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Der Schuldige, ein Offizier, der die ganze Inten dantur des Regiments unter sich hatte, soll der That geständig und schon verhaftet sein. Egypten. Seymour hat dem Stadtgouverneur von Alexan drien schriftlich mitgetheilt, das Bombardement werde am 11. d. früh 4 Uhr beginnen; der englische Consul notificirte Ragheb Pascha die Einstellung der Beziehungen zu der egyptischen Regierung und erklärte in einem Schreiben an Derwisch Pascha diesen für die Sicherheit des Khedives verantwortlich zu machen. Die französischen Kriegsschiffe werden an dem Bombardement nicht theilnehmen. Saymour stellte definitiv die Details des Bombardements in der am 9. d. stattgefundenen Conferenz mit den Kapitänen der Kriegsschiffe fest. Der englische Consul begab sich an Bord des „Monarch", um nöthigenfalls in der Nähe Seymour's zu sein. Während des Sonntag Nachmittags gewahrte man vom Dampfer „Tanjore" aus egyp tische Solda ten, welche Gräben aufwarfen und Geschütz kugeln von einem Fort von Alexandrien zum anderen schafften. Der interimistische englische Generalconsul Cartwright von Alexandrien hat an die Generalconsul» der übrigen Mächte folgende Note gerichtet: „Ich beehre mich, Sie zu benach richtigen, daß es wünschenswerth sein würde, wenn Sie Ihre Staatsangehörigen dazu auffordern wollten, Alexandrien zu verlaffen und sich innerhalb 24 Stunden nach Empfang dieses auf einem der im Hafen befindlichen Schiffe einzuschiffen. Sämmtliche Mitglieder der dasigen Consulate sind an Bord der dort befindlichen Schiffe gegangen. Alle Kriegsschiffe verlaffen die Rhede von Alexandrien und begeben sich außerhalb Schußweite der egyptischen Kanonen. Die letzten Europäer haben auf Anordnung der Consuln die Stadt verlaffen. Amerika. Ueber die in New-Jork angekommenen jüdischen Auswanderer berichtet die republikanische „Cal. Staalsztg.": „Die New-Iorker Juden, welche sich der schönen Aufgabe gewidmet haben, ihren aus der russischen Knechtschaft in das Land der Freiheit geflüchteten Glaubensgenossen die ersten Schritte zu erleichtern, machten nicht immer ganz angenehme Erfahrungen und ernteten mehr Undank als Dank. Die Auswanderer kommen mit den überspanntesten Erwartungen und Ansprüchen. Sie haben offenbar von den großen Geldsummen gehört oder gelesen, die für die russischen Juden gesammelt worden seien, und verlangen nun ohne Weiteres, daß das Geld unter sie vertheilt werde. Daß das nicht geschieht, gilt ihnen als vollgiltiger Beweis, daß ihre hiesigen Wohlthäter sie um dieses Geld betrügen wollen. Diese Gesinnung hatte sich schon wiederholt gezeigt, aber am letzten Mittwoch erhielt Herr Birnbaum, der von der israelitischen Unterstützungsgesellschaft eingesetzte Superintendent, dem die Beaufsichtigung und Ver pflegung der Auswanderer obliegt, eine besonders handgreifliche Bethätigung davon. Am Abend des 6. Mai war auf dem Dampfer „Persian Monarch" wieder eine Schaar Auswanderer eingetroffen, 78 an der Zahl. Die Flüchtlinge in einem von der Hilfsgesellschaft gemietheten Hause an der State- Straße erhalten täglich drei kräftige Mahlzeiten, die ihnen aber nicht delikat genug zu sein scheinen; wenigstens murren sie über die Verpflegung. Am Abend des 6. Mai scheint die Verpflegung in Folge eines Versehens schmäler als gewöhnlich ausgefallen zu sein, und es herrschte daher große Wuth unter den Hungernden. Als Birnbaum am andern Mor gen in dem Quartier seiner Schützlinge erschien, sah er sich sofort von einem Dutzend derselben umringt, die ihn mit hebräischen und russischen Flüchen als einen „verfluchten räudigen Hund" begrüßten. Er suchte sie zu beruhigen und versprach, dafür zu sorgen daß sie besser verpflegt würden. Aber jene brüllten zurück: „Du aussätziger Hund, Du Beheime, Mamser: Habt Ihr uns hierher geholt, um uns verhungern zu lassen?" Ehe Birnbaum wußte, wie ihm geschah, lag er auf dem Boden. Die Kleider wurden ihm vom Leibe gerissen, die schweren russichen Stiefel trampelten auf ihm herum, und er wurde mißhandelt, bis ihm die Sinne schwanden. Dazu vollftthrte das Geschrei der Weiber und Kin der ein gräßliches Concert. Zum Glück wurde da durch ein Polizist herbeigerufen. Auch ihm wäre es beinahe nicht besser gegangen als dem armen Birnbaum. Jndeß zog der Lärm und der dadurch veranlaßte Auflauf andere Polizisten herbei. Die Wülhenden wurden auseinandergelrieben und acht Rädelsführer verhaftet. Birnbaum war schlimm zugerichtet und wäre ohne das Dazukommen der Polizisten ohne Zweifel getödtet worden. Am Kopf und Körper war er schrecklich zerschlagen und an Knien und Schienbeinen so verletzt, daß er nicht aufrecht stehen konnte. Die Verhafteten wurden dem Polizeirichter Patterson im Tombs-Gefängnisse vorgeführt, der sich höchst erstaunt darüber aussprach, daß Leut«, die vor der Unduldsamkeit und Unter drückung Europas Schutz suchen, sich derartig auf führten. Herr Birnbaum der als Zeuge anwesend war, mußte beim Stehen unterstützt werden, da er sich nicht allein aufrecht halten konnte. Er sagte, die Auswanderer kämen mit den ausschweifendsten Erwartungen und Ansprüche». Sie verlangten statt Obdach und Nahrung, bis Arbeit für sie gefunden sei, die großen Landgüter, die ihnen zukämen, und die Betriebskapitalien, um dieselben (wahrscheinlich mit Leibeigenen, sagt die Redac»io» des San Fran cisko Blattes) zu betreiben; oder aber Geld, um Geschäfte in der Stadt anzufangen. Alles dies ver langten sie nicht als Geschenk oder Gunst, sondern als ein Recht, das ihnen zustehe." Aus dem Muldenthale. ^Waldenburg, 11. Juli. Am gestrigen Tage beging Herr Schulrath vr. Schütze, Director des hiesigen Seminars, die Feier seines goldenen Ehe jubiläums; die nochmalige Einsegnung fand in der Kirche zu Neustadt-Dresden statt. Einer andererseits bereits veröffentlichten diesbezüglichen Notiz gegen über sei hier berichtigend bemerkt, daß die Trauung des Jubelpaares vor 50 Jahren nicht in derselbe» Kirche, sondern in der Kirche zu Weißenfels statt fand. Zur festlichen Begehung des Tages verei nigten sich die Anstaltslehrer nebst ihren Familien mit den Seminaristen im Winkler'schen Gasthofe in Grünfeld, woselbst Festconcert, gespielt vom Glau chauer Stadtorchester, stattfand. — I» der Bachstein'schen Schankloge auf dem Schießanger zu Glauchau hätte am Sonnabend leicht ein größeres Unglück entstehen können. Durch Herabfallen und Explosion einer Petroleumlampe entstand ein Brand, welcher zwar schnell erstickt wurde, aber immerhin einen Vorhang vernichtete und das an der Bühne stehende Pianino ankohlte. — Die Verbrechen an kleinen Mädchen mehren sich in schreckenerregender Weise. Am 10. d. vor mittags wurde in Glauchau das 5jährige Töchter chen des Bäckermeister Gießner von einem ca. 20 Jahre alten unbekannten Menschen angelockt, mit nach dem zwischen dem Gehrenbeck'schen Grundstück und der Kurth'schen Gärtnerei gelegenen Grund ge schleppt und dort gemißhandelt. Der Thäter ist von mittlerer Größe, untersetzt, hat dunkles Haar und einen Anflug von Schnurrbart. Die Kleidung bestand aus bläulich gestrickter Aermeljacke, schwarzer Hose, Mütze mit breitem Deckel, etwas nach hinten gesetzt. — Ueber die Privatbauthätigkeit in Zwickau be richtet das dortige „Wochenblatt," daß im letzten Halbjahr überhaupt 103 Baugenehmigungen ertheilt worden sind, darunter 11 zu neuen Hauptrohgebäuden, wovon 6 aus roher Wurzel und 5 an Stelle ab getragener Gebäude, und 22 zu Nebengebäuden. Ueberdies fanden zwei Brennofenanlagen und ein Schlachthaus Genehmigung. Durch die genehmigten Neubauten werden im Ganzen 55 neue Wohnungen mit 99 Wohnräumen geschaffen. Im ersten Halb jahre 1881 war die Baulust eine regere als in dem diesjährigen, indeni innerhalb desselben 151 Bau genehmigungen ertheilt wurden und zwar 22 zu Hauptwohngebäuden aus roher Wurzel und 3 zu dergleichen an Stelle abgetragener Gebäude, sowie 30 zu Nebengebäuden. Aus dem Sachfenlunde. — Auch für den zweiten Termin 1882 soll ein Dntttheil der ordentlichen Brandversicherungsbeiträge bei der Abtheilung der Gebäudeversicherung erlassen werde». Diese Beiträge werden demnach auch an dem auf den 1. October d. I. fallende» Termine nur mit Einem Pfennig von jeder Beitrags-Einheit erhoben werden. Bei der Abtheilung der freiwilli gen Versicherung tritt eine Ermäßigung der Beiträge wcht ein. — Sämmtliche deutsche Turnfeste wird das erste sächsische Kreisturnfest durch das Musterriegenturnen überragen, da bereits 88 Musterriegen angemeldet sind. Im XIV- Turnkreis, dem Königreich Sachsen, wird das Turnen derartig gepflegt, daß voraussicht lich auch nach der Qualität der Leistungen viel zu erwarten ist. Die meisten Musterriegen stellt Leip- ' zig, nämlich 14, und zwar der Allgemeine Turn- S verein 10 und der zweite Turnverein 4. Der Leip ziger Schlachtfeldgau entsendet 16, das südliche Vogtland und die Stadt Plauen 7, der Verein , Dresden 10 Musterriegen, während Chemnitz mit 5 vertreten ist. 43 Riegen haben sich den Barren, 22 das Reck, 15 das Pferd, 1 den Bock, 2 den Tisch, 2 die Schaukelringe, 1 die schrägen Leitern gewählt. Der Allgemeine Turnverein in Leipzig wird mit einer Riege Stabreigen und die Vorturner schaft aus Dresden Stabübungen vorführen. — Nach einer Bekanntmachung des Ausschusses des sächsischen Realschulmännervereins besteht der selbe, zufolge der auf der Jahresversammlung zu Frankenberg vollzogenen Neuwahl, aus Oberlehrer vr. Henke-Dresden, Directoc vr. Pfalz-Leipzig, Director vr. Pflüger-Chemnitz, Oberlehrer Schnorr- Zwickau und Director vr. Scholtze-Frankenberg. Der Ausschuß hat sich in der Weise constituirt, daß Director vr. Pfalz zum Vorsitzenden, Director vr. Scholtze zum Schriftführer und Oberlehrer Schnorr zum Kassirer gewählt worden ist. Der Bericht über die letzte Jahresversammlung wird Anfang September im Druck erscheinen. — Die Sächsischen Gewerbevereine haben sich seit einiger Zeit zu fünf Gauverbänden vereinigt, von denen Zittau 20 Vereine mit 3964 Mitgliedern, Dresden 31 Vereine mit 7680 Mitgliedern, Leipzig 21 Vereine mit 3175 Mitgliedern, Chemnitz 15 Vereine mit 3771 Mitgliedern und Zwickau 22 Vereine mit 3967 Mitgliedern zählt. Die Zahl der dem Verbände angehörenden Vereine beträgt hiernach 109, die Summe der derselben zugehörigen Mit glieder 22,557. Außerdem existirt in Sachsen noch eine nicht unbeträchtliche Zahl von gewerblichen Vereinen, welche dem Verbände noch nicht ange hören. — Der Landesausschuß der sächsischen Fortschritt ler hält am 23. d. M. in Dresden seine diesjährige Hauptversammlung ab. Zu derselben haben, außer den Ausschußmitgliedern, nur die Delegirlen der einzelnen sächsischen Fortschritts-Vereine, die fort schrittlichen Reichstags- und Landtags-Abgeordneten, sowie die speciell eingeladenen Mitglieder der Par tei Zutritt. Der Berliner Central-Vorstand wird dabei durch Herrn Eugen Richler vertreten sein. — Am Sonntag wurde im Krystall-Palast zu Leipzig die ordentliche Generalversammlung des Reichsvereins für Sachsen abgehalten. Nachdem Herr Vicebürgermeister a. D. Dl. Stephani die Versammlung eröffnet und des Verlustes gedacht hatte, den der Reichsverein im letzten Jahre durch den Tod der Herren Director Peucker und Buch händler Geißler eritten, wurden der Geschäftsbericht und der Kaffenbericht vorgetrstgen. Nach Bestreitung aller Kosten ist dem Verein am Jahresschluß ein Kaffenbestand von 1281 Mk. verblieben. Eine außerordentlich lebhafte, fast dreistündige Debatte, an welcher sich die Herren Prof. Dr. Biedermann, Director Hasse, Penzig - Dresden, Dr. Gensel, Ruschpler, Dr. M6ä. Chalybäus-Dresden, Kulschbach- Scharfenstein, Stadtrath Hendel-Dresden, Böhme- Chemnitz, Dr. Stephani betheiligten, veranlaßt der vom Vorstande des Reichsverein gestellte Antrag, wonach der Reichsverein für Sachsen fortan den Namen „Nationalliberaler Verein für Sachsen" führen, fest auf dem Boden der nationalliberalen Partei im Reichstag stehen und, gleich dieser, seine volle Selbstständigkeit nach rechts und links behaup ten wird. Der Antrag wurde schließlich mit allen gegen 4 Stimmen angenommen. Die Versammlung beschloß weiter einstimmig, den Vorstand zu beauf tragen, die Vorbereitungen zur Abhaltung eines nationalliberalen Parteitages für Sachsen und Thü ringen in der zweiten Hälfte des Monats October zu treffen; die Wahl des Ortes für den Parteitag ist dem Vorstande überlassen. Nach erfolgter Vor standswahl wurden die Verhandlungen mit einem von der Versammlung mit Begeisterung ausge brachten Hoch auf Kaiser Wilhelm und König Albert beschlossen. — Zur Erinnerung an den sächsischen Prinzen raub schreibt man der „Dresd. Ztg." aus Chemnitz: Der Köhler Schmidt gen. Triller soll bekanntlich als Belohnung für die Befreiung des Prinzen Al bert aus den Händen Kunz von Kaufungens neben dem Gnadenkorn auch ein in den: benachbarten Eckersbach gelegenes Freigut empfangen haben. Zum Gedächtniß daran findet seit einigen Jahren um die Zeit, in welcher der Raub einst ausgeführt wurde, im Parke der Schankwirthschaft zur Malzfabrik — vormaligen Trillerbrauerei — in Eckersbach eine pantomimische Darstellung des Prinzenraubes statt, die als ein Stück Volkspoesie erwähnenswerth er scheint. Von fackeltrugenden Knappen begleitet, er scheinen hoch zu Roß in stattlichem Zuge Kunz von Kaufungen und seine Helfershelfer, alle mit mittel alterlichen Rüstungen geschmückt, steigen auf einer Strickleiter, die ihnen Hans Schwalbe herunterwirft, bis in's zweite Stock der das kurfürstliche Schloß zu Altenburg darstellenden Fabrik und kommen auf demselben Wege mit den Prinzen zurück. Die Letz teren werden auf die Pferde gehoben und während die Mutter am Fenster erscheint und klagend um Hilfe ruft, entfernt sich eiligst der Zug. Gar bald aber hört man das Geläut der Sturmglocken und es folgt nun die Darstellung der Befreiungsscene