preußischen Regierung gegen die Handelskammern in Preußen hat soeben ein zweites Opfer gefordert. Nachdem vor Kurzem die Handelskammer zu Geestemünde sich freiwillig auf gelöst hat, ist nunmehr die Handelskammer zu Görlitz regierungsseitig zwar nicht aufgelöst, wohl aber ihrer amtlichen Functionen enthoben worden. Die Han delskammer zu Görlitz hatte ebenso wie diejenige zu Geestemünde ihren Jahresbericht der Oeffentlich- keit übergeben, ohne ihn vorher dem Handelsminister vorgelegt zu haben. Die Entziehung der amtlichen Functionen kommt der Auflösung gleich. Bismarck bleibt immer der Alte. Frankreich. Nach einem Pariser Telegramm der „Nat.-Ztg." hat England der französischen Regierung bereits am vorigen Donnerstag ein gemeinschaftliches Bom bardement vorgeschlagen, aber eine ablehnende Antwort erhalten. England. Hobart Pascha, der als Admiral in türkischen Diensten stehende bekannte britische Seemann, unter breitete in einem Briefe an Gladstone folgende Punkte zur Lösung der egyptischen Frage: 1) Es müsse anerkannt werden, daß die nationale Partei Egyptens, als Patrioten und loyale Unter- thanen des Sultans, im Rechten sei. 2) Die finan zielle Controle, wie sie jetzt bestehe, sei abzuschaffen, da dieselbe sich in Angelegenheiten mische, welche ganz außerhalb ihres Wirkungskreises lägen. 3) Egypten solle Zölle und vielleicht noch einige später zu bestimmende Einnahmen für die Zahlung der Staatsschuld aufgeben. Diese Einnahmen sollten dann von einer ausländischen Commission verwaltet werden, ähnlich wie dies von der Commission in der Türkei für die sechs Contribulionen geschehe. 4) Die Erhaltung der öffentlichen Ordnung sei durch